@Padreic: Auf den ersten Blick erscheint die Frage nach internationalem Gewässer oder nicht als die entscheidende. Auf den zweiten Blick ist es eine juristische Spitzfindigkeit, wie du sagst. Auf den dritten allerdings macht sie meines Erachtens wieder einen riesigen Unterschied, nämlich in Bezug darauf, welches Verhalten der Beteiligten sie produziert. Hätte der Vorfall innerhalb des israelischen Gebietes stattgefunden, so wären sie als rechtmäßige Ordnungskräfte an Bord gekommen. So waren sie einfache Kaperer. Einerseits bewirkt dies ein anderes Selbstverständis und -vertrauen der Soldaten, die im eigenen Gebiet und Wissen um die Rechtmäßigkeit vielleicht besonnener reagiert hätten. Zum anderen hätten die Konvoiler sich nicht angegriffen, sondern nur kontrolliert fühlen können, und soviel Irrationalität sie auch offensichtlich besaßen, so denke ich doch, dass sie dies passiver gestimmt hätte. Mal sehen, ob du noch einen vierten Blick parat hast, zum Beispiel, dass diese psychologischen Effekte nur marginal wären. Den müsste ich dir wohl belassen.

Ohne Expertise halte ich sie allerdings persönlich für relevant genug.
Und noch davon abgesehen, kommt es in Politik und Rechtsprechung eben (hoffentlich) auf die Faktenlage an, und nicht um die moralischen Grundprinzipien dahinter. Und wenn man ein Manöver, das man legal im eigenen Gebiet hätte durchführen können, unbedingt illegal im internationalen Gewässer durchziehen muss, dann hat man sich die Verurteilung eben mit grundloser Dummheit selbst verdient.
@BEN: Bisher verstand sich die Türkei eigentlich immer recht gut mit Israel. Dass die Provokation als Teil der Reislamisierungspolitik von der Regierung eingeplant war, erscheint dennoch durchaus denkbar. Beweise dafür gibt es meines Wissens aber wiederum nicht, und so ist es erstmal nur eine Verschwörungstheorie. Auch, dass Deutschland Israel mit diesem Konvoi gezielt provozieren wollte, wird ja hoffentlich niemand behaupten, nur, weil die Typen von der Linken an Bord waren.
Dass die Flotte an sich eine ungeschickte Provokation war, sehen ja auch die meisten hier so. Für die Beurteilung des Vorfalls selbst ist das aber völlig ohne Belang, denn durch provokantes Herumschippern verwirkt man noch lange nicht seine Menschenrechte.
Dass Israel ein Gemetzel gewollt hat, wird ihnen wohl kaum jemand unterstellen. Aber offenbar waren entweder sie zu dumm und unfähig, um die Konsequenzen ihrer Maßnahmen vorauszuahnen, oder sind so militant und menschenverachtend, dass ihnen ein derartiger Ausgang egal ist und der Aspekt der Machtdemonstration wichtiger. Beides keine angenehmen Urteile.
Und nun nochmal zu den kleinlichen taktisch-juristischen Fakten: solange die Sache in internationalen Gewässern stattfand, war die Flotte nicht dabei, eine Seeblockade zu durchbrechen, sondern schipperte legal wie jede Vernügungsjacht vor sich hin und wurde dann einfach so überfallen. Und sobald die Soldaten an Bord gekommen waren, wurden sie nicht angegriffen, sondern man wehrte sich allerhöchstens gegen diesen Überfall.
Was das Nachfolgeschiff angeht, so haben die Israelis ihre Lektion wohl halbwegs gelernt und dieses ohne größeres Blutvergießen sauber gestoppt. Mal sehen, wie es weitergeht...