Mehrheitswahlrecht in Deutschland?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Mi 13. Feb 2008, 13:31 - Beitrag #1

Mehrheitswahlrecht in Deutschland?

http://www.stern.de/politik/deutschland/:Caf%E9-Einstein-Henkel-Mehrheitswahlrecht/611017.html

bin mir noch nicht so ganz klar drüber, was davon zu halten ist, was das alles implizieren würde; andererseits, wenn sich konservative Politiker und Manager dafür stark machen, eher nichts Wünschenswertes. So richtig kann ich mein Unbehagen daran allerdings noch nicht auf den Punkt bringen

Traitor
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Mi 13. Feb 2008, 15:36 - Beitrag #2

Klare Ablehnung. Bei allen Problemen scheint mir das deutsche Wahlrecht nachwievor das weltweit überzeugendste zu sein, weder brauchen wir eine Abschaffung der 5%-Hürde, um italienische Verhältnisse zu bekommen, noch eine des Verhältniswahlrechts für die amerikanische Variante.
Ganz abgesehen von dem in meinen Augen keineswegs wünschenswerten Parteienkonzentrierungseffekt würde eine Beschränkung auf reine Direktkandidaten-Wahl den Wahlkampf noch mehr von Inhalten zu Personen umschichten und die verschiedenen Regierungs- und Wahlebenen würden noch mehr vermischt. Der Bundestag sollte rein nach bundespolitischen programmatischen Gesichtspunkten gewählt werden, nicht danach, dass sich ein Kandidat für "seinen" Wahlkreis einzusetzen verspricht oder sympathisch wirkt. Aus diesen Gründen bin ich sogar eher dafür, die Direktmandate ganz abzuschaffen.

Ipsissimus
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Mi 13. Feb 2008, 17:12 - Beitrag #3

es heisst aber andererseits auch, dass nur noch solche Kandidaten eine Chance haben, die sich von ihren Parteien haben glattbügeln lassen

janw
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Mi 13. Feb 2008, 18:39 - Beitrag #4

Ipsi, was ist Dir lieber, Glattbügelung durch die Parteien oder durch Geldgeber aus der Wirtschaft, wo dann wirklich nur der smarteste gewinnt?

Natürlich haben wir mit dem jetzigen System einige Probleme, die aber IMHO behandelbar wären, wenn nur die Bereitschaft bestünde, ihnen auf den Grund zu gehen und sie zu behandeln.

Henkels Vorschlag ist in meinen Augen der eines Wirtschafters, der sich Monopole wünscht, weil der Monopolist darin so wunderschön "einfach", frei von wettbewerblicher Bedrängung agieren kann, sowohl was die Preise betrifft als auch, was der Kunde erwarten darf - Monopole sind vor allem immer Verhinderer von Produktvielfalt und von Kundenorientierung.

Wenn Politik ihren Auftrag ernst nimmt, für die Gesellschaft als Ganzes in ihrer Vielfalt tätig zu sein und der Tatsache Rechnung zu tragen, daß es für die Probleme einer Gesellschaft im Allgemeinen mehrere mögliche Lösungen gibt, dann muss Politik in der Zusammensetzung ihrer Akteure diese Vielfalt gesellschaftlicher Gruppen abbilden und ihre Entscheidungen aus dem Zusammenwirken aller gewinnen - und wenn das einfach ist, dann muss es mit Not und Zweifel zugehen oder den bekannten Synphonologismen.
Daß es heute uneinfach ist, daß sich die Lager überschneiden, die Grenzen verschwimmen, zugleich kleinere Gruppen emporwachsen, ist IMHO eben Ausdruck dessen, daß es in unserer Gesellschaft und unserem Staat grundlegend eben darum nicht mehr geht, nicht mehr um die Basis der Maslowschen Pyramide, um das Aktuelle, sondern um die Erhaltung des Erreichten, Behebung von Mängeln und um die Entwicklung in der Zukunft.

Ob es dazu einer fünften Partei bedarf, ist IMHO nur eine Frage dessen, ob die anderen vier die Belange der gesellschaftlichen Gruppen hinreichend abdecken oder ob eine hinreichend große Gruppe sich nicht vertreten fühlt und sich einer fünften Kraft anvertraut.
Wenn ich z.B. die Verlierer dieser Gesellschaft betrachte, so drängt sich mir ein Vertretungsbedarf auf, der eben z.B. durch die Linkspartei erfüllt werden könnte, könnte, wenn es eben nicht die Linkspartei wäre - oder durch entsprechende Kehrtwende der SPD.
So gesehen haben es die etablierten Parteien selbst in der Hand, ob sie etabliert bleiben oder die Macht mit weiteren Parteien teilen müssen, ob sie auch den Rändern der Gesellschaft Bedeutung zumessen oder sich um eine Mitte streiten, der sie längst egal geworden sind - es ist ihrer Verantwortung. Und aus der möchte ich sie, im Gegensatz zu Henkel, nicht gerne entlassen.

Noriko
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Do 14. Feb 2008, 15:28 - Beitrag #5

Was ich vorallem als Problem in der Deutschen Demokratie sehe ist der Fraktionszwang, der dazu führt das PArteien
geschlossen für oder gegen einen vorschalg ist.
Auf den ersten Blick mag das naheliegen erscheinen, jedoch kann man auch mitgleid eienr Partei sein und ihr in 90% aller punkte und der richtung überseinstimmen und dennoch oder gerade deswegen gegen etwas sein, weil man die Konsequenzen der entscheidung ander deutet und etwas für SOzial ungerecht halten kann, obwohl die anderen adnerer Meinung sind.
Eine Stärkung der EInzelmeinung währe also eher vonnöten, weniger auf Personeller als auf inhaltlicher Ebene, denn parteiprogramamtik sit sehr unflexibel und meistens Ideologischer Natur und damit der Pragmatischen Realität ziemlich unangemesen.
Da dies mit einem Mehheitswahlrecht defintiv nciht ebsser werden dürfte bin ich alsoa uch dagegen.

Ipsissimus
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Fr 15. Feb 2008, 15:25 - Beitrag #6

der Fraktionszwang auf jeden Fall, aber fast mehr noch ist sein großer Bruder, der Lobbyismus, ein Problem der deutschen Politik

janw
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Fr 15. Feb 2008, 17:56 - Beitrag #7

Nicht nur der deutschen, fürchte ich...
Nur sind auch die Einzelkämpfer in usa, und vielleicht noch mehr, von Lobbies abhängig, von den Großkonzernen, die ihre Wahlkämpfe sponsern, von Gruppen wie der NRA, die Wähler auf sie focussieren, usw.

In Deutschland und vielfach auch anderswo in Europa gäbe es die Möglichkeit, den Einfluss der Lobbies zu begrenzen, indem z.B. die Korruption noch intensiver bekämpft würde, politische Mandatsträger wirklich auf eine Ausschließlichkeit ihrer politischen Tätigkeit festgelegt würden (für Freie Berufe und Einzelunternehmer könnten Ausnahmeregeln geschaffen werden) und indem Politik sich mehr als Sachwalter der sie mit Machtbefugnissen ausstattenden Gesellschaft, nicht allein der Wählerschaft, verstünde und eben nicht als verlängerter Arm von Einzelinteressenvertretern.
Vorallem letzteres würde allerdings einen gewissen Kulturwechsel erfordern, wenn man die Selbstverständlichkeit betrachtet, mit der z.B. die Gesundheitspolitik praktisch ausschließlich von Lobbies betrieben wird, zulasten des gebührenfinanzierten Systems, zulasten der Kranken und zulasten zahlreicher nichtorganisierter Leistungserbringer.

Letztlich wären hier auch die Medien gefordert, indem diese stärker auf die Interessegeleitetheit der von ihnen verbreiteten statistischen Erhebungen verweisen könnten. Welcher tagesschau-Zuschauer bekommt schon wirklich mit, daß die aktuellen Wirtschaftsprognosen allesamt von Instituten stammen, die durch verschiedenste Gruppen der Wirtschaft gesteuert werden? Wem dämmert schon, daß Auf- und Abschwung auch nach Interesselage herbei geredet werden könnten?

Noriko
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Fr 15. Feb 2008, 21:25 - Beitrag #8

Wirtschaft ist Psychologie, das sagte ich schon immer, jan.

Das Politiker von verienigungen gefördert werden sehe ich persöhnlich erst dnn als tragisch an wenn sie ihre meinugn dafür zurechtbiegen, sprich sich erkaufen lassen.
Aber wenn die NRA jemanden fördert der sowieso für Waffen in jeder packung frühstücksflocken ist, sehe ich das nicht als fragwürdig an weil es gekauft wirkt, sondern weil es die NRA ist.

janw
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Fr 15. Feb 2008, 22:23 - Beitrag #9

Nori, ich sehe es eher so, daß psychologische Sachverhalte und Vorgänge von den Wirtschaftsleuten gerne als Entschuldigung herangezogen werden, wenn mal wieder etwas schief gegangen ist, genauso, wie die Tatsache, daß es einigermaßen akzeptabel läuft, gerne mit Biologismen ("menschlicher Hang zum Wettbewerb", "survival of the fittest" usw.) begründet wird - ohne daß damit irgendein Hauch eines Verständnisses für das mit diesen psychologischen oder biolog(ist)ischen Aussagen wirklich Gemeinte, dessen Probleme und Grenzen verbunden wäre.
Wenn Wirtschaftler wirklich die psychologisch Kundigen wären, die zu sein sie verbreitet vorgeben, dann müsste man von ihnen mehr Verständnis erwarten können für die Gefühle und Reaktionen, die ihr Handeln bei den davon Betroffenen auslöst.

Zitat von Noriko:Das Politiker von verienigungen gefördert werden sehe ich persöhnlich erst dnn als tragisch an wenn sie ihre meinugn dafür zurechtbiegen, sprich sich erkaufen lassen.
Aber wenn die NRA jemanden fördert der sowieso für Waffen in jeder packung frühstücksflocken ist, sehe ich das nicht als fragwürdig an weil es gekauft wirkt, sondern weil es die NRA ist.

Das Problem ist IMHO vor allem, daß infolge der Durchsetzungsmacht solcher Gesellschaften derjenige keine Chance hat, der die Probleme des allgegenwärtigen Waffenbesitzes sieht bzw. allgemein Positionen vertritt, die durchaus dem Gemeinwohl verpflichtet sind, aber solchen Partikularinteressengruppen im Wege stehen.
Das Erkaufen und zielgerichtete Verbiegen von Meinung ist in meinen Augen außerdem geradezu zwangsläufig mit der Förderung durch Lobbies verbunden, da zum einen "des Brot ich ess...", zum anderen durch die Förderung ein Klima entsteht, in dem generell nur noch eine Chance hat, der überhaupt irgendeine finanzkräftige und einflussreiche Lobby hinter sich hat, und drittens auf seine Lobby fixiert ist, der sich auf sie eingelassen hat: für die gegnerische Lobby ist er untragbar, und die eigene weiß schon, wo im Zweifel gerade Brückenpfeiler gegossen werden^^
Natürlich tuts im Zweifel auch ein Thai-Girl mit Paparazzo hinterm Fenster...

Ipsissimus
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Sa 16. Feb 2008, 16:23 - Beitrag #10

Das Politiker von verienigungen gefördert werden sehe ich persöhnlich erst dnn als tragisch an wenn sie ihre meinugn dafür zurechtbiegen, sprich sich erkaufen lassen.


na ja, Nori, welches Interesse sollte denn ein Unternehmen haben, irgendeine politische Vereinigung zu "fördern", wenn diese - und das heißt deren Politiker - sich nicht für die Ziele des Unternehmens gewinnen lässt? Man nennt das zwar nicht Korruption sondern Lobbyismus, es läuft aber auf denselben Sachverhalt hinaus.

Ansonsten sehe ich es so, dass das Verhältniswahlrecht in der Theorie zwar ne tolle Sache ist, aber in der Praxis - wie Bundestagswahlen regelmäßig und Landtagswahlen zunehmend zeigen - auf Personenwahlen hinauslaufen, so dass unter den Bedingungen realen Lobbyismusses derartige Wahlen auch nur darauf hinauslaufen, dass Programmwahlen durch Blankovollmachten für Individuen ersetzt werden, die sich im Prinzip nur noch ihren Geldgebern aus der Wirtschaft verpflichtet zu fühlen brauchen, weil die Rückbindung an den Wähler insgesamt noch schwächer ist als bei Mehrheitswahlen.

Sicher bin ich mir dessen nicht^^

Lykurg
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Fr 22. Feb 2008, 19:46 - Beitrag #11

(Wahlrecht im Allgemeinen?)

Vom Mehrheitswahlrecht halte ich nicht viel, aber ich bin gespannt, wie sich das neue Hamburger Wahlrecht auswirken wird - übermorgen darf ich insgesamt zwölf Stimmen abgeben, davon zweimal fünf auf den Wahlzetteln meines Bezirksparlaments und der Bürgerschaft, wobei ich nach Belieben Parteien und/ oder Kandidaten null bis fünf Stimmen geben darf. Damit nehme ich zumindest theoretisch Einfluß auf die Listenreihenfolge. So weit, so gut.

Ein offensichtlicher Nachteil ist natürlich die Unübersichtlichkeit. Sowohl die Zahl der ungültigen Stimmzettel einfach wegen Mißverständnissen als auch der falsch gezählten Stimmen dürfte massiv zunehmen; Kritiker rechnen mit 5-10 Prozent falsch gezählter Stimmen (!) - in diesem Zusammenhang las ich, daß bei der letzten Hamburger Wahl, noch nach herkömmlichem System, ein Wahlkreis neu ausgezählt werden mußte und - schon damals - eine Abweichung von immerhin bis zu vier Prozentpunkten ergab - eigentlich schon für sich eine Feststellung, die uns an jedem herkömmlichen Wahlsystem zweifeln lassen sollte. (Was nicht heißen soll, daß ich eine beleglose elektronische Wahl befürworten würde; papiergebundener Nachweis muß sein.)

Die Stimmenzählung soll drei Tage dauern; bei einem Testwahlgang mit nur 148 'Wählern' ergaben sich bei sechs Zählungen fünf unterschiedliche Ergebnisse. Ob in den drei Tagen dann auch zwei oder drei Zählungen drin sind? Und angenommen, es kommt zu einem Auszählungsfehler von 'nur' drei Prozentpunkten nach unten etwa bei einer der kleineren Parteien in der Nähe der 5%-Hürde - das kann ein bißchen was verändern...

teut
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Fr 29. Feb 2008, 19:47 - Beitrag #12

Ich beobachte die Wahlen und deren Ergebnisse nur aus dem Ausland und kann nur mit H .Heine sagen "denk ich an Deutschland in der Nacht bin ich um den Schlaf gebracht".Eine solche Horde von Inländerfeinden und Internationalisten und Gutmenschen auf einen Haufen verursacht nur Kopfschütteln und Wahlverweigerung.Finis Germaniae!!! Es ist wie nach den Frieden von Münster u Osnabrück und wird auch so enden.Die einzigen Europäer sind die Deutschen und tragen alle Lasten wie lange noch??Treuerster Vasall der USA vollkommen schwachsinnig. "Wach auf du deutsches Land du hast du hast genug geschlafen..." so klang einstens die wohl erste Hymne der Deutschen.Jagt alle eure Politiker zum Teufel!!!

Lykurg
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Fr 29. Feb 2008, 22:12 - Beitrag #13

Es ist wie nach den Frieden von Münster u Osnabrück und wird auch so enden.
Hätte der Dreißigjährige Krieg lieber weitergehen sollen? Bild

teut
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Sa 1. Mär 2008, 20:08 - Beitrag #14

der Krieg ist ja mit anderen Mitteln weitergegegangen so wie nach 1918 :o

Ipsissimus
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Mo 3. Mär 2008, 11:05 - Beitrag #15

und kann nur mit H .Heine sagen


Heine würde sich im Grab umdrehen


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