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Karl-Heinz Kurras vor Gericht

Verfasst:
Fr 13. Nov 2009, 17:27
von Ipsissimus
leider bisher wegen des falschen Sachverhalts
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,661152,00.html
na ja, vielleicht kommt es ja tatsächlich zu einer Neuauflage des Ohnesorg-Prozesses, wie der Artikel andeutet. Hoffentlich stirbt der Scheißkerl nicht vorher.
Wer um zehn Uhr in Saal Nummer 700 gegangen ist, um diesen rechtslinksradikalen Phänomen namens Karl Heinz Kurras ein bisschen mehr auf die Spur zu kommen, verlässt das Kriminalgericht zwei Stunden später nicht schlauer. Aber der alte Mann im Rollstuhl, der seine Waffen liebte und vor 42 Jahren einen Unschuldigen getötet und die Republik an den Rand des Wahnsinns geballert hat, bestätigt in seinem makellosen, billigen blauen Anzug zumindest das, was wir schon ahnten: Das Böse ist banal. Und es zeigt sich bis heute immer wieder gerne in Berlin.

Verfasst:
Sa 28. Nov 2009, 18:45
von teut
nach so vielen Jahren soll man endlich eine Ruh geben .Der Getötete wird nicht lebendig und der Täter ist Haft u Verhandlungsuntauglich also was solls ;dieses Jammern umSchuld und Sühne verursacht bei mir nur Sodbrennen

Verfasst:
Sa 28. Nov 2009, 19:19
von Lykurg
teut, vielleicht wäre es am besten, grundsätzlich alle Verbrechen nach fünf Jahren verjähren zu lassen - und die Frage, ob vielleicht doch die Stasi indirekt etwas mit der Tötung (Ermordung ?) Ohnesorgs zu tun hatte, interessiert ohnehin niemanden. Machen wir das Sodbrennen doch zur Ultima ratio unseres Strafrechts, und dann gute Besserung.

lange genug hat es gedauert

Verfasst:
So 22. Jan 2012, 15:15
von Ipsissimus
aber es scheint, jetzt kommt doch alles ans Licht. Im Prinzip i st das eine Verschwörung gewesen.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,810583,00.html

Verfasst:
Do 26. Jan 2012, 22:59
von Traitor
Aber wessen Verschwörung, und mit welchem Ziel? Waren die Konservativen damals wirklich so naiv, zu glauben, dass Rädelsführer-Elimination den Widerstand unterbinden würde, anstatt ihn per Märtyrerschaffung anzuheizen? Da erscheint die Stasi-Destabilisierungs-Hypothese auf den ersten Blick logischer.
Oder war es keine Vorabverschwörung, sondern "nur" eine nachträgliche Verschwörung zur Deckung eines Einzeltäters, den man nicht preisgeben wollte, weil man (=Polizei und System) wusste, dass er eh als Stellvertreter und man selbst als mitschuldig verstanden worden wäre?

Verfasst:
Fr 27. Jan 2012, 00:18
von Ipsissimus
die Möglichkeiten widersprechen sich ja nicht. An eine explizite Vorab-Verschwörung mag ich auch nicht recht glauben, andererseits waren damals noch jede Menge echte Altnazis in Positionen, in denen sie richtigen Schaden anrichten konnten. Eine latente Vorab-Verschwörung zur Eigensicherung halte ich daher zwar nicht für erwiesen, aber wahrscheinlich, Verschwörung in dem Sinne, dass die sich gegenseitig gestützt haben durch rechtswidrige Entscheidungen. Das war ja der Hauptgrund für die Demonstrationen der 68er.
Nicht zu vergessen ist auch der Umstand, dass damals der Geheimdienst des Schahs in Deutschland teilweise Narrenfreiheit genossen hat. Das ging zwar in erster Linie gegen die Exil-Perser, es ist aber auch bekannt, dass deutsche Polizei im Rahmen der Anti-Schah-Demonstrationen Übergriffe persischer Undercover-Agenten auch gegen Deutsche gedeckt hat. Auch das kann man als eine Art Verschwörung auffassen.
Dass dann u.U. noch die Stasi die Gunst der Stunde nutzte, um durch einen gezielten Schlag eine massive Destabilisierung herbei zu führen, liegt zumindest im Bereich des Vorstellbaren.
Eine nachträgliche echte Verschwörung zur Vertuschung der Hintergründe des Mordes, davon gehe ich aus, nach den neuen Erkenntnissen um so mehr. Wobei es vielleicht nicht so richtig um einen einzelnen massiven Punkt ging, sondern um die Vertuschung zahlreicher Rechtsbrüche durch die damals noch Nazi-verseuchte deutsche Polizei, unter denen der Ohnesorg-Mord nur der Kulminationspunkt war, der die Krisis einleitete.

Verfasst:
Fr 27. Jan 2012, 13:55
von Lykurg
Ob nun Altnazi- oder Stasikreise die Vertuschung betrieben, oder aber die Berliner Polizei das von sich aus, aus innerer Selbstverständlichkeit im Sinne des Kameradschaftsgeists tat, sehe ich noch nicht so klar - möglicherweise kommt da aus Stasiprotokollen noch was genaueres zutage. Grundsätzlich teile ich aber Traitors Ansicht, daß gerade in der ohnehin unübersichtlichen Studentenszene die gezielte Ermordung eines Rädelsführers kaum als 'beruhigendes' Moment hätte angesehen werden können, die Absicht dahinter also naheliegenderweise eher destabilisierend ist. Wer aber den Vorfall deckte, wollte entweder den Täter oder das System - oder beide - stützen; das spricht jedenfalls eher gegen die Annahme von Altnazicliquen (es sei denn, man setzt es gleich^^).

Verfasst:
Fr 27. Jan 2012, 20:50
von Padreic
Es ist auch zu bemerken, dass Ohnesorg keineswegs ein Rädelsführer war.
So oder so bleibt die fehlende Verurteilung Kurras' ein Justiz-Skandal. Ich bin mir nicht sicher, ob er eine Strafe überhaupt noch antreten müsste, alt wie er ist, aber eine Verurteilung (oder gleich mehrere!) wäre sicherlich ein Gewinn.

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 02:12
von Lykurg
Padreic, das ist in jedem Fall inzwischen verjährt.
Stimmt, ich hatte irgendwie an Rudi Dutschke gedacht. Ändert aber nichts an der Sache, Märtyrer zu schaffen geht oft nach hinten los.

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 17:02
von Padreic
Als Mord eingestuft, ist die Tötung Ohnesorgs keinesfalls verjährt. Zudem läuft wohl ein Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes.

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 18:36
von Maglor
Das Umstände der Erschießung Benno Ohnesorgs vertuscht wurden, überrascht mich nicht. Eine Krähe hackt der anderen bekanntermaßen kein Auge aus. Das war wahrscheinlich schon alles, Hinweise auf eine obskure Verwörung von Alt-Nazis, Stasi-Mitarbeiter und Jubelpersern zur Vertuschung des Todesschusses fehlen. (Zu prüfen wäre natürlich noch, ob es unter West-Berliner Polizisten überhaupt Nicht-Agenten und Nicht-Spione gab.)
Die Motive des Karl Heinz Kurras bleiben weiterhin unklar. Es erscheint mir als ein plumper Ausbruch von Agression. Hass gilt als niederer Beweggrund. Ferner könnte die heimtückische Vorgehensweise - nämlich das Erschießen eines friedlichen Demostranten - als Tatbestandsmerkmal eines Mord gelten.

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 18:44
von Ipsissimus
es gibt ja Hinweise, dass Kurras Stasi-Mitarbeiter war

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 18:59
von Maglor
Ermordete Kurras den Demonstranten Benno Ohnesorg, trotz oder wegen seiner Stasi-Aktivitäten?
War es in den 1960ern nicht das normalste auf der Welt, dass West-Berliner Beamte für die Stasi arbeiten?

Verfasst:
Sa 28. Jan 2012, 19:11
von Ipsissimus
"normal" im Sinne von "allgegenwärtig" vielleicht. "Normal" im Sinne von "und somit per se gerechtfertigt" wohl kaum.
Es geht heute auch nicht um die jahrelange gedeihliche Zusammenarbeit des Karl-Heinz Kurras mit dem Ministerium für Staatsicherheit der DDR, die im Frühsommer dieses Jahres bekanntwurde und in den deutschen Feuilletons einen Historikerstreit um die Neubewertung der 68er Revolte auslöste. Denn eines stand plötzlich fest: Die Stasi und die West-Berliner Polizei hatten aus einer Hand geschossen.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,661152,00.html