janw, der Terminus "asymmetrische Kriegsführung" bezeichnet ganz einfach den Sachverhalt, daß ein Staat einem Nicht-Staat in einer kriegerischen Auseinandersetzung gegenübersteht, eben etwa in einem Guerillakrieg oder im Fall terroristischer Anschläge gegen eine Staatsmacht. Es geht dabei nicht um die Ungleichartigkeit der Kräfte, sondern der eingesetzten Mittel. Ein symmetrischer Krieg ist dagegen der Konflikt zweier oder mehrerer Staaten, egal wie stark sie sind. Es findet insofern kein "Lamento" über Asymmetrie statt, sie wird einfach konstatiert.
Zitat von janw:daß Geschichte fortwirkt, ihre realen und bewusstseinsmäßigen Folgen Handlungsimpulse für Menschen darstellen, die daraufhin Dinge tun, die möglicherweise von Gerichten zu beurteilen sind. Diese aber haben nach der gängigen Konzeption immer nur diese Taten zu beurteilen, öfters unter Würdigung direkter Einflussgrößen auf den Täter, aber nie Geschichte einzubeziehen, um gar nicht erst von aufarbeiten zu reden. Ebensowenig übergreifende aktuelle politische Gegebenheiten.
Soweit kulturelle oder geistige Befindlichkeiten des angeklagten Individuums nachweislich Einflüsse auf die Tat hatten, werden diese im Normalfall vor Gericht in irgendeiner Weise berücksichtigt werden. Alles darüber hinausgehende, was in Richtung "Geschichte aufarbeiten" geht, kann nicht Aufgabe eines normalen Gerichts sein, janw! Ebensowenig die Tagespolitik, wenn sie nicht direkt gesetzwidrig und direkt für den verhandelten Fall relevant ist. Wenn jeder kleine Fall direkt und ausschließlich auf das große Ganze bezogen erklärbar sein soll, hebelst du damit unser Rechtssystem völlig aus. Dann kann sich jeder als ausschließliches Opfer der Umstände bezeichnen, sowieso des Westens, aber auch, e-noon sprach es treffend an, des Sündenfalls. Und es geht hier noch nicht einmal nur um vergangene Schuld]unserer[/i] Verantwortung; hier gibt es allenfalls mildernde Umstände, aber sicherlich allein deswegen keinen Freispruch.
Kein Geschehen der Vergangenheit oder Zukunft kann jemals das gezielte Placieren einer Bombe in einem vollbesetzten Nahverkehrszug rechtfertigen.
Deine Einwände zu Spaniens "Missetaten" sind einfach nur schlimm. Ich glaube nicht, daß etwa der Trawlerkonflikt die geringste Rolle in diesem Zusammenhang gespielt hat. Abgesehen davon - du als Pazifist und Linker! - was käme denn dabei heraus, wenn die Fischkutter torpediert würden? Wessen Lebensgrundlage würde vernichtet? Wer käme dabei ums Leben? Etwa die Verantwortlichen? Und selbst wenn, wäre das eine Lösung?
Heinrich, mir graut's vor dir...
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Ipsissimus, e-noon sprach nicht davon, die wechselseitigen Verbrechen und ihr Gedenken aus dem gesellschaftlichen Gesamtdiskurs auszublenden, sondern Rache nicht zu legitimieren. In einer so komplexen Welt wie der, über die wir hier diskutieren, wenn wir wirklich, wie du es zu fordern scheinst, jegliche Schuld noch lebender Verantwortlicher, also die gesamte Weltgeschichte seit ca. den 1930ern, Teil der Erklärung sein kann und somit muß, liegt ein so irrationales Element wie individuelle Rache für ein soziales Phänomen völlig außerhalb des Vertretbaren. Je nach Berücksichtigung und Gewichtung der kausalen Einzelereignisse kann man mit dem Verfahren auf Dutzende verschiedener "Schuldzuweisungen" kommen, ohne daß eine schlüssig Vorrang vor irgendeiner anderen haben muß. Jeder könnte sich also gleichermaßen begründet an jedem "rächen". Das ist jedenfalls kein Weg zur Konfliktreduzierung.