Das Grundgesetz der BRD wurde 1949 als vorläufige Verfassung verabschiedet, welche nach der Wiedervereinigung durch eine endgültige Verfassung ersetzt werden sollte.
Nach der Wiedervereinigung wurde jedoch das alte GG auf die nunmehr vergrößerte BRD übertragen und nur die entsprechenden Punkte über die Vorläufigkeit und die Bundesländer aktualisiert.
Nunmehr gibt es eine Meinungsströmung, die sich für eine Neufassung des GG als eigenständiger Verfassung des wiedervereinigten Deutschlands ausspricht.
Als Argumente hierfür werden genannt, daß das jetzige GG den neuen Ländern quasi "übergestülpt" worden sei, ohne ihre spezifischen eigenständigen Gegebenheiten zu würdigen, daß das GG selbst nicht hinreichend demokratisch legitimiert sei und spezifische Detailvorstellungen über ins GG aufzunehmende Inhalte (z.B. Staatsziele Tierschutz u.a.).
Mir sind diese Überlegungen nicht unsympathisch, da ich 1990 ff immer wieder den Eindruck hatte, daß die DDR und die Lebenserfahrungen ihrer Menschen sehr zielgerichtet unter eine westliche Deutungshoheit genommen wurden, die kategorisch alles in der DDR Erreichte, Erfahrene und Erlebte mit dem Unrechtsstaat DDR identifizierte und damit entwertete, die BRD wurde quasi a priori als der einzig maßgeblich zu betrachtende Staat und Erlebnisraum hingestellt.
Daß ich den Unrechtscharakter der DDR damit nicht schmälern möchte, dürfte klar sein.
Auch würde ich mir insgesamt mehr direkte Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger wünschen, da ist das GG für mich zu sehr vom - damals verständlichen - Mißtrauen der Siegermächte gegenüber dem Volk gekennzeichnet.
Allerdings sehe ich auch die Gefahr, daß ein Teil des Grundrechtsbestandes bei einer Neufassung unter die Räder kommen könnte, es finden ja durch Schäuble und andere ohnedies immer schon Aufweichversuche statt.
Auch bin ich etwas unsicher, was die angestrebten Staatsziele für die betreffenden Bereiche wirklich bringen würden - unser Tierschutzrecht ist eines der strengsten weltweit, Kultur steht zwangsläufig in Konkurrenz zu anden staatlichen Ausgabeposten. Im Bereich Bildung könnte ich mir eine Verbesserung vorstellen, wenn das Recht auf einen Schulabschluss bis zum jeweils erreichbaren Level verbindlich festgeschrieben würde.
Aber...wie seht Ihr das?