Satanische Geheimbünde - Ein alter Aberglaube

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Maglor
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So 24. Mär 2013, 16:10 - Beitrag #1

Satanische Geheimbünde - Ein alter Aberglaube

Schon seit Jahrhunderten gibt Legenden über Ritualmorde, Hostienfrevel, wilde Orgien, dunkle Verschwörungen usw.
Immer wieder gleichen Geschichten über Teufelsbuhlschaft, geheime Weltherrschaft und natürlich das Opfern von Jungfrauen und Kleinkindern.
Freimaurer, Juden, Hexen ... immer wieder die gleichen Bilder eines alten Aberglaubes.
Zuletzt bliebt die Vorstellung der Satanisten als letzter, quasi moderne Variante des alten Mythos. Es gebe eine große Verschwörung mächtiger Satanisten, die die Aufklärung der Satansmorde und anderer Verbrechen vertusche. Zuerst tauchte dieses Lügengebilde in den Aufzeichnen eines gewisses Leo Taxil auf. Die Legende wird seither von angeblichen Aussteigern, selbsternannten Experten, Sensationsjournalisten, Horror-Autoren und natürlich echten Irren vorgetragen.
Besonders bemerkenswert ist natürlich die Wechselwirkung zwischen Fiktion in Buch und Film und dem echten, ja geglaubten Aberglaube.

janw
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So 24. Mär 2013, 16:39 - Beitrag #2

Und, wie ist es nun in Wahrheit?^^

Maglor
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Mo 25. Mär 2013, 23:29 - Beitrag #3

Die Wahrheit ist doch die, dass die Legende lebt.
Wirkliche Ritualmorde wie dieser oder dieser zeigen, dass dahinter eben keine große Verschwörung steckt, sondern eben nur ein paar vereinzelte Irrer, die sich der bekannten Motiven der Pop-Kultur bedienen. Hierbei ist natürlich zu beachten, dass sich Mythos und reales Verbrechen gegenseitig befruchten - am augenscheinlichsten in diesem merkwürdigen Zusammenhang zwischen den Werken Roman Polanskis und den Taten von Charles Manson.

Ipsissimus
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Di 26. Mär 2013, 13:51 - Beitrag #4

"wirkliche" Ritualmorde haben meines Erachtens nichts mit ungezügeltem jugendlichen Zerstörungswillen zu tun. Es gab da in den siebziger Jahren mal einen Skandal um P2 (propaganda due), eine große und einflussreiche italienische Loge, die nicht nur erwiesenermaßen für einen Staatsstreich ein Netzwerk einflussreicher Personen aus den Führungseliten von Polizei, Geheimdiensten, Militär, mehreren Mafiaorganisationen und Wirtschafts- und Finanzwesen aufgebaut hatte, sondern auch verdächtigt wurde, in schwarzmagischen Ritualen bis zu 30 Personen hingeschlachtet zu haben. Dieser Verdacht wurde damals in der Öffentlichkeit nur für einen sehr kurzen Zeitraum diskutiert, und dann üblichen Mafiamorden zugeordnet.

Egal, jedenfalls: sowas sind Ritualmorde, nicht der spuckespeiende Hass dummbratziger Jugendlicher. Oder die Selbstmorde ganzer Sekten, zum Beispiel des Sonnentempler-Ordens in den 90er Jahren mit 74 Toten, oder der kollektive Selbstmord der Peoples Temple mit 923 Toten in Jonestown, 1978.

Maglor
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Di 26. Mär 2013, 23:16 - Beitrag #5

P2 ist wirklich bemerkenswert, aber leider fehlen da die sexuellen Orgien sowie überhaupt und schwarzmagischen Charakter kann ich auch nicht erkennen. Das sieht eher so aus, als sei eine harmloser Geheimbund in Zeiten des Kalten Krieges durch echte Geheimdienste korrumpiert worden.
Interessanter ist da schon die amerikanische Studentenverbindung skulls and bones mit ihrem klischeehaften Spiel mit Leichenteilen.

Das Klischee der mächtigten Satanssekte mit allumfassender Verschwörung ist in der Film-Komödie "Schlappe Bullen beißen nicht" ziemlich gut parodiert.

Anaeyon
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Di 26. Mär 2013, 23:17 - Beitrag #6

@Maglors beide Fälle: Ausser der typischen Bild-Panikmache kann ich an beiden fällen nichts entdecken, was auf echten Satanismus oder auf Ritual hindeutet.

Ich bezweifle, dass man überhaupt "satanisch" töten kann, folgt man dort doch seinem freien Willen und kann sich dieses Wort folglich auch einfach sparen. Was definiert einen Ritualmord? Die meisten Täter, denen satanische Ritualmorde vorgeworfen werden, dürften nicht über ausreichend Verstand verfügen, um auch nur die Grundlagen von Ritualmagie zu begreifen.

Blut trinken kann sexy sein, ist aber sicher nicht "satanisch" (ist es nicht eher..christlich? Bild). Black Metal zu hören und Kinofilme zu schauen ebenfalls nicht. Wie sich die politische Gesinnung der Absurd-Truppe mit Satanismus kombinieren lassen soll, ist ebenfalls fraglich. Bedingungslose Führertreue und gleichzeitig bedingungsloses Befolgen des eigenen wahren Willens? Mh..

Ipsi: P2 werde ich mal ein wenig googlen. Aber..das klingt (anhand lediglich deines Beitrags bewertet) doch auch eher nach einer Ritualisierung von Morden, um sich persönlich besser davon distanzieren zu können, psychisch.
Also nach dem Prinzip "Ich schlage gerne meine Kinder, aber damit ich ein reines Gewissen habe, tue ich so, als sei dies eine Erziehungsmaßnahme".

Traitor
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Mi 27. Mär 2013, 22:09 - Beitrag #7

Sind Verschwörungstheorien über Satanisten tatsächlich so populär? Im Vergleich zu solchen über Illuminati, Christen, Juden, Unternehmen, links- oder rechtspolitischen Gruppen höre ich davon sehr selten und hätte sie als eher marginal relevant eingeschätzt.

@Anaeyon: Die Diskussion gab es hier ja schon öfter: in der Öffentlichkeit wird unter "Satanismus" im allgemeinen "Verehrung Satans" verstanden, nicht "Verwirklichung des Individuums". Zwar gibt es Schriften, die sich satanistisch nennen (meinetwegen mögen es sogar "die" satanistischen Schriften sein), denen es primär um Individualismus geht und die sich nur namentlich darauf berufen, dass Satan sich ja auch nur selbst verwirklichen wollte, aber zum einen wäre dann "Luziferismus" passender, zum anderen ist eigentlich offensichtlich, wie widersinnig es ist, gerade so eine Ideologie nach einem Vorbild zu benennen, zumal wenn mit dem Vorbild normalerweise primär andere Aspekte verbunden werden.

Anaeyon
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Mi 27. Mär 2013, 22:51 - Beitrag #8

Ich weis, was die öffentlichkeit darunter versteht. Nur warum sollte man diese Bedeutung des Wortes überhaupt verwenden, stellt sie doch nur ein Hollywood-Klischee dar. Eine Diskussion über "den" Satanismus gäbe zumindest mehr her, als über "den anderen" Bild

Maglor
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Mo 1. Apr 2013, 17:04 - Beitrag #9

Illuminaten, Juden, Freimaurer, Satanisten, Reptiloiden ... wo ist da verschwörungstheoretisch der Unterschied?

Worauf ich eigentlich anspielen wollte, ist der Zusammenhang mit der sogenannten dissoziativen Persönlichkeitsstörung.
Es treten immer wieder einzelne Menschen auf, die behaupten Opfer satanischer Vergewaltigungsriten (oder auch Entführung durch Aliens) geworden zusein. Von Verschwörungstheoretiker werden sie als Quellen und Augenzeugen an- und vorgeführt, während Kritiker eben Diagnose stellen, sie hätten sich dies alles eingebildet.

Anaeyon
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Mo 1. Apr 2013, 21:15 - Beitrag #10

Da fallen mir aber auf Anhieb noch ein paar andere Gründe ein, warum einzelne sowas behaupten würden. Wichtigtuerei, Zeitungs-Lückenfüller gegen Bezahlung, Rebellion gegen die Gesellschaft...

Maglor
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Di 2. Apr 2013, 23:24 - Beitrag #11

Allein die Gnade verhilft zum Glauben und so lange geglaubt wird, wird geglaubt.
Sehr anschaulich - gewissermaßen klischeehaft ist diese Nachricht.

"Satanisten fallen nach den Worten von Hahn nach außen hin nicht auf und verstecken sich hinter einer bürgerlichen Existenz."

Und nachts in ihren Zirkeln:
Bild

Traitor
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Sa 6. Apr 2013, 14:07 - Beitrag #12

@Anaeyon: Dieses Verständnis ist deutlich älter als Hollywood, und wie gesagt dem Wortsinn nach auch deutlich logischer. An der Diskussion über "den" fände ich vor allem interessant, warum es für viele so attraktiv zu sein scheint, ganz normale Ansichten mit einem so missverständlichen Begriff zu etikettieren...

@Maglor: Besonders faszinierend finde ich in diesem Artikel die Behauptung, es gäbe eine "demokratisch-christliche Werteordnung". Protestanten könnten sich ja noch so halbwegs aus dem eigentlich offenbaren Widerspruch herausreden, aber aus dem Munde von Katholiken...

Maglor
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Sa 6. Apr 2013, 14:50 - Beitrag #13

@Traitor
Besonders bizarr wirkt die Theorie einer kinderver- und missbrauchenden Satanistenverschwörung vor allem angesichts der Missbrauchsfälle und ihre Vertuschung innerhalb der Kirche. Eine besonderer weltanschaulicher Hintergrund ist für die Kinderschändung auch gar nicht notwendig und bei der realen Verschwörung geht es auch gar nicht um die Organisation von Orgien sondern um den Schutz altgedienter Pfaffen vor Strafverfolgung und natürlich den guten Ruf der Mutter Kirche.

Ich finde es auch gerade deshalb so bizarr, weil offensichtlich offenbar mit sehr alten Klischees gearbeitet wird, die noch immer funktionieren.
Die Topoi sind bekannt. Genau die gleichen Vorwürfe wurden früher gegen im Mittelalter auch schon gegen Hexen.
Der Ursprung liegt aber deutlich im irrationalen Bereich und richten sich aber auch gegen real existierende Personengruppen wie Ketzer, Juden, Templer usw.
Der Ursprung liegt sicherlich in der biblischen Beschreibung kanaanitischer Kulte. Die Israeliten warfen ihren Nachbarn vor ihren Götzen Kinder zu opfern, was aber nur teilweise zutrifft. Im Satanismus - real oder fiktiv - wird immer wieder auf solche orientalischen Götzen angespielt
Sehr schön und treffend finde ich die Bezeichnung "Neomythos".
Die Bildsprache einer vorgeklärten Epoche wurden im wesentlichen unverändert in die Moderne übertragen, gff. werden dem Zeitgeist entsprechend Außerirdische und ähnlich hinzugefügt.

Diese besondere Art der Einbildung funktioniert nach wie vor.
Sehr gut in die Reihe passt auch der Mythos der Tierbordelle und einer mafiösen, geheimen Sodomisten-Szene, die insbesondere von Ilse Aigner zur Begründung des neuen Tierschutzgesetzes aus der Mottenkiste zog.

Besonders spaßig finde ich auch die unterschiedliche Rezitation - auf der einer Seite durch die schwatze Szene, Black Metall etc. auf der anderen Seite durch die Mehrheitsgesellschaft und christliche Gruppen.
Beide Interpretationen beeinflussen sich gegenseitig. Besonders augenscheinlich wird der neomythische Charakter bei Gerüchten um entsprechende Rockstars, z. B. rückwärts abgespielte, geheime Botschaften, herausgenommene Rippen, Sex mit Tieren etc.
Bestes Beispiel ist natürlic Marilyn Manson, über den nicht abstrusesten Mythen existieren, die aber nur zum Teil selbst inszeniert sind.

Traitor
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Sa 6. Apr 2013, 15:25 - Beitrag #14

An sich besteht ein fundamentaler Unterschied dazwischen, ob in Kult 1 Einzelpersonen (wenn auch viele) Kinder missbrauchen, dazu aber nur Amt und Vertrauenspositionen ausnutzen, aber der Missbrauch nicht Teil der Kulthandlungen ist, oder ob in Kult 2 Kindesmissbrauch integraler Teil der Kulthandlungen ist. Wenn dann aber der Missbrauch in Kult 1 belegtermaßen großen Umfang hat und die missbräuchlichen Kulthandlungen von Kult 2 nur von Anhängern von Kult 1 behauptet werden, dann kann man wohl schon zu dem Schluss kommen, dass der theoretisch schlimmere Sachverhalt nur ein Ablenkungsmanöver sein dürfte.

Die "antisatanistische" Propaganda als Erbe der römischen Konkurrenzsituation von Frühchristentum und persischen Kulten zu deuten, hat etwas. Die noch frühere Konfliktschicht Juden vs. Restlevantiner dagegen dürfte nur noch folkloristischer Motivlieferant sein.

Maglor
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Sa 6. Apr 2013, 16:10 - Beitrag #15

Die antisatanische Propaganda im Christentum richtet sich gegen Juden und Muslime. Besonders bedeutsam ist hier die Ritualmordlegende und die Vermischung von Antisemitismus und Hexenglauben, etwa beim Wort Hexensabbat oder beim Bild der Judensau (abgebildet #11, eine Sau säugt die Juden). Auffällig ist hier hier die Umkehrung der biblischen Überlieferung. Der biblische Gott vereitelt die Opferung Isaaks und verbietet Sodomie. Im mittelalterlichen Judenbild haben die Juden die Charakterzüge treiben es die Juden wie Sodom und Gomorra und opfern Kinder wie einst dem Baal oder Moloch.
Auch interessant ist die Gestalt des Baphomet in der Templer-Verschwörungstherie, die schon im Mittelalter aufkam. Den Templern wurde also der geheime Abfall vom Christentum als Form der Ketzerei vorgworfen. Baphomet war ursprünglich eine Verbalhornung von Mahomet, denn auch den Muselmanen wurde vorgeworfen, dass sie einen geheimen Satanskult ausüben, der mit der bunten Bilderwelt alt- und neutestamentlicher Götzendienstphantasien ausgeschmückt wurde.

Traitor
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So 7. Apr 2013, 10:48 - Beitrag #16

Ja, das war und ist dann natürlich die realpolitische Übertragung auf jeweils aktuell relevantere Konkurrenzreligionen. Vokabular und Bildmaterial stammen aber großenteils aus der alten Konkurrenz mit den nicht-abrahamitischen orientalischen Kulten.

Maglor
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So 25. Aug 2013, 19:45 - Beitrag #17

ZDF neo auf der Spur der Satanisten: Wild Germany - Satanismus
Die Sendung liefert eine weitgehend unkritische Darstellung über eine geheimnisvolle Krankheit, die keine Fragen beantwortet, dafür aber am Ende für den Glauben an den wahren Satanismus ein moralisierendes Plädoyer liefert.
Man müsse doch schon aus Respekt vor den Opfer an die Existenz des Satanismus glauben.


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