Seite 1 von 1

Ägypten: Ein Diktator geht und die Demonstranten halten Schuhe in die Höhe

BeitragVerfasst: Fr 11. Feb 2011, 23:11
von fanvarion
Hallo zusammen,

ich verfolgen die Nachrichten und lese, höre und schaue. Ja, Herr Mubarak ist gegangen.

Es freut mich, dass es so friedlich gegangen ist, wenn man von den knapp 1000 Verletzten und "paar Toten" absehen kann.

Was mich aber bei den ganzen Berichten immer wieder erstaunt hat, ist das Schuhe hochhalten der Demonstranten.
Nach dem ich im Internet nichts gefunden habe, möchte ich Euch fragen ob Ihr wisst was dies bedeutet?

Gruß fanvarion

BeitragVerfasst: Sa 12. Feb 2011, 00:07
von 009
In Arabien und im Islam gilt der SChuh, der mit seiner Sohle die schmutzige Straße berührt als unrein. Daher dürfen Moscheen zB auch nur ohne Schuhe betreten werden. Das zeigen der Schuhel (oder gar das werfen damit, wie einst bei Bush) ist ein Zeichen höchster Verachtung und eine der größtmöglichen Beleidigungen im dortigen Kulturkreis.
Beleg teilweise in einem Artikel der Süddeutschen .

BeitragVerfasst: Sa 12. Feb 2011, 02:10
von Lykurg
Das Schuhehochhalten habe ich vor allem als Reaktion auf Mubaraks 'Ist doch alles in bester Ordnung'-Rede am Donnerstagabend (als schon alle den Rücktritt erwartet hatten) wahrgenommen. Im Radio wurde es einfach für ein Protestzeichen erklärt, 009s Hinweis ist aber sinnvoller.

BeitragVerfasst: Sa 12. Feb 2011, 13:29
von Traitor
Meine intuitive Interpretation wäre gewesen, dass der Schuh als Gehwerkzeug ein "Geh doch weg!" ausdrücken soll, was ja wesentlicher Inhalt der Proteste war.
Die tiefere symbolische Bedeutung widerspricht dem auch noch nicht unbedingt, ist aber auf jeden Fall sehr viel stärker und dürfte somit sicherlich die überwiegende Motivation darstellen.

BeitragVerfasst: Sa 12. Feb 2011, 17:39
von fanvarion
@009
Danke für die Erklärung. Ist logisch :).

BeitragVerfasst: So 13. Feb 2011, 01:51
von 009
Gern geschehen. War ein klassischer Fall von Google hilft nur dann leicht weiter, wenn man schon Anfangsidee für die Suchwörter hat.

Frage mich gerade, wie das bei arabischer/islamischer (System-)gastronomie in Europa aussähe. Was gäbe mehr Aufsehen, was hätte mehr Wirkung: nach europäischer Art Beschwerdemail schreiben oder im Laden barfuß und schuhwedelnd sich beim Chef vor Ort beschweren?

BeitragVerfasst: Mi 16. Feb 2011, 21:28
von fanvarion
Zitat von 009:Frage mich gerade, wie das bei arabischer/islamischer (System-)gastronomie in Europa aussähe. Was gäbe mehr Aufsehen, was hätte mehr Wirkung: nach europäischer Art Beschwerdemail schreiben oder im Laden barfuß und schuhwedelnd sich beim Chef vor Ort beschweren?


Du wärst auf jeden Fall ein Fall fürs Fernsehen und die Bild.

BeitragVerfasst: Mi 16. Feb 2011, 23:00
von 009
Womit bezogen auf ersteres ich nahezu, in Bezug auf letztere aber definitiv als Versuchsobjekt zu Klärung dieser Frage ausscheide.

BeitragVerfasst: Sa 19. Feb 2011, 21:19
von fanvarion
Zitat von 009:Womit bezogen auf ersteres ich nahezu, in Bezug auf letztere aber definitiv als Versuchsobjekt zu Klärung dieser Frage ausscheide.


Warum :D ?

Stehst du nicht auf öffentliches Interesse? Du wärst bekannt und könntest dich vor Stellenangeboten kaum noch retten.

Es gab (Mittelalter) bzw. es gibt (Spanien) eine Sitte bei der ein Schuldner von einem schwarzem Mann verfolgen zu lassen. Spiegel online

In Spanien heißt er "El Cobrador del Frac"

In Deutschland spricht ein Gesetzesurteil aus Leipzig dagegen. Link

Das wäre doch etwas neues " Mann verfolgt schlechtes Essen mit Schuh" :D

Gruß fanvarion

BeitragVerfasst: So 20. Feb 2011, 01:24
von 009
Inwieweit eine in Shuh darbietender Form öffentlich vorgetragene Beschwerdemail uas jurustischer Perspektive mit dem schwarzen Mann bei (ggf. auch nur vermeintlich) säumigen Schuldnern zu vergleichen ist, mag ich sachlich fundiert gar nicht und zu dieser Uhrzeit sowieso nicht zu beurteilen.

Öffentliches Interesse an meiner Person würde ich wohl maximal dann erdulden können, wenn es m.E. fundiert wäre und ich hinreichend beachtens- wie berichtenswertes vollbracht habe oder aus anderen Gründen zu einer Art Person der Zwitgeschichte würde. Für alles andere mag ich nichts von mir medial der Öffentlichkeit vermittelt wissen. Bei anderen mag das anders sein, was ich bewusst nicht kritisiere, meine Position daher auch nicht als irgendwie erhaben oder sonstwie besser ansehen.

Mit der Bild ist es ganz einfach. Auf Grund ihrer fortgesetzten Art m.E. eindeutig unjournalistischen Arbeitens wie für mich schlicht widerwärtigen Vorgehens ist für mich jedwede Kooperation oder auch nur Wahrnehmung (außer dem bildblogmäßigen, letztlich auch die Gesellschaft missionieren wollenden, Auseinandersetzens mit deren Fehlern und sonstigen Vergehen) de facto ausgeschlossen.
Ich halte es daher insofern mit dem Satz, den Helmut Kohl (leider schonmal ohne Erfolg nach einer Text bzw., Videoquelle des Interviews, be dem ich den Satz dereinst hörte, gesucht) sagte, wenngleich er den auf ein anderes Medium (bin mir leider unsicher welches) bezog: Ein Interview? In diesem Leben nicht mehr.

BeitragVerfasst: Sa 26. Feb 2011, 20:31
von Traitor
Es scheint Leute im Internet zu geben, die die gleichen Ideen wie wir haben, aber motivierter sind, sie in die Tat umzusetzen, und so hat die Schuhsitte tatsächlich ihren Weg nach Deutschland gefunden:
SpOn - Mit dem Schuh gegen Guttenberg

BeitragVerfasst: So 27. Feb 2011, 00:39
von Lykurg
Ja, das fand ich auch faszinierend, in den Tagesthemen hatten sie einen Kameraschwenk, der vielleicht 50 oder 100 Leute mit erhobenen bzw. auf Stangen getragenen Schuhen zeigte (auch auf dem SpOn-Bild sind ja im Hintergrund noch mehr zu sehen) - und ein Spalier von Schuhen auf dem Gitterzaun des Verteidigungsministeriums. Ich fragte mich spontan, wie sich die Ägypter dabei fühlen, sollten sie das mitbekommen. Bild

Wobei in den Tagesthemen auch der Bezug auf Fußnoten nicht vergessen wurde.

BeitragVerfasst: So 27. Feb 2011, 12:12
von janw
Tja, so schnell verbreiten sich kulturelle Meme im I-net-Zeitalter^^