So, die Verfassung steht dem entgegen? Dann sollte mal etwas an der Verfassung gedreht werden...vielleicht lassen die Sozis ja mit sich reden, wenn dafür die Kinder als Schutzgut ins GG kommen
Die Äußerung ist in meinen Augen keine singuläre Entgleisung, es sei an den CDU-Nachwuchs Mißfelder erinnert, der vor einiger Zeit forderte, Menschen nur bis zu einem bestimmten Alter neue Hüftgelenke und ähnliche Prothesen zu gewähren, und einen Präsidenten der Bundesärztekammer, der gegen lebensverlängernde medizinische Behandlung im Rentenalter eintrat, unter Entwicklung der Formulierung "sozialverträgliches Frühableben".
Alle derartigen Äußerungen berufen sich auf soziale Lasten, die nach Ansicht ihrer Äußerer durch die betroffenen Menschen für die Allgemeinheit entstehen, was ihrer Ansicht nach zu verhindern sei, die Äußerer gerieren sich so als Sachwalter partikularer Interessen.
Insofern könnte man hierin die Vermittlung von Lobbyinteressen vermuten, bzw. ein "Antesten", wie weit derartige Positionen "gesellschaftsfähig" sind.
An dieser Stelle kommt der Begriff des "Multiplikators" ins Spiel, eine Instanz, die notwendig zur Lobbydemokratie gehört, gleichwohl selten diskutiert wird.
In der Zeit meiner Jung-und-Unerfahrenheit war ich selbst mal in einer Parteigruppierung aktiv, und in dieser Zeit bin ich auf Tagungen politischer Stiftungen einige Male Vertretern partikularer Positionen begegnet. Interessant daran war immer, daß diese "uns" an irgendeinem Punkt nicht allein als Zuhörer oder Gesprächspartner, sondern als "Multiplikatoren" ansprachen, als die "wir" die entsprechenden Positionen weitertragen sollten.
Insofern könnte man meinen, Ludewig sei von irgendwelchen Verfechtern der "Leistung muss zu allem berechtigen"-Ideologie als Multiplikator angestiftet worden, doch mal anzutesten, wie der Wind für derartige Meinungen steht.
Indes, dafür müsste eine Gruppe erkennbar sein, die das Geforderte wirklich will, und zumindest für ein Zensuswahlrecht kann ich eine solche nicht erkennen - wohl aber könnte dies nur pars pro toto für für andere Sonderbehandlungswünsche stehen, als Türöffner für eine angestrebte Debatte dienen über die Berechtigung öffentlicher Förderung für Menschen, die selber nicht genug verdienen oder auch über Anreize für Besserbetuchte, nicht nach Monaco und Liechtenstein auszuwandern.
Indes, interessant an dem Vorgang ist auch, wie im System mit ihm umgegangen wird: Die Forderung nach kostendeckenden Rentensteigerungen oder auch nach einer ein sozial-normales Leben ermöglichenden Bezahlung für Bezieher sozialer Leistungen wird von Politik und Medien als "unbezahlbar" bis fast skandalös bezeichnet, gar als Propaganda aus versprengten Kadern der Ex-SED, gegen die Erwägung einer allgemeinen Sozialversicherungspflicht für alle Argumente der angeblichen Ineffizienz, verfassungstechnische Bedenken etc., während in diesem Falle der "über die Stränge geschlagen" habende "Jungspund" sinngemäß für seinen "Mut", "unbequemes" zu sagen, fast als "Querdenker" - die Formulierung fehlte noch im Blätterwald - oder als "kühn" und "originell" mit bedächtigem Kopfnickwiegen bedacht wird.
Anne Will gewährt dem jungen Mann in ihrer Sendung gar ein öffentliches Forum - wobei allerdings Geisler ihn, wie ich gehört habe, recht hart seziert hat. Wobei man wieder zu sagen könnte..."Geisler, wer ist das denn?" "ach, dieser alte Mann, den die CDU vorschickt, wenn sie mal ein soziales Gewand braucht", es ist entlarvend für diese Partei, daß sie nicht einen Bosbach oder einen anderen aktiven Exponenten geschickt hat und sich auch sonst in Schweigen hüllt.
Ich sehe in dem Vorgang vor allem eins: Er ist für mich Ausdruck einer Schere, die in diesem Lande ganz deutlich auseinander geht - nicht die Schere zwischen arm und reich, die den Mittelstand spaltet, sondern zwischen Menschen, für die gesellschaftliches Miteinander nur mit Solidarität zu denken ist, die auf vielerlei Weise gelebt wird, und einer wachsenden Gruppe sich selbst vornehmlich als "Leistungsträger" Verstehender, die gemeinschaftliche Leistungen an weniger gut Gestellte als Honorierung nicht erbrachter Leistung und "soziale Hängematte" ansehen.
Was mit der Suggestion "privater" Versicherungsanbieter begann, elitäre Produkte für "Bessere" bzw. "bessere Kreise" anzubieten - wohingegen die "Masse" zu den gezielt schlecht geredeten öffentlichen Systemen verdammt sei - hat sich zum Selbstverständnis einer Gruppe von Menschen entwickelt, die zunehmend darauf abzielt, Schlüsselpositionen in Staat und Wirtschaft zu besetzen.
Die Art des Umgangs mit dem Fall kann IMHO als Gradmesser genommen werden, wie weit die öffentliche Durchdringung dieser Haltung bereits fortgeschritten ist.
Das rekurrieren auf die rechtliche Problematik unterstreicht dies: Die zwingend notwendige inhaltliche Auseinandersetzung wird so umgangen, was verfassungsmäßig bedenklich ist, "muss nicht weiter diskutiert werden". Denn die Lösung ist ja offenbar, kommt Zeit, kommt Mehrheit für eine Verfassungsänderung...
Zitat von Lykurg:Die Marginalisierung der Jungen aufgrund der sinkenden Geburtenrate und steigenden Lebenserwartung bringt mit sich, daß eine Mehrheit von Leistungsempfängern eine zukünftige Minderheit von Leistenden mit allen legalen Mitteln zwingen kann, die Leistungen auszubauen und zu zementieren.
Sicher, rein technisch könnte dies passieren, wenn ich mir allerdings das Gros der Menschen im fortgeschrittenen Alter ansehe, die ich so kenne, wird mir da wenig bange - die Älteren wissen im Allgemeinen recht genau, daß Gewinn und Erfolg nicht allein selbst verursacht ist, sondern auf viel Zufälligem beruht, vulgo "Glück" genannt, und daß es jedem zu jeder Zeit plötzlich passieren kann, daß er die Hilfe anderer braucht.
Sie sind alle selber jung gewesen...