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"Erschreckend" ...

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 12:06
von Ipsissimus
... wenn einem die Augen plötzlich geöffnet werden und mensch gezwungen ist, zur Kenntnis zu nehmen, was die Spatzen längst vom Dach pfeifen
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/umfrage-deutsche-massiv-unzufrieden-mit-arbeit-des-bundestags-a-845016.htmlDas Image der wichtigsten Volksvertreter ist miserabel: Nur jeder vierte Bürger vertraut der Arbeit des Bundestags. Noch schlechter sind laut einer Umfrage des "Stern" sogar noch die Ansichten über die Kompetenz der Politiker.

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 13:15
von janw
Man sollte allerdings auch sehen, wer solche Umfragen veranstaltet und raushaut...
Der Stern hat jahrelang daran mitgewirkt, staatliche Systeme suspekt zu machen und die Privatisierung als Nonplusultra zu verankern und die neoliberale Leistungsideologie verbreitet, und der Spiegel nicht weniger.
Auch die Liberalisierung der Finanzmärkte wurde nicht gerade kritisiert.
Die Inkompetenz der Politik in vielerlei fachlicher Hinsicht ist ein Problem, allerdings kein ganz neues, siehe v. Weizsäckers Kritik aus den 80er Jahren.
Die Inkompetenz ist IMHO rein systematisch - Berufsherkunft der Politiker und Kontakt zur fachlichen Entwicklung - auch nicht viel anders zu erwarten.
Insofern finde ich die offensichtliche Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit der Manager fast noch erschreckender - und mir scheint, daß solche Umfragen vielleicht davon ablenken sollen.

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 13:26
von Ipsissimus
ich glaube allerdings, dass sich hinter dem Euphemismus "Inkompetenz" der eigentliche Kernvorwurf verbirgt: Politiker sind auf Grund ihrer lobbyistischen Verflechtungen korrupt, es ist gleichgültig, ob ihre Entscheidungen kompetent oder inkompetent sind, sie basieren jedenfalls auf unlauterer Einflussnahme, und auch die scheinbar inkompetenten Entscheidungen gereichen ihren Auftraggebern zum Vorteil.
Natürlich sind Forsa-Befragungen mit Vorsicht zu genießen; andererseits: wenn jetzt sogar schon DIE solche Umfrageergebnisse veröffentlichen, muss die wirkliche Lage eher noch problematischer sein.

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 14:11
von Lykurg
Nö, das sehe ich nicht so; das Forsa-Institut ist an die Anforderungen seiner Auftraggeber, nun, nicht gerade gebunden, aber doch daran interessiert, 'brauchbare' Ergebnisse zu liefern. Und daß Meldungen über Politik(er)verdrossenheit sich seit geraumer Zeit besser verkaufen als das Gegenteil, führt dann zu den entsprechenden Umfragen; ganz unabhängig von der Stichhaltigkeit ihres Ergebnisses, die gegeben sein mag oder auch nicht. Übrigens mag das zu erheblichen Teilen auch selbstgeneriert sein, werden doch mit großer Regelmäßigkeit Personen hochgeschrieben und wenig später verdammt. Daß das auf Dauer zu Enttäuschung führt, finde ich nicht weiter verwunderlich.
In meinen Augen ist es Wischerei derselben, zu behaupten, die Berichterstattung etwa neulich über den Beschluß zum Meldegesetz hätte keinen Einfluß auf das Umfrage gehabt. Sei es unterschwellig oder sonstwie, derartiges fließt natürlich mit ein. Aber ja, Schrecknisse der Art können sich öfters 'spontan' ergeben. Siehe
Paralellthread...

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 16:30
von Anaeyon
Ob Unzufriedenheit mit Politikern allgemein nicht sogar einer Kanzlerin zugute kommt, die gerne schnell entscheidet? Bei der Euro-Krise habe ich den Eindruck, will der etwas langsamer denkende Teil unser Bevölkerung mittlerweile nur noch irgend eine Lösung, Hauptsache diese muss davor nicht wieder wochenlang diskutiert werden. Seehofer z.b. gewinnt mit seinen Attacken gegen die Regierung derzeit keine Stimmen und falls sich das nicht kürzlich geändert hat, gewinnt Merkel ja mit jeder CDU-Blamage noch an Beliebtheit, gar so als wolle man damit andeuten "Skandal hin oder her, die soll jetzt mal ungestört durchregieren"..

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 17:55
von Lykurg
Naja, daß sie "gerne schnell entscheidet", wurde ihr in den letzten Jahren aber eher selten vorgeworfen.^^ Schon eher, daß sie ehemalige Weggefährten gnadenlos abkanzelt und fallenläßt, wenn sie ihr gefährlich werden oder ihren Job nicht gut machen. Und das ist immerhin politisch klug ihrerseits. Ich geb dir aber völlig recht damit, daß ihre hohe Beliebtheit es ihr leicht macht, Entscheidungen durchzusetzen und schmackhaft zu machen, die sonst wohl auf einigen Widerspruch stoßen würden. Und daß in der derzeitigen Krise sehr viele nicht mehr durchblicken, wohin es geht, oder schlicht große Angst haben. Und das kann ich keinem verdenken.

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 18:51
von Anaeyon
Naja, die CDU ansich entscheidet schon gerne im Hinterzimmer (vll. ist schnell das falsche Wort, aber zumindest mit weniger Bürgerbeteilung und weniger öffentlicher Diskussion, weniger Erklärung zu ihren Entscheidungen) aber Merkel setzt mit ihren alternativlosen Geschmackssachen noch einen drauf. Und scheinbar passt dieses Demokratieverständnis einigen, die schnell überfordert sind, wenn sie sich eine Meinung bilden sollen.
Passt doch zu "Lasst die nur machen, is eh alles sch.."

Verfasst:
Mi 18. Jul 2012, 19:20
von Lykurg
Das kann ich schon eher nachvollziehen, wenn ich auch nicht wirklich sehe, daß das bei anderen Parteien sehr anders wäre (abgesehen vielleicht von den nach ganz anderen Gesetzen agierenden Grünen und von den Piraten, bei denen es einfach noch nicht so klar ist). Die SPD neigt zu massiver Verfilzung, und ob die FDP in ihren Hinterzimmern überhaupt noch was selbst entscheidet, weiß ich nicht so recht.

Merkel benutzt das Wort 'alternativlos' ein wenig zu oft, keine Frage, und darin liegt tatsächlich ein demokratisches Vermittlungsproblem. Für einige Entscheidungen der letzten Zeit mag es allerdings tatsächlich gelten, bzw. man kann ganz dankbar sein, daß die Alternativen nicht zum Tragen kommen. Als Dauerzustand geht das aber nicht.