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Quo vadis Belgia?

Verfasst:
Fr 18. Feb 2011, 22:45
von janw
Schon immer zwischen den Flamen und den Wallonen zerrissen, ist Belgien nun seit rund 250 Tagen ohne Regierung, und nicht zum ersten Male.
Wird es eine Lösung geben, oder sollte die Lösung heißen, Belgien aufzugeben? Wenn, was wären die Konsequenzen, wäre es ein Verlust - und wenn, worin bestünde dieser?

Verfasst:
Fr 18. Feb 2011, 23:01
von e-noon
Man könnte die eine Hälfte Frankreich zusprechen und die andere den Niederlanden. Brüssel könnte dann ein eigenständiger Staat werden. Ich weiß nicht, aber mir behagt dieser Separatismus nicht... wobei hier aufgrund der Sprache tatsächlich mal ein Grund vorliegt, anders als in Italien...

Verfasst:
Fr 18. Feb 2011, 23:16
von 009
Das da was klemmt, hab ich bemerkt und weiss aber nur gröbestes von den basierenden Problemen. Drum mu0 ich mehr fragen als anregen, ob den nicht ein Staatenbund mit zwei (im Vgl. z.B. zu D) wesentlich stärkeren bzw. autonomeren Bundesstaaten für die Beteiligten denkbar wäre.
Wenn man schon auf dem "Reissbrett" Europa neu denkt wären es wohl komplexe Kriterien von außen und dazu nicht immer passende Meinungen innerhalb der Gruppe der Betroffenen dazu, welche Menschengruppe(n) oder räumlichen Gebiete nun welchen Staat ausmachen.

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 18:31
von Traitor
Lange Zeit hoffte ich ernsthaft darauf, dass sich derartige Spannungen nicht nur in Belgien, sondern auch in Spanien und sonstwo in Europa, relativ bald von selbst erledigen könnten, indem die meisten Aufgaben der derzeitigen Nationalstaaten an die EU übergehen und sich somit subnationale Regionen weitgehend nach eigenem Gutdünken reorganisieren könnten, ohne dass es zu großen Problemen käme. Leider ist der EU-Integrations-Fortschritt aber so weit zum Erliegen gekommen, dass das nur noch Utopie ist.
Ein Staatenbund würde in Belgien kaum eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation bringen, da die beiden Regionen ja schon in vielen Punkten unabhängig voneinander agieren, aber der Finanzausgleich zwischen den wirtschaftlich Ungleichen das entscheidende Problem ist. Wallonien wäre ohne Ausgleichszahlungen wohl nicht auf derzeitigem Niveau alleine überlebensfähig, in einem Staatenbund ohne Finanzausgleich also quasi verloren. Daher scheint für diese die für mich, als sie erstmals auch hierzulande diskutiert wurde sehr überraschende, Idee des Anschlusses an Frankreich deutlich vielversprechender. Auch Frankreich wäre da sicher nicht abgeneigt, zugunsten eines ausgedehnteren Machtbereiches würden die Franzosen sicher gerne die finanzielle Mehrbelastung übernehmen.
Schwieriger ist der Verbleib Flanderns. Flandern und Niederlande mögen sich ja nicht allzu sehr, bezog Belgien doch einen Großteil seines historischen Nationalstolzes aus der Unabhängigkeit von den Nordniederlanden. Die Flamen würden also vermutlich eher als Winzstaat zu bestehen versuchen, was innerhalb der EU ja eigentlich auch gar nicht so schwer sein dürfte.
Die Idee von Brüssel als staatenlose EU-Freistadt wäre für mich definitiv das spannendste an der ganzen Entwicklung.

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 19:04
von Ipsissimus
früher war es so, dass die reiche Vallonie mit ihrer Stahlindustrie das arme Flandern mit durchschleppte. Dann starb die Stahlindustrie, gleichzeitig gab es eine Aufwertung der flandrischen Industriezweige, und heute schleppt das reiche Flandern die arme Vallonie durch. Früher befürwortete die Vallonie mehr Unabhängigkeit für sich. Heute macht Flandern dasselbe. Klassisch^^
Eine echte Lösung, bei der die derzeitige Staats- und Verwaltungsform aufrecht erhalten bliebe, müsste auf dem Prosperieren beider Teile aufsetzen; andernfalls werden die Spannungen sich irgendwann so ausweiten, dass es eine gewaltsame Lösung geben wird - nebenbei, man sieht auch an Belgien, wie domestiziert die Deutschen sind^^
Wahrscheinlichste Lösung: vier unabhängige Einzelstaaten in einem Staatenbund nach Art der USA: die Vallonie, Flandern, Großraum Brüssel, Deutsche Enklave in den Ardennen. Innerhalb der nächsten 10 Jahre.

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 20:49
von Roban
Hier etwas vorherzusagen, ist Kaffeesatzleserei. Da mischen so viele unterschiedliche Interessengruppen mit, daß man durchaus den Vorschlag machen könnte, Belgien mir zuzuschlagen. Ich würde dann ein Sammelbecken einrichten für Juristen zum Abtransport auf den Mars, damit die Welt endlich begreift, welch enormen Einfluß Juristen auf gesellschaftliches Verhalten haben. Viel mehr als Politiker, die sich zwischen Sesselzurechtrücken und Wahlkrämpfen überwiegend damit beschäftigen, die Fehlentwicklungen aus dem Versagen der Justiz auf unsere Schultern zu verteilen ...

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 20:57
von janw
Ich weiß nur nicht so recht, sind die Differenzen wirklich Volkes Stimme oder nur jene einer kleinen Gruppe Extremisten, die es an die Macht gespült hat?

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 21:04
von Traitor
@Ipsi: Ist die Unabhängigkeit der Landesteile nicht bereits vergleichbar mit der in den USA? Auf jeden Fall würde ich bei den USA nicht von einem Staatenbund im hier diskutieren Sinne reden, die Staaten sind zwar offiziell unabhängig und nur zusammengeschlossen, aber de facto doch nur graduell eigenständiger als deutsche Bundesländer. Egal, wie es in Belgien ausgehen wird, eine stärkere Teilung wird es wohl fast sicher sein.
@Roban: Wenn man Belgien persönlich zugeschlagen bekommt, wäre das naheliegendste ja wohl, die gesamte dortige Wirtschaft nur noch auf Schokoladenproduktion zu spezialisieren.
Ganz so abwegig ist die Idee auch gar nicht, Belgien an einen beliebigen Deutschen zu verschenken, schließlich haben sie sich ja auch ihren König damals importiert. Das macht es auch zur spannenden Frage, wer bei einer echten Teilung den König behalten würde - offiziell ist er "König der Belgier", die Existenz dieses Volkes leugnen aber beide Seiten, und die Familie selbst kam eben von außerhalb...

Verfasst:
Sa 19. Feb 2011, 21:15
von Roban
Traitor, ich glaube, Du wolltest "an einen belgiebigen Deutschen" schreiben ... Ich bin kein beliebiger, denn ich kann Unmengen Schokolade vertilgen.


Verfasst:
So 20. Feb 2011, 01:06
von 009
[quote="Traitor"]@Roban: Wenn man Belgien persönlich zugeschlagen bekommt, wäre das naheliegendste ja wohl, die gesamte dortige Wirtschaft nur noch auf Schokoladenproduktion zu spezialisieren. ]
Einspruch, ich bitte auch die Äste zu erhalten, die Vla und Fritten produzieren.
Zum König: mittels Commonwealth-Konstrukt ist die englische ja auch die australische Königin, da liesse sich analog bestimmt was konstruieren.

Verfasst:
So 20. Feb 2011, 12:41
von Maglor
Die Sprachenfrage ist nicht der Kern des Streites. Es geht wie in vielen Ländern um Neid und Missgunst zwischen wirtschaftlich starken und Schwachen Landesteilen. Italien stand Jahrzehnte lang aus gleichem Grund vor gleichem Problem (steter Regierungswechsel), die Lösug hieß Silvio Berlusconi.
Ansonsten gibt es auch einen seit Jahrzehnten bestehende Tradtion des flämisch-wallonischen Verfassungskonflikt zwischen flämischen Monarchisten und wallonischen Monarchisten. Ihre Positionen sind unvereinbar, weswegen sie wahrscheinlich auch gewählt wurden.