Mensch-Affen-Hybriden

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
janw
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Do 24. Mai 2007, 01:10 - Beitrag #61

Zitat von Lykurg:Übrigens habe ich generell nichts gegen die kommerzielle Nutzung derartiger Forschungsergebnisse, wenn sie ohne das Kapital, das Engagement, Risikobewußtsein etc. derjenigen, die sie später nutzen wollen, gar nicht erst zustandekämen.

Zu einem neuen thread fehlt mir gerade die Zeit, deshalb hier nur kurz:
Die Sache wäre IMHO aus zweierlei Gründen hakelig:
- Das Interesse an der Kapitalrendite würde möglicherweise verhindern, nach anderen Wegen der Stammzellgewinnung zu suchen, es wäre damit das Tor offen zur ständig wachsenden industriellen "Produktion" von Embryonen allein zum Zweck kommerzieller Verwertung (wobei ich befüchte, daß die heute im Mittelpunkt des Interesses stehenden medizinisch-curativen Anwendungen sehr schnell von "Wellness-orientierten" Modeanwendungen mengenmäßig überlagert werden würden).
- In gewisser Weise handelt es sich bei den Stammzellen um Organe, und Organe dürfen in Deutschland (und wo noch?) nicht gehandelt werden.
Hier wäre eine Aufweichung dieses Prinzips zu befürchten.

Lykurg
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Fr 25. Mai 2007, 00:57 - Beitrag #62

Tatsächlich kommen wir vom ursprünglichen Thema ab. Gelegentlich wäre eine Spaltung hilfreich.
- Das Interesse an der Kapitalrendite würde möglicherweise verhindern, nach anderen Wegen der Stammzellgewinnung zu suchen,
Ich könnte mir ebensogut vorstellen, daß Unterfinanzierung der wirklich interessanten Forschungszweige aufgrund einer willkürlichen Geldervergabe durch völlig verkalkte und überforderte Amstsschimmel die "anderen Wege" verhindert; so etwas ähnliches hattest du ja zuvor gemutmaßt (wenn auch auf rechtlichem Wege, aber das gibt sich nicht viel).
es wäre damit das Tor offen zur ständig wachsenden industriellen "Produktion" von Embryonen allein zum Zweck kommerzieller Verwertung
Es werden zu anderen medizinischen und nichtmedizinischen Zwecken fortwährend Embryonen "produziert", deren Entsorgung mE ein ethisches Problem darstellt. Außerdem würde ich selbst diese Entstehung eines Produktionszweiges, so es dazu käme, nicht für die schlimmste aller denkbaren Lösungen halten, sie böte Menschen Chancen zum Broterwerb. Sind Samenspenden (und -banken) grundsätzlich verwerflich?
(wobei ich befüchte, daß die heute im Mittelpunkt des Interesses stehenden medizinisch-curativen Anwendungen sehr schnell von "Wellness-orientierten" Modeanwendungen mengenmäßig überlagert werden würden).
Solange das die Erkenntnisse fördert, die Forschung nicht behindert, die Leute damit glücklich werden und den Hilfsbedürftigen geholfen werden kann, könnte ich - auch in Anbetracht des Einflusses von "Wellness" auf die tatsächliche Gesundheit - auch mit einer solchen Anwendung recht gut leben. Eine Frischzellenkur ist in vielen Fällen ja auch sehr viel mehr als eine Modeanwendung...
- In gewisser Weise handelt es sich bei den Stammzellen um Organe, und Organe dürfen in Deutschland (und wo noch?) nicht gehandelt werden.
Hier wäre eine Aufweichung dieses Prinzips zu befürchten.
Was natürlich tatsächlich seine Gründe hat angesichts der Möglichkeit, daß Menschen überfallen und ihrer Organe beraubt werden könnten. Aber genau das geschieht ja bereits heutzutage in Europa - Organschmuggler jedenfalls hätten, wenn stattdessen ein zweifelsfreier Nachweis des Spenderwillens bei jeder Transplantation gegeben wäre, weniger Renditeerwartungen. Die Möglichkeit, etwa eine Leberzipfel-, Nieren-, Knochenmark-, Haut- etcspende angemessen vergütet zu bekommen, würde jedenfalls das Angebot an Spenderorganen steigern.

So oder so halte ich es für unbedenklicher, embryonale Stammzellen zur Heilung oder Heranbildung einsetzungsfähiger Organe zu verwenden, als Chimären zu zeugen, um ein Ersatzteillager greifbar zu haben. Aber wenn der Gesetzgeber das anders sieht...^^

Maglor
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Fr 25. Mai 2007, 21:31 - Beitrag #63

Eine weitere interessante Methode der Vermischung von Affen und Menschen wäre es doch, Schimpansen als Leihmütter für Menschen und Menschen als Leihmütter für Schimpansen zu nutzen. Eine menschlichen Frau könnte also ein Affenkind gebären und umgekehrt. :crazy:

e-noon
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Fr 25. Mai 2007, 21:41 - Beitrag #64

Ich weiß nicht, ob das so gut wäre... für die Affen, meine ich, wir Menschen ernähren uns oft so ungesund... :D
Nein, ich denke, wenn einer Art das Austragen eines Babys der anderen Art (Gattung, Spezies, wai) aufgedrückt wird, dann werden das wohl die Affen sein, nur wenige Menschenfrauen werden sich für die Forschung derart aufopfern (ich zumindest nicht...). Außerdem wäre das keine große Vermischung, oder? ^^
Geht das überhaupt?

Maglor
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Fr 25. Mai 2007, 21:55 - Beitrag #65

Rein technisch müsste es doch kein Problem sein. Es ist ja auch kann größeres Problem, wenn Mutter und Kinder einen unterschiedlichen Rhesusfaktor haben. Warum also nicht gleich einen Rhesusaffe austragen? :crazy:
Ein hohes Risiko von Fehlgeburten etc ist aber, denke ich wahrscheinlich.
Manche südamerikanischen Waldindianerinnen haben ihre Äffchen bereits so lieb gewonnen, dass sie ihnen wie den eigenen Säuglingen die Brust geben. Wer einen Affe stillt, wird auch bereit sein ihn auszutragen! :D

janw
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Fr 25. Mai 2007, 22:25 - Beitrag #66

Wie weit das biologisch gehen würde - gute Frage. Denkbar wären Probleme bei der Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut aufgrund von Immun-Abstoßung, ebenso vielleicht Probleme mit dem Blutkontakt.
Das mal beseite gelassen, würde ich das Austragen durch Affen für gefährlich halten, weil ein nicht ganz "affenkonform" sich verhaltendes Junges leicht unter die Räder kommen könnte - es könnte nicht beachtet werden, nicht an die Zitzen der Mutter gelangen, der Mutter nicht folgen können oder vom Führer des Rudels als offensichtlich nicht ganz passender Nachwuchs getötet werden. Letzteres passiert bei Gorillas und Schimpansen nicht selten, wenn ein neues Männchen die Führung übernimmt.

Lykurg
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Fr 25. Mai 2007, 23:50 - Beitrag #67

Nun, für die Nutzanwendung würde es ja schon völlig reichen, das Kind von einem Affen austragen zu lassen, es dann aber direkt nach der Geburt der Leihmutter wegzunehmen - sinnvoll etwa, wenn die leibliche Mutter physisch nicht in der Lage ist, das Kind auszutragen, etwa, weil sie zu männlich dafür ist - eine entkernte Körperzelle als Ersatzeizelle angenommen; aber auch im Falle körperlicher Schwäche, Unfalltod, schwerer Krankheit etc.

Stimmt es, daß Ärzte manchmal vor der bitteren Entscheidung stehen, ob sie der Mutter oder dem Kind größere Chancen einräumen? In solchen Fällen könnte das "risikolose" Einspringen einer Affenmutter wenigstens eine Chance bieten.

bishop
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Mi 30. Mai 2007, 22:14 - Beitrag #68

ich möchte mal auf die ursprüngliche Fragestellung eingehen, die lautet iirc "gibt/gab es mensch/affen kreuzungen, wenn nein, warum?"

Ich würde sagen, dass es solche Kreuzungen nicht gibt, und auch nicht geben kann bei unserem derzeitigen technologischen Stand
Der grund dafür ist nicht die genetische ungleichheit, sondern vielmehr der technische Aspekt einer Befruchtung bzw dem Austragen.
Gehen wir also von dem befruchtungszeitpunkt aus, bei dem sich also ein spermium mit einer Eizelle vereinigen möchte. Dazu dringt das Spermium in die Eizelle ein, um dann seine dna hereinzuschleusen. Und schon hier sehe ich das erste Problem, denn das Spermium muss quasi den Zutritt gestattet bekommen, das geschieht mittels chemischer botenstoffe etc. Und ich bezweifle, dass eine menschliche Eizelle korrekt auf ein affiges Spermium reagieren würde, und andersherum. Ich denke hier insbesondere an Enzyme, die wirklich nur unter bestimmten Umständen eine Reaktion ermöglichen nach dem Schlüssel/schloss prinzip.

Und selbst wenn dieses Hindernis (buchstäblich^^) überwunden würde, kann man nicht voraussehen was geschehen würde. Der Link auf Seite 3 suggeriert, dass zumindest die Briten erste Anläufe zu einem Hybriden anstellen. Jedoch denke ich, dass die Begrenzung auf zwei Wochen eher praktische Gründe hat. Die Forscher haben nur ein Interesse an den Stammzellen, wir wollen hier aber ein komplettes Lebewesen. Eine intakte Zelle mit einem intakten Zellkern (auch wenn er fremd ist) wird leben und sich auch teilen. Allerdings wird dabei nicht mehr als ein unförmiger Zellhaufen entstehen, der für die Briten ganz toll ist (weil es samt und sonders Stammzellen sind) für uns aber völlig uninteressant sein dürfte, weil diese Zellen sich aufgrund fehlender/falscher Information nicht organisieren werden. Und selbst wenn sie das täten, würde dieser Fötus nicht lebensfähig sein, weil er sich mit dem Mutterkuchen verständigen müsste, und das wird er sehr sicher nicht tun, weil die botenstoffe andere wären, bzw ich glaube nichtmal, dass dieser Fötus nicht sofort von der Immunabwehr abgestoßen werden würde, wäre er doch zur Hälfte nichtmenschlich. Und wir vergessen nicht, dass es eben doch problematisch sein kann, wenn die Mutter eine andere Blutgruppe als das Kind hat und das Kind da schon mal von der Immunabwehr angegriffen wird.

Das bedeutet also, dass man diesen Zellhaufen künstlich ernähren müsste und zwar auch über den Zeitpunkt hinaus, da er aufhört Zellhaufen zu sein und die Zellen sich anfangen zu spezialisieren, und das schaffen wir heute nicht, sonst bräuchte man keine Leihmütter.

Zusammengefasst müsste es Verständigungsprobleme geben schon bei der Befruchtung, dann müssten sich die Gene insoweit verstehen, dass sie eine Ausdifferenzierung der Stammzellen einleiten und nicht ein planloses Zellteilen zelebrieren und dann müsste man dieses Wesen auch noch ernähren können, bis es geboren werden kann.

Ipsissimus
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Do 31. Mai 2007, 15:48 - Beitrag #69

deine Argumentation klingt plausibel, Bishop, aber sie müßte dann im Prinzip auch bei Maultieren und -eseln und allen sonstigen natürlichen Hybriden gelten. Es gibt aber Hybride, also scheinen diese Probleme prinzipiell überwindbar zu sein

bishop
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Do 31. Mai 2007, 17:38 - Beitrag #70

nya pferd und zebra können miteinander, da sie die selbe Art sind, Mensch und Affe sind dagegen zwei verschiedene.
Meiner Argumentation zufolge sollte sich ein Mensch also durchaus erfolgreich mit einem Homo Neanderthalensis paaren können, aber bei jedem primaten scheitern.

janw
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Do 31. Mai 2007, 21:16 - Beitrag #71

Zitat von bishop:Ich würde sagen, dass es solche Kreuzungen nicht gibt, und auch nicht geben kann bei unserem derzeitigen technologischen Stand
Der grund dafür ist nicht die genetische ungleichheit, sondern vielmehr der technische Aspekt einer Befruchtung bzw dem Austragen.
Gehen wir also von dem befruchtungszeitpunkt aus, bei dem sich also ein spermium mit einer Eizelle vereinigen möchte. Dazu dringt das Spermium in die Eizelle ein, um dann seine dna hereinzuschleusen. Und schon hier sehe ich das erste Problem, denn das Spermium muss quasi den Zutritt gestattet bekommen, das geschieht mittels chemischer botenstoffe etc. Und ich bezweifle, dass eine menschliche Eizelle korrekt auf ein affiges Spermium reagieren würde, und andersherum. Ich denke hier insbesondere an Enzyme, die wirklich nur unter bestimmten Umständen eine Reaktion ermöglichen nach dem Schlüssel/schloss prinzip.

Nun, man kann dies postulieren, wie auch das Gegenteil...

Die Ähnlichkeit zwischen Mensch und Schimpanse ist so groß, daß eine Vereinigung der Keimzellen gelingen dürfte, auch eine Einbettung in mindestens eine Gebärmutter der beiden Arten.
Die Hürde für die biologische Artgleichheit liegt bei der Fruchtbarkeit der Nachkommen - eben diese ist bei den Pferd-Esel-Kreuzungen nicht voll gegeben, weshalb es sich um getrennte Arten handelt.

Das Problem ist aber, daß bei vielen Arten im Pflanzenreich diese Fruchtbarkeit der Nachkommen recht relativ ist, ausgedrückt in Anteilen an der Gesamt-Nachkommenschaft. Soll heißen:
Art A x A -> 1000 Samen, 80% keimfähig, überlebende Nachkommen 20% der Keimlinge, zu 100 % fertil

Art A x B -> 650 Samen, 50% keimfähig, überlebende Nachkommen 40 % der Keimlinge, zu 5 % fertil, 45 % teilsteril und 50 % steril.

Die Fruchtbarkeit der Nachkommen ist also in weiten Bereichen schwankend, und durch Teilsterilität tragen zahlreiche Hybridexemplare immerhin noch als Pollenspender oder mit einer fruchtbaren Narbe zum Populationserhalt bei - wobei die Hybridexemplare nicht selten konstitutionell fitter sind als die Exemplare der reinen Art.
Bei einigen Orchideen-Arten kommen sogar fruchtbare Mehrgattungshybriden vor, was ebenfalls die Schwierigkeit der Sache illustriert.

Letztlich, um auf die Mensch-Primaten-Geschichte zurück zu kommen, zeigt die Diskussion IMHO vor allem exemplarisch, wie weit sich ernst nehmende Wissenschaftler immer wieder von dem Anspruch an Unbeeinflusstheit von öffentlicher Meinung und anerzogenen Affekten entfernen. Für viele darf es scheinbar nicht sein, daß zwei so eng verwandte Arten wie Mensch und Schimpanse einer Gattung zugerechnet werden.

Ipsissimus
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Mo 8. Jun 2009, 14:29 - Beitrag #72

Plädoyer für den ultimativen Tabubruch

das Thema scheint zu interessieren^^

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,614357,00.html

Die Kreuzung von Mensch und Tier - das ist der Tabubruch, den noch niemand wagt, auch wenn Forscher schon an Chimären aus menschlichen und tierischen Zellen arbeiten. Der Biologe Richard Dawkins plädiert dafür, sich schon einmal mit dem Gedanken anzufreunden.

e-noon
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Mo 8. Jun 2009, 17:27 - Beitrag #73

Joa... diese "4 Dinge, die alles ändern würden" sind ja im Prinzip maximal zwei...
1. Urmenschen finden (sehr unwahrscheinlich)
2. Irgendwie Mensch und Affen kreuzen, sodass ein Mischwesen entsteht.

Wieder ein Thema, dass die Menschen noch in 1000 Jahren überfordern wird... ^^

Maglor
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Mo 8. Jun 2009, 21:57 - Beitrag #74

Vor kaum mehr als Hundert Jahren behauptete der avantgardistische Biologie Ernst Haeckel, im Übrigen Begründer des Neodrawinismus, der sogenannte "Neger stehe Gorilla und Schimpanse näher als "weißen" Menschen.
Die niedersten Menschen [Austral, Afroneger, Tasmanier] stehen offenbar den höchsten Affen [Gorilla, Schimpanse, Orang] viel näher, als dem höchsten Menschen.

Mit dieser These eckte Haeckel keineswegs bei seien Zeitgenossen keineswegs an, entsprach er doch damit dem Zeitgeist des Kolonialismus. Unerhört war nur die These auch die Europäer würden vom Affen abstammen.
Die Möglichkeit von Mischlingen war bekannt.

Anbei eine Illustration zu Haeckels Werk:

janw
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Di 9. Jun 2009, 01:20 - Beitrag #75

Der Bericht stellt offenbar eine irreführende Übersetzung der Antwort auf eine Frage dar, die von der Zeitung "Edge" an Dawkins gerichtet wurde - "Was wird alles verändern?".
Dawkins hat in meinen Augen recht damit, daß die Schaffung von Mischwesen aus Mensch und Menschenaffen sehr kontrovers diskutiert würde und viele Menschen an ihre individuellen ethischen Grenzen führen würde, ob die Durchführung derartiger Experimente wirklich an den ethischen Überzeugungen etwas ändern würde, ist für mich jedoch eher zweifelhaft.
Für mich bleibt allerdings unklar, auf welche Technik Dawkins sich denn vorrangig bezieht, teils spricht er von Hybriden, teils von Chimären, was genetisch jedoch ein himmelweiter Unterschied ist.
Die Frage, wie weit die Grenzziehung Mensch/Menschenaffen gerechtfertigt ist, ließe sich nur durch Kreuzungsversuche bearbeiten, hier könnte festgestellt werden, ob Mensch und Schimpanse, Gorilla, Bonobo oder Orang Utan mit einander fruchtbare Nachkommen zeugen könnten oder nicht. Im positiven Falle wären dann die betreffenden Arten zu einer Art zusammen zu fassen. Das würde sicher nicht ungeteilte Zustimmung in der Öffentlichkeit finden.
Es gibt allerdings schon jetzt Biologen, die allein aufgrund der extremen genetischen Ähnlichkeit und der Ähnlichkeit in wesentlichen Hirnleistungsbereichen eine Zusammenfassung zumindest von Schimpanse und Mensch befürworten.
Die Frage ist für mich nur, was würde es bringen?
Wenn wir es schon jetzt nicht schaffen, die indigenen Völker der Wälder zu schützen, würde dies bei den Menschenaffen plötzlich erleichtert?

Das wesentliche Problem solcher Experimente liegt, neben der Gefahr, daß die Methode zur systematischen Erzeugung menschenartiger Wesen mißbraucht werden könnte, denen dann zielgerichtet das normative Menschsein abgesprochen würde, für mich vor allem in der Frage, wie denn mit den Ergebnisssen derartiger Versuche umgegangen werden sollte.
Gesetzt den Fall, es funktioniert, wie soll das Leben dieses Wesens ausgestaltet werden, das sicher hinreichend unterschiedlich von Schimpansen sein wird, um nicht mit diesen leben zu können, und gleiches auf Menschen bezogen?

Maglor
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Di 9. Jun 2009, 21:02 - Beitrag #76

Das Journaille von Biologie nichts versteht ist doch im Grunde selbstverständlich.
Ein interessantes Detail ist, dass Schimpansen und Bonobos mit dem Menschen näher verwandt sind als mit Gorillas und Orang-Utans.

Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass es zahlreiche Präzedenzfälle gibt!
Deshalb gehe davon aus, dass sich eben nach der Erschaffung von menschlichen Hybriden, Schimären etc. nicht alles ändern würde.
Im 5. Jahrhundert vor Christus prachte der kathargische Seefahrer Hanno die Felle von drei wilden Frauen, die Gorillai genannt wurden. Ob es sich bei diesen ersten Gorillas der Geschichte aber um Schimpansen, Gorillas oder Homo sapiens gehandelt hat, ist heute nicht mehr zu klären. Diese Entdeckung einer Art Missing Link war zwar so kurios, dass sie überliefert wurde, ändert aber nichts grundsätzliches am Menschebild der Katharger.
Im Jahr 1517 verbot die Katholische Kirche mit der päpstlichen Bulle Sublimus Dei offiziell die Versklavung der Indianer und begründete dies damit, dass Indianer doch auch Menschen sind und eine Seele haben und widersprach damit dem Zeitgeist. Praktisch änderte dies aber nur das Verhältnis der Kirche zu den Indianern.
Der ultimative Präzedenzfall ist aber der Minotaurus. Poseidons verfluchte die die Frau des Königs Minos von Kreta, dass sie sich in einen Stier verguckte und mit . Sie beauftragte daher Dädalos eine hölzerne Kuh zu bauen um den Stier zu überlisten. Die Königin versteckte sich in der Holzkuh und wurde nun vom Stier begattet. Aus dieser Verbindung ging der Minotaurus hervor. :crazy:
Die Existenz von Schimären, Tiermenschen und Wilden Männern wird im christlichen Abendland erst seit wenigen Jahrhunderten abgelehnt und kategorisch verneint. Dafür sorgte nicht die christliche Lehre sodern die Aufklärung.

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Mi 10. Jun 2009, 14:29 - Beitrag #77

das Anliegen von Sublimus dei war aber nicht Menschenfreundlichkeit, sondern der schlichte Umstand, dass die Indianer in den Minen schneller krepierten, als sie ausgebeutet werden konnten und daher schnellstmöglich was Widerstandsfähigeres her musste. Bezeichnenderweise kam die Bulle auch erst, als für die übergroße Mehrheit der Indianer längst alles zu spät war. Die päpstliche Billigung für die Verwendung der Neger als neue Maschinen in den Minen war dann auch nur Formsache. (und ganz nebenbei: welchen Bezug hat das zum Thema Schimären?)

Bzgl. Monotaurus wäre festzustellen, dass die Leute, welche solche Geschichten ausgedacht und später niedergeschrieben haben, kaum eine Ahnung von Genetik hatten. Damals wurde Artemis noch aus dem Kopf von Zeus geboren, Leda trieb es mit dem Schwan und vieles andere mehr. Es ist kaum anzunehmen, dass unter diesem Vorzeichen die Verbindung eines Menschen mit einem Tier überhaupt Thema war, zumal im Fall Minotaurus die Verbindung ja durch Hypnose zustande kam.

In der Bibel steht ganz klipp und klar, dass der Beischlaf mit Tieren Scheiße ist und mit dem Tod bestraft werden muss. Das ist auch offizielles Kirchenrecht von Anfang an gewesen, wobei das mit der Todesstrafe heute nicht mehr praktiziert wird. Es ist aber immer noch eine Todsünde. Dies - und das erscheint mir wesentlich - ist eine moralische Position. Die Aufklärung hatte zur Sodomie zunächst mal gar keine eigene moralische Meinung; die in Folge der Aufklärung aufblühenden Wissenschaften lieferten dann nur irgendwann die wissenschaftlichen Grundlagen der Genetik, welche klar machten, warum Geschichten wie die vom Minotaurus so nicht stattgefunden haben konnten. Das hat mit "Ablehnung der Existenz" nun mal absolut gar nichts zu tun.

Der Spuk von der Krone der Schöpfung steckt größtenteils in religiösen Menschen; viele Wissenschaftler haben da eine deutlich entspanntere Haltung.

janw
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Mi 10. Jun 2009, 15:07 - Beitrag #78

Ipsi, wenn wir mal diesen ganzen Mensch-höher-als-Tier-Kram weglassen, den Menschen als das Tier sehen, das er ist, wie könnte ein handhabbares ethisches System auf der Grundlage aussehen? Wie könnte eine neue Begründung der Menschenrechte lauten, wäre ihr Geltungsbereich auszuweiten, und wie weit?
Ich könnte mir vorstellen, daß eine Begründung auf das "wir" gegenüber "den anderen" hinauslaufen würde, also Erweiterung des Clanrechtssystems auf den Metaclan.
Ist Achtsamkeit nicht auch eine religiöse Kategorie, wie könnte da eine nichtreligiöse Fundamentierung aussehen? Sicher, Spiritualität...wäre das nicht gewissermaßen ein dritter Weg? Mir kommt es so vor, daß Dawkins et al. auch beim Thema Spiritualität Kruzi...äh, Reagenzgläser schwingen würden.

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Mi 10. Jun 2009, 15:29 - Beitrag #79

Ich würde zum Beispiel Schimpansen und andere (Menschen-) Affen nicht töten oder foltern wollen, und verhungern lassen auch nicht. Menschenrechte wären jedoch schwierig und in vielen Fällen nicht durchsetzbar, in anderen wäre ihre Umsetzung nicht artgerecht: Recht auf Bildung? Wie durchsetzen? Recht auf freie Wahl des Ehegatten? Es gibt keine Ehe für Affen, und freie Partnerwahl auch nur fürs Alphamännchen und ein paar gestohlene Schäferstündchen für die anderen (Bonobos bilden da die löbliche Ausnahme).

Mehr Achtung gegenüber Tieren allgemein finde ich nicht schlecht...

Ipsissimus
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Mi 10. Jun 2009, 16:00 - Beitrag #80

Dawkins respektiert durchaus das, was er "die Religion Einsteins" nennt^^

ich bezweifele, dass ein ethisches System der Anfang sein muss. Der Anfang liegt im Wollen.

Eine neue Begründung könnte daher z.B. so aussehen, dass explizit formuliert wird:

Artikel 1 "Alle Menschen sind gleichwertig und müssen gleichwertig behandelt werden."

Und in den Erläuterungen dazu

"Dies ist ein Axiom, welches die Vereinten Nationen als Artikel 1 jedes nationalen Grundgesetzes empfiehlt und bei ihren Mitgliedern als solches voraussetzt. Damit verbunden ist die Verpflichtung ihrer Mitglieder, die Durchsetzung der Gleichwertigkeit gemäß der Auffassung der Vereinigten Nationen in nationale Gesetzgebung zu übersetzen."

Artikel 2 "»Mensch« im Sinne von Artikel 1 sind alle Angehörigen der Gattung Homo Sapiens, sowie alle Angehörigen von Gattungen, denen gemäß Beschluss der UN-Vollversammlung der Status als »Mensch« mit allen anwendbaren Rechten, aber ohne die Pflichten gewährt wird."

Und in den Erläuterungen

"Derzeit Schimpansen, Bonobos, Delphine, Orcas, .... usw. Die Liste wird regelmäßig ergänzt. Straftaten gegen die Angehörigen dieser Spezies werden wie die analogen Straftaten gegen Angehörige von homo sapiens geahndet."

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