Ist Sport noch gemeinnützig?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
janw
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Do 2. Aug 2007, 21:59 - Beitrag #1

Ist Sport noch gemeinnützig?

Nachdem nun offenbar geworden ist, was insgeheim jeder, naja, zumindest mancher, wusste, daß nämlich Doping und körperliche Schädigung keine inselhaften Auswüchse des Radsports sind, sondern integraler systematischer Bestandteil des Systems, daß praktisch keine nennenswerte Leistung in diesem Sport ohne die Einnahme gesundheitsgefährdender Substanzen erbracht wurde und hätte erbracht werden können, stellt sich mir die Frage, wie weit dieser Sport noch im Zielbereich öffentlicher Förderung stehen kann.
Wobei ich den Radsport hier nur als Spitze eines Eisberges ansehe, der Ansicht bin, daß letztlich alles, was sich hierzulande "Leistungssport" schimpft, davon betroffen ist wie auch davon, daß systematisch so geprüft wird, daß nicht auffällt, was nicht auffallen soll.

Ist es da nicht an der Zeit, die millionenschwere Förderung von Trainingsschwerpunkten und so undurchsichtigen Verbänden wie dem DSB und seinen Untergliederungen auszusetzen, einschließlich der steuerlichen Begünstigung von Spenden an diese Verbände?

Mir ist die öffentliche Honorierung sportlicher Leistungen, auch der Satz "Sport tut Deutschland gut" schon länger suspekt, weil ich sie als gesellschaftlich segregierend empfinde: Das hiermit kultivierte Ideal des "starken" Menschen, des "Siegertypen", das in den Vordergrundstellen nur des Siegers, vielleicht noch des Zweiten und Dritten, läuft auf eine Herabwürdigung all derer hinaus, die es nicht in diese Ränge geschafft haben, Verlieren wird zum sozialen Makel stilisiert, und das dann auch noch auf allen Ebenen staatlich gefördert und vertreten. Es geht in den Schulen los, wo sportliche "Leistungsträger" honoriert werden, wo im Sportunterricht "gesichtet" wird, wer für "Kader" infrage kommt - für mein Empfinden Sprachgebrauch, der totalitäre Tendenzen offenbart.
Derweil fällt der Unterricht in Kunst und Musik reihenweise aus wegen Lehrermangels, werden Thater und Biblioteheken geschlossen, weil die öffentliche Hand lieber in sportstätten investiert. Gerade gibt es in Niedersachsen ein neues Programm für Bolzplätze, öffentlich finanziert.

Oder überziehe ich, übersehe ich die Kunst und Kultur, die im Kampf Mann gegen Mann und Ball, Speer, usw. liegt?

abv
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Do 2. Aug 2007, 23:13 - Beitrag #2

Jan, wird der sport nicht auch nur noch zu kommerziellen/kapitalistischen zwecken betrieben? siehe z.b. Fußball, wie viele millionen die da mittlerweile kriegen, was hat der spaß am spiel und sport damit noch zu tun? das ist doch reihn kapitalistisches verhalten^^
und beim radsport ist es ja das gleiche, oder? die sportler werden ja auch (von den trainern etc.) übermäßigen unter druck gesetzt zu gewinnen, das sie zum doping greifen müssen.

Nur Schulsport ist schon recht wichtig, denn gehört deutschland jetzt nicht schon zu den "dickesten" länder europas?
Allerdings, deshalb biliotheken zu schließen und mindestens genauso wichtige fächer wie kunst und musik zu kürzen, ist schon unverschämt. Mh, könnte aber wieder plan des staates sein... gute arbeiter brauchen keine kultur sondern kondition und ausdauer für gute arbeit, philosophen und freidenker werden da nichtmeher gebraucht^^. Deutschland, das wirtschaftslandBild.

Überziehen tust du denk ich mal nicht, so etwas sollte mit öffentlichen mittlen sicherlich nichtmehr unterstützt werden... wie vieles andere auch^^

Lykurg
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Fr 3. Aug 2007, 10:16 - Beitrag #3

Sport kann Beschäftigung und Ausgleich für diejenigen sein, die an Kultur geringes Interesse haben und denen die Fähigkeiten zur aktiven und passiven Nutzung von Bühnen völlig fehlen. Das Volk will unterhalten werden, auch beschäftigt und abgelenkt; und in einem gesunden Körper soll ein gesunder Geist herrschen, damit nicht ungesunde Geister über ihn herrschen können. ;)

Die millionenschwere staatliche Förderung des Spitzensports, etwa der Einkauf von Fußballübertragungsrechten mit Steuergeldersummen, die den Bildungsetats mancher Bundesländer übersteigen, ist dabei zuviel des eventuell Guten; Förderung des Breitensports ist in Maßen aber sinnvoll: Bau und Erhalt von Sporthallen, Ausbildung und Bezahlung von Trainern in strukturschwachen Regionen/Stadtteilen, Ausrichtung gelegentlicher Sportfeste und Wettkämpfe als Gelegenheit zur Begegnung und Erprobung der Fähigkeiten.

Und nein, so unangenehm es mir auch immer war, in sportlichen Dingen selbstverständlich zum letzten Drittel zu gehören, finde ich es doch sehr wichtig unter Jugendlichen sowie unter Erwachsenen, in zivilisierter Form miteinander Kraft und Geschicklichkeit zu messen. Darauf ausgelegten Sportarten den Wettkampfcharakter zu nehmen, um niemandem den Schmerz der Niederlage zuzufügen, halte ich für grundverkehrt, eben weil dieser Schmerz eine selbstverständliche Lebenserfahrung ist, deren Verarbeitung früh (wenn auch nicht zu früh) gelernt sein muß; die im Sport in vielen Fällen diejenigen trifft, die etwa in anderen Schulfächern zu den Stärkeren gehören und insofern ihnen eine Erfahrung und anderen einen Ausgleich bedeutet. Wer später im Leben etwas für seinen Körper tun will, ohne mit anderen in Wettkampf treten zu wollen, kann sich dafür geeignete Sportarten suchen - aber generell ist diese Art des Umgangs mit dem Körper meines Erachtens die einzig natürliche und nicht unbegründet.

Maglor
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Fr 3. Aug 2007, 10:25 - Beitrag #4

Wann war Sport bitte gemeinnützig?
Selbst die Fussballvereine auf dem Dorfe werben sich für Geld auswärtige Spieler an, während mindertalentierte Eingeborene ihren Serotoninrausch auf der Reservebank genießen können.
Der Sport- und Schwimmunterricht wird massiv gekürzt. Die Deutschen werden auf langen sich wieder zu einem Volk von Nichtschwimmer. Währenddessen fördert der Stadt den Sofasport. Öffentlichrechtliche Sender verschwenden unsere Gebühren für irgendwelche Sendelizensen. Absurdeste Sportarte, die kein Mensch finanzieren kann, trägt die Bundeswehr, und bildet Bobfahrer und Biathleten aus. (Ich dachte, die sollten die Welt retten und nicht die Weltmeisterschaft.)
Und Radsport wird auch gefördert? Ja, deshalb kauft Vater Staat ja auch mittellosen Kleinkinder ein Fahrrad mit Sützrädern!!!
Nein, bezahlen wir doch lieber die Profis, damit sie ihren mit Hundehämoglobin aufgempotzen Körper auf einen Titandrahtesel schwenken können.

Wäre es nicht im Sinne der Sportförderung besser, dafür zu sorgen, dass die Menschen selber radeln und bolzen? Stattdessen fördern wir eine Elite, die sich mit Leistungssport selbst auf Dauer kaputt macht, die der Mob vor der Glotze bewundern kann. Und irgendwann explodiert vor Schreck seine Chipstüte, weil sie den fetten Coachpotato nicht mehr ertragen kann, der laut gräult: "Wir sind Weltmeister!"

MfG Maglor :rolleyes: :crazy: :confused:

Ipsissimus
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Fr 3. Aug 2007, 11:40 - Beitrag #5

"Brot und Spiele" lautet das Stichwort. Auf Nationalstolz respektive Lokalpatriotismus ist immer Verlass, solange das Werkzeug nur mit Intelligenz gehandhabt wird. Zwar verlieren die Medien zunehmend die intelligenteren unter ihren potentiellen Konsumenten, aber doch noch lange nicht die Masse.

Sportliche Erfolge befrieden die Masse. Es ist eine Art Ersatz(bürger)krieg, unserem Hass und unserem Stolz ist eine für geeignet befundene Ausdrucksplattform geboten.

Die neuen Eliten schauen sich diesen und anderen Scheiss größtenteils eh nicht mehr an, für die abgehängte Masse wird er als die große Droge zunehmend wichtigstes Element ihres Lebenssinns.

Ein gewagtes Spiel. Aber von gewieften Massenpsychologen gesteuert.

janw
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Fr 3. Aug 2007, 14:59 - Beitrag #6

Sport gewissermaßen als Krieg ohne Blutvergießen, und Krieg danach als notwendiges Mittel zur Identitätsstiftung und -stabilisierung des Volkes.
Eine interessante These.
Passt gut dazu, daß der Sport politisch in den Innenministerien angesiedelt ist.
Hm, vielleicht braucht menschliche Gesellschaft so etwas dann doch...

Zitat von Lykurg:Sport kann Beschäftigung und Ausgleich für diejenigen sein, die an Kultur geringes Interesse haben und denen die Fähigkeiten zur aktiven und passiven Nutzung von Bühnen völlig fehlen.

Lykurg, Interesse kann nur durch Berührung erwachsen, und Kultur fängt nicht erst da an, wo sie in Aufführungspraxis mündet.
Ich sehe ein sich ausbreitendes kulturelles Analphabetentum, gebietsweise ganze Schuljahrgangsbündel ohne Kontakt zu kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten, sei es Musikunterricht, Theater, kreatives Schreiben. Beethoven, Kafka, Beckett, Fo, Miles Davis - wer is'n das? Frings? Ein Fußballspieler, nicht ein Kardinal der Nachkriegszeit, der das "fringsen" erlaubte, ein hochbrisantes Thema...
Dafür ist fürs Bolzen immer Geld da.

Ausrichtung gelegentlicher Sportfeste und Wettkämpfe als Gelegenheit zur Begegnung und Erprobung der Fähigkeiten.

Der Andere als Gegner, mal Überlegener, mal Unterlegener, aber nie Gegenstand vertieften Interesses.

Darauf ausgelegten Sportarten den Wettkampfcharakter zu nehmen, um niemandem den Schmerz der Niederlage zuzufügen, halte ich für grundverkehrt, eben weil dieser Schmerz eine selbstverständliche Lebenserfahrung ist, deren Verarbeitung früh (wenn auch nicht zu früh) gelernt sein muß]
Für den einen ist es Schmerz, für den anderen Trauma...und in meinen Augen unnötig.
"die im Sport in vielen Fällen..." ist ein performativer Widerspruch zu "mens sana..." Im Übrigen...s. Hawking.

Zitat von abv:Nur Schulsport ist schon recht wichtig, denn gehört deutschland jetzt nicht schon zu den "dickesten" länder europas?

Woran sich auch nichts ändern wird, wenn nach wie nach dem "Spocht" die "Energiereserven wieder aufgefüllt werden", wahlweise auch "aufgetankt" - mit Energiegetränken, deren Hauptinhaltstoff Traubenzucker ist.
Aufklärung darüber im Sportunterricht? Ich fürchte, Fehlanzeige.

Traitor
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Mo 6. Aug 2007, 22:42 - Beitrag #7

Ich schließe mich dem allgemeinen Tenor an - gefördert werden sollte der Breiten-, nicht der Spitzensport. Letzterer funktioniert von der Förderung abgesehen nach wirtschaftlichen Prinzipien, sollte sich also auch ganz auf diese reduzieren lassen. Wenn es dann in ein paar Sportarten plötzlich keinen echten Spitzensport mehr gibt - irgendwo schade, aber wenn diese eben nicht genügend Leute interessieren, dann gibt es auch keinen Grund, sie zu fördern.
An der Finanzierung von Schwimmbädern und Bolzplätzen sehe ich dagegen nichts falsches, sie sind Beiträge zu einer sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeit der Massen. Eher sehe ich, dass hier zu wenig investiert wird - insbesondere die Schwimmbad-Versorgung nimmt allmählich katastrophale Ausmaße an, in Bonn wurden z.B. dieses Jahr sämtliche Senioren- und Studentenrabatte gestrichen und in den nächsten Jahren soll etwa die Hälfte der Bäder geschlossen werden.

Übrigens würde ich in der Förderung und Aufmerksamkeit in Schule und Gesellscahft keine Trennlinie zwischen geliebtem Sport einerseits und vernachlässigten Musik und Kunst andererseits sehen. Sondern zwischen den klassisch gesellschaftsfähigen und mit Ruhm winkenden Disziplinen Sport, Musik und Kunst einerseits und den (Natur- wie Geistes-)Wissenschaften andererseits. Man muss sich nur mal das Verhältnis von Schul-AGs oder Jugendwettbewerben der einen und der anderen Gruppe ansehen, oder dass ein begabter Sportler, Musiker oder Künstler als repräsentativ und bewundernswert, ein wissenschaftlich Begabter als Streber und Sonderling gilt.

janw
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Di 7. Aug 2007, 02:35 - Beitrag #8

Die Schließung von Schwimmbädern ist ein Problem, ja, weil damit auch die Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung zurück geht, eine wichtige Fähigkeit, wenn man sich das Freizeitverhalten der Deutschen ansieht und wie sich bereits die Zahl der Badeunfälle erhöht. Andererseits ist wohl kaum ein Bundesland so schwimmbadversorgt wie NRW, wo es ja eine regelrechte Pro-x-Einwohner-1 Schwimmbad-Richtlinie gab in den 70ern.
Ansonsten liegt für mich der Schlüssel zur Freiheit eher in Büchern und Bibliotheken als auf Bolzplätzen.

Zitat von Traitor:Übrigens würde ich in der Förderung und Aufmerksamkeit in Schule und Gesellscahft keine Trennlinie zwischen geliebtem Sport einerseits und vernachlässigten Musik und Kunst andererseits sehen. Sondern zwischen den klassisch gesellschaftsfähigen und mit Ruhm winkenden Disziplinen Sport, Musik und Kunst einerseits und den (Natur- wie Geistes-)Wissenschaften andererseits.

Ich würde dann doch die klassische Gliederung vorziehen, welche Wissenschaften und Schöne Künste als gleichermaßen betreibenswerte Betätigungen erachtete.
Du hast natürlich recht, daß die Begabungsförderung in den Naturwissenschaften mangelhaft ist, und daß dies sogar völlig unzureichend wahrgenommen wird.
Ich sehe es aber so, daß jede Begabung in den Naturwissenschaften letztlich auf grundlegende geistige Fähigkeiten angewiesen ist, wie Kreativität, Erkennen von Mustern, Transferleistungen,... und daß diese durch mangelndes Lesevermögen, und damit meine ich die Fähigkeit, sich Texte zu erschließen, beeinträchtigt werden oder sich gar nicht erst herausbilden können.
In diese Richtung der Sinnesschärfung und Mustererkennung geht auch der Musikunterricht, weshalb ich meine, daß wirklich jedes Schulkind ein Instrument erlernen sollte - welches nicht Blockflöte heißt.

Gut, vielleicht klingt das jetzt ein wenig hochgestochen, aber...es kommt mir gerade in den Sinn, als stießen hier zwei Gesellschaftskonzepte aufeinander - ein auf Konfrontation aufbauendes Konzept der Volksmasse, welche durch "Brot und Spiele" gesteuert werden kann, und das auf Kooperation aufbauende Konzept der Gesellschaft der Individuen, das selbständig denkender und umfassend gebildeter Menschen bedarf, wobei umfassend für mich auch Theater mit einschließt, das Spiel von Rollen und das Bewußtwerden der persona.
Gut, aber dann kommen wir an den Punkt: Was tun, wenn das Volk gar nicht so weit befreit werden will?

Lykurg
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Di 7. Aug 2007, 11:12 - Beitrag #9

Studentenrabatte gibt es hierzustadt gar nicht, der Vollpreis ist hoch und die Schwimmbaddichte unbefriedigend. Eigentlich hatte ich so weiterschwimmen wollen, wie ich es in Wien gewohnt war... Nun ja.
Zitat von janw: Ansonsten liegt für mich der Schlüssel zur Freiheit eher in Büchern und Bibliotheken als auf Bolzplätzen.
Freiheit, ist das nicht immer die der Andersdenkenden, also auch derer, die lieber auf den Bolzplatz als in die Bibliothek gehen? ;)
Die eher ungeliebte Pflockpflöte eignet sich nun einmal besonders als Einstiegsinstrument - günstig, transportabel, eher leise, je nach Ausführung nicht allzu empfindlich, begrenzter Tonumfang für Notenneulinge, erstes Ensemblespiel, Atemkräftigung (für Kinder mE wichtig!), zugleich aber auch so begrenzt, daß sich Musikinteressierte meist ein individuelles zweites Instrument suchen. Würde man alle von Anfang an auf Klavier schulen, würde man vermutlich nur eine Masse schlechter Pianisten hervorbringen statt die Vielfalt eines Schulorchesters zusammenstellen zu können.

Das Problem dieser Ungleichgewichtigkeit gesellschaftlicher Anerkennung von Leistungen sehe ich auch. Allerdings haben ja auch Wettbewerbe wie "Jugend forscht" einen guten Ruf, oder die Mathematikolympiade - ich hatte eigentlich nie das Gefühl, daß deren Teilnehmer bei uns als Sonderlinge gegolten hätten... jedenfalls nicht stärker als unsere aktivsten Musiker.^^

Zwei Gesellschaftskonzepte - Masse und Individuen... Und ein Teil der Masse will breiig bleiben... ja, vermutlich. Man muß beiden Bedürfnissen etwas bieten, um den Gesellschaften die Koexistenz zu erlauben. Weder die Auflösung des Individuums in der Masse noch die der Masse in Individuen sind anzustreben, weil beides ein Verbiegen bedeutet, das unangenehme Folgen zeitigen dürfte. Also: Im Rahmen des Möglichen den Fortbestand wahren und erweitern bei gemäßigter Priorisierung von Breitensport und Massenbildung, in der Hoffnung, daß dann die Kraft zum Erreichen von Spitzenleistungen aus den Mitteln der Gesellschaft selbst erreicht wird?

janw
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Mi 8. Aug 2007, 02:00 - Beitrag #10

Zitat von Lykurg:Freiheit, ist das nicht immer die der Andersdenkenden, also auch derer, die lieber auf den Bolzplatz als in die Bibliothek gehen? ]
Nun, keine Freiheit ohne Kenntnis der Möglichkeiten...wer im kritischen Alter bis etwa 12, 13 kaum ein Buch in der Hand gehabt hat oder nie ein Instrument unter vernünftiger Begleitung erlernen durfte, wird nur schwer einen Zugang zu den Welten bekommen, in die das geschriebene Wort entführt oder die Musik als Ausdrucksform. Und besonders letzteres trifft nach wie vor auf den Großteil eines jeden Jahrganges zu, mit dem Schwerpunkt in ärmeren Schichten.
Hier wäre anzusetzen, und zwar konsequent in meinen Augen. Bolzplätze könnte es dann auch noch geben, wenn noch Geld da ist...

Lykurg, mir fällt da gerade Brasilien ein...Bahia. Dort hat man das gemacht, Musikgruppen für die Jugendlichen geschaffen, Banda Olodum u.a. - und damit den Jugendlichen zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung, Selbstwertstärkungen usw. verholfen, mehr als es Futbolvorher vermochte.
Was wäre denn so gottverkehrt daran, von der Sport- auf die Kulturförderung umzusteigen - wenn die doch so viel mehr an geistigen Entwicklungsmöglichkeiten bietet?

Das Problem dieser Ungleichgewichtigkeit gesellschaftlicher Anerkennung von Leistungen sehe ich auch. Allerdings haben ja auch Wettbewerbe wie "Jugend forscht" einen guten Ruf, oder die Mathematikolympiade

Das Problem hierbei ist für mich, daß es sich um Eliteförderung handelt - was IMHO fehlt, ist wirkliche Breitenförderung. Es gibt viel zu wenig AGs, die überhaupt sich mit naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen beschäftigen. Daß besondere Leistungen hier häufig mit den von Traitor genannten Vorbehalten zu käpfen haben, ist zweifellos so. Schade, denn Jugend Forscht macht wirklich Spaß :)

Zwei Gesellschaftskonzepte - Masse und Individuen... Und ein Teil der Masse will breiig bleiben... ja, vermutlich.

Das glaube ich nicht ernsthaft, zumindest sehe ich es so, daß schwerlich zum Individuum wird, wem immer als Masse begegnet wird.
Vielmehr habe ich den Eindruck, daß die als-Masse-Haltung ein Teil der Machtstrategie ist. Oder sehe ich das zu pessimistisch, zu viel Bourdieux und Luhmann?

teut
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Fr 10. Aug 2007, 13:41 - Beitrag #11

Sport ist wenigstens irgend eine Betätigung.Was soll das Volk sonst tun?? Arbeiten schändet,Saufen ist teuer,Lesen ist blöd also "Des kleines Mannes Sonnenschein ist vö.... und besoffen sein" Zirkus schaun Fußball Wagenrennen(Formel I) Skifahren Boxen und daneben das vorherige Zitat.Vom antiken Rom einen schönen Gruß an die Enkel.Wenn das Volk zuviel mit Politik befasst wird ödet es sich und gibt das Ruder ab.Randale ist die Folge Daher die Devise billige Nahrung und Spiele und die upper ten haben eine Ruhe für ihre Geschäfte.

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Di 14. Aug 2007, 15:18 - Beitrag #12

Oh je, oh je.... ich weiß nicht ob ich weinen oder lachen soll, wenn ich die Beiträge, vor allen die von janw, lese. Im Zuge meiner Hausarbeit für das Fach Kulturgeschichte innerhalb meines Sportmanagement Studiums bin ich auf diesen Thread gestoßen und musste mich umgehend anmelden um hier mal meine Meinung, zumindest Ansatzweise, wieder zu geben.

Diese Anti-Sport, Pro-Kultur Einstellung ist so eingefahren und so inakzeptabel wie sonst was. Klar wird jetzt das Gegenargument kommen, dass ich ja Sportmanagement studiere und später im Tätigkeitsbereich des Sports mein Geld verdienen will, jedoch bin ich mir der Verwirtschaftlichung des Sports und deren Konsequenzen genauestens bewusst. Trotzdem habe ich ein Jahr lang Sportmanagement in Verbindung mit Kulturmanagement studiert, weshalb ich mir nie eine Einstellung "Anti-Kultur" vorstellen könnte, so wie sie hier teilweise gegen Sport ausgesprochen wird.



Lieber janw, ich habe Leute wie Dich kennengelernt, Leute, die kulturell sehr interessiert sind und schwafeln können ohne Ende, ohne auf dem Punkt zu kommen. Doch ob Du es glaubst oder nicht, viele von Denen waren trotz allem beim Public Viewing bei der letztjährigen Fußball WM dabei und haben teilweise sogar mitgefeiert mit den Fans. Wie kommt das? Warum machen die das, wenn es für sie in ihrem Leben doch eh nur Kultur gibt und Sport total kommerziell, dumm und sinnlos ist und man diesen deshalb meiden sollte? Verdammt, dann sollen sie doch den Sportfans auch aus dem Weg gehen! Aber nein, genau das haben sie nicht getan, warum auch immer...

Sport ist Krieg ohne Waffen, sagte Orwell, genau hierauf werde ich meine Hausarbeit beziehen und diese so objektiv wie möglich gestalten. Es geht mir nicht darum diese Aussage komplett zu entkräften, natürlich spielt zum Beispiel Aggression eine Rolle, aber ist das dieselbe Aggression wie die in einem Krieg? Sollte man nicht unterscheiden in verschiedene Arten der Aggression? Was ist mit Aggression in der Kultur?
Ein Beispiel: Als Kultur betrachte ich in diesem Fall die verschiedensten Formen von Kunst, hierzu gehört für mich auch gerade die Musik. In welcher Form auch immer, Musik ist ein großer Teil der Kultur. Immer wieder werden bei Massakern an Schulen oder ähnlichen Amokläufen auch die aggressiven Musikstile wie Metal (und deren verschiedenen Formen) usw. als Gründe genannt, welche Leute so handeln lässt. Ja es wurde sogar davon berichtet, dass die amerikanischen Soldaten beim Einmarsch in den Irak u.a. „Let the bodies hit the floor“ von Drowning Pool (welche ich auch u.a. gerne höre) gehört haben sollen. Abgesehen davon, dass ich dies als Grund für solche Taten für schwachsinnig halte, habe ich noch nie als Ansatz eines Grundes eine sportliche Aktivität wie Kampfsport, Rugby, Boxen, o.ä. gehört. Woran liegt das? Hier ist doch auch die Aggressivität ausschlaggebend, oder nicht?
Nein ist sie nicht, es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen Aggressionen, die Menschen andere Menschen töten lassen und Aggressionen die Sportler in einem Sport haben müssen um erfolgreich zu sein, nur leider sehen das Menschen die von Sport einfach keine Ahnung haben nicht und erkennen darin keinen Unterschied. Ich bin kein Psychologe und ich will mir kein Urteil erlauben, ob es psychologisch einen Unterschied gibt, aber als Sportler gibt es für mich einen Unterschied.

Zum Thema Bildungsstruktur, Bildungssysteme und Förderung des Sports zur Missgunst der Förderung der Kultur:
Auf gut deutsch gesagt: was hier aufgeführt wird ist größtenteils Schwachsinn!
Zugegeben, Sportunterricht macht für mich persönlich auch wenig Sinn, aber zu denken, dass jeder Mensch von Grund auf ein Instrument lernen muss und sich durch mehr Unterricht im Kunst und Musik Bereich mehr für die Kultur interessieren muss, ist absolut inakzeptabel und ignorant. Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich ein Instrument lerne, jedoch hat sie nach und nach erkannt, dass ich doch lieber Tennis spiele und ich darin wirklich aufgehe anstatt vor einem Klavier zu sitzen. War es schlecht, dass sie mich nicht gezwungen hat ein Instrument zu spielen? Ich wüsste nicht was daran schlecht sein soll, sich dem hinzugeben, worin die eigene Leidenschaft steckt.
Außerdem stellst du Sport im Gegensatz zur Kultur als etwas "Dummes" dar... was Du aber vergisst, janw, viele Sportler sind gute Schüler/ Studenten und umgekehrt. Das eine hat mit dem anderen letztendlich nichts zu tun!
Was daran verkehrt wäre von der Sport- auf die Kulturförderung umzusteigen? Nur ein paar Argumente:
1. Sportlicher Ausgleich zur Gesundheitsförderung und gegen Adipositasbildung würde größtenteils wegfallen
2. Vereine, die eh so schon kein Geld mehr hätten würden komplett in die Knie gehen und die Menschen hätten ein VIEL geringeres Angebotsspektrum an Freizeitangeboten, was die Menschen letztendlich unzufrieden stellt
3. Durch den Wegfall der Sportvereine (da die Förderung ausbleibt), würde es nicht zwingend zu einem riesigen Push der Kultureinrichtungen kommen. Menschen die zuvor nicht in Kultur interessiert waren, werden deshalb auch nicht unbedingt mehr in Kultur interessiert sein und es würde sich bald herausstellen, dass der Zulauf relativ zu der vermehrten Förderung, gering ausfallen wird.

Die Aussage "Bolzplätze könnte es dann auch noch geben, wenn noch Geld da ist..." treibt mich persönlich in den Wahnsinn... Dieses radikale Denken, wie ich es oben schon erwähnte, ist absolut fehl am Platz. Auch für den Sport werden die Gelder vom Staat immer weiter gestrichen, das wird nur leider wieder übersehen. Wieso sollte man den Sport nicht fördern? Menschen werden und bleiben durch Sport Gesund und sind ausgeglichener, das Thema Gesundheitssport ist sowieso ein sehr Wachsendes. Des weiteren gibt es tausende von Beispiele, wie Sport ganzen Gesellschaften und Bevölkerungsschichten (vor allem den Minderbemittelten) hilft und geholfen hat von der Straße weg zu kommen und einen neuen Sinn im Leben zu finden.

Um nur einmal ein paar zu skizzieren: http://de.fifa.com/aboutfifa/worldwideprograms/ , oder Kids in den Ghettos der USA, die durch den Basketball eine Beschäftigung finden, oder arme Familien in Deutschland, die ihren Kindern nichts geben können, sie aber, da es noch erschwinglich ist, in Fußballclubs stecken können und Ihnen so eine Freude machen, usw. Laut der Aussage von Dir, janw, ist dies keine SINNVOLLE Beschäftigung... ich finde es gut wenn man solche Musikgruppen, wie von Dir angesprochen, macht um die Kinder von der Straße weg zu bekommen, jedoch warum ist das SINNVOLLER als Sport? Erklär es mir bitte mit objektiven, sinnvollen Argrumenten.

Ernsthaft, welche Veranstaltungen vereinigen friedlich die verschiedensten Menschen am meisten? Beispiel WM 2006 in Deutschland: Jeder, aus der ganzen Welt, lernte Deutschland und die Deutschen von einer ganz anderen Seite kennen. Man lag sich mit wild fremden Menschen in den Armen und feierte. Was ist mit den relativ armen Menschen, die nichts anderes als Ihre Fanzugehörigkeit zu einem Verein haben und dort Ihre Gesellschaft finden/ haben? Klar muss man da nicht so viel nachdenken wie es im Theater oder auf Kunstausstellungen der Fall wäre, aber ist das überhaupt notwendig um glücklich zu sein und erfüllt zu leben? Auch hier könnte ich viele viele weitere Beispiele aufzählen, aber das bringt wahrscheinlich eh nichts, da meine Argumente eh wieder mit irgendwelchen recherchierten Dingen in den Boden gestampft werden, ohne die menschliche Seite einmal zu betrachten und die Hintergründe im Sportgeschehen zu kennen. Keiner verlangt, dass man auf Sportveranstaltungen gehen muss, oder man Sport treiben muss, aber Toleranz gegenüber dem Sport, so wie die Sportler und Sportfans auch Toleranz gegen die Kultur haben (fängt ja schon bei der Musik und Konzertbesuchen an) wäre durchaus angebracht!

Fakt ist: beides bekommt vom Staat zu wenig Förderung und oft wird diese noch falsch angelegt. Ohne Sport und Kultur kann eine Gesellschaft heut zu Tage nicht mehr existieren. In einer Welt, die zunehmend stressiger wird, ist der Ausgleich in der Freizeit das wichtigste für den Menschen und ob er den im Sport oder in der Kultur findet ist doch, sorry, SCHEIßEGAL!

Ein noch sehr schönes Beispiel, wie ich finde, zum Schluss, welches zeigt, dass es auch Menschen gibt die sowohl Kultur als auch Sport lieben:

Der beste Bundesligaschiedsrichter der vergangen Saison, Herbert Fandel, ist Hauptberuflich Pianist und Leiter einer Musikhochschule. Ob der auch meint, dass man Sportförderungen kürzen sollte und die Gesellschaft komplett auf Kulturförderung umgestellt werden sollte? Das würde mich mal interessieren!


P.s. Auch wenn ich in diesem 2 1/2 Wordseitigen Beitrag nicht auf alle schon genannten Argumente eingehen konnte, habe ich mich versucht kurz zu fassen und so relevant wie möglich zu bleiben ;)

Lykurg
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Di 14. Aug 2007, 18:03 - Beitrag #13

Willkommen, Showstopper! (Fulminanter Einstiegsbeitrag, gerne mehr davon...)

Die von dir aufgeführten sozialen Dimensionen des Sports sind bedeutsam und rechtfertigen sicherlich ein gewisses Maß von Transferleistungen: Kinder aus schwierigen Verhältnissen gewissermaßen von der Straße zu bringen, einen Lebensinhalt, Träume und Erfolgserlebnisse zu geben, ist wichtig - kein Mittel dazu sollte vernachlässigt werden.

Auch die gesundheitlichen Aspekte spielen eine erhebliche Rolle; an dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich für den Schulsport eintreten, der - wie verbesserungsbedürftig auch immer - Kindern und Jugendlichen hilft, sich [besser] zu bewegen und vielleicht eine jahrelange oder gar lebensbegleitende Sportart für sich zu entdecken. Das gilt allerdings in meinen Augen gleichermaßen für Sport und Musik; ich bin gezwungen worden, Sport zu treiben, und empfinde das im Nachhinein als richtig. Ebenso empfinde ich eine gewisse instrumentale Grundausbildung als wesentlichen Teil der geistigen Entwicklung (weitere Ausführung verließe den Rahmen dieses Threads); an Bedeutung dem Schulsport nicht nachgeordnet.

Deine Herausstellung der Friedlichkeit des Sports geht natürlich etwas leichtfertig hinweg über die gewaltsamen Ausschreitungen etwa nach manchen Fußballspielen. Du kannst dich darauf berufen, daß es sich bei den Gewalttätigen nur um kleine Minderheiten handelt, die außerdem meist so stark alkoholisiert sind, daß man die Tätlichkeiten ihrem Lieblingsgetränk, nicht dem von ihnen beobachteten Sport zuschreiben kann. Besser wäre es aber natürlich, wenn es ohne diese Zwischenfälle abginge; auch nach den größten Rockkonzerten sind Straßenschlachten mit den Carabinieri doch eher selten zu beobachten - und zum Geschehen auf dem Platz: Auch im fiesesten Viertellauf bricht die erste Bratsche dem Konzertmeister nicht das Nasenbein.^^

Trotzdem nehme ich gern die von dir gebotene Hand - fragend allerdings, an welcher Stelle die Leistungen für den Spitzensport auch enden dürfen: Ob etwa die Steuerfreiheit der Feiertagszuschläge gerechtfertigt ist, inwieweit Stadionbau Landessache bleiben muß und wer nach Großereignissen für die Müllentsorgung aufkommt. Daß es in dieser Hinsicht allerdings auch bei 'kulturellen' Großereignissen zu Uneinigkeit kommen kann, ist mir bekannt. ;)

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Di 14. Aug 2007, 19:00 - Beitrag #14

Hey Lykurg,

danke für die Begrüßung.

Ich wollte nicht noch mehr schreiben, weshalb ich auf die Problematik mit den besagten gewalttätigen Gruppen nicht eingehen wollte. Wie Du schon sagtest, es sind Randgruppen, angestichelt von Langeweile und Aussichtslosigkeit verbunden mit Alkohol. Zumal diese Gruppen den Sport nur als Plattform nutzen um sich zu treffen und sich zu Prügeln. Die besten Beispiele sind Hooligans im Fußballsport. In Polen beispielsweise verabreden sich ganze "Vereine" von Hooligans zu den jeweiligen Spieltagen, prügeln sich und gehen mit einem Handschlag auseinander. Der Sport steht hier aber auch in anderen Ländern nicht im Vordergrund und wird nur als Aufhänger benutzt. Ergo hat der Sport ( also die sportlichen Leistungen/ Mannschaften/ Partien/ etc.) keine Schuld für solche Ausschreitungen und leidet unter diesen Phänomenen. Gäbe es den Sport nicht, würden sich diese Menschen wahrscheinlich andere Plattformen suchen...
Das Geschehen auf dem Platz beinhaltet eine "gesunde Aggression", die den Spieler nicht zwingend dazu verleiten seinem Gegenüber eine zu verpassen, geschweige denn ihn umzubringen.

Deinen beiden ersten Absätzen kann ich absolut zustimmen, natürlich sind auch musikalische Ausbildungen wichtig, jedoch finde ich das Zwang, sowohl im Sport als auch in der Kultur, nicht das richtige Mittel sind.

Ja die Leistungen für den Spitzensport, das ist ein Thema für sich... Natürlich kann man sich hier über Förderungen streiten, das würde aber jetzt zu weit führen. Ich halte Förderungen im Nachwuchsbereich für am sinnvollsten, dazu gehört eben auch die Förderung des Spitzensportes. Es geht nun mal nicht ohne Vorbilder, welche nur durch den Spitzensport entstehen können. Beispiel Tennis: war in Dtl. sehr beliebt mit/ seit Boris Becker und Steffi Graf, hat das Interesse leider seit dem verloren, weil wir keinen Star mehr haben.
Aber auch das führt schon wieder zu weit.
Was meinst Du mit der "Steuerfreiheit der Feiertagszuschläge" ? Woher beziehst Du Deine Frage, ich verstehe den Bezug leider nicht.

Auch zum Thema Stadionfinanzierung habe ich eine sehr umfassende Hausarbeit innerhalb meines Studiums geschrieben. Hier ging es um die Finanzierung durch Public Private Partnership (was u.a. auch bei Flughäfen und anderen Einrichtungen mit denen man Geld verdienen kann der Fall ist). Es wird in Zukunft immer weniger der Fall sein, dass sich die öffentliche Hand an solchen Finanzierungen beteiligt. Außerdem sind es hier nicht staatliche Mittel, sondern stets städtische, manchmal auch ländliche Mittel und Gelder die Fließen, was das Ganze zugegebener Maßen nicht besser macht, wenn man den Zustand mancher Schulen zum Beispiel betrachtet. Problem bei der ganzen Sache ist, dass eine lange Tradition in Deutschland dahinter steht und es immernoch als Aufgabe der öffentlichen Hand angesehen wird. Was in anderen Ländern wie England und USA auch nicht anders ist. Rechtfertigen lassen sich die Investitionen in Stadionbauten mit der großen gesellschaftlichen Bedeutung des (Fußball-)sports in den jeweiligen Regionen und der bestehenden Nachfrage. Was man auch diese Saison in der Fußball Bundesliga wieder beobachten kann, der Dauerkartenverkauf hat einen neuen Rekordstand erreicht und die Stadien werden sehr oft ausgelastet sein.

Die Müllentsorgung wird immer ein Problem sein, aber wie Du schon sagtest, ob Fußballspiel oder Streetparade, die Müllbelastung ist IMMER ein Problem.

Ich hoffe ich konnte Deine Anregungen/ Fragen einigermaßen beantworten. Falls Du noch mehr Interesse an der Finanzierung von Stadien anhand von PPP Modellen hast, dann sag bescheid und ich schick die Arbeit rüber :)

Ipsissimus
Dämmerung
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Di 14. Aug 2007, 22:39 - Beitrag #15

Ich halte Förderungen im Nachwuchsbereich für am sinnvollsten, dazu gehört eben auch die Förderung des Spitzensportes. Es geht nun mal nicht ohne Vorbilder, welche nur durch den Spitzensport entstehen können.


das ist nicht die einzige deiner Äußerungen, die ich dir um die Ohren zu hauen gedenke, aber eine der prononciertesten. Dieser Tage, im Moment bin ich leider etwas erschöpft, aus gänzlich privaten Gründen^^ trotzdem willkommen, ein kompetenter Gegner ist zur sachlichen Klärung geeigneter als ein inkompetenter Freund^^ darauf, das ich dir einschlägige Gläubigkeit vorhalten werde, kannst du dich ja schon mal einstellen^^

Showstopper
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Di 14. Aug 2007, 23:27 - Beitrag #16

Kein Problem Ipsissimus, ich bin für sachliche Diskussionen gerne zu haben.
Außerdem freue ich meinen Horizont erweitern zu können, da ich sicherlich mit meinen jungen Jahren noch nicht der erfahrenste Mensch bin.

Aber bitte drücke Dich nicht all zu literarisch aus, wie Du es gerade eben schon getan hast. Ich stehe nicht wirklich drauf, jeden Fremdwort das ich nicht kenne, nachschlagen zu müssen um den Text überhaupt zu verstehen. Schreib es bitte relativ einfach, sodass ich es sogar verstehen kann. (Ich bin Jung und nicht gut in der Interpretation von Texten)

Des weiteren wäre ich sehr dankbar, wenn man mir nichts "um die Ohren haut", sondern sachlich alles vorträgt, wie ich mich darum bemüht habe (kann sein, dass es mir teilweise nicht sehr geklückt ist, aber versuchen kann man es ja mal).

Ich bin gespannt...

janw
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Di 14. Aug 2007, 23:41 - Beitrag #17

Zunächst mal herzlich willkommen, möge es Dir hier gefallen und wir viele schöne Debatten miteinander ausfechten können :)
Mir fehlt gerade etwas die Zeit für eine eingehendere Antwort, aber auf einen kleinen Nebenaspekt möchte ich dpch kurz eingehen - auf daß er den Kern der Sache nicht verdecke.
ich habe Leute wie Dich kennengelernt, Leute, die kulturell sehr interessiert sind und schwafeln können ohne Ende, ohne auf dem Punkt zu kommen. Doch ob Du es glaubst oder nicht, viele von Denen waren trotz allem beim Public Viewing bei der letztjährigen Fußball WM dabei und haben teilweise sogar mitgefeiert mit den Fans.

So, ich kann schwafeln ohne Ende, komme nicht auf den Punkt?
Gut, sei dies Dein Eindruck...aber was stellt Deine Bekannten, die trotzdem beim Public Viewing (verzeih, warum nicht bei der öffentlichen Vorführung? - was soll diese Sprachpanscherei?) über jemanden wie mich, der nicht dorthin gegangen ist? Es ist ein Glaubensakt, den Du hier vollführst, klingt sehr nach braven Schäfchen, die sich, unter fleißigem Konsum wahrnehmungsverändernder Getränke, zur Anbetung des Spiels um den nichteckigen Ball versammeln, vs. Ungläubige, Halsstarrige, zu Bekehrende Restliche.
Ich sag ja gar nichts gegen die, welche sich diese Spiele ansehen, außer daß sie sich IMHO einlullen lassen von einem System, für das der Fußball nur Mittel zum Zweck ist, egal ob zu dem des Geldverdienens, der Manipulation der Massen oder als Teil von "Brot und Spielen" als Mittel des politischen Machterhalts. Sollen sie ihren Spaß dabei haben, ich hatte den meinen und bin beileibe kein Kind von Traurigkeit^^
Ich will nur nicht, daß dafür öffentliches Geld ausgegeben wird, während Schüler aus armen Elternhäusern die Schule hinschmeißen müssen, weil sie den Schulbus nicht bezahlen können. Betrifft mehrere hundert Schüler hier in meinem Landkreis. Von Klassenfahrten zu schweigen, Musikunterricht - Fehlanzeige.
So viel für den Augenblick.

Lykurg
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Di 14. Aug 2007, 23:56 - Beitrag #18

Deine Arbeit zur Stadionfinanzierung interessiert mich insofern tatsächlich, als ich vorhin ergebnislos nach Informationen stöberte. PPP-Modelle sind ja nicht nur in diesem Zusammenhang eine ziemlich interessante Erscheinung der Gegenwart; was das an Vor- und Nachteilen mit sich bringt, wäre genauer zu überprüfen - ich bin gespannt, meine Mailadresse folgt per PN.

Die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge kochen gelegentlich in der Diskussion hoch, der Stoff hat auch eine gewisse Brisanz... Die Feiertagszuschläge sind 1940 für steuerfrei erklärt worden (Hitler wollte angeblich damit zeigen, daß er auch im Krieg Steuern senken könne), um etwa Fabrikarbeiter, die zu unangenehmen Zeiten arbeiten, indirekt zu subventionieren. Inzwischen ist dieses Steuerprivileg eine heilige Kuh der Gewerkschaften geworden, entsprechend scharf reagierte man etwa auf Merz' Vorschlag einer Gesetzesänderung. Zu den größten Nutznießern der Steuerfreiheit gehören aber Spitzensportler (insbesondere im Fußball)*, für die etwa der Sonntag ein regelmäßiger Arbeitstag ist. Angeblich zahlen manche Vereine Spielern kein Trainings-, sondern nur ein Spielgehalt, um so einen möglichst großen Teil der vertraglich zugesicherten Summe in Form von Feiertagszuschlägen an der Steuer vorbeizubewegen... Sehr verständlich, aber nicht so ganz der Sinn der Sache, meine ich.
_____
*sowie Künstler ;)


Zur Frage der "gesunden Aggression" sollte man vielleicht mal einen Psychologen fragen, oder lieber gleich drei, damit man wenigstens drei verschiedene Meinungen zur Auswahl hat.^^ Nein, ich meine auch, daß es ein Kompensationsbedürfnis gibt, andererseits habe ich auch oft genug erlebt, daß sich auf dem Sportplatz angestaute Aggression anderswo entlud... Nicht nur in Fangemeinden, auch in manchen Mannschaften kann der Wurm stecken.

Showstopper
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Mi 15. Aug 2007, 00:30 - Beitrag #19

Danke auch an Dich für die Begrüßung.

Ich wollte mit dieser Aussage eigentlich niemanden über jemanden anderen stellen, bzw. jemanden besser/ schlechter stellen.
Zu erst einmal, "Public Viewing" war und ist ein mittlerweile anerkannter Ausdruck für die Ausstrahlung von Sportveranstaltungen für eine (große ) Masse von Menschen in einem öffentlich zugänglichen Gebäude oder auf einem öffentlich zugänglichen Platz. Deshalb benutze ich dieses englische Wort, auch wenn ich nicht immer ein Freund dieser Anglizismen (eines der wenigen Fremdworte, welche ich kenne) bin.

Ich gebe Dir recht, dass es als eine Art Glaubensakt verstanden werden kann, was ich oben geschrieben habe, jedoch ist das aus meiner Sicht weniger der Glauben, als die Erfahrungen die ich gemacht habe.
Des weiteren muss ich Deine Unterstellung, des automatischen Konsums von "wahrnehmungsverändernder Getränke" während der "Anbetung" widersprechen. Ich selbst bin großer Fußballfan und lebe ohne diese Getränke. Recht gebe ich Dir, dass man gerne Alkohol mit Fußball in Verbindung bringt, nicht zuletzt wenn man sich die Umsatzsteigerungen der Brauereien während der WM Zeit und die vermehrten Werbemaßnahmen von Bierkonzernen im Fußballsport ansieht. Jedoch finde ich es falsch dies zu verallgemeinern. Zumal ein Genuss in vernünftiger Menge ja wohl kein Problem darstellen sollte (meine sogar ich, als Anti-Alkoholiker).
Aber genau auch hier liegt das Problem von Menschen wie Dir, (bitte nicht negativ auffassen, ist völlig neutral gemeint!!!) die die grölenden Menschen sehen, wie sie sich daneben benehmen und Fußballparolen schreien. Ich kann dieses, größtenteils unmögliche, Verhalten auch nicht nachvollziehen, sehe es als Fan aber etwas anders, da ich dies als negativbeispiele für "Fans" (ebenso wie Hooligans) betrachte und nicht als "allgemeine Fußballfans"

So wie ich Dich verstehe ist Fußball ein reines Mittel Geld zu machen und darüber hinaus für die Politik eine gelungene Kommunikationsplattform um an die potenziellen Wähler ran zu kommen.
Ich gebe Dir recht, dass durch die Professionalisierung des Sports, vor allem in den 1980er Jahren und allen damit verbunden Folgen, der Sport eine ganz andere Macht erlangt hat. Sowohl im ökonomischen, als auch politischen Rahmen. Wobei man hier auch wieder unterscheiden muss, dass der politische Rahmen schon früher eine Rolle spielte (beispielsweise Olypia 1936). Ich persönlich betrachte dies relativ nüchtern und bin mir dessen sehr bewusst. Auch ich halte Ablösesummen, Gehälter und Sponsorenverträge jenseits der XX Mio. Euro für übertrieben und nicht angemessen. Allerdings muss man sich auch der positiven Auswirkungen bewusst sein und darf diese nicht außer Acht lassen, um nur ein paar zu nennen: Arbeitsplätze werden geschaffen (wo ein Markt ist sind auch Arbeitsplätze), Gesellschaftsschichten kommen zusammen, was vom rein menschlichen Aspekt sehr wertvoll ist, immer mehr nachgefragte Ausgleiche für die Freizeit werden geschaffen, usw.

Ich habe es oben glaube ich schon angesprochen, dass man die Förderung des Spitzensportes an den richtigen Stellen ansetzen muss, damit diese Sinn macht, aber sie komplett zu streichen erscheint mir nicht nur indiskutabel, sondern auch sinnlos, da dies nicht die Lösung des überbezahlten Profisports wäre.
Ich habe oben ebenfalls auch aufgeführt, dass es nicht einsichtig ist, warum der Staat Millionen für Stadien ausgibt, während in Schulen die Decken runterkommen. Aber wenn man die Sportförderungen einstellt und da noch mehr einspart als es so schon größtenteils der Fall ist, dann müsste man auch bei anderen Sektoren Förderungen einstellen um dies zu rechtfertigen. Der Sportsektor ist sicherlich nicht derjenige der als erstes darunter leiden sollte.
Ich respektiere Deine Meinung, jedoch kann ich es leider nicht akzeptieren, wenn Du die Sportförderung zu Gunsten der Kulturförderung einstellen würdest. Ich sehe hier ein viel zu starkes Konkurrenzdenken.

Ich denke, dass wir in diesem Fall nicht auf einen grünen Zweig kommen werden, da unsere Ansichten grundsätzlich zu verschieden sind. Aber sonst wärs ja auch langweilig ;)

So, nach einem langen Tag mit viel schriftlicher Arbeit habe ich mir meinen Schlaf nun verdient. Viel Spass beim lesen :D

@lykurg: Vielen Dank für diese Information zu den Feiertagszuschlägen, sehr interessant, da ich das noch nicht kannte! Leider kann ich mich nicht dazu äußern, jedoch kann ich das Handeln von Fußballvereinen in dem Fall natürlich nachvollziehen Welches Unternehmen würde dies aus ökonomischen Gesichtspunkten anders machen?! Nichts desto trotz ist es natürlich schwachsinnig Profifußballer an so etwas zu beteiligen, als würden die nicht schon genug Kohle verdienen...

Sicherlich haben sich Aggressionen schon auf dem Platz ausgetragen und es kommt immer wieder vor, aber auch dies kann man nicht verallgemeinern, so wie es beispielsweise Orwell in seinem Text "Sport ist Krieg nur ohne Waffen" gesagt hat... Es sind doch in der Regel nur Ausnahmen, wo sich so etwas auf dem Platz entläd und das ist auch gut so...

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Mi 15. Aug 2007, 00:40 - Beitrag #20

@lykurg: Vielen Dank für diese Information zu den Feiertagszuschlägen, sehr interessant, da ich das noch nicht kannte! Leider kann ich mich nicht dazu äußern, jedoch kann ich das Handeln von Fußballvereinen in dem Fall natürlich nachvollziehen ;) Welches Unternehmen würde dies aus ökonomischen Gesichtspunkten anders machen?! Nichts desto trotz ist es natürlich schwachsinnig Profifußballer an so etwas zu beteiligen, als würden die nicht schon genug Kohle verdienen...

Sicherlich haben sich Aggressionen schon auf dem Platz ausgetragen und es kommt immer wieder vor, aber auch dies kann man nicht verallgemeinern, so wie es beispielsweise Orwell in seinem Text "Sport ist Krieg nur ohne Waffen" gesagt hat... Es sind doch in der Regel nur Ausnahmen, wo sich so etwas auf dem Platz entläd und das ist auch gut so...

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