Die Schutzmaßnahmen für den G8-Gipfel in Heiligendamm beschäftigen mich schon eine Weile, und ich frage mich, wie weit Schutz und Abschirmung von Macht eigentlich akzeptabel ist, angemessen, notwendig, ob überhaupt.
Natürlich könnte man sagen, daß dies Jammern auf hohem Niveau sei, wir haben eines der am weitesten ausgedehnten und von Gerichten gestützten Bürgerrechtssysteme der Welt und gute und erfolgversprechende Möglichkeiten für Jedermann, sich gegen empfundene staatliche Übergriffe rechtlich zur Wehr zu setzen.
Dennoch kommen mir erhebliche Zweifel, ob das, was im Namen der "Terrorabwehr" und speziell im Zuge des G8-Gipfels an Abschirmung der Bürger und Eingriffen in ihre Rechte geschieht, noch tragbar ist im Sinne des freiheitlichen Rechtsstaats und der offenen Bürgergesellschaft.
Seit jeher ist es die Geißel der Mächtigen, ihre Krankheit vielleicht, gewesen, einsam zu sein. Einsam in der Ausgeliefertheit den Entscheidungssituationen gegenüber, im Bewußtsein, keinem vertrauen zu können außer sich selbst, da ihre Macht Begehrlichkeiten weckte, jedes Vertrauen andern gegenüber damit den Keim des Umtsurzes in sich barg.
Einsamkeit auch darin, ihre Entscheidungen vertreten zu müssen, auch wenn diese offensichtlich mit Ungerechtigkeit, Not und Elend einhergingen oder diese auslösten.
Schon seit jeher ist Macht abgeschirmt gewesen, ob, weil genannte Einsamkeit ängstlich machte, ob, weil die Angst vor der Welt, vor dem Volk begründet war, ob, weil die Abschirmung in den Augen der Beherrschten Teil der Repräsentanz von Macht war - Macht ohne Abschirmung keine Macht - ob, weil die Abschirmung gar nicht prinzipiell von Macht selbst gewollt war, sondern von Subalternen, Wesiren, Haushofmeistern, Hausmeiern eingeführt zur Wahrung ihres Einflusses auf die Macht - Macht als Kokonsystem gewissermaßen - ist hier nicht zu entscheiden, ich denke, es wird von allem etwas zutreffen.
Nun sind diese Zeiten lange vorbei, theoretisch, da alle Staatsgewalt proklamiertermaßen vom Volke ausgeht, und mir drängt sich auf, daß damit Macht auch stärker als zuvor in den Zwang gestellt werden müsste, ihrem Tun ausgeliefert zu werden, sich den Folgen ihres Tuns stellen zu müssen, allein mit dem Schutz, der allen Bürgern zusteht.
Gewiss, dies mag überzogen erscheinen angesichts der Lage, wo im Laufe der Jahre doch einige Taten gegen Politiker geschehen sind, die nicht unbedingt als kritikmotiviert zu deuten sind - erinnert sei etwa an den Angriff auf Oskar Lafontaine.
Gleichwohl wird für mich in Heiligendamm eine Grenze deutlich überschritten, wenn Bürger geradezu wie potentielle Verbrecher behandelt werden und ein ganzer Ort geradezu von der Außenwelt abgeschottet wird.
Wenn dieses Land wirklich als freiheitliche Demokratie angesehen wird, in dem das Volk der Souverän ist, dann muss nach meinem Empfinden das G8-Treffen eben auch unter den Augen des Volkes stattfinden, jedes Bürgers, und nicht nur weniger akkreditierter Journalisten.
Alternativ böte sich sonst St Helena als Tagungsort an.