Obama-Wiederwahl

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Traitor
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Mi 7. Nov 2012, 17:36 - Beitrag #1

Obama-Wiederwahl

Mit den gestern (bzw. in amerikanischen Medien schon länger) kursierenden Swing-State-Kombinatorik-Spielereien war ja eigentlich schon klar, dass trotz enger Umfragen Obama fast sicherer Sieger war. Heute morgen war es dann auch so gut wie offiziell, selbst Floridas traditionelle Unfähigkeit, ein Ergebnis zu produzieren, ist nicht weiter relevant.

Da gleichzeitig die Republikaner ihre Kongress-Mehrheit halten oder sogar ausbauen konnte, wird sich politisch vorerst wohl sehr wenig ändern, das ist aber sich innen- oder außenpolitisch zumindest besser als es eine Romney-Regierung geworden wäre. Wie auch schon McCain vor 4 Jahren selbst eigentlich für einen Republikaner eine ganz erträgliche Figur, aber wer da in seinem Gefolge alles an die Macht hätte gelangen können, bei seiner Schwäche drohte da glatt W2...

Letztlich ist es aber schade, dass die Wahl so deutlich ausfiel und keine Pathologien Entscheidungsrelevanz haben. Vielleicht wäre das Medienklima endlich mal ausreichend auf diese fokussiert gewesen, um dort ernsthafte Wahlrechts- und -praxis-Reformen anzustoßen.

Anaeyon
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Mi 7. Nov 2012, 19:53 - Beitrag #2

Dieses Thema habe ich in den letzten Wochen überhaupt nicht gehört, natürlich aber jetzt pünktlich nach der Entscheidung. Könnte da was dran sein?

Finanzen hin oder her, dieses Ergebnis wird wohl zumindest diplomatisch gesünder für die Welt sein ^^.. Dass der ihr Wahlsystem so dermaßen kaputt ist (wer noch nicht genug vom Thema hat, dem kann ich dieseAlternativlos-Folge empfehlen), wundert mich tatsächlich. Bzw, dass das scheinbar dort kein allzu großes Thema zu sein scheint.

Traitor
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Mi 7. Nov 2012, 21:52 - Beitrag #3

Ja, in Sachen Finanzen kann die Trennung zwischen Präsident und Parlamentsmehrheit ganz böse enden. Aber wenn ich das System richtig verstehe, wäre die Opposition des demokratischen Senats gegen Romney noch deutlich blockadestärker gewesen als jetzt (weiterhin) ein republikanisches Abgeordnetenhaus gegen Obama.

Das Wahlsystem scheint dort allmählich durchaus mehr Kritiker zu finden, deshalb hätte ich eben gehofft, dass grobe Verzerrungseffekte diesmal, anders als 2002, mal zu anhaltenderen Protesten und vielleicht auch ein paar zarten Reformen führen.

Maglor
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Mi 7. Nov 2012, 22:00 - Beitrag #4

Amerika ist ein Land, in dem sich vieles ändern müsste. :rolleyes:
Der Fokus auf liegt vor allem auf den Kanidaten. Wahlergebnisse werden wie Lotto-Ziehungen inszeniert.

Das eigentliche Problem Amerikas ist jene dunkle Bedrohung - dass die Politiker aufgrund der massiven Staatsverschuldung die Kontrolle über die Politik verlieren.

Ein massiven Problem ist die Spaltung in zwei Lager. Eine Koalation würde quasi das Ende des politischen Pluralismus bedeutet, aber eine Seite ist allein zu schwach, um wirklich etwas zu verändern. An Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist natürlich die Herausbildung phantastischer Charikaturen der politischen Gegner, die als hyperreligiöse Rassisten oder Kommunisten skizziert werden. Dabei handelt es sich doch eigentlich um Zwillinge. :crazy:

Traitor
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Do 8. Nov 2012, 14:13 - Beitrag #5

Dabei handelt es sich doch eigentlich um Zwillinge.
Wieso ist diese Aussage eigentlich in letzter Zeit so beliebt geworden? Ja, die (Mainstream-)Demokraten sind nicht, was man hierzukontinente als "links" anerkennt. Aber dennoch, bzw. weil die Republikaner dafür (in Teilen) umso rechter sind, sind die Unterschiede zwischen beiden Parteien groß, größer sicher als hierzulande in den letzten Jahren zwischen SPD und CDU.

Ipsissimus
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Do 8. Nov 2012, 14:42 - Beitrag #6

die beliebte alte Wahl zwischen Pest und Pocken. Es geht eben nicht nur um relative Unterschiede, sondern auch um absolute Positionen. Die Demokraten als pfiffige Neoliberale können mir genauso gestohlen bleiben wie die Republikaner als dumpfbackige Nazis, alle mögliche Abstufungen und Mischformen zugestanden.

Das Problem dürfte darin bestehen, dass abseits der Bildungselite die Mentalität der Leute nach wie vor von massiven Anklägen an die alte Sklavenhalter- und "dies Land ist unser, lasst uns die Indianer in unserem Land ausrotten"-Mentalität des ursprünglichen white trash geprägt ist, natürlich an moderne Zeiten angepasst. Von daher ist es eigentlich völlig gleichgültig, wer dort regiert.

Malte279
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Do 8. Nov 2012, 14:48 - Beitrag #7

Ich stimme Traitor zu. Es wird auch von einigen meiner Bekannten in den USA immer wieder behauptet, dass es eigentlich keinen großen Unterschied gebe. Sogar Michael Moore hatte in den 90er Jahren noch einen Text mit dem Titel "Democrat? Republican? Can you tell the difference?" verfasst und mit Beispielen untermauert. Nichts desto trotz sehe ich die Unterschiede die beispielsweise ein Präsident Al Gore statt George W. Bush mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Bereich der Außen- und Umweltpolitik und in vielleicht nicht ganz so großem Maße vielleicht auch bei Innenpolitischen Fragen (Schöpfungslehre an Schulen, Gleichberechtigung homosexueller Paare und Ausmaß zu dem die fundamentalsten Menschenrechte in Bezug auf Inhaftierung ohne Anklage und Folter eingehalten worden wären) ausgemacht hätte als zu gravierend als das man die beiden Parteien einfach über einen Kamm scheren könnte. Zugegeben, ich sympathisiere grundsätzlich eher mit der liberaleren Haltung die eher von den Demokraten vertreten wird, aber deswegen würde ich kein extremes "Feindbild" gegenüber einer moderat konservativen Politik entwickeln. Die USA haben republikanische Präsidenten gehabt bei deren Anblick ich nicht automatisch das Darth Vader Thema in meinem Unterbewusstsein höre. Aber innerhalb der letzten Jahrzehnte und speziell innerhalb des letzten Jahrzehnts scheinen die radikalsten Flügel der Republikaner ein gefährliches Maß an Kontrolle übernommen zu haben. Immer weniger hört man von den gemäßigten Republikanern denen bei aller Parteipolitik das Wohl ihres Landes mehr gilt als der Schaden der gegnerischen Partei.
Eine der Begründungen für das (meiner Ansicht nach zurecht) kritisierte "Winner takes all" Prinzip bei den Präsidentschaftswahlen ist die, dass es radikalen Splitterparteien (wie in Deutschland der NPD) extrem schwer gemacht wird Einfluss im Kongress oder gar in der Exekutive zu gewinnen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ein ungewollter Nebeneffekt ist, dass sich die Mehrheit der potentiellen "NPDler" oder Kukluxer stattdessen als extreme Flügel den Republikanern anschließen und eine moderatere Basis dieser Partei aushöhlen.
Die kommenden Jahre werden zeigen ob sich diese Radikalisierung der Republikaner fortsetzt, die moderateren Teile der Partei dem entgegen wirken oder (wenig wahrscheinlich aber vielleicht nicht ganz auszuschließen) ob die Republikanische Partei darüber gespalten wird (ähnlich wie 1912 als Theodore Roosevelt seine kurzlebige Progressive Party gründete und dadurch dem Demokraten Wilson (dessen Lob des KKK zu dessen Wiederbelebung mitbeitrug) den Weg ins Weiße Haus ebnete).

Maglor
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Do 8. Nov 2012, 22:11 - Beitrag #8

Angesichts dessen was, was Al Gore als Vize-Präsident verzapft hat und dem, was Obama als Präsident getan oder nicht getan hatte, ergibt sich durchaus ein gewisser Unterschied im Auftreten und im Marketing.
Die republikanische Regierung unter Bush lehnte das Kyoto-Protokoll einfach ab, während die Clinton-Regierung immer noch den Anschein erweckte die Ratfizierung auf die lange Bank zu schieben.

Während George W. Bush mit Glanz und Gloria Afghanistan und Irak einmarschieren ließ, begnügte sich die Regierung Clinton mit einfach Luftschläge aus sicherer Entfernung, während Obama mit Drohnen und Speziellkräften tief in den Jemen und nach Pakistan eindringt und dort Menschen ausradieren lässt, ohne einen Krieg vom Zaun zu brechen. Sicher George Bush hätte den toten Osama bin Laden vorgeführt und damit die ganze Welt provoziert, wenn er den Schneid und Dreistigkeit besessen hätte ihn in Pakistan jenseits aller Hauptkampfzonen zu liquidieren. Veröffentlichte Bilder aus Guantanomo gibt es nicht mehr, die sogenannten Liberalen sparen sich die peinliche Pressemeldungen lieber auf.

Was gesellschaftliche Entwicklungen betrifft, so nehme ich sie zwar zur Kenntnis, glaube aber, dass die USA bei Themen wie Abtreibung oder Homosexualität eben nur wenige Jahre hinter europäischen Staaten wie Irland, Polen oder eben Deutschland hinterherhinkt. Es gibt keinen Grund zur Häme über die amerikanischen Debatte.
Zu beachten ist natürlich noch, dass die Demokraten als ganzes eben nicht für sogenannte europäische Werte einstehen, sondern eben nur einzelne. Die Demokraten fordern eben nicht die Abschaffung der Todesstrafe oder eine Entschädigung der Ureinwohner. Ebensowenig vertreten die Demokraten ein im deutschen Sinne säkulares Weltbild.

@Ipsissimus
Auch wenn es den hiesigen Klischees widerspricht, verlief die Geschichte doch anders.
Die Republikaner waren für die Abschaffung der Sklaverei und waren schließlich nach dem Sieg der Nordstaaten im Bürgerkrieg lange Zeit die staatstragende Partei. Sie Demokraten hingegen waren für die Sklaverei und vertraten die Positionen des besiegten Süden.
Mittlerweile spielt das aber keine Rolle mehr.
Die einen sind für den Esel, die anderen für den Elefanten. :crazy:

Traitor
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So 18. Nov 2012, 20:05 - Beitrag #9

@Malte: Eine nette Visualisierung der innerparteilichen Radikalisierung (plus einiger obskurer historischer Entwicklungen) gab es letztens [url=http://]bei xkcd[/url], natürlich auf sehr empiristischer und somit leicht fragwürdiger Grundlage.

Zitat von Maglor:Was gesellschaftliche Entwicklungen betrifft, so nehme ich sie zwar zur Kenntnis, glaube aber, dass die USA bei Themen wie Abtreibung oder Homosexualität eben nur wenige Jahre hinter europäischen Staaten wie Irland, Polen oder eben Deutschland hinterherhinkt. Es gibt keinen Grund zur Häme über die amerikanischen Debatte.
Der Unterschied ist, dass die USA bei einigen dieser Themen schonmal deutlich liberaler (in unserem Sinne =moderner) waren, also eben nicht einfach hinterherhinken, sondern starke reaktionäre Tendenzen zeigen.


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