Zitat von Lykurg:janw, laut den von Traitor verlinkten Vorgehensweisen sind Befragungen von Kindern nur dann zulässig, wenn sie selbst die Betroffenen sind und ihre gesetzlichen Vertreter damit einverstanden sind. Weiter, etwa zu Drohungen an der Haustür, heißt es dort: "Der Betroffene darf nicht durch Vorspiegeln falscher Tatsachen unter Druck gesetzt werden."
Das Problem ist, daß diese "darf nicht"-Regeln in der Praxis systematisch gebrochen werden. Ich weiß nicht, ob aufgrund einer tendenziell auf Machtauslebung orientierten Persönlichkeitsstruktur von Mitarbeitern oder weil diese selbst unter Druck gesetzt werden, eine möglichst geringe Leistungsauszahlungsquote zu erreichen - ersteres ist mir aus der Erfahrung meines Vaters zu Zeiten des alten Arbeitslosenhilfesystems bekannt, und gebessert dürfte sich das IMHO nicht haben, von letzterem habe ich gehört - mündlich wird mit allen erdenklichen Methoden Druck auf die Leistungempfänger ausgeübt, mit Leistungskürzung gedroht, eingeschüchtert, wird Hoffnung auf Fördermaßnahmen gemacht, falls Leistungesempfänger sich kooperativ verhält, was nachher natürlich niemals gesagt worden ist.
Zu deinem "schlimmer als die Stasi"-Vergleich fehlen mir die Worte. Ich sehe einen massiven Unterschied darin, ob eine Behörde bei bestehendem Verdacht Betrugsfälle untersuchen will (wobei man sich über die Rechtmäßigkeit ihrer Methoden zweifellos Gedanken machen sollte und muß) - oder ob sie systematisch unbescholtene Menschen bespitzeln, entführen, einsperren, foltern und ermorden läßt, um ihr menschenverachtendes System zu retten. Ich möchte hier nicht fortfahren, ich bin wirklich wütend und entsetzt über diese Geschmacklosigkeit deinerseits.
Ich verstehe Dich sehr gut, und wie gesagt, war ich mir in dem Punkt keineswegs sicher, sondern frag(t)e mich.
Um Dir noch einmal zu verdeutlichen, was hinter dem Gedanken stand...
Die Stasi hat massiv gegen die Verfassung der DDR verstoßen, wie Geheimdienste sich generell um Verfassungen wenig scheren, wenn sie ihrem Tun im Wege stehen.
Die AFA verstößt mit ihrer Praxis der Zugangserschleichung zu Wohnungen und mit ihrer eigenen Ermittlungstätigkeit überhaupt - die müsste sie der Polizei überlassen - gegen die Verfassung und gegen andere einschlägige Gesetze u n d ist dazu eine Einrichtung, die Menschen in materiellen Notlagen helfen soll, sowohl einigermaßen würdig leben zu können, wie auch wieder selbst für sich sorgen zu können.
Sie zerstört damit Menschen, die durch das Schicksal der langdauernden Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Krankheit und sonstiger Not eh schon geschlagen sind, rückt sie in die Nähe zu Kriminellen und nimmt durch die Ermittlungspraxis im Lebensumfeld - wie "freiwilig" auch immer die Informationen gewonnen werden mögen - die restliche Zerstörung der sozialen Einbettung der Menschen zumindest billigend in Kauf.
Von der Stasi hätte man nichts anderes erwartet, von der AFA aber eben doch, und deshalb kam mir die Frage, ob letztere in diesem Punkt nicht schlimmer sei.
Aufgrund der deutlich weitergehenden Verbrechen, welche die Stasi begangen hat, und wegen der in die Frage hineindenkbaren Verhöhnung der Stasi-Opfer - welch Problem mir durchaus bewusst war, welche mir aber fern liegt - denke ich aber, daß die Frage mit "nein" zu beantworten ist.
Verglichen wurden Methoden und Strukturen sowie die Einhaltung eigener Vorschriften. Meines Wissens waren die Handlungen der Stasi auch innerhalb ihres Unrechsstaates illegitim. Das macht sie, die dies zum Prinzip machte, aber nicht zu einem angemessenen Vergleichsobjekt für eine Behörde, deren eventuelles punktuelles Übertreten rechtsstaatlicher Prinzipien sich auf Handlungen beschränkt, die weder dem Charakter noch dem Anwendungsgrad nach in irgendeiner Weise den Methoden der Stasi entsprechen. Ein solcher Vergleich ist überaus beleidigend und atmet Verhöhnung der Stasi-Opfer. Vielleicht sollten diejenigen, die in der derzeitigen Medienlandschaft gern Stasi-Methoden beschreien, sich lieber in ähnlicher Weise zurückhalten, wie dies für Holocaust-Vergleiche gilt - ohne beides vergleichen zu wollen, versteht sich, ich will nur zeigen, wohin das führt.
Bis auf das "punktuell", wo ich eher System erblicke, d'accord.
Letztlich nimmt, denke ich, die Bezugsetzung aufgrund der eindeutigen Bösartigkeit der Stasi dem Kern der Kritik die Schärfe und lenkt vom eigentlichen Problem ab.
Dieses besteht IMHO darin, daß die Verfolgung von Leistungsmißbrauch mit zu den Aufgaben der AFA zählt, was IMHO mindestens in einer rechtlichen Grauzone liegt. Eine unmittelbare "Verfolgungshoheit" kommt sonst nur der Steuerverwaltung zu, alle anderen fördernden Institutionen müssen im Falle vermuteten Fördermittelmißbrauchs auf die Polizei als Ermittlungsinstanz zurückgreifen.
Hier wäre für Klarheit zu sorgen.
Zitat von e-noon:Wenn ich mich nicht ganz täusche, steht die Feststellung der Bedürftigkeit bzw. das offenlegen sämtlicher Finanzen ganz am Anfang des Prozesses und weit vor der Auszahlung irgendwelcher Mittel. Von mangelnder Kontrolle kann hier imo nicht die Rede sein.
Im Grunde steht die Feststellung über die Bedürftigkeit über die gesamte Zuwendungszeit zur Disposition, was sich z.B. in einer aktiven Mitwirkungspflicht der Leistungsempfänger ausdrückt. Sie müssen jede Änderung ihrer Lebensverhältnisse unverzüglich melden, was sich zu einer permanenten Unsicherheit über das verfügbare Geld und den benutzten Wohnraum auswachsen kann und sich bis in die Freiheit des Aufenthaltsortes erstreckt - Aufenthalt in anderen Bundesländern muss teils zumindest gemeldet werden, wenn nicht gar Antrag a38 erforderlich wird
