Das Landgericht hat keine Grundsatzentscheidung getroffen, sondern eine Einzelfall-Entscheidung. Die Problematik ist eben die, dass in Deutschland keine spezielle gesetzliche Regelung für die rituelle Beschneidung Minderjähriger gibt. Bisher ist es wahrscheinlich keiner Staatsanwaltschaft eingefallen zu ermitteln.
Die gesetzliche Grundlage des Urteil besteht erst seit 12 Jahren. Das LG Köln argumentierte mit § 1631 Abs. BGB, nämlich dem Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung. Die
Gesetzesänderung erfolgte erst im Jahr 2000. Körperliche Misshandlung als Teil der religiösen Erziehung ist daher nicht mehr erlaubt.
Zum Kölner Einzelfall:
Die Beschneidung lief hier offensichtlich nicht ohne Komplikationen, was in der öffentlichen Diskussion gehörig ignoriert wird.
[INDENT]Am 04.11.2010 führte der Angeklagte in seiner Praxis in der S-Straße in Köln unter örtlicher Betäubung die Beschneidung des zum Tatzeitpunkt vierjährigen K1 mittels eines Skalpells auf Wunsch von dessen Eltern durch, ohne dass für die Operation eine medizinische Indikation vorlag. Er vernähte die Wunden des Kindes mit vier Stichen und versorgte ihn bei einem Hausbesuch am Abend desselben Tages weiter. Am 06.11.2010 wurde das Kind von seiner Mutter in die Kindernotaufnahme der Universitätsklinik in Köln gebracht, um Nachblutungen zu behandeln. Die Blutungen wurden dort gestillt.
Landgericht Köln [/INDENT]
Der Besuch der Notaufnahme - 2 Tage nach der Beschneidung - dürfte wohl hinreichendes Indiz sein, dass der Gesundheit des Knaben mit der Operation zumindest kurzfristig geschadet wurde, obwohl der Arzt keine Fehler begangen hatte. (Wahrscheinlich war dies auch Auslöser dafür, dass irgendjemand die Staatsanwaltschaft Köln eingeschaltet hat.)
Die Straffreiheit des Arztes wurde wie folgt begründet:
[INDENT]Der Angeklagte handelte jedoch in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum und damit ohne Schuld (§ 17 Satz 1 StGB).
Landgericht Köln [/INDENT]
Auf das Verbotsirrtum dürfte sich künftig keiner mehr so einfach berufen dürfen.
Je nach dem wie groß der tatsächliche Schaden an der Gesundheit ist, dürfte auch die gerichtliche Beurteilung der jeweiligen Tat ausfallen.
Zitat von Traitor:Klar, der Fall wird letztlich eh an höhere Instanzen weiter gehen, aber etwas anderes als eine Sofortweiterverweisung an die höchste und dort ein automatisches Urteil "muss der Gesetzgeber neu regeln" ist in so einem Fall eigentlich nicht zu rechtfertigen.
Der Bundestag kann auch ohne Auftrag der Verfassungsrichter handeln, aber diese Gedanke ist natürlich seltsam.
Ich empfehle eine Ergänzung zu § 1631 Abs. 2 BGB:
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig, soweit keine religiöse Notwendigkeit besteht.
Eine Aufweichung des Sterilisationsverbot (§ 1631c BGB) ist mit Rücksicht auf mögliche
Komplikationen ebenfalls notwendig.