das "Parlament" war die französische Nationalversammlung am Vorabend der Französischen Revolution, und es saßen vom Rednerpult aus gesehen die Königstreuen auf der rechten Seite und die Bürgerlichen auf der linken Seite. Und während die Königstreuen im Prinzip nur die vom König geforderten Steuererhöhungen abnicken wollten (und vielleicht so nebenbei noch auszuloten suchten, welche neuen Privilegien für sie dabei rausspringen könnten), wünschten die Bürgerlichen über weit mehr zu reden als nur über Steuererhöhungen. Sie erhofften sich von der Nationalversammlung eine eindeutige Weichenstellung hin zu einer geänderten Gesellschafts- und Staatsstruktur, was sich in den drei bekannten Schlagwörtern niederschlug.
Ich halte die links/rechts-Differenzierung für wenig aussagekräftig. Die Unterscheidung, die jan vorschlägt, hat zwar einiges für sich, scheitert aber z.B. an der Beobachtung, dass viele "Rechte" genau so wie viele "Linke" den "starken Staat" fordern, nur eben mit unterschiedlicher Zielgebung. Für die Rechten scheint ein starker Staat ein Selbstzweck zu sein, für die Linken das Mittel zu seiner eigenen Überflüssigmachung. Das Endziel wäre also ein anderes, bei ähnlicher Methodik des Vorgehens. Dieses mutmaßliche Endziel der Linken ist aber wiederum desavouiert durch die ehemaligen Machtträger der Länder des realen Sozialismus und Chinas, welche Staatsformen etablierten, die hinsichtlich Privilegienbildung und Leid der nichtprivilegierten Volksteile allen Vergleichen mit faschistischen Staaten standhalten. Ein eher realistisches Endziel der "westlichen Linken" könnte also vielleicht sein, den Staat soweit umzugestalten und nach dieser Umgestaltung soweit zu stärken, dass er als Bollwerk gegen die brachialkapitalistische Vereinnahmung der Gesamtbevölkerung als Mittel zum Zweck der Privilegienträger fungiert. Die SPD in Deutschland wäre damit eindeutig nicht mehr "links".
Die Betonung der Eigenverantwortung wiederum ist innerhalb der links/rechts-Dichotomie eigentlich ein Störelement seitens Liberalismus/Neoliberalismus, das allerdings mittlerweile von beiden Seiten wiederum für eigene Zwecke integriert wurde.
In postmodernen Gesellschaften - um das böse "post"-Wort endlich zu bringen - ist das Lager ohnehin scheissegal. Es bedient mensch sich der Einzelargumente, deren er zum Erreichen seines Zieles bedarf, ungeachtet irgendwelcher apokryphen Forderungen von Berücksichtigung des Kontextes, und somit ist das Ende dahingehend erreicht, dass wir in einer Mixtur von beliebigen Zutaten alles intentionsabhängig erklären und begründen können. Niemand muss mehr bei irgendetwas ein schlechtes Gefühl haben, und diejenigen, die die Zeche bezahlen, meine Güte, tja, die zählen nicht^^
Ist jemand der sagt "Arbeit und/oder Sozialleistungen zuerst für Deutsche" oder "Man muss verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen" sagt rechts? Wie steht's mit "Türken, die kein Interesse an Bildung und ehrlicher Arbeit haben, brauchen wir hier nicht.", "Jeder, der in Deutschland auf Dauer eine Aufenthaltsgenehmigung haben will, muss die deutsche Sprache beherrschen und Grundkenntnisse über die deutsche Kultur haben."und "Deutschland muss eine starke Stellung in der Welt haben."?
so jemand ist für mich bestenfalls ein fehlgeleiteter Nationalist, schlimmstenfalls ein Rassist und/oder Faschist, und in jedem Fall dumm (wobei ich Dummheit nicht als Gegenteil von Intelligenz auffasse, sondern als Gegenteil von Weisheit. Das Gegenteil von Intelligenz wäre Debilität). Dass er dumm ist, schließt nicht aus, dass er möglicherweise auch noch debil ist, aber das ist nicht zwangsläufig notwendig.