Im strikt neutralen Sinne wohl kaum. Traurig, aber offenkundig real. Genauso, wie es, wie doch viele Threads hier und manche gerade auch von mir zeigen, ist fehlerarmer Qualitätsjournalismus wohl auch was für die rote Liste.
Auf die rote Liste, diesmal weil gefährliche Entwicklungen und Verwiclungen diverser Art gesehen, möchten viele auch den peerblog packen.
Die
SZ sieht eine Ärgernisquelle für Steinbrück darin.
Solche Unterstützer-Blogs sind in den USA üblich. Auch in Deutschland gibt es politische Blogger, die mit ihren politischen Überzeugungen nicht hinterm Berg halten. Doch ein politisches PR-Blog, finanziell von unbekannten Geldgebern in Watte gepackt und von einer Agentur rundum betreut, ist hierzulande noch eher die Ausnahme.
Fehlende Transparenz sorgt im Netz traditionell für Misstrauen. Auf Twitter wird schon fleißig über peerblog.de gelästert:
HIer liest sich etwss so, als wisse Steinbrück selber noch nicht einmal genau, wer da für ihn finanziell Partei ergreife:
Solange die "herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten" sich nicht offenbaren, bleibt von der Häme auch an Steinbrück etwas hängen. Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer sagte auf Nachfrage, dass der Blog "natürlich mit Wissen des Kandidaten eingerichtet" worden sei. Steinbrück kenne auch eine Reihe der Unterstützer.
Zum Initiator des Blogs findet sich auch eher zweifelhaftes:
Die Motivation der Geldgeber scheint noch einigermaßen nachvollziehbar zu sein. Sie lässt sich auf die Kurzformel bringen: Steinbrück soll Kanzler werden. Die Motivation von Steinkühler bleibt da weniger durchschaubar. Der Agentur-Chef ist bereits in die Kritik geraten, weil er angeblich unter dem Pseudonym "Theobald Tiger" Enthüllungsgeschichten über die christlich-liberale Rüttgers-Regierung in Nordrhein-Westfalen auf dem SPD-nahen Blog "Wir in NRW" veröffentlicht haben soll. Seine Agentur soll nach dem Sturz von Rüttgers Dankeschön-Aufträge von der neuen rot-grünen Landesregierung bekommen haben.
Auch der
WDR findet neben der Neuheit an sich eher nur kritikwürdiges:
Unabhängig will es sein, und doch wird aus jeder Zeile, jedem Foto und jedem Video des neuen Blogs klar, welches Ziel es verfolgt: Peer Steinbrück in möglichst gutem Licht dastehen zu lassen. Und seine Gegner in möglichst schlechtem.
Auch scheint die Konstruktion des Blogs nicht gerade geeignet, Steinbrück als wirtschaftskritischen arbeitnehmerorientierten darzustellen:
Wer diese großzügigen Geldgeber sind, wird allerdings nicht verraten. Entsprechende Fragen des WDR wollte Steinkühler am Montag (04.02.1013) nicht beantworten. Das lässt Raum für Spekulationen, der "Spiegel" schreibt von einem Münchner Internetunternehmer und einem Hamburger Kaufmann. Für Steinbrück, der ja eigentlich vom Image einer allzu großen Nähe zur Wirtschaft wegkommen will, könnte das Unterstützerblog noch peinlich werden.
Aus der Wissenschaft gibt es auch bereits kritische Stimmen:
Auch Parteienforscher sehen das Blog mit gemischten Gefühlen. Der Düsseldorfer Politologe Martin Morlok spricht gegenüber WDR.de von einer in Deutschland neuen Form der Wahlkampfhilfe. Die sei zwar rechtlich in Ordnung, zumindest dann, "wenn die SPD ihre Hand nicht drüber hält". Problematisch sei aber, dass nicht klar sei, wer dahinter stehe. Ähnlich äußert sich auch der Staatsrechtler Joachim Wieland im "Handelsblatt". Es sei ein "Graubereich", da die Grenze der Unabhängigkeit schwer zu ziehen sei.
Ähnliches wie die SZ weis auch der WDR zu Steinkühler zu berichten, ergänzt darum, das Steinkühler auch Teil des Aufruhrs um des Peers Vorträge war:
Unbestritten sind hingegen seine guten Kontakte zur SPD. Nach dem Regierungswechsel in Düsseldorf konnte sich Steinkühlers Agentur über Aufträge aus der Staatskanzlei und dem NRW-Familienministerium freuen. "Dankeschön-Aufträge" seien das nicht gewesen, betont die Landesregierung. Alle Aufträge seien ordentlich ausgeschrieben worden. Jetzt schreibt die Agentur also für Steinbrück. Der im übrigen ein guter alter Bekannter des Agenturchefs ist, wie es scheint. Denn bereits 2010 organisierte Steinkühler einen Vortragsauftritt für Steinbrück. Das geht aus der Auflistung der Nebeneinkünfte des Kanzlerkandidaten hervor. Dort steht: "Steinkühler-com, Düsseldorf, Vortrag, 2010, Stufe 3" (über 7.000 Euro).
Kein Wunder das auch die Organsiation
Lobby Control das Blog nicht gerade bejubelt:
Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück lässt sich auf eine intransparente finanzielle Unterstützung aus Unternehmerkreisen ein. Er scheint aus der Debatte um seine Nebeneinkünfte keine Lehren gezogen zu haben.
Für uns ist eine intransparente Wahlkampf-Unterstützung für einzelne Kandidaten oder Parteien inakzeptabel. Denn Transparenz ist unabdingbar, um das genaue Interesse hinter dem Blog identifizieren zu können. LobbyControl fordert daher die Macher von peerblog auf, die Finanziers im Hintergrund sofort offenzulegen.
Selbst wenn die Finanziers bekannt sind, ist direkte Wahlkampf-Unterstützung von Unternehmern generell problematisch. Denn Geld ist in der Gesellschaft sehr ungleich verteilt. Der Einfluss von finanzstarken externen Akteuren auf den Wahlkampf sollte eher begrenzt werden, als ihm mit solchen Projekten Vorschub zu leisten. Steinbrück fordern wir deshalb auf, seine Unterstützung für das peerblog zurückzuziehen.
Die Wahlkampffinanzierung in den USA und die Einflussnahme von Unternehmen auf den Wahlkampf dort kann kein positives Vorbild für Deutschland sein. Im Gegenteil – der große Einfluss finanzstarker Akteure in Wahlkampfzeiten ist vielmehr ein abschreckendes Beispiel. In den USA selbst gibt es viele Proteste dagegen und starke Bemühungen, Geldflüsse und Kampagnen von Unternehmen in Wahlkampfzeiten zu beschränken.
Angesichts von Projekten wie peerblog oder auch älteren Beispielen wie der finanziellen Unterstützung von Carsten Maschmeyer für Gerhard Schröder und Christian Wulff brauchen wir auch in Deutschland eine Diskussion über mehr Transparenz und Schranken für Wahlkampf-Unterstützung durch Dritte.
Wenn ich mir das alles so betrachte, frage ich mich nach dem Sinn des Projekts und ob die Beteiligten etwa einhellige Zustimmung erwarteten. Oder hält man die eigene beeinflussende Wirkung pro Steinbrück für größer als die Wirkung der Kritik an diesem PR-Konstrukt?
Ist, ganz gewagt gefragt, Steinbrück doch verdeckter Mitarbeiter der CDU, der mit seinem agieren immer wieder Impulse in Richtung Wiederwahl Merkels setzen soll?
Ich bin faszt geneigt, das nicht mehr ganz ausschließen zu können.