Jetzt geht der Papst in die Knie?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
teut
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Sa 7. Feb 2009, 17:14 - Beitrag #1

Jetzt geht der Papst in die Knie?

Ich frage mich ernstlich ob die Frau Merkel einer anderen Glaubensgemeinschaft auch derartig unpassende Wortspenden entgegenbringen würde. Sicher nicht! Das traut sie sich nur gegen Rom weil von dort kaum ein Echo zu erwarten sein wird.Ja Ja Untergang des Abendlandes

Monostratos
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Sa 7. Feb 2009, 17:30 - Beitrag #2

Kurzer Thread, kurze Antwort.

Ausschnitt aus dem Reuters-Artikel :
Mit ihrer Forderung an den Papst, seine Haltung zu Holocaust-Leugnern klarzustellen, hatte sich Merkel in die Schar der Kritiker des deutschen Pontifex Maximus eingereiht. "Es geht hier darum, dass hier von Seiten des Papstes und des Vatikan sehr eindeutig klargestellt wird, dass es hier keine Leugnung geben kann und dass es einen positiven Umgang mit dem Judentum geben muss", hatte die Protestantin Merkel gefordert. Die Kanzlerin betonte, dass sie normalerweise innerkirchliche Entscheidungen nicht bewerte oder kommentiere. "Allerdings ist das anders, wenn es um Grundsatzfragen geht", sagte Merkel.
Inwiefern bezeichnest Du das als "unpassende Wortspende", und was hat Merkels Äusserung mit dem Untergang des Abendlandes zu tun?

teut
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So 8. Feb 2009, 17:14 - Beitrag #3

was gehen uns die Alttestamentarier an; alle nach 45 Geborenen geht dieses Gejammer auf die Nerven;die Israelis sind einen Dreck besser wie die Nazis;Aber die unaussprechliche Merkel völlig glanzlos witzlos ohne Schick muß sich wieder wo kratzen wo es nicht beißt.Man geht mit Juda schlafen und steht mit Israel auf es ist unerträglich.Es gibt wirklich wichtigere Probleme als den bis zum Erbrechen wiedergekaute Holocaust.Seit 1945 Hekatomben von Gemordeten von denen niemand auch nur Notitz nimmt aber alles ist empört wenn ein Bischof angeblich etwas geleugnet hätte;da bemühen sich Staatskanzleien in gespielter Erregung und die Presse springt auf und ist voll Wut u Trauer es kommt einen das Erb....

Monostratos
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So 8. Feb 2009, 18:28 - Beitrag #4

Wenn ich es aus deinen... Aussprüchen richtig herauslese, soll also die Messlatte des Umgangs mit den Opfern des Holocausts die Taten des 1948 gegründeten Israels sein.


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Maglor
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So 8. Feb 2009, 21:24 - Beitrag #5

Da zieht sich der Papst mal richtig aus der Politik zurück und wägt allein nach theologischen Gesichtspunkten ab, und wie wird es ihm gedankt?
Da reicht der Papst den Schismatikern die Hände und sorgt für eine pluralistische Kirche in der lateinische Predigten weder verboten noch vorgeschrieben sind, und wie wird es ihm gedankt?
Undank ist der Welten Lohn. Hoffe doch der Papst auf eine bessere Welt, die da kommen mag.
Aber wer ist schon der Papst? Wir sind Papst. Suchen wir doch lieber nach unseren eigenen antisemitischen Neigungen... :crazy:

Lykurg
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So 8. Feb 2009, 22:15 - Beitrag #6

Ich habe eben der in meinen Augen sehr abgewogenen Ansprache eines Kardinals zugehört, der - bei allem Verständnis für die schwierige Entscheidung des Papstes - nahelegte, daß für die bisher ausgesprochene Exkommunikation der vier Bischöfe nur die Haltung zu den Positionen des zweiten Vatikanischen Konzils und konkret die illegale Bischofsweihe Anlaß waren (und genau zu prüfen wäre, inwieweit die vier bereit sind, ihre damaligen Positionen aufzugeben, andernfalls eine Wiedereingliederung nicht möglich scheint) - nur das sei in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

Leugnen bzw. Herunterspielen des Holocaust sei aber ebenfalls Verstoß gegen eine Kernposition der Kirche, die Aussöhnung mit dem Judentum, damit gleichfalls unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der Kirche. -> Folgerichtig wäre seiner Meinung nach (die er aber nicht so direkt aussprach) im Fall einer Beibehaltung dieser Positionen eine zweite Exkommunikation unumgänglich.

janw
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Mo 9. Feb 2009, 01:51 - Beitrag #7

teut, Frau Merkel und eigentlich jeder Bundeskanzler, dem sich solch eine Situation stellte, ist gegen Handlungen eingeschritten, die auf eine Leugnung oder Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus oder eine Infragestellung des Existenzrechts Israels hinaus liefen. Bislang kamen solche Äußerungen neben politischen Splittergruppen vorwiegend von Staaten wie z.B. Iran, daß eine für unser Land maßgeblich relevante religiöse Gruppe hier Aufsehen erregt, ist neu. Es ist IMHO aber richtig, daß sie auch hier entsprechend eingeschritten ist. Für mich wäre es eher überraschend gewesen, wenn dabei kein Echo erfolgt wäre.
Sicher kann man die Frage stellen, ob angesichts der eindeutigen Positionen, die Ratzinger/Benedikt16 in dieser Frage immer vertreten hat, nicht ein leicht irritiertes telefonisches Nachfragen sinnvoll gewesen wäre.
Allein schon die Tatsache, daß aber nach wie vor Leute sich an Bischöfe wie Williamson dran hängen ("na, wenn der das schon sagt, dann wird da schon was dran sein...") und daß nach wie vor Leute Sprüche wie
Zitat von teut:Man geht mit Juda schlafen und steht mit Israel auf es ist unerträglich

von sich geben, spricht aber IMHO doch sehr für das energische öffentliche Auftreten, auf das dann eine öffentlich deutlich hörbare Klarstellung zu erwarten war und erfolgt ist.

Im übrigen geht es auch gar nicht allein um die Auseinandersetzung mit dem Judentum und der Politik des Staates Israel, sondern auch um die Würdigung der anderen Opfergruppen wie Sinti und Roma, Behinderte und Angehörige anderer gesellschaftlicher Randgruppen. Auch sie sind in den Gaskammern umgebracht worden, den Holocaust zu leugnen bedeutet auch ihr Leid zu leugnen.

Zitat von Lykurg:Ich habe eben der in meinen Augen sehr abgewogenen Ansprache eines Kardinals zugehört, der - bei allem Verständnis für die schwierige Entscheidung des Papstes - nahelegte, daß für die bisher ausgesprochene Exkommunikation der vier Bischöfe nur die Haltung zu den Positionen des zweiten Vatikanischen Konzils und konkret die illegale Bischofsweihe Anlaß waren (und genau zu prüfen wäre, inwieweit die vier bereit sind, ihre damaligen Positionen aufzugeben, andernfalls eine Wiedereingliederung nicht möglich scheint) - nur das sei in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

Leugnen bzw. Herunterspielen des Holocaust sei aber ebenfalls Verstoß gegen eine Kernposition der Kirche, die Aussöhnung mit dem Judentum, damit gleichfalls unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der Kirche. -> Folgerichtig wäre seiner Meinung nach (die er aber nicht so direkt aussprach) im Fall einer Beibehaltung dieser Positionen eine zweite Exkommunikation unumgänglich.

Ähnliches habe ich in der Sendung von Illner gehört.
Es lief dort darauf hinaus, daß der Papst, nachdem sich die Bischöfe ihm untergeordnet hätten, diese kirchenrechtlich wieder inkommunizieren musste, womit derzeit aber noch keine Amtsbefugnis verbunden sei. Die Wiedereinsetzung als Priester und Bischöfe sei ein gesonderter Akt, der eine besondere explizite Treueerklärung erfordere. Auch habe der Papst wohl nichts von den Äußerungen Williamsons gewusst.
Dies allerdings macht mich stutzig, der ehemalige Vorsitzende der Glaubenskongregation weiß nichts von derart prominenten Äußerungen eines abtrünnigen Bischofs - und auch sein Apparat weiß nichts davon und unterrichtet ihn nicht? Ich staune...

Maglor
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Mo 9. Feb 2009, 16:17 - Beitrag #8

Zitat von janw:Bislang kamen solche Äußerungen neben politischen Splittergruppen vorwiegend von Staaten wie z.B. Iran, daß eine für unser Land maßgeblich relevante religiöse Gruppe hier Aufsehen erregt, ist neu.

Richtig, die Kritik an der Kritik hat vor allem eine Grundlage. Quod licet Jovis, non licet bovis. Wenn ein Bischof, nun mehr wieder katholisch, den Holocaust leugnen darf, darf das ein iranischer Präsident noch lange nicht. Bzw. Ausländerfeindlichkeit ist nur böse, wenn sie rechts der CDU geäußert wird. :crazy:
Zum Verhalten des Papstes: Seine Milde ist beispiellos, vielleicht hätte er sich doch Clemens nennen sollen. Die Pius-Brüder wurden exkommuniziert, wegen ihrer Ablehnung der Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konziles.
Papst Benedikt XVI. begnadigt sie einfach so, ohne dass sie ihren Irrglauben widerrufen. Sie dürfen quasi als Schäfchen in die Herde zurück ohne das Lied der Herde zu plöcken. Relativismus, erster Güte Herr Ratzinger!

janw
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Mo 9. Feb 2009, 22:12 - Beitrag #9

Maglor, mein
Bislang kamen solche Äußerungen neben politischen Splittergruppen vorwiegend von Staaten wie z.B. Iran [...]

bezog sich auf teuts
Ich frage mich ernstlich ob die Frau Merkel einer anderen Glaubensgemeinschaft auch derartig unpassende Wortspenden entgegenbringen würde.

und sollte diese Frage implizit bejahen: Auch wenn aus religionsamtlichen Kreisen der islamischen Glaubensgemeinschaft entsprechende Äußerungen oder Handlungen wahrzunehmen wären, würde Merkel darauf in entsprechender Weise reagieren. Das Problem ist einzig, daß es im islamischen Bereich keine dem Papst vergleichbare Institution gibt, eine universelle Anerkennung als Lehrinstitution hat der Großmufti der al-Azhar-Universität von Kairo. Von dem jedoch sind eher gemäßigte Töne zu vernehmen. Die fatwas der iranischen Mullahs sind hingegen "kirchenrechtlich" belanglos, so negativ sie in in ihrer Wirkung sind, sie sind dem staatspolitischen Bereich zuzurechnen.
Insofern: quod non licet iovi, bovi quoque non licet

Und wie gesagt, die Brüder sind jetzt ganz normale Schäfchen, bis sie wirklich erklären, daß sie abgewichen sind und Konzil und Regeln anerkennen. Dann wird Kirche wohl geruhen, ihnen ihre Ämter zurück zu geben.

Im übrigen ist noch so manches andere nur böse, wenn es außerhalb der CDU passiert, Schwarze Kassen, Steuerhinterziehung, Konten in Liechtenstein,...
Ist Herr Z. nicht in der CDU? Dumm gelaufen dann... :crazy:

Padreic
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Mo 9. Feb 2009, 23:41 - Beitrag #10

Nach dem, was man so liest, scheint dieser Williamson allgemein ein etwas seltsamer Typ zu sein. Neben dem Herunterspielen des Holocausts (eine Leugnung fand formal btw nicht statt) behauptet er auch, dass die US-Regierung die Anschläge vom 11. September angezettelt hat, um einen Kriegsgrund für den Irak und Afghanistan zu haben...neben seinen Ressentiments gegen die Juden hat auch noch recht spezielle Ansichten über Frauen, ist z. B. dafür ihnen universitäre Bildung und das Tragen von Hosen zu verbieten.
Ich bin mir da nicht so sicher, ob das Herunterspielen des Holocausts da noch so herausticht. Es ist sicher graduell etwas anderes als beispielsweise seine Theorie bzgl. des 11. Septembers, aber qualitativ vermutlich nicht. Ersteres ist, denke ich, vor allem dümmer als letzteres. Aber ich glaube nicht, dass es direkt mehr zum Hass gegen die Juden aufruft als die Sache mit dem 11. September gegen die US-Regierung.
Letztlich würde ich ihn als Wirrkopf mit etwas antiquierten und borniert-übersteigerten Ansichten gegenüber Juden und Frauen einordnen; ob man ihn deshalb aus der Kirche ausschließen muss, nunja. Er dürfte sicherlich keine Bereicherung für die Kirche sein und in Amt und Würden durchaus Schaden anrichten können, aber ich glaube nicht, dass die Kirche unbedingt bei jeder Gelegenheit wieder betonen muss, dass sie einen Disclaimer hat, dass nicht jede Ansicht eines Mitglieds von ihnen die Meinung der Kirche ist. Sonst müsste sie wohl erstmal die vielen Millionen ihrer Mitglieder exkommunizieren, die nicht an Gott und schon gar nicht an die ganze katholische Lehre glauben. Aus politischen Gründen mag eine Holocaustleugnung in der Kirche schlimmer wiegen, aus katholischer Sicht würde ich sagen, dass ein Leugnen Gottes da wesentlich schlimmer ist.

Es ist auch immer wieder interessant zu bemerken, wie unflexibel manche Leute denken können. Dass es der Kirche vorgeworfen wird, ist bekannt, und wohl gar nicht mal falsch. Ähnliches gilt aber auch für viele, viele andere Leute, gerade diejenigen, die selbiges der Kirche vorwerfen, die unfähig sind, einen christlichen oder katholischen Blickwinkel auf die Welt einzunehmen, nur um einmal die Ansichten anderer Leute zu verstehen. Z. B. dass es keinesfalls "Hetze" sein muss, wenn ein Katholik sagt, dass die Juden zu blind oder zu verstockt sind, Christus anzuerkennen. Zur Religionsfreiheit gehört halt auch, dass Leute wirklich die ihre Religion für richtig halten dürfen ;).

janw
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Di 10. Feb 2009, 00:40 - Beitrag #11

Zitat von Padreic:Letztlich würde ich ihn als Wirrkopf mit etwas antiquierten und borniert-übersteigerten Ansichten gegenüber Juden und Frauen einordnen]
Das sehe ich ähnlich, im Grunde hätte es den Kern der Sache besser getroffen, den Kerl von seinen Ämtern zu befreien, als Schaf dürfte er dann wie jeder andere Laie mehr oder weniger alles von sich geben was ihm einfiele, begrenzt durch die allgemeinen Gesetze.

Z. B. dass es keinesfalls "Hetze" sein muss, wenn ein Katholik sagt, dass die Juden zu blind oder zu verstockt sind, Christus anzuerkennen. Zur Religionsfreiheit gehört halt auch, dass Leute wirklich die ihre Religion für richtig halten dürfen ;).

Und es dürfte andererseits auch keine Empörung hervorrufen, wenn ein Jude sagt, daß Christus ein Gotteslästerer, Unruhestifter und Aufwiegler gewesen sei. ;)

Dieses gegenseitige Gehacke ist das beste, was den Atheisten und Rationalisten passieren kann, da können sie seelenruhig zusehen, wie die Religionen sich selbst aus der Welt befördern. Von hier, von dem Glaubenssatz des "anything goes", droht IMHO die eigentliche Gefahr.

Padreic
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Di 10. Feb 2009, 15:36 - Beitrag #12

@janw:
Das sehe ich ähnlich, im Grunde hätte es den Kern der Sache besser getroffen, den Kerl von seinen Ämtern zu befreien, als Schaf dürfte er dann wie jeder andere Laie mehr oder weniger alles von sich geben was ihm einfiele, begrenzt durch die allgemeinen Gesetze.
Das ist wohl zum Teil sogar schon der Fall; zumindest ist er nicht mehr Leiter des Priesterseminars. Und vermutlich ist es auch in Argentinien nicht einmal illegal, den Holocaust zu leugnen.

Und es dürfte andererseits auch keine Empörung hervorrufen, wenn ein Jude sagt, daß Christus ein Gotteslästerer, Unruhestifter und Aufwiegler gewesen sei.
Das sehe ich auch durchaus als ihr gutes Recht an. Ich würde sogar vermuten, dass es in weiten Teilen weniger Empörung als denn Bekümmerung auslösen würde. Es ist wohl so, dass gewisse Personen in jüdischen Verbänden, gerade auch in Deutschland, gewisse Automatismen gegen antijüdische Äußerungen entwickeln haben, selbst wenn sie verhältnismäßig unbedeutend oder von nicht-prominenter Seite vorgetragen wurden. Historisch durchaus verständlich, aber mitunter könnte man das ganze etwas entspannter angehen. Das würde dem Ansehen des Judentums, gerade auch in Deutschland, wohl eher gut als schlecht tun.

Dieses gegenseitige Gehacke ist das beste, was den Atheisten und Rationalisten passieren kann, da können sie seelenruhig zusehen, wie die Religionen sich selbst aus der Welt befördern. Von hier, von dem Glaubenssatz des "anything goes", droht IMHO die eigentliche Gefahr.
Nun, ich hänge keiner Religion an; und dennoch halte ich Religion prinzipiell für etwas positives, so lange sie nicht in Aggressivität umschlägt.
Um etwas philosophischer zu werden: es gibt eine sehr schöne kleine Schrift von Heidegger namens "Was heißt Denken?", in der es unter anderem um das geht, was Heidegger (bzw. Nietzsche) "Blinzeln" und "Rache" nennt. Der Grundgedanke ist vereinfacht ausgedrückt in etwas der folgende: eines der schwerwiegendste Dinge überhaupt ist das Faktum von Zeit und Vergangenheit. Was war, ist vergangen und kann nicht zurückgeholt werden (und sei es nur ein Sonnenstrahl). Wenn wir den Dingen ihren Wert nehmen, indem wir nichts mehr richtig ernst meinen (das "Blinzeln") und alles in einem indifferentem Brei ersticken, so haben wir diesem Faktum seine Kraft genommen, denn das, was vergangen war, ist ohnehin nicht so wichtig gewesen.
Radikale Religion kann etwas sehr ernstes sein und daran, etwas ernst zu meinen, sind wir gar nicht gewohnt, wir finden das befremdlich. Wir kennen das von verrückten Fanatikern, aber doch von Menschen unserer Umgebung oder gar des politischen Geschehens, wo doch keinesfalls irgendetwas ernst gemeint werden kann; das hieße die Regeln des Spiels brechen. Etwas ernst meinen, heißt etwas wagen und Vertrauen in etwas zu setzen, das uns keine Garantien geben kann.

Maglor
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Di 10. Feb 2009, 18:34 - Beitrag #13

Naja, gerade die Versuche dem Papst als Antisemiten zu brandmarken waren ja schon mehr als abenteuerlich.
Zitat von ":Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Retter aller Menschen erkennen. [Beuget die Knie. – Erhebet Euch.] Allmächtiger ewiger Gott, der du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle der Völker in deine Kirche ganz Israel gerettet wird. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Um Willens, will der Papst da etwa sagen, Juden sind keine Christen und noch nicht einmal katholisch! Das ist doch unerhört antisemitisch. :(
Es weiß doch heute jeder, dass wir alle nur an den gleichen Gott glauben, sogar die Atheisten. :crazy:

janw
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Fr 20. Feb 2009, 21:56 - Beitrag #14

[quote="Padreic"]Nun, ich hänge keiner Religion an]
Das sehe ich ähnlich, aber für mich trägt die Aggressivität, mit der einige Vertreter des Rationalismus ihre Haltung vertreten, auch schon pseudoreligiöse Züge - und wenn ich dann noch sehe, wie sich das mit neoliberalen Glaubensbekenntnissen paart, wird mir bisweilen schon anders.
Der Neoliberalismus gepaart mit dem Rationalismus meint es ernst, und da er mit realen Machtinstitutionen verbunden ist, ist er IMHO in der Gefahr, real Macht auszuüben. Währenddessen zerfleischen sich die überkommenen Religionen selbst, anstatt offensiv mit den positiven Werten hervorzutreten, die eigentlich ihr einigendes Band sind. Ihre gemeinsamen Aussagen zum rücksichtsvollen Umgang von Menschen miteinander und der Welt könnten sie ruhig ernster nehmen, finde ich.

Maglor, wenn man parallel sieht, daß Ratzinger zusammen mit JoPiII Geistliche wie Leonardo Boff, die für nichts anderes eintreten als die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Reichtum, durch Entzug der Lehrerlaubnis mundtot gemacht hat, von Küng u.a. nicht zu reden, habe ich gewisse Schwierigkeiten, zu glauben, daß Ben16 wirklich nichts von den öffentlichen Äußerungen Williamsons und anderer Vertreter seines Vereins gewusst hat.
Keiner hat ihn gezwungen, diese Judenfürbitte zu halten, daß er sie gehalten hat, lässt für mich tiefer blicken als mir lieb ist...

teut
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So 22. Feb 2009, 17:59 - Beitrag #15

alle Abrahamitischen Religionen sind per se aggressiv.Das hat schon mit ihrer Herkunft zu tun ;alle Gründer sind in die Wüste gegangen haben gehungert und gedurstet haben alle halluziniert und dann das AT das NT u den Koran damit begründet.Alle wollen missionieren ,alle halten sich für auserwählt und die andern nicht, alle sind sie feindliche Schwestern so ist auch das Verhalten ihrer Repräsentanten.Nur niemand ist dzt. gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften anmaßender als Juden und dann kommen gleich die Moslems.Wir Europäer gehen vor den Moslems immer mehr in die Knie siehe Karikaturen in Dänemark ;wir Deutsche noch etwas mehr vor den Juden und somit werden wir in Zukunft nur mehr Opfer sein und je toleranter wir uns geben desto mehr- ich sehe schlimme Zeiten für uns kommen

janw
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So 22. Feb 2009, 23:52 - Beitrag #16

teut, ich denke, daß die Schriften der drei Religionen Stoff für verschiedene Sichtweisen liefern, allerdings auch für friedfertige. Daß diese derzeit nicht so oft zutage treten, liegt daran, daß in Israel und vor allem in der arabischen Welt Religion noch ein Weg zur Vermittlung weltlicher Ansichten ist bzw. weltliches Handeln noch nach religiösen Kategorien beurteilt wird, und zwar umso stärker, wie die Möglichkeit der weltlichen Einflußnahme der Menschen eingeengt wird.
Die arabischen Staaten sind alle mehr oder weniger rabiate Diktaturen, bis auf die Golfstaaten zudem mit drastischen sozialen und demographischen Problemen.
Dort stellt das nach dem islamischen Almosengebot funktionierende Sozialsystem das Überleben größere Bevölkerungskreise sicher, und bietet die Moschee die einzige Möglichkeit zur kritischen Meinungsäußerung.
Hinzu kommt, wie ich in letzter Zeit öfters erfahren habe, ein verbreitetes Minderwertigkeitsgefühl, das auf die Behandlung der Menschen durch die jeweils Mächtigen seit der Kolonialzeit, also durch die Briten, dann durch die eigenen Regime und durch den Westen als Stütze der Regime, Stütze der als aggressiv empfundenen Politik Israels und als direkte Eingreifer zurück geführt wird. Was sagte mir kürzlich ein Algerier..."wenn man einen Menschen immer wieder wie einen Hund schlägt, dann verhält er sich irgendwann wie zwischen einem Mensch und einem Hund", zwischen Unterwürfigkeit und Aggressivität. Wenn dann die Religion der einzige Halt der Menschen ist, ist für mich nicht ganz überraschend, daß sie nicht erfreut reagieren, wenn unsere Medien ihnen heilige Symbole verballhornen.
Daß die Überlebenden des Holocaust und ihre Nachkommen die deutsche Politik kritisch verfolgen, sehe ich nicht als Anmaßung an, so lange Menschen leben, die direkt betroffen sind, kann ich das verstehen.

Im übrigen haben wir Europäer die koloniale Maschine ins Rollen gebracht und uns kräftig daran bereichert, auf Kosten der Menschen im Rest der Welt. Kann durchaus sein, daß uns das Probleme bereiten wird...

Ipsissimus
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Do 12. Mär 2009, 12:12 - Beitrag #17

Und es dürfte andererseits auch keine Empörung hervorrufen, wenn ein Jude sagt, daß Christus ein Gotteslästerer, Unruhestifter und Aufwiegler gewesen sei.


und genauso wenig dürfte es Empörung hervorrufen, wenn der Atheist fragt, was der Humbug - gleich bei welcher Religion - eigentlich soll. Vor allem wenn man - wie es so gern getan wird - die falsche Prämisse anlegt, Atheismus sei auch eine Form von Glauben.

janw
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Sa 14. Mär 2009, 00:25 - Beitrag #18

Zitat von Ipsissimus:[...]Vor allem wenn man - wie es so gern getan wird - die falsche Prämisse anlegt, Atheismus sei auch eine Form von Glauben.

Ist nicht aber der Atheismus auch wieder -ismus, im letzten unbeweisbare doxa, die sich aus der Existenz der Theismen speist, also eben auch, aber eben mit entgegen gesetzter Tendenz, um die Gottesfrage kreisend?
Während der Rationalismus kalt daran vorbeihuscht...

Ist "Gott existiert nicht" nicht auch eine Glaubensaussage...anders als die Aussage "ich kann Gott nicht mit dem sich stetig als belastbar erweisenden naturwissenschaftlichen Weltbild überein bringen"?

Ipsissimus
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Sa 14. Mär 2009, 01:11 - Beitrag #19

ein Atheist, der sagt, Gott existiere nicht, ist schon in die Falle getappt, denn in der Tat, das kann er nicht wissen. Ein Atheist ist jemand, der sein Leben nicht auf einen Gott oder entsprechende Entitäten bezieht, und dafür ist die Frage, ob es einen Gott gibt, schlichtweg irrelevant. Er unterscheidet sich darin vom Agnostiker, der bereit ist, einem Gott im Falle dessen erwiesener Existenz Relevanz zuzubilligen. Für den echten Atheisten hätte auch ein als existent erwiesener Gott noch nicht annähernd die Relevanz wie eine Sternschnuppe auf dem Jupiter.

Maglor
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Do 9. Apr 2009, 18:42 - Beitrag #20

Pünktlich zum Karfreitag flammt auch der Streit zwischen Schismatikern und politischen korrekten Katholiken wieder auf.
Dieser Spiegel-Artikel beschreibt den Karfreitagszoff.
Die Amtskirche posaunt eine "Absage an die Judenmission" heraus und die Pius-Brüder verweisen auf das Evangelium. Die Idee, die Heilige Schrift könnte als Argument gelten, ist doch geradezu pervers, lutherisch...
Tatsächlich hat sich aber die Pius-Bruderschaft gar nicht die besten Rosinen aus dem Neuen Testament herausgepickt.
Matthäus 10, 5-6
Diese zwölf [Apostel] sandte Jesus, gebot ihnen und sprach: Gehet nicht auf der Heiden Straße und ziehet nicht in der Samariter Städte, sondern gehet hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.
Jesus sendet seine Jünger also aus, die verlorenen Schafe Israels zu bekehren und nicht die Heiden und Samariter.
Dagegen reibt uns der Gesprächskreis von Christen und Juden folgendes unter die Nase:
"Weil Gottes Bund Israel bereits das Heil erschlossen hat, braucht die Kirche nicht um das Heil Israels besorgt zu sein, die Juden nicht zum christlichen Glauben zu bekehren und sie nicht um ihres Heiles willen zur Taufe zu veranlassen."
Ich könnte natürlich auch die Passage über die wahren Söhne Abrahams im Johannes-Evangelium verweisen.
Aber aus Solidarität mit den Juden sollten sie besser gleich auf das Neue Testament verzichten. Den jüdisch-christlichen Dialog würde es sicher vereinfachen.
Also, der Plan ist es, die Aussagen der Evangelien zu leugnen, damit man sich mit jüdischen Vertretern zu Kaffee trinken treffen kann.
Genau, das war glaube ich der Relativismus, vor dem der böse Papst aus Deutschland immer gewarnt hat. ;)

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