Zitat von Ipsissimus:
Scuba, auch meiner Ansicht nach siehst du das wirtschaftliche System im frühen Mittelalter zu idyllisch, und von späteren Zeiten schweigt des Sängers Höflichkeit.
Ich sprach auch nicht von diesem System als "Idealfall", sondern das mit einem 'anderen Geldsystem' eine andere Wirtschaftsform sowie Wohlstand für eine breite Bevölkerungsschicht - ohne Wachstumszwang - möglich ist (war). "In späteren Zeiten" hat sich das Zinseszinsgeldsystem durchgesetzt, das systembedingt den Wohlstand ständig von "unten nach oben" befördert. Die "einfachen Leute" hatten halt schon damals keine Lobby. (bzw. die Geschichtsschreibung hat sich auf Kriegszüge und Herrscherdynastien beschränkt)
Zitat von Ipsissimus:Richtig ist, dass sich die Erpressung von Finanzmitteln auf theologische und metaphysische Schreckgespenste stützen konnte und daher aus der Perspektive der Zeit vielleicht nicht sonderlich deutlich als Erpressung verstanden wurde.
Eine falsche Behauptung wird nicht dadurch richtig, dass sie als Richtig" deklariert wird: Der 'Chiemgauer' (
http://www.chiemgauer.info/) funktioniert auch heute genau nach dem Prinzip der Brakteaten und scheint sehr erfolgreich zu sein - ohne Erpressung und dass "theologische Schreckgespenste" bemüht werden müssen! Die "Menschen vor Ort" bauen halt heute keine Kathedralen mehr, sondern Vereinsheime. (oder spenden "den Abschlag" für andere Verwendungszwecke, die 'ihrer Region' zu Gute kommen, - also Zwecke, die sie selbst 'überblicken' können, - die sie für 'vernünftig' und 'sinnvoll' halten)
Zitat von Maglor:Zum Kathedralenbau im Mittelalter:
Tatsächlich wurden die Steinmetze mit Silber entlohnt. Soweit richtig.
Die Finanzierung der Kirchenbauten erfolgte vor allem durch den Ablasshandel, quasi so was Ähnliches wie Wertpapiere, besser Eintrittskarten für den Himmel.
Auch hier geht einiges durcheinander: Als der Ablasshandel "in Blüte" stand, war das Zeitalter Gothik (/ der Brakteaten) schon längst zu Ende!? Und dieser wurde auch nicht für den Kathedralenbau 'vor Ort' verwendet, sondern für den Papst und den Petersdom in Rom!
Zitat von Maglor:Mit den Schulden ist eine merkwürdige Sachen. Je reicher und wirtschaftskräftiger ein Land ist, um so eher ist es verschuldet. Arme Staaten haben gar nicht so viele Schulden, weil ihnen erst gar nicht so viele Kredite gegeben werden.
Was ist daran merkwürdig? Systembedingt müssen in einem (unserem) 'Schuldgeldsystem' die Geldguthaben 'exakt' den Schulden entsprechen: Wir können nur etwas 'gut-haben', wenn uns jemand was 'schuldet'. Daher ist auch die "vielbesehene Schuldenuhr" des Steuerzahlerbundes nichts anderes als eine Desinformationskampagne der Akteure dieses Systems: Es fehlt die (spiegeldbildliche) "Guthabenuhr". Würde man die nämlich zeigen, wüsste jeder, dass nicht unsere Wirtschaft beim "Rettungspakt" gerettet wurde, sondern ausschließlich die Geldguthabenbesitzer! Ohne Schulden gibt es in einem Schuldgeldsystem kein Geld! Je mehr Schuldner man findet, die bereit sind sich zu verschulden - um so mehr Geld ist im System! Umgekehrt: Es führt regelmäßig zu einer Krise, wenn Schulden getilgt werden: Man denke an die UMTS-Auktion, bei der die darauf folgende Tilgung der Schulden, Investitionen verhinderte und sich dadurch der Ausbau des Netzes um Jahre verzögerte. - Oder an Präsident Clinton, der durch die Rückführung der Staatsschulden den Pensionären Und Sparfonds die Möglichkeit nahm "Erspartes" in Staatsanleihen anzulegen.
Das Problem ist daher heutzutage: Wie finde ich genügend Schuldner, bzw. wie kann ich die Leute veranlassen Schulden aufzunehmen. (.. also den Kettenbrief zu akzeptieren) In einer "jungen" Volkswirtschaft ist das regelmäßig kein Problem. Es gibt Innovation, technische Neuerungen oder ganz neue Gebiete zu entdecken und auszubeuten, die eine Kreditaufnahme rechtfertigen. Sowas ist derzeit nicht am Horizont erkennbar. Man müsste wohl ein "Projekt Mondbesiedelung" ausrufen, um den Leuten glaubhaft zu machen, dass 'das Wachstum in Zukunft weitergeht'.
Zitat von Maglor:Reiche Länder, bestes Beispiel Saudi-Arabien oder die Emirate, gelten als kreditwürdig und bekamen alles auf Pump, die Folge: trotz überragender Einnahmen durch das Öl, sidd sie stark verschuldet.
..weil eben viele an das Wachstum 'dort' glaub(t)en.
Zitat von Maglor:Die Welt-Wirtschaft schwankt mit der Verbrauchernachfrage in den USA. Was sie kaufen, wird auf der ganzen Welt hergestellt. Es ist ja nicht so, dass in Amerika nichts mehr hergestellt wird, es steht nur im Misverhätlnis zum dortigen Verbrauch. Dass der Konsum nun durch Kredite finanziert, deren Gläubiger vielleicht aus Asien, Europa oder sonstwoher stammen... tolle Sache, immerhin gibt es einen unerschättlicheren Glabeuns daran, dass das Geld dort anders als in Argentinien sicher ist.
Wer die Weltwährung stellt, hat halt gewisse Vorteile. Man kann sich im Prinzip unbegrenzt verschulden, so lange der Dollar noch angenommen wird. (und droht z.B. ein wichtiges "Öl-Land" in anderer Währung zu fakturieren, - marschiert man einfach ein und karrt 363t Dollar palettenweise dorthin:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24604/1.html)
Zitat von Maglor:Wie wird eigentlich der Wohlstand der Konsum- und Wegwerfgesellschaft der Nordamerikaner und Westeuropäer erwirtschaftet?
Er wird in großen Teilen gar nicht mehr real erwirtschaftet, sondern durch das Finanzsystem "erschaffen". ("Nicht-Leister" zwacken systematisch und in zunehmendem Maße etwas von der realwirtschaftlichen Wertschöpfungskette für sich selbst ab und schlagen es der Finanzwirtschaft zu, die wiederum 'mehr Leistung' von den Leistenden einfordert)
- England hat sich seiner industriellen Basis nahezu völlig entledigt, zu Gunsten eines räuberischen weltweit agierenden Investmentbankings. Beim nächsten "Kreditsturm" wird das Empire fallen.
- die USA 'drucken' sich schon lange ihren Wohlstand (der "Sündenfall" des Dollar war hier die Finanzierung des Vietnamkrieges. - Mit einem Goldstandard lässt sich eben schlecht ein moderner Krieg finanzieren) und haben in 'uns' regelmaßig willige (und dumme) Abnehmer ihrer Kettenbriefe gefunden. So lange sie noch als Weltmacht akzeptiert werden, wird das wohl noch ein bischen so weitergehen. Das Problem: Um die Akzeptanz des Dollars und dieses Status Quo' aufrecht zu erhalten, muss daher seitens der USA weiter mit militiärischen Aktionen gerechnet werden, - mit zunehmend unwägbarerem Ausgang.
Zitat von Lykurg:Das Spenden zu wohltätigen Zwecken war nicht Folge des Brakteat (sonst hätte es ja in der frühen Neuzeit plötzlich keinen Grund mehr dazu gegeben), sondern war direkte Folge des Glaubens (oder wenn du so willst, religiöser Indoktrinierung).
Unsinn: Chiemgauer spenden (automatisch) z.B. völlig ohne religiöse Indoktrinierung, - aber aus gutem Grund
http://www.chiemgauer.info/218.0.htmlZitat von Lykurg: Der Kathedralbau ist aber ein sehr schönes Beispiel für die Ineffizienz eben der mittelalterlichen Wirtschaft - ein Großteil der Arbeitskraft einer Stadt floß über ungezählte Jahre in ein einziges Bauprojekt. Dabei war die Gesamtproduktivität aber so gering, daß der Bau sehr langsam voranging. Oft kam es aus Geldmangel zu jahrhundertelangen Pausen, eine ganze Reihe von Kathedralen wurde erst im 19. Jahrhundert fertiggebaut - dann aber in wenigen Jahrzehnten. Der Wiederaufbau auch schwer kriegszerstörter Kathedralen nach dem zweiten Weltkrieg war dann (bei gleichzeitigem Wiederaufbau der ganzen Stadt rundherum) in wenigen Jahren möglich. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die (allerdings barocke) Dresdner Frauenkirche.
..und - was heißt das? Ist der Wohlstand eines Volkes / einer Region - um so höher, 'je schneller' die Bauwerke fertig werden? (frag mal in der chinesischen Provinz, wo regelrecht "geklotzt" wird)
Höchste Effizienz bedeutet nichts anderes als höchste Anfälligkeit des Systems, wenn Unvorhergesehenes auftritt.
Ein regelrechtes "Aha-Erlebnis" hatte ich bei meinem ersten USA-Aufenthalt. Bei uns wurde damals über die Einführung eines satellitengestütztes Mautsystem diskutiert (was mittlerweile mehr schlecht als Recht funktioniert). Da ich davon ausging, dass die USA hier schon viel weiter waren (auch ein sehr gern gepflegter Mythos von "interessierten Kreisen"), war ich natürlich wie vom Donner gerührt, dass es a) Überhaupt sowas wie mautpflichtige "Freeways" gab und b) das die Maut von (freundlich grüßenden) 'Menschen' alle paar Kilometer kassiert wurde.
Klar wir pflegen halt lieber unsere Arbeitslosen in H4 und lassen sie dort in Bettelhaltung abstumpfen und frustrieren, - als sie sinnvollerweise "von der Straße" - "auf die Autobahn" zu holen...
(Es gibt viele Beispiele wie vorgeblich "objektive Ineffizienz - "subjektiven" und realen Wohlstand - und 'Sinn' für Menschen erzeugt)
Zitat von Lykurg:Waffentechnik nennst du selbst^^ bezeichnest du den Bereich als unwichtig? Militärischer und ziviler Flugzeugbau, Raumfahrttechnik, Pharmaindustrie, Maschinenbau (teilweise), Chemische Industrie, Elektronik, Software. Daß in diesen Bereichen auch andere Länder nach vorn drängen, liegt in der Natur der Sache.
Ich glaube Du täuscht Dich einfach, wenn Du "bekannte amerikanische Firmen" (wie z.B. Apple, Intel oder Microsoft) gleichsetzt mit "in Amerika produzierenden Firmen"
Die größten und umsatzstärksten Firmen, die international eine Rolle spielen, sind regelmäßig (Finanz-)Dienstleister.
Grüße