Ende des Sozialstaats Deutschland ?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
8ball
 
Mi 18. Apr 2001, 20:30 - Beitrag #1

Ende des Sozialstaats Deutschland ?

Merz: Kinder bei Sozialhilfe nicht berücksichtigen

Wirtschaft drängt auf Reformen des Arbeitsmarkts

Die Union drängt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf einschneidende Korrekturen am sozialen Sicherungssystem. Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte am Mittwoch, es dürfe nicht sein, "dass Sozialhilfeempfänger für Kinder mehr Geld kassieren als Arbeitnehmer, die einen Job haben und Kindergeld bekommen". Er schlug vor, "Kinder in der Sozialhilfe nicht mehr zu berücksichtigen", um wirksame Beschäftigungsanreize zu schaffen. Forderungen nach einer grundlegenden Arbeitsmarktreform stellte auch die Wirtschaft. Der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner warnte hingegen vor eine "Entsolidarisierung" bei der Arbeitslosenversicherung.

http://www.n24.de/auto/SMS_200001261331000252.shtml?SMS2001041809020007234100000

Auch wenn es viel Text ist, bitte lesen.

Was glaubt ihr, wird das Ende des Sozialstaates eingeläutet ?
Bedenklich finde ich den Vorstoß gegen Kindergeld und Sozialhilfe für Kinder. Die Kinder können wohl am wenigsten dafür wenn die Eltern keine Arbeit haben.

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 00:17 - Beitrag #2

Er hat ja nicht unrecht, der gute Herr Merz: Es kann nicht angehen, daß man unter Umständen mehr Geld bekommt, wenn man nichts tut als wenn man arbeiten geht! Wie will man dann noch jemanden klar machen, daß sich arbeiten lohnt?

Bloß die Schlußfolgerung ist die falsche. Sozialhilfeempfänger können in der Regel nichts für ihr Schicksal. Warum sollte man sie noch zusätzlich bestrafen?

Es wird endlich Zeit, daß der Staat Familie, insbesondere kinderreiche, gesellschaftlich und finanzpolitisch so stellt, wie es im Grundgesetz vorgesehen ist: Familien stehen unter dem besonderen Schutz des Staates (Art 6)!

Nicht nur einmal hat das Bundesverfassungsgericht die Regierung (damals noch CDU/FDP) gemahnt, Familien besser zu stellen, ibs. in steuerlicher Hinsicht!

Andere Punkte des Artikels halte ich für diskussionswürdig, sie würden allerdings den Rahmen der Fragestellung in diesem Thread sprengen.

tweetygirl
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Do 19. Apr 2001, 13:12 - Beitrag #3

Ich finde auch das er gar nicht so unrecht hat. Ich merke jetzt gerade am eigenen Leibe, daß man in der Mittelschicht immer der angearschte ist, zuviel um Unterstützung zu bekommen und zu wenig um damit auszukommen. Bei uns ist das genauso die Mitte, vom Vaterstaat erhalten wir überhaupt keine Unterstützung. Uns steht nach dem ersten halben Jahr z.b. kein Erziehungsgeld mehr zu, weil die Einkommensgrenzen so niedrig angesetzt sind, daß wir voll rausfallen. Somit erhalten die sozialschwachen hier schon mal mehr Unterstützung.

Viele Sozialhilfeempfänger spekulieren doch geradzu damit, daß sie sich zu Hause einen lauen Lenz machen können, wenn sie genug Kinder in die Welt gesetzt haben.

Es stimmt zwar, daß die Kinder nichts dafür können aber die Leute die brav arbeiten und überall durch die Roste fallen auch nicht. Ich kenne mehr als einen Fall, wo genau solche Leute nämlich den Staat abzocken indem sie Kinder zeugen um das Geld zu kassieren.

ZakMcKraken
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Do 19. Apr 2001, 13:35 - Beitrag #4

Das Problem mit der Sozialhilfe ist nur, daß fast immer auch die Kinder in der Sozialhilfe landen. Ich habe da schon mehrere Fernsehberichte gesehen, wo ganze Generationen von Oma-Tochter/Sohn - Enkel von der Sozialhilfe leben.

Und gerade für jungen Leuten mit schlechtem Schulabschluss oder gar keinen und so gut wie keine Aussichten auf Arbeit ist es zu einfach in der Sozialhilfe zu bleiben.

Und wer sich in dem System gut auskennt kann unter Umständen mehr "Einkommen" erzielen als ein Facharbeiter und das halte ich auch für ungerecht.

Allerdings hier die Schuld für die Arbeitslosigkeit bei den Arbeitslosen zu suchen halte ich für einen Skandal. Nur weil man die Probleme nicht in den Griff bekommt und Herr Schröder sein Wahlkampfversprechen nicht halten kann, sind jetzt auf einmal alle Arbeitslosen gleich Drückberger und Faulenzer. Das halte ich für eine unverschämte Frechheit.

In aller Regel sind es die Arbeitgeber die Angestellt "Freisetzten" um Kosten zu sparen. Und nicht ein Dummbatziger Angestellter die für die Arbeitslosigkeit verantwortlich sind.

Oder soll sich der Arbeitslose seinen Arbeitsplatz selber schaffen ?

Eine Frechheit sowas.

grüße Zak

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 13:40 - Beitrag #5

Tweetygirl : Logisch erhalten die sozial Schwachen mehr Unterstützung als jemand der wirklich gut verdient. Das ist ja der Sinn des Systems. Reich kann damit niemand werden, und wer behauptet das man mit Sozilahilfe mehr Geld bekommt, als wenn man arbeiten würde, der lügt. So einfach ist das. Denn die Sozialhilfe stellt nun mal die unterste Stufe zum Überleben dar. Die Kinder solcher Familien trifft es besonders hart, denn sie verlieren nicht selten ihren Freundeskreis, weil sie nicht "in" sein können. Markenklamotten oder gar eine Spielkonsole und immer die neuesten Games sind wohl eher selten bei solchen Kindern zu finden. Wir unterhalten uns hier um einen Betrag von ca. 120-180 DM, damit das mal klar wird. Eine dreiköpfige Familie hat nach abzug der Miete, Strom und anderen Nebenkosten gerade einmal DM 1300 zum Leben. Davon gehen dann aber auch alle kleinen "Extras" wie Spielzeug oder mal ein Kinobesuch ab. Ich glaube nicht das das reicht um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, wie es das Sozialhilfegesetz will.

[ 19 April 2001: Beitrag editiert von: BluesBrother ]

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 13:52 - Beitrag #6

Zak : Mit Sozialhilfe mehr Geld als ein Facharbeiter ? No way ! Selbst unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten der Unterstützung (Kleidergeld, Arbeitskleidung, etc. pp) kommst Du im Monat nicht über DM 650,00 als Einzelperson oder als Ehepaar auf DM 1050,00 zuzüglich Miete mit festgelegten Wohnraum 1 Person bis 40 qm 2 Personen bis 60 qm Preis pro qm nicht über DM 9,10.
Also bitte erst mal nachrechnen und nicht immer das dumme Gewäsch der Revolverblättchen glauben. Ein Facharbeiter verdient z.Zt. im Schnitt 22 DM = 3696 DM brutto, netto Junggeselle um die 2100 DM, verheiratet um die 2900 DM.

Ich frage mich wirklich wer immer diese dusseligen Behauptungen in die Welt setzt, und warum ? Weil es leichter ist auf Menschen rumzutreten, die schon ganz Unten liegen ?

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 15:01 - Beitrag #7

Vorsicht, Blues Brother, man sollte mit Begriffen wie "Lügen" vorsichtig sein, insbesondere, wenn diese "Lügen" stimmen können!

Als Facharbeiter wird man wohl mehr Geld bekommen als wenn man Sozialhilfe bezöge. Mit ungelernten Arbeitern sieht es aber ganz anders aus, ibs. wenn man ein paar Kinder hat!

Folgendes Beispiel: Sozialhilfeempfänger mit drei Kindern, verheiratet, Kinder 15-17 Jahre alt

Der Haushaltsvorstand erhält DM 550,--, seine Frau DM 440,--, für jedes Kind gibt es DM 495,-- (Regelsätze NRW, Stand: 01.07.00). Macht insgesamt DM 2.475,--.

Nehmen wir an, die Familie hat eine vier Zimmer Wohnung (kein Luxus bei drei Kindern), die 80 m² groß ist und warm DM 1.200 kostet (die wohnen also nicht in der Großstadt, dort bekommt man solch günstige Wohnungen nicht). Da diese Kosten auch vom Sozialamt übernommen werden (müssen, man kann die Familie ja nicht aus der Wohnung rausschmeißen), käme diese Familie auf ein monatliches Einkommen von igs. DM 3.675,--. "Nebenkosten" wie Zuwendungen für defekte Waschmaschine, Bekleidung für besondere Anlässe etc. gar nicht mitgerechnet.

Ich glaube, da kommt selbst Dein Facharbeiter nicht hin. Ich kenne etliche Berufsgruppen (Landschaftsgärtner, in der Landwirtschaft tätige Personen, einige Verkäufer), die dieses Geld nicht verdienen. Wie man dann noch von "Lügen" oder schlechter Information aus "Revolverblättern" sprechen kann, entzieht sich meiner Kenntnis...

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 15:19 - Beitrag #8

Arschfurunkel : Um meine Behauptung zu widerlegen hast Du vergessen vorzurechnen was jetzt ein Berufstätiger mit gleichen Voraussetzungen für ein Einkommen hat. Nimm von mir aus einen Bauhelfer mit DM 16,00 (Mindestlohn) die Stunde. oder einen Verkäufer Gehalt Brutto DM 3800,00 (Tarif)
Bitte nicht Kindergeld, 13, 14 Monatsgehalt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Wohngeld, Lohnsteuerjahresausgleich vergessen. Ich bin gespannt.....

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 15:59 - Beitrag #9

Wo findest Du im Baugewerbe jemanden, der 14 Gehälter zahlt??? Insbesondere wenn dann noch das Urlaubsgeld hinzukommen soll???

Was der Vergleich mit dem Lohnsteuerjahresausgleich soll, weiß ich auch nicht so recht.

Auch wenn Dein soziales Engagement zu schätzen ist, brichst Du Dir nichts dabei ab, wenn Du schlicht und ergreifend zugibst, daß es problemslos sein kann, daß Sozialhilfeeempfänger mit Kindern mehr Kohle unter dem Strich zur Verfügung haben können als Arbeiter!

Diese Rechnung kann nicht nur ich Dir aufmachen, sie stand auch schon in seriösen Zeitungen wie dem "Hamburger Abendblatt".

Es ist, wie ich in meinem ersten Posting schon erwähnte, ja auch nicht das Problem der Sozialhilfe(empfänger).

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 16:12 - Beitrag #10

Arschfurunkel : Also, Du stellst die Gegenbehauptung auf, bleibst mir aber das Rechenbeispiel schuldig. Das finde ich nicht OK. Sei bitte so fair und widerlege meine Behauptung auch, wenn Du kannst. Das 14 Monatsgehalt kannst Du im Baugewerbe bei kleinen Firmen vergessen, bei den großen ist es normal. Selbstverständlich mußt Du ALLE Einkommen gegenrechnen, somit auch den Lohnsteuerjahresausgleich (Rückzahlung). Es geht ja um das Geld was Dir zur Verfügung steht. Übrigens, solltest Du wider Erwarten unter dem Sozialhilfesatz liegen, so kann die Familie selbstverständlich zum Sozialamt gehen und bekommt Unterstützung über den Regelsatz hinaus. Denn Arbeit wird vom Sozialamt belohnt. Es gibt zusätzlich einen Freibetrag, Monatskartenzuschuß und Geld für Arbeitsmittel. Pro arbeitenden sind das hier in Berlin ca. DM 180,00.

Jetzt bist Du dran.

ZakMcKraken
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Do 19. Apr 2001, 19:12 - Beitrag #11

Ich mag das jetzt nicht nachrechnen, aber ich habe mal versucht Wohngeldzuschuss zu bekommen als ich Arbeitslos war (nach 1 Jahr kriegst Du gleich = 0, weil meine Frau ja einen Job hat.) Ich hab's dann aufgegeben weil ich keine Lust hatte dieses dann meinen Vermieter bekannt zu geben. Aber egal.

Ich habe nicht gesagt das ich Sozialhilfeempfängern die Schuld gebe an ihrem Schicksal! Ich habe nur gesagt das es für Familien mit Kindern - und einem geringem Bildungsnieveau und Berufsaussichten - unter Umständen besser sein Kann von Sozialhilfe zu leben, als z.b. irgendwo putzen zu gehen.

Wenn ich nicht mehr verdienen würde als ein Sozialhilfeempfänger würde ich natürlich selbstverständlich kündigen und zum Sozialstaat wechseln. Und wenn ein Facharbeiter nicht mehr verdienen würde wäre das auch eine Frechheit. Als Single ohne Kinder hast Du natürlich nicht so viel Sozialhilfe zu erwarten. Das ist richtig.

Ich kenne aber auch privat jemanden (fam. mit 4 Kindern) Wo das Sozialamt die Zinsen für's Haus bezahlt hat (nicht die Tilgung das wäre gleich Vermögensbildung). Wenn Du Kinder hast brauchst Du Dir keine Sorgen machen da Sozialamt hilft da schon.

Nur wenn Du, wie Tewtygirl schon gesagt hat, immer grade so über den Regelsätzen liegst mit Deinen Einkommen, dann bist Du echt der gearschte. Kriegst keinen §5 Schein für die Wohnung, musst die Miete auf dem freien Wohnungsmarkt bezahlen usw.

Mich würde auch mal interessieren wieso bei Euch die Verheirateten immer mehr verdienen als die Ledigen? Mein Tarifvertrag macht da gar keinen Unterschied. Lohngruppe ist gleich Lohngruppe egal ob verheiratet oder nicht.

@BluseBrother halte mich bitte nicht für so Dumm das ich Revolverblättern glauben schenke. Die lese ich nicht.

grüße Zak

[ 19 April 2001: Beitrag editiert von: ZakMcKraken ]

tweetygirl
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Do 19. Apr 2001, 19:29 - Beitrag #12

@Bluesbrother
Ich rede nicht von den wirklich gut verdienenden sondern von der der Mittelschicht. Die wirklich gutverdienden kommen schon zu ihrem Geld. Wenn Du aber in der Grauzone bist, dann bist du eben der Dumme.
Uns wird während meines Erziehungsurlaubs auch nicht allzuviel übrig bleiben. Und bei unserem Verdienst, wird sich später auch die Änderung der Steuerklassen nicht sonderlich bemerkbar machen. Ich muß während des Erziehungsurlaubs nebenbei arbeiten gehen, weil sonst zuviel Geld wegfällt. Nach einem halben Jahr fällt eben nicht nur ein ganzes Gehalt weg, sondern auch das Erziehungsgeld.

Wenn beide Verdiener z.B. Verkäufer sind, bleibt ihnen auch nicht mehr als 1.300 zum Leben übrig, die müssen dafür aber kräftig schuften.

Der lügt nicht, sobald Du Kinder hast lebst du bei der Sozialhilfe wie die Made im Speck.

Ich kenne bereits 2 Fälle aus engster Umgebung, die mit 2 Kindern beide von Sozialhilfe leben, 2 Autos fahren, Daddy die dicke Kohle rüberschiebt, beide sind zu faul zum Arbeiten und leben auf Kosten von Vater Staat. Und erzählen auch noch stolz, daß sie doch schön blöd wären arbeiten zu gehen.

Im zweiten Fall ist das Paar einfach getrennt gemeldet und nicht verheiratet und zockt dadurch richtig ab.

Die Sache mit dem Markenwahn finde ich albern, da ich meinem Kind hundertprozentig nicht nur Markenklamotten kaufen werden, damit es in ist. Irgendwo muß man ja auch die Wertgrenzen festlegen. Meine Eltern haben das bei mir auch nicht gemacht und ich bin auch so gut durchs Leben gekommen.

Man sollte einfach mehr dafür tun, daß solche schwarzen Schafe nicht mehr damit durchkommen und die anderen Sozialfälle, die es wirklich nötig haben, weil sie aus unverschuldeten Gründen in diese Richtung abgerutscht sind, besser unterstützt werden. Leider verderben solche schwarzen Schafe oft die Meinung über eine ganze Schicht.

[ 19 April 2001: Beitrag editiert von: tweetygirl ]

tweetygirl
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Do 19. Apr 2001, 19:50 - Beitrag #13

[quote]Original erstellt von ZakMcKraken:

Mich würde auch mal interessieren wieso bei Euch die Verheirateten immer mehr verdienen als die Ledigen? Mein Tarifvertrag macht da gar keinen Unterschied. Lohngruppe ist gleich Lohngruppe egal ob verheiratet oder nicht.

Das würde mich auch mal interessieren, bei uns hat die Eheschließung nicht eine müde Mark ausgemacht. Bei einer Einteilung der Steuerklasse 5 zu 3 hätten wir genau DM 100 mehr insgesamt gehabt, evtl. aber bei der Steuererklärung noch draufzahlen müssen. Von der Steuer haben wir genau DM 600 wiederbekommen (die ja nicht nur für die Heirat zurückgezahlt wurden), das durch 12 geteilt macht genau DM 50 monatlich echt klasse oder, voll der Reichtum und mehr Gehalt habe ich von meinem Chef deshalb auch nicht gekriegt.

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 20:38 - Beitrag #14

So, Blues Brother, bevor gleich die dicke Rechnung kommt <IMG SRC="smilies/wink.gif" border="0"> , etwas grundsätzliches: Den Lohnsteuerjahresausgleich kann man nicht hinzuziehen, da die Werte bei jedem anders ausfallen. In niedrigen Lohngruppen zahlt man ohnehin nicht viel Steuern, wenn man das Pech hat, nichts absetzen zu können, weil man die 10 Minuten zur Arbeit zu Fuß geht, fallen auch die werbungskosten relativ flach.

Selbstverständlich hat man bei geringem Einkommen Recht auf Wohngeld und Sozialhilfe. Aber das sind auch staatliche Leistungen, die gerade die These stützen, daß es sich gerade für niedrige Einkommensempfänger mit mehreren Kindern nicht lohnt, arbeiten zu gehen, weil sie alleine durch Sozialhilfe mehr erzielen als durch Arbeit (+ Wohngeld und/oder Sozialhilfe).

PS.: Wieso bin ich eigentlich einen Nachweis schuldig? Ich habe keine Behauptung als "Lüge" bezeichnet oder als Meinungen aus "Revolverblättern".

[ 19 April 2001: Beitrag editiert von: Arschfurunkel ]

ZakMcKraken
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Do 19. Apr 2001, 20:53 - Beitrag #15

@BluesBrother: Bei Deiner Sozialhilferechnung hast Du schlicht die Regelsätze für Kinder vergessen. Wenn jemand 4 oder 5 Kinder hat + Sozialhilfe, + Miete für die Wohnung usw. usw. Kommt da ein Normalverdiener auch nicht besser weg. Und genau das meint Herr Merz!

Ein Facharbeiter verdient auch nicht mehr nur weil er 5 Kinder in die Welt gesetzt hat. Nur die Lohnsteuer zahlt er nicht.

Ich hatte bei mir in der Umschulung eine junge Frau sitzten die von Sozialhilfe "gelebt" hat, der Freund Werbegrafiker mit Verdienst von DM 7000,-- im Monat war. Die war auch noch Stolz
darauf das sie den Staat so abgezockt hat. So etwas Kotzt mich einfach an und es wird den Leuten einfach zu leicht gemacht.

grüße Zak

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 21:10 - Beitrag #16

Zak : Wenn Du mit Deiner Frau über dem Regelsatz liegst obwohl "nur" Deine Frau arbeitet, dann beweist das aber auch das der Sozialhilfeempfänger weniger bekommt, denn er liegt unter dem Regelsatz. Wie gesagt, es ist unmöglich als Arbeitnehmer unter dem Niveau eines Sozialhilfeempfängers zu liegen, weil Du als Arbeitnehmer, der zu wenig verdient um leben zu können, Anspruch auf Unterstützung hast und einen Freibetrag von ca. 180,00 DM dazu bekommst. Wer Du magst, kannst Du das ganz einfach nachrechnen, es stimmt wirklich. Natürlich bezahlt das Sozialamt auch die Zinsen, denn das ist billiger als wenn das Sozialamt Umzug und Miete für eine große Wohnung bezahlen müßte. Ich glaube schon das sich genug Familien sorgen machen, wenn sie von der Sozialhilfe leben müssen.

Wenn Du knapp über dem Regelsatz liegst, ist das sicher ärgerlich, aber es muß eben eine Grenze gezogen werden. Als Ehepaar habt ihr in jedem Fall schon mal einen höheren Steuerfreibetrag, nämlich 12.000 DM statt 6.000 DM. Wenn Du so knapp am Regelsatz liegen solltest, macht das dadurch bemerkbar das Du keine Steuer mehr zahlst.

Ich halte Dich natürlich nicht für dumm. Es spricht für Dich wenn Du diese Zeitungen meidest. Nur sollte man wirklich selbst nachrechnen und auch die Bestimmungen kennen, wenn man die Position bezieht, daß Sozialhilfeempfänger mehr Geld haben, als einige die arbeiten gehen. Das Du Dir aber mehr Gedanken zu diesem Thema gemacht hast, und nicht einfach die Schuld auf die Betroffenen schiebst, kommt selten genug vor. Denn in der Tat sind die meisten Sozialhilfeempfänger wohl eher Opfer denn Täter, aber es ist eben immer leichter jemanden die Schuld zuzuweisen, der sich nicht mehr wehren kann. Ich denke auch das wir ein großes Problem mit Sozialhilfebetrug haben. Dieser findet aber eher organisiert statt, hauptsächlich mit Mehrfachmeldung mit falschen Papieren.

Tweetygirl : Also die "Grauzone" liegt so bei ca 2.500,00 netto. Das ist zwar eng, aber es reicht. Wenn das Kind dann da ist, gibts ja auch noch ein paar Mark Kindergeld. Wenn Du zwei Verkäufer als Maßstab nehmen möchtest, die kommen locker auf 4.500,00 - 5.000,00 netto. Das ist ein bischen mehr als die "Grauzone".

Also das Sozialhilfeempfänger mit Kindern wie die Made im Speck leben, möchte ich nicht nur stark bezweifeln, sondern auch mit Nachdruck zurückweisen. 1.300,00 DM für 3 Personen, das ist kein Speck, das ist Wasser und Brot. Keine Extras, nix Kino, Essen gehen, Freunde einladen, Im Sommer Baden gehen, Kinder und Sozialhilfe bedeutet auch nie Urlaub wie andere Kinder ihn kennen. Das Sozialamt bezahlt zwar einen kleinen Urlaub, aber nur ein Elternteil darf mit.

Was Deine Bekannten so treiben, ist Sozialbetrug und strafbar. Du solltest Anzeige erstatten, damit diesen Leuten das Geld gesprerrt wird und wirklich Bedürftige nicht immer wieder wegen solcher Typen defamiert werden, wie Du ja selber schreibst.

Ich kann wirklich nur jedem den guten Rat geben erst einmal nachzurechnen. Das Sozialsystem ist keine "Hängematte", wie sie gerne genannt wird, eher ein Nagelbrett. Es hilft zu überleben, mehr nicht. Wer noch ein paar Meter Beispiele haben möchte, nur zu.

An alle : Bevor ich einen Schreibkrampf bekomme, noch einmal ganz simpel für jeden zu verstehen :

Wenn jemand weniger als den Regelsatz verdient, bekommt er Soizialhilfe UND einen Freibetrag von ca. DM 180,00. Er hat somit IMMER 180,00 DM mehr, als ein Sozialhilfeempfänger, der nicht arbeitet.

Grundsätzlich ist das Problem nicht die "hohe" Sozialhilfe, sondern es liegt wohl eher an den zu schlecht bezahlten Jobs.

Nicht das man mich hier falsch versteht, ich bin mir der Problematik bewußt, aber es kann nicht angehen das es immer nur die Schwächsten trifft. Mißbrauch muß verfolgt werden, aber hier wird wieder mal wunderbar pauschalisiert. Übrigens, faulen Sozialhilfeempfängern kann man ganz hübsch Beine machen, die Möglichkeiten hierzu werden nur so gut wie nie von den Sachbearbeiten genutzt, weil mit zuviel Arbeit verbunden.

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 21:11 - Beitrag #17

So, die Rechnung: ein ungelernter Gebäudereiniger (verh., Alleinverdiener, drei Kinder zwischen 15-17 Jahre, 37 Jahre alt, Rest siehe oben bei dem Sozialhilfeempfänger) bekommt DM 14,62 pro Stunde brutto. Bei einer 39-Stunden-Woche und 170 Arbeitsstunden pro Monat sind das DM 2.485,50. Hinzu kommen DM 900 Urlaubsgeld und DM 1.170 einmalige jährl. Sonderzahlung. Also Jahresbrutto 31.896 DM oder "Gesamtmonatsbrutto" DM 2.658,--. Das dürften ca. DM 2.200 netto sein.
Hinzu kommt Kindergeld (für's erste und zweite DM 270, fürs dritte DM 300, richtig?) in Höhe von DM 840 p.M., also Monatsnetto DM 3.040 und somit DM 635 weniger als der Sozialhilfeempfänger.

Ich habe mir erlaubt, das Zahlenmaterial aus einem Artikel im "Hamburger Abendblatt" zu entnehmen. Der ganze Artikel steht unter www.abendblatt.de/contents/ha/news/wirtschaft/html/111100/1911AUFFO.HTM

[ 19 April 2001: Beitrag editiert von: Arschfurunkel ]

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 21:36 - Beitrag #18

Arschfurunkel : Genau 635,00 zu wenig aber dann geht er zum Sozialamt und bekommt : 400,00 Wohngeld, 235,00 Sozialhilfe und 180,00 Freibetrag.

Arschfurunkel
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Do 19. Apr 2001, 21:47 - Beitrag #19

Bist ein kleiner Rechthaber oder?

1. Machen DM 180,-- den großen Unterschied???
2. Wenn man die Wahl hat, für das gleiche Geld schuften zu gehen oder es sein zu lassen und von Sozialhilfe zu leben, was macht man dann wohl???

8ball
 
Do 19. Apr 2001, 21:50 - Beitrag #20

Arschfurunkel : Aber es sind 180,00 DM mehr. Darum ging es und um nichts anderes. Übrigens, ich würde für 180,00 DM mehr arbeiten, Du nicht ?

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