Sinai - Schlachtfeld der Zukunft

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maglor
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Do 13. Sep 2012, 22:03 - Beitrag #1

Sinai - Schlachtfeld der Zukunft

Die ägyptische Sinai-Halbinsel entwickelt sich langsam aber stetig zum Schlachtfeld der Zukunft.
Immer wieder kommt es zu Überfällen auf ägyptische und israelische Militärs.
Es gibt einen unbekannten Feind.
Die ägyptische Zentralregierung verliert zunehmend die Kontrolle über das Gebiet, in dem Beduinenstämme und Neo-Al-Kaida zuehmend machen, was sie sollen. Zum religiösen Fanatismus, der in der Wüste Rückzug sucht, gesellt sich organisierte Kriminalität, Schmuggel in den Gaza-Streifen, Schlepperbanden, Menschen- und Organhandel.

Ipsissimus
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Fr 14. Sep 2012, 10:26 - Beitrag #2

wirkt eher wie ein zweites Somalia

Traitor
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Fr 14. Sep 2012, 11:12 - Beitrag #3

Hast du besonders empfehlenswerte Quellen?

Maglor
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So 16. Sep 2012, 21:36 - Beitrag #4

Leider nein, ich kenne keine ganzheitlichen Analysen hierzu.
Ich habe nur einige Nachrichten der letzten Monate in Verbindung gebracht, die zeigen, dass sich der Sinai zum rechtsfreien Raum entwickelt.
Ein zweites Somalia ist es noch lange nicht - eher ein zweites Mexiko mit zusätzlichen Risiken. Es gibt keinen offen auftretenen Parallelstaat oder eine konventionelle Rebellenarmee. Der Feind ist unbekannt.

Die Welt: Das blutige Geschäft mit Organen vor Israels Grenze
TAZ: Afrikaner bezahlen Schmuggler, um durch den Sinai nach Israel zu kommen. Stattdessen werden sie eingesperrt, gefoltert – und, wenn kein Geld fließt, getötet.
TAZ: Terror auf dem Sinai. Stammesführer erschossen
Spiegel: Die ägyptischen Grenzpolizisten in Rafah hatten sich gerade zum täglichen Fastenbrechen im Ramadan niedergelassen, als Bewaffnete ihren Grenzposten stürmten, so das ägyptische Staatsfernsehen. Die Angreifer töteten 16 Grenzwächter, bevor sie mit zwei gepanzerten Fahrzeugen der Ägypter Richtung Israel rasten.
Spiegel: Mit Kampfflugzeugen und Panzern macht Ägypten auf der Sinai-Halbinsel Jagd auf Extremisten: Nun haben Sicherheitskräfte mindestens sechs militante Islamisten festgenommen.
Spiegel: Israel fordert Rückzug ägyptischer Panzer vom Sinai

Zwischenzeitlich - also wenige Tage nach Thread-Eröffnung - ist es weiter eskaliert: Sogenannte "Aufständische" haben das Hauptquartier der ägyptischen Armee am Sinai angegriffen und dort eine Flagge der Al Kaida gehisst.

Es gibt gleich mehrere Problemfelder:
Wohlstandsgefälle
Hier grenzen 1. und 3. Welt aneinander.
Der Sinai ist die Endstation für afrikanische Binnenflüchtlinge. Sie sitzen dort fest und wollen eigentlich nach Israel oder in die Golf-Region.
Auf der andere Seite ist der Sinai eine der ärmsten Regionen Ägyptens und am Wolhstand Ägyptens kaum beteiligt.

Grenze zum Gaza-Streifens
Der von der Hamas kontrollierte Gaza-Streifen gehörte früher zu Ägypten. Die Hamas wurzelt ideologisch in der ägyptischen Muslimbruderschaft.
Der Gaza-Streifen wurde von Israel abgeriegelt. An der Grenze zwischen Gaza-Streifen und ägyptischen Sinai boomt der Schmuggel.

Grenze zu Israel
Gelegentlich überschreiten Freischärler die ägyptisch-israelische Grenze und greifen Israel an, vermutlich um einen Krieg zwischen Israel und Ägypten zu provozieren.
Im Rahmen des Friedensvertrages mit Israel gilt der Sinai als entmilitarisierte Zone.

Nähe zum Suez-Kanal
Nicht erst seit Horst Köhlers Harakiri-Rede ist bekannt, dass der Seehandel einen Krieg wert ist. Der Suez-Kanal verbindet Mittelmeer und Rotes Meer. Jene Seeroute wird derzeit in und vor Somali militärisch freigehalten. Sollte Ägypten jemals wirklich die Kontrolle über den Sinai verlieren, muss dies eine internationale Intervention zur Folge haben.

Hohe Kriegsbereitschaft der USA
Der Obama-Regierung sind Einsätze in der Hauptkampfzone des Anti-Terror-Krieges nicht mehr genug. Sie arbeitet nicht nur hinter feindlichen Linie, so hat die technischen Möglichkeiten und die moralischen Defizite überall zuzuschlagen, und wie im Jemen oder Pakistan auch mal am Sinai eine Drohne zum Ausbomben sogenannter Al-Kaida-Terroristen vorbeischicken.

Instabilität des ägyptischen Regimes
Das Regime ist mit den Straßen Kairos beschäftigt. Es ist nicht in der Lage am Sinai aufzuräumen. Mangelnde Bürgerkriegsbereitschaft der ägyptischen Armee führt zwangsläufig zur weiteren Verwahrlosung des Sinai.

Ipsissimus
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Mo 24. Sep 2012, 10:24 - Beitrag #5

Es gibt einen unbekannten Feind.
Wie kommst du darauf? Ich denke, potentielle und tatsächliche "Feinde" sind allein schon aufgrund deiner Darstellungen recht gut identifizierbar. Wo soll ein unbekannter Feind herkommen? Selbst die übliche Generalverdächtige AlQaida wäre nicht unbekannt. Der Sinai entwickelt sich halt zu Banditenland, zumindest aus der Perspektive westlicher, ägyptischer, israelischer, saudiarabischer und golfstaatlicher Sicherheitsinteressen. Welch Einigkeit unter erbitterten Feinden. Vielleicht sollte man mal wieder Kara Ben Nemsi hinschicken, zum Aufräumen.

Maglor
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Mo 24. Sep 2012, 23:26 - Beitrag #6

Die Jagd nach Sündenböcken ist leicht, zumal der Brauch unmittelbar in der Region entstanden ist. :rolleyes:
Die Gesellschaft für bedrohte Völker beobachtete bereits Anfang 2011 willkürliche Massenverhaftungen unter den Beduinen, die von seitens des ägyptischen Regimes pauschal für beide (oder alle) Probleme - Terrorismus wie Kriminalität - verantwortlich gemacht werden.

Im Westen kaum Beachtung findet die ethnische Identität der Beduinen. Sesshafte und Nomaden sind von Grund auf verschieden und gehen seit Jahrhunderten getrennte Wege. In Israel u. Palästina zählen sich die meisten Beduinen (obwohl Muslime und arabisch sprechend) nicht einmal zu den Palästinensern oder Arabern. Erstaunlich ist hier das Beispiel der Negev-Beduinen, die mittlerweile seit Generationen bedeutende Truppenaufgebote für den Staat Israel stellen. Das Potenzial einer Spaltung der ägyptischen Muslime in Fellachen und Beduinen als im Kriege entgegengesetzte Stämme besteht auf jeden Fall.

Ich unterstelle, dass das salafitische Jihad-Sekten, die Hamas und andere Muslimbruderschaften alles andere als wesensgleich sind. (Zu beachten ist hier natürlich der innenpolitische Konflikt zwischen einer von der Muslimbruderschaft getragenen Regierung und einer gewaltbereiten salafitischen Opposition.) Zu fragen wäre auch, ob die Sinai-Beduinen als archaische Stammesgesellschaften überhaupt politische Ziele wie das Anzetteln eines ägyptisch-israelischen Krieges oder eines gewaltsamen Austauschs der ägyptishen Zentralregierung verfolgen
.
Unklar und zweifelhaft ist auch die Rolle des ägyptischen Militärs. Die Vermutung, dass sich der Feind auch im Inneren des ägyptischen Militär-Elite befände, ist zu kühn, allerdings unwesentlich kühner als die Idee, ein paar Jihad-Sektierer oder Beduinen-Strauchdiebe könnten einfach so ohne irgendeinen Maulwurf im ägyptischen Militär erfolgreich Panzerfahrzeuge kapern und gegen Israel lenken.

Gerade den Jihad-Sekten traue ich auch keine aktive Rolle beim Menschen- und Organhandel zu haben, obwohl der am Sinai vermutete deutsche Islamist Denis Cuspert ja eine Vergangenheit als Gangster-Rapper hat.
Denis Cuspert erklärte im 11. Sept. 2012 Deutschland zum Kriegsgebiet: "Ihr werdet nicht mehr in Sicherheit leben. Ihr setzt Millionen und Milliarden ein für den Krieg gegen den Islam. Und deshalb ist dieses Land hier, die Bundesrepublik Deutschland, ein Kriegsgebiet."
Die Drohung bleibt allerdings hohl, so sich besagte unter der Marke Al Kaida firmierenden Jihad-Sekten sich am Sinai befinden. Vorläufig müssen sie sich damit abfinden israelische oder ägyptische Grenzposten zu überfallen. Wahrscheinlicher wird wohl der Sinai zum Kriegsgebiet des Westens, der nicht eher ruhen wird, bis die Drohnen alle an den Orient verlorenen Schafe des Abendlandes ausgebombt haben.

Unklar bleibt vor allem das Verhältnis der Gruppierungen untereinander. Die Flinten sitzen zumindest locker.

Maglor
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So 11. Aug 2013, 17:19 - Beitrag #7

Und so beginnt es:
Die heutige Schlagzeile: "Sinai-Halbinsel wird zum Schlachtfeld" Handelsblatt
Die ägyptische und israelische Luftwaffe nehmen die Terroristen jetzt also in die Zange.

(Ich hoffe, ihr seid von meiner Gabe zur Schwarseherei beeindruckt.)

Maglor
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Mi 3. Dez 2014, 23:17 - Beitrag #8

Nun also ganz offiziell:
Die führende sinainesische Terrorgruppe hat sich der IS angeschlossen.


In einer Audio-Nachricht verkündete die Gruppe Ansar Beit al-Makdis (ABM), die sogenannten Helfer Jerusalems, dass sie sich nun offiziell dem „Islamischen Staat“ (IS) anschließt.
taz

Die Gruppierung tauchte praktisch aus dem Nichts auf oder aus Knabenmorgenblütenträumen des arabischen Frühlings.

Was am Sinai wirklich los ist, ist übrigens reichlich unklar.
Zitat von taz: Es ist schwer, sich ein unabhängiges Bild zu machen: Journalisten ist es untersagt, in den Nordsinai zu reisen und von dort zu berichten. Selbst das Telefonnetz im Nordsinai ist über weite Teile des Tages abgeschaltet.

Es ist eben eine verbotene Zone, in der die Konterrevolution versucht mit allen Mitteln eine Explosion.
Es scheint so als wäre Ägypten eine Nummer zu groß für diese Jihad-Sekte. Vielleicht sollten sie sich ein anderes Ziel suchen. Wird sich diese Front demnächst mit der in Syrien, dem Irak und dem Gaza-Streifen vereinen?


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