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Ein zentrales Motiv von Nichtwählern ist, dass sie sich generell an Parteien stören, und glauben, Politiker würden dank dieser "closed shops" machen, was sie wollen. Muss man die Wahlzettel verändern und eine Rubrik einführen: "Fühle mich von keiner Partei repräsentiert"?
Ich finde den Gedanken richtig, fürchte aber, dass man auch dann Fundamentalisten finden wird, die den Wahlzettel als solchen ablehnen. Ich denke, dass die Grünen, die sich aus Spontis, Friedensmarschierern und Umweltbewegten speisten, noch nach dem alten Muster des Parteienstaats groß geworden sind. Und der Parteienstaat hat sich gesagt: Siehste, wir kriegen sie doch alle, die werden wir schon erziehen. Daran haben sich die Parteien besoffen geredet und nicht verstanden, dass längst nicht alle zum Parlamentarismus gefunden haben. Und diese Leute gibt es heute wieder verstärkt, sie sind hoch politisch, man muss sich nur die Proteste beim G-8-Gipfel und in der Bildungsfrage ansehen. Da ist eine politische Kultur entstanden, die nicht davon kaputt zu kriegen ist, dass die Politik meint: Nur wo Partei drauf steht, ist Politik drin. Das ist eine arrogante Unverschämtheit.
Da wir im Parteienstaat leben: Stellt sich damit nicht zugleich die Systemfrage?
Lassen Sie es mich so sagen: Wenn dem Nokia einer sagt, wir sind die IG-Metall und machen einen Streik, dann lacht der Nokia sich kaputt. Wenn alle dem Nokia sagen: Wir kaufen deine scheiß' Handys nicht mehr, weil das eine negative Produktqualität ist, wenn Du Mitarbeiter entlässt und den Standort kaputt machst, dann sind die plötzlich lieb. Ne' Verbrauchergewerkschaft, das wäre das, wovor sie heute alle Schiss hätten. Aber die Gewerkschaften sagen: Nee, lass mal, das wird schon wieder besser, und irgendwann treten die alle wieder ein. Und so ähnlich sehe ich das mit den Parteien auch. Dass sie glauben, sie könnten die zerbrochene Wahlbeteiligung einfach so wegdrücken, ist ein Irrglaube - und gefährlich.