Also weiter so...
Nun, in meinen Augen diente die Schill-Partei nur dazu, die abstrusen Ideen des Privatmenschen R. Schill parteipolitisch zu artikulieren, eine one-man-show also mit einem ideologisch äußerst beschränkten Gesichtskreis.
Allerdings haben seine abstrusen Ideen, griffig formuliert, eine ganze Menge Leute hinter ihn gebracht, zur Höchstzeit ein Fünftel der Hamburger Wählerschaft. Ideologisch beschränkt kommt mir die Wahrnehmung einiger linker Spitzenpolitiker auch vor; Lafontaines vielleicht insofern nicht, als er sich eben auch aus der rechten Ecke bedient, man einige seiner Anschauungen also mit einem gewissen Recht als national-sozialistisch bezeichnen kann (wie unlängst ein Autor in der
extrem linken Monatszeitschrift
konkret feststellte [Ralf Schröder: "Patron der Proleten", konkret 7/07]).
Lafontaine ist IMHO einer von vielen in der SPD, die mit den Hartz IV-Mutationen gewaltiges Bauchgrimmen hatten. Nur daß er sich nicht hat korrumpieren lassen und auch nicht den Weg in die innere Emigration, das warten auf bessere Zeiten, gegangen ist, sondern die von Schröder mit Füßen getretenen Ideale - humanistische Ideale wie Menschlichkeit und gleiche Möglichkeit zur Teilhabe an Gesellschaft!! - als Basis einer eigenen Parteigründung genommen hat - die sich zwangsläufig vor allem an die echten oder empfundenen Verlierer der Mutationen richtete.
Lafontaines Ausstieg aus der aktiven Politik, genauer gesagt sein Hinschmeißen des Ministerpostens (Eidbruch...) erfolgte weit vor der Agenda 2010. WASG schloß er sich erst an, als deutlich wurde, daß er damit ein Organ hätte, seine realitätsfremden Vorstellungen einer ahnungslosen Masse zu unterbreiten.
Daß er damit auch eine große Selbstdarstellerei betrieben hat und von seinem persönlichen Gebaren her selbst nicht gerade einen Bilderbuch-Sozi abgibt - keine Frage, und das sehe ich sehr kritisch. Das große Aber ist aber, daß die WASG mittlerweile regional und kommunal teilweise gut und kompetent verankert ist, somit nicht auf Lafontaine beschränkt ist und zuläuft. Mir ist der Kerl trotz allem immer noch zu bedeutend, das sei dazu gesagt, aber er ist ersetzbar.
Er hatte die Möglichkeit, als Bundesfinanzminister zumindest Teile seiner Vorstellungen zu verwirklichen, und ist damit umfassend gescheitert. Offenbar ein idealer Mann für diesen Parteivorsitz.
Hinsichtlich der inhaltlichen Diagnosen müsste die SPD nämlich einräumen, daß die WASG recht hat, was die Auswirkungen der Mutationen betrifft. Vielleicht Ausdruck dessen, daß die SPD selbst erkennt, daß ihr der Boden wegbricht, es soll nur noch keiner merken, daß sie es wissen.
Möglich, aber eben an dieser Erosion wirkt die WASG ja fröhlich mit, statt von innerhalb der Partei durch Stärkung ihres Linksflügels eine Änderung herbeizuführen. Durch die Spaltung werden große destruktive Kräfte frei.
Ob die PDS immer noch das ist, was Blöd und die CDU gerne in ihr sehen möchten, wage ich ebenfalls zu bezweifeln - mittlerweile ist eine Generation herangewachsen, die biographisch nichts mehr mit der DDR verbindet und die die DDR auch kritisch sieht, als die Diktatur, die sie war. Eine Generation aber, die auch erkennt, daß die Freiheit des Westens wieder nicht für alle da ist, nur daß heute Geld und nicht Parteibuch entscheiden. Und die das - mit recht, wie ich finde - nicht kalt lässt.
Die Generation der 30jährigen, die
nur in der DDR geboren und aufgewachsen sind, aber
nie SED-Mitglieder waren, ja, die also
völlig unbeeinflußt von DDR-Propaganda waren und sind und natürlich
genau das westliche Verständnis von Freiheit und Demokratie haben, ein ungefiltertes Bild und so weiter...

Die die DDR als Diktatur sieht und nichts dabei findet. Und die lieber das Parteibuch als das Geld oder den Volkswillen entscheiden sehen ließe.
Ich gebe Dir recht, auch im linken Lager gibt es Spreu und Weizen. Aber an der Feststellung von Unicef, daß Kinderarmut in Deutschland rapide zunimmt und an der mehrfach gewonnenen Erkenntnis, daß elterliche Armut mittlerweile zum biographischen Hindernis wird, zu Armutsgenerationen führt, kommt man nicht vorbei, und hierauf mit dem "Sozialstaatsluftballon" zu antworten, ich weiß nicht...
Ich schrieb "Sozialheißluftballon", weil das deutsche Sozialsystem, obwohl und weil eines der leistungsstärksten der Welt, die soziale Lage eher verfestigt als flexibilisiert. Weil, wer einmal in den Hilfskreislauf hineinrutscht, kaum noch herauskommt; seine Eigeninitiative von Hilfen gelähmt wird, die aber zugleich einen bürokratischen Aufwand voraussetzen, dessen genaue Kenntnis Hilfsempfang zum Beruf macht. Wer alle gebotenen Hilfen ausnutzen kann, hat damit netto weit mehr als ein Geringverdiener - ich kenne einige Geringverdiener, für die das zutrifft, und bin wohl demnächst selbst einer - also ist laut Staat der, der sich anstrengt, blöd: Stattdessen könnte er mit der heißen Luft des Sozialsystems ballonfahren.
Wirkliche Hilfe sähe Integration und Förderung von Eigenengagement vor, gewährte aber zugleich denen, die
wirklich nicht anders können, ein sicheres Auskommen. Die Agenda 2010 hat einiges davon angeregt, werkelt allerdings am bestehenden System herum. Aufgrund momentaner Hochkonjunktur ist der Reformeifer der Bundesregierung erlahmt, erst in der nächsten großen Krise wird man sich besinnen, daß da doch noch was zu tun war...
Umweltschutz - Hamburg könnte effizient Energie mit Blockheizkraftwerken gewinnen, setzt aber auf eine konventionelle Energieschleuder.
Ich wollte eigentlich gegen das geplante Kohlekraftwerk in Moorburg demonstrieren, konnte aber letzten Sonntag leider nicht. Ich weiß auch nicht, was die Grünen gesagt hätten, wenn ich mit einem "Kern statt Kohle"-Plakat mitgelaufen wäre...

Integration - türkische Ehefrauen dürfen nur noch nach Deutschland nachziehen, wenn sie einen Deutschtest bestanden haben. Der kostet in der Türkei mit 300 Euro ein Monatseinkommen, und die Kurse gibt es nur in großen Städten. Nur die christliche Ehe ist heilig, scheinbar
Ich sehe nicht, was an diesem Deutschtest zu kritisieren ist. Ich finde es unvorstellbar, wenn Frauen hierherverkauft werden, die, da sie die Landessprache nicht kennen, völlig von ihrem Mann abhängig sind und gewissermaßen als Sklavin hier leben. Nach einem Jahrzehnt dann automatisch Staatsbürger, das Kreuzchen bei der Partei, die ihr Herr und Gebieter ihr vorschreibt, und die Kinder - Söhne kommen in die Schule, und Töchter lernen nur türkisch? Süper.