janw,
ich hoffe du verstehst das folgende OT nicht als Angriff, denn so ist es keinesfalls gemeint:
vorab möchte ich anmerken, dass es absolut sinnlos ist die Arbeits- und Fiskalpolitik der BRD zu kritisieren, wenn man sich nicht auf grundlegende Prinzipien einigt.
Der Einfachheit halber sollten diese Prinzipien mit der intersubjektiven Realität übereinstimmen. Das soziale Sicherungssystem anhand utopischer "Alle Menschen sind gleich und jeder muss individuell umsorgt und versorgt werden" Grundsätze zu bewerten ist, wenn überhaupt sinnvoll eher eine philosophische Frage nicht eine politische. Man muss sich schon im Rahmen der momentan möglichen Veränderungen bewegen, selbstverständlich wäre es das Beste, wenn wir Vollbeschäftigung hätten, werden wir abr in absehbarer Zeit nicht haben, es ist also vertane Zeit über "es wäre so schön wenn" in Kombination mit anderen hehren Zielen und Vorstellungen zu diskutieren, die weder praktikabel noch finanzierbar wären und davon abgesehen niemals ratifiziert würden.
Wenn also keine Gemeinsamkeit hinsichtlich dieser Prinzipien besteht habe ich kein Interesse an einer Diskussion dieser Thematik, weil dann niemals ein Konsens erreicht werden kann, sondern nur an einander vorbei argumentiert wird und das empfinde ich als extrem frustran.
BTT:
Faktisch liegt die Vermittelbarkeit von Arbeitslosen über, sagen wir, 45 in vielen Berufen aber derart niedrig, wenn wir mal Anschlussbeschäftigungen von Ingenieuren als Hilfspersonal im Supermarkt außen vor lassen - das ist für mich keine Vermittlung -, daß ein Jahr erstens zu kurz ist und die Ausgestaltung des ALG II dann so ist, daß sie die Menschen von jeder Möglichkeit der Weiterentwicklung, des fachlich und auch persönlichkeitsmäßigen am-Ball-bleiben abschneidet, so daß die Chancen unter ALG II sich drastisch verschlechtern.
Glaub mir, ich weiß, was es aus einem Menschen macht, von hunderten Bewerbungen nur 5 Einladungen zu bekommen, die alle erfolglos bleiben - ich kenne das aus meiner Familie aus.
Die Aufgabe der sozialen Sicherungseinrichtung, in diesem Fall speziell der Agentur für Arbeit ist in unserer Diskussion in 2 Säulen zu differenzieren.
-> Die Existenzsicherung und Überbrückung des fehlenden Einkommens während der Arbeitsplatzsuche
-> Die fachliche Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche
Du kritisiertst den zweiten Punkt. Selbstverständlich bestehen erhebliche Mängel bei der Beratung und Betreunung Arbeitsloser, das ist aber nicht verwunderlich, wenn man die extrem unterbesetzten Arbeitsagenturen und die Myriaden von Statuten berücksichtigt, die bei der Betreuung eingehalten werden müssen. Des weiteren muss sich jeder Arbeitslose, der 100 Bewerbungen geschrieben hat, sich die Frage gefallen lassen, als was er sich denn beworben hat. Hat er sich nur auf Stellen beworben, die seiner letzten Anstellung entsprechen, oder hat er sich auch auf Stellen beworben, die einer Schlechterstellung entsprechen? Es ist nicht Aufgabe der Beratung und Betreung Wunder zu wirken, sondern zu beraten und zu betreuen und wenn es keine Anstellung gibt, die der vorigen gleichsteht, dann gibt es die eben nicht, so hart das ist. Davon abgesehen, dass du mit Ingenieur und Regaleinräumer 2 Extreme nennst, es gibt mehr als diese zwei Berufe, es existieren schier unendlich viele Zwischenschritte, auf die man sich bewerben könnte, ist es nicht die Aufgabe der Existenzsicherung das Wohlergehen und das Wohlbefinden des einzelnen sicherzustellen sondern Hilfestellung zu leisten, dass diese oftmals unzureichend und sehr oft schlichtweg schwachsinnig ausfällt liegt nicht an dem ausführenden Organ sondern an den gesetzlichen Rahembedingungen. Und die Legislative ist in einer Demokratie in den änden des Volkes. Rot-Schwarz ist keine göttliche Fügung, so wenig wie es Rot-Grün war, sondern ein Wahlergebnis und wer sich die Wahlprogramme und die Agenda der Parteien vor der Stimmabgabe angesehen hat wusste, dass es so und nur so kommen würde. Jetzt auf die Politiker zu schimpfen ist ähnlich sinnvoll wie den Besen dem ich Leben einhauchte zu verteufeln...
Ich habe keinen Fall im privaten Umfeld, der dem von dir beschriebenen ähnelt, aber ich selbst räume auch Regale ein um neben dem wenig rentablen Schülerdasein ein bisschen Geld zu verdienen, weil ich die Bücher, die ich lese nicht mit Luft und Liebe bezahlen kann, selbstverständlich würde ich lieber eine Kolummne in einer regionalen Zeitung schreiben um meinen Bildungsbedarf zu finanzieren, aber die wollten das nicht, also kann ich entweder an die Aufgabe der Gemeinschaft appellieren und nicht lesen, oder ich zwinge mich zu niederer Arbeit, die mich nicht glücklich macht, mich aber meinem Ziel näher bringt. Ich bezweifle nicht, dass es sehr schwierig ist aus der Arbeistlosigkeit einen Ausweg zu finden, aber ich bezweifle, dass alle Arbeitslosen das so vehement versuchen, wie in dem von dir angesprochene Fall. Natürlich findet eine Dämonisierung der Arbeitslosen statt, aber ist die grundlos, oder Resultat der Mitnahme und Schmarotzermentalität von der überwiegenden Anzahl eben jener?
Das klingt hart, ich weiß, aber wer aus der Tatsache, daß ein Wirtschaftswachtum von 0,5% einen Beschäftigungseffekt von 100 000 Menschen ergibt, rosarote Szenarien entwirft, der ist entweder dumm oder bösartig. Leider trifft dies auf die gesamte Polit-Prominenz zu.
Ich weiß sehr wohl, dass es um dieses Land alles andere als rosig bestellt ist, ebenso weiß ich, dass die Statistiken allesamt beschönigt oder gar gefälscht werden, dass wir weit mehr Arbeitslose haben, die in der Statistik weggeschminkt oder vergessen wurden, dass Wirtschaftswachstum auch durch staatliche Nachfrage vorgetäuscht werden kann, dass ein Nachtragshaushalt keine positive Bilanz macht und das überbewertete Bilanzposten keine tatsächliche Wertsteigerung darstellen, aber die Frage ist doch viel eher die, ob HArtz IV aus der Not geboren wurde und einen Sinn hat, ob endlich mit antiquierten Sozialsystemen und ineffizienter Finanzierungsform aufgeräumt werden muss, oder man sich zurücklehnen sollte und die eigene Volksvertretung verdammen und die Ungerechtigkeit anprangern. Natürlich ist es ungerecht, dass ein 52-jähriger Mann mit 2 Kindern und einer nicht arbeitenden Ehefrau, der aufgrund von Standortverlagerungen gekündigt wurde nach einem Jahr keinen Cent bekommt, wenn er ein Haus gebaut hat und Vermögen erspart hat, aber wenn eine gerechte Form der Finanzierung nicht finanzierbar ist, dann ist es halt so. Gerechtigkeit durch Neuverschuldung finanzieren, das ist beispiellose Kurzsichtigkeit im Hinblick auf nachfolgende Generationen und die kann ich unter keinen Umständen gutheißen. Die sozialen Sicherungseinrichtungen müssen dringend und grundlegend überdacht und reformiert werden.
Dumm nur, daß eine Steuersenkung dann nichts bringt, wenn die Firmen eh schon auf den Bahamas sitzen oder ihre Gewinne auf dem Papier verschwuppweggen...
Das ist auch absolut richtig, hat aber trotzdem nichts mit der Aufgabe sozialer Sicherungseinrichtungen zu tun sondern mit der Fiskalpolitik. Wenn du die diskutieren möchtest will ich gerne dazu beitragen, darüber habe ich nämlich vor kurzem sehr viel gelesen. ^^
In meinen Augen sollte man erstmal abstecken über was man eigentlich diskutieren möchte, sonst wird das nichts, willst du die Aufgabe sozialer Sicherungseinrichtungen diskutieren, oder die Finazierung dieser, oder die Fiskalpoitik der BRD, oder ein utopisches Demokratieverständnis?;)