Das der 11. September und sein Schrecken nicht mit denen des Holocausts vergleichbar sind wird wohl niemand bestreiten. Wenn dies aber in diesem Kontext angeführt wird, dass hierdurch die Entführung Eichmanns (was wenn er Widerstand geleistet hätte und ohne Prozess getötet worden wäre?) legitim, das Vorgehen gegen Osama aber absolut verwerflich war, dann muss auch die Frage erlaubt sein ab wie vielen Toten und ab wie viel Leiden denn die Grenze erreicht ist ab der dieses staatliche Vorgehen zu akzeptieren ist. Niemand wird diese Frage aber beantworten können.Nur ist eine derartige Dimension hinsichtlich der Anschläge vom 11. September, so schlimm sie waren, nicht annähernd erreicht.
Und beim Vergleich dieser beiden Fälle sollte auch nicht übersehen werden, dass Osama eine Symbolfigur und (in mittlerweile weit geringerem Maße) ein Organisator von einer verbrecherischen, terroristischen Organisation war während von Eichmann (dessen Verhaftung und Aburteilung ich trotzdem gutheiße) keine wirkliche Gefahr weiterer Verbrechen ausging.
Gilt dies auch wenn der der Unschuld zu verdächtigende seine Taten wiederholt zugegeben und sich damit gebrüstet hat? Gilt dies auch bei einer Reihe von Verbrechen von denen der 11. September lediglich das spektakulärste darstellt?Darüber hinaus obliegt es nicht CIA-Reports und sonstigen Geheimdienstinformationen, aus einem Angeklagten einen Schuldigen zu machen; schuldig ist, wer vor einem ordentlichen Gericht als Folge eines rechtsstaatlich verlaufenden Gerichtsverfahrens schuldig gesprochen ist. Bis dahin hat die Unschuldsvermutung zu gelten.
Welches realistische Vorgehen (d.h. eines das sowohl den Erfolg einer Verhaftung, als auch die Wahrung sämtlicher Rechte von souveränen Staaten, als auch Einhaltung sämtlicher religiösen Gepflogenheiten, als auch aller rechtlichen Normen, als auch Sicherheitswünsche von unbeteiligten (das Risiko von Anschlägen mit dem unrealistischen Ziel einen gefangenen Osama frei zu pressen mag noch höher sein als das zu befürchtender Racheakte)) würdest Du denn befürworten Ipsissimus? Was hätte getan werden sollen statt dem was getan wurde?
Als Agnostiker besitze ich vielleicht nicht das ausreichende Maß an religiöser Sensibilität und mein Kommentar mag von manchen als zynisch aufgefasst werden. Aber ich glaube dass Leute die jetzt (trotz der gewaltigen Zahl von muslimischen Opfern der von Bin Laden und seiner Organisation arrangierten Anschläge) an einer nicht Ordnungsgemäßen Beisetzung dieses Mannes den Notwendigen Anstoß nehmen um auf ewig alles "westliche" zu hassen oder sogar gewaltsam zu bekämpfen ohnehin schon sehr stark in dieser Richtung tendierten während viele gemäßigte Muslime (die vielleicht auch eine gewisse Erleichterung über das Ende eines Mannes spüren der nicht eben zum Imagegewinn des Islam beigetragen hat) wahrscheinlich nicht viel stärkeren Anstoß an dieser Beisetzung Bin Ladens nehmen als Deutsche an der Verbrennung und in die Isar Streuung der Nüremberger Hauptkriegsverbrecher nahmen.Malte279, die Form der Beisetzung mag banal sein, mir geht es dabei allerdings weniger um formalkorrekte Behandlung als um die öffentliche Wirkung in der arabischen Welt, und da ist eine Aussage wie 'der Leichnam wurde ins Meer geworfen, streng nach den islamischen Prinzipien', sehr ungeschickt. Die Selbsttötung und Körpervernichtung von Selbstmordattentätern ist ein gesondertes Problem, ja - ebenso wie die auch im Koran vorhandenen Tötungsverbote eben eine Frage geschickter radikalisierender Ausleger (die sich sicherlich auch auf andere Stellen stützen können, die klar in ihrem Sinne lauten).