Bioprinting

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
Ipsissimus
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Fr 17. Aug 2012, 11:32 - Beitrag #1

Bioprinting

http://www.golem.de/news/bioprinting-modern-meadow-druckt-schnitzel-1208-93895.html



Modern Meadow entwickelt Bioprinting, eine Technik, mit der essbares Fleisch aus lebenden Zellen aufgebaut werden soll. Grund sei, dass die Aufzucht von Schlachtvieh für den Fleischverzehr eine sehr schlechte Ökobilanz habe und dass Massentierhaltung unethisch sei. Das Fleisch soll aus einer Biotinte gedruckt werden, in der sich verschiedene Zelltypen befinden, erklärt Modern Meadow in einem Förderantrag, den das Unternehmen beim US-Landwirtschaftsministerium eingereicht hat. Der Einsatz eines 3D-Druckers sorge dafür, dass das Fleisch eine beständige Form habe. Es müsse anschließend noch in einem Bioreaktor reifen.


hört sich ja lecker an^^

e-noon
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Fr 17. Aug 2012, 12:04 - Beitrag #2

Wenn es besser schmeckt als Tofu, immer her damit. Appetitlich klingt es allerdings nicht, aber das klingen Schnecken und Muscheln auch nicht.

Ipsissimus
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Fr 17. Aug 2012, 12:25 - Beitrag #3

Soylent Green war schon immer die Lösung all unserer Ernährungsprobleme^^

Lykurg
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Fr 17. Aug 2012, 13:01 - Beitrag #4

Tofu kann lecker schmecken, wenn man ihn gut zubereitet. Aber ja, ich finde das Prinzip auch spannend. Es löst vielleicht nicht alle Probleme, aber wenn es dazu beiträgt, sie zu reduzieren, finde ich das begrüßenswert. Trotzdem müssen im Zweifel Tiere getötet werden, um die ursprünglichen Zellen zur Vermehrung zu gewinnen - für Vegetarier bleibt das Produkt also wohl inakzeptabel.

Anaeyon
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Fr 17. Aug 2012, 16:29 - Beitrag #5

Solange man es marinieren und grillen kann, her damit. Ich kann die Tötung der Tiere zwar recht effektiv wegdenken, aber wenn es die Zahl jener senkt und für die Umwelt gut ist, verzichte ich auch gerne auf ein klein wenig Geschmack.

Aus der Sicht eines Informatikers jedoch macht mir das ein wenig Sorge: Wenn die Druckertreiber genauso beschissen sind wie für nahezu sämtliche Papierdrucker auf diesem Planeten, dann wird Geschmack das geringste Problem sein Bild

Traitor
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Fr 17. Aug 2012, 23:22 - Beitrag #6

Synthetisches Fleisch ist seit langem ein sehr aktiver Forschungsbereich, einen guten Überblicksartikel gab es dazu kürzlich im Spektrum der Wissenschaft, könnte die Mai-Ausgabe gewesen sein, muss ich aber nochmal nachsehen.

Einzelne Zellen wachsen zu lassen, ist ja fast schon trival. Daraus Fleisch zu machen, wird meistens per angeregtem Wachstum versucht. Dabei muss man zum einen eine vernünftige Form hinkriegen, was z.B. mit vorkonstruierten, sich im Laufe des Wachstums wieder zersetzenden Stützen versucht wird, und den Zellen vorgaukeln, dass sich Wachsen lohnt, damit sie nicht einfach absterben, was z.B. mit Elektrostimulation versucht wird. Weiter als bis zu kleinen Flocken ist man da noch nicht gekommen. Aus denen könnte man wohl durchaus schon Wurst und vielleicht sogar Hack herstellen, aber der Energie- und Geldeinsatz liegt noch weit über dem konventioneller Viehzucht.

Warum jetzt gerade diese eher obskur erscheinende Methode da besser funktionieren soll, stellt der Golem-Artikel nicht dar. Die Antragsschrift vielleicht, aber die zu lesen...
Die Struktur- und Anregungsprobleme würde sie prinzipiell umgehen, das ist vermutlich auch der Ansatzpunkt für die Idee. Gegenüber normalem 3D-Druck (dass der als "normal" gilt, ist eine der unterschätztesten technischen Revolutionen der letzten Jahre, im Prinzip haben wir schon die erste primitive Form eines Replikators aus Star Trek zur Verfügung!) bräuchte es aber enorme Fortschritte, um die "verschiedenen Zelltypen" in der gemischten "Tinte" an die richtigen Stellen zu schieben.
Und das Effizienzproblem wird sicher nicht kleiner sein als bei Wachstums-Methoden.

Deutlich spannender und kurzfristig realistisch erscheinender finde ich die Frage, wie es eigentlich mit synthetischer Milch aussieht. Da hat man keine Strukturfragen, muss nur die richtigen Eiweiße erzeugen. Und besser und publikumsakzeptabler als Analogkäse wäre das Ergebnis sicher auch. Muss ich mal recherchieren.

Sehr guter Punkt, Anaeyon. ;)

Maglor
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Mo 20. Aug 2012, 15:59 - Beitrag #7

Ich finde allein schon den Gedanken irgendwelche Biomasse fleischfarben zu bedrucken noch ekelhafter als lachende Gesichtswurst.
Wer Fleisch einsparen möchte, sollte mal lieber Semmelbrösel unters Hackfleisch mischen oder Gemüse in Schmalz anbraten.
Mein Tipp für die erste Welt: Einfach immer den Teller abessen und die Knochen ablecken. Wenn das alle machen würden, könnte die hiesige Viehproduktion sicherlich um 30 - 50 % erleichtert werden.

Traitor
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Mo 20. Aug 2012, 16:34 - Beitrag #8

Ich finde allein schon den Gedanken irgendwelche Biomasse fleischfarben zu bedrucken noch ekelhafter als lachende Gesichtswurst.
Das hast du falsch verstanden: das "Drucken" soll das Formgeben der Biomasse per "3D-Drucker" sein, nicht nur eine Färbung. Also im Prinzip Star-Trek-Nahrungs-Replikatoren, nur noch auf Zell- statt auf Atomebene.

Wer Fleisch einsparen möchte, sollte mal lieber Semmelbrösel unters Hackfleisch mischen oder Gemüse in Schmalz anbraten.
Oder das tolle "Vital-Hackfleisch" von Netto kaufen. ;) Oder einfach mal was anderes essen.

Lykurg
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Mo 20. Aug 2012, 18:16 - Beitrag #9

Die Gesichtswurst fand ich als Kind total klasse.^^
Oder einfach mal was anderes essen.
Zustimmung. Bild
Übrigens ist auch Schmalz nicht gleich Schmalz, es gibt mit dem Zwiebelschmalz von Alnatura ein sehr gutes rein pflanzliches Ersatzprodukt.

e-noon
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Di 21. Aug 2012, 09:46 - Beitrag #10

Zitat von Lykurg:Tofu kann lecker schmecken, wenn man ihn gut zubereitet.

Das wäre vielleicht was für den Rezeptethread? :)

Ich würde wahrscheinlich nach der Herstellung des ersten geprinteten Steaks noch ca. 10 Jahre warten, bis ich in eines hineinbeiße. Gibt es da irgendwelche vermuteten Gefahren? Richtig genmanipuliert ist es mit diesem Verfahren ja nicht, wenn ich das richtig sehe, oder doch?

Lykurg
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Di 21. Aug 2012, 10:50 - Beitrag #11

Beizeiten gern. -

In der Tinte sollen sich "verschiedene Zelltypen" befinden, im Zweifel, damit es besser zusammenwächst bzw. den gewünschten Geschmack ergibt. Vermutlich werden GM-Verfahren eingesetzt, um das Wachstum in der gewünschten Weise steuern zu können, das wäre sicher effizienzsteigernd. Ich könnte mir auch vorstellen, daß das ohne GM gar nicht in der gewünschten Weise funktioniert. Ich sehe auch darin kein Problem des Verfahrens - höchstens ein Akzeptanzproblem, aber das (bzw. die deutsche GM-Hysterie) ist ohnehin bedauerlich genug.

Traitor
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Di 21. Aug 2012, 11:02 - Beitrag #12

Vermutete Gefahren - krebserregend ist doch bekanntlich alles. ;) In diesem Fall könnte ich mir gut vorstellen, dass die unnatürliche Wachstumsumgebung zu einer erhöhten Krebsrate im Zuchtfleisch führt, aber die wird die Qualitätskontrolle ganz gut ausfiltern können, und Menschenansteckung mit Rindfleischkrebs wäre wohl auch eine große medizinische Überraschung.

Gentechnik dürfte sehr effizienzfördernd sein, ja. Die Zuchtzellen dürften außerdem wahrscheinlich geklont werden. Womit wir die absolute Großmeisterprüfung für deutsche Werbefachleute hätten - wie verkauft man Klongentanksteak...? :D

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Di 21. Aug 2012, 11:23 - Beitrag #13

die jungen Leute sind für mich immer schwerer zu verstehen^^ sagen wir, die Mentalität der jungen Leute^^

Traitor
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Di 21. Aug 2012, 11:44 - Beitrag #14

Welche - die, die das Zeug herstellen wollen bzw. herbeisehen, oder die, die es verteufeln?

Maglor
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Di 21. Aug 2012, 11:47 - Beitrag #15

Die formlosen Gewebemassen, die sich massenhaft vermehrt, dürfte der üblichen Definitionen von Krebs ziemlich nahe kommen.

Traitor
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Di 21. Aug 2012, 11:56 - Beitrag #16

Nein, sie scheitern ganz klar an der Krebsdefinition. Das ist gerade das von mir schon kurz angerissene Problem der nötigen Stimulation: ohne die gut von außen gepflegte Illusion, sie wären Teil eines lebenden Gesamtorganismus, sterben Zuchtorgane und Zuchtfleisch auch bei bester Ernährung und Sauerstoffversorgung schnell von selbst ab, da sie eben nicht den bedingungslosen Wachstums"trieb" von Krebs haben.

Ipsissimus
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Di 21. Aug 2012, 12:06 - Beitrag #17

Welche - die, die das Zeug herstellen wollen bzw. herbeisehen, oder die, die es verteufeln?
jene, die total begeistert von den Möglichkeiten eines solchen ... Essens sind

ohne die gut von außen gepflegte Illusion, sie wären Teil eines lebenden Gesamtorganismus, sterben Zuchtorgane und Zuchtfleisch auch bei bester Ernährung und Sauerstoffversorgung schnell von selbst ab
wie kommst du darauf? Zellen können doch in Biotanks fast unbegrenzt am Leben erhalten werden?

Lykurg
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Di 21. Aug 2012, 12:25 - Beitrag #18

Womit wir die absolute Großmeisterprüfung für deutsche Werbefachleute hätten - wie verkauft man Klongentanksteak...? Bild
Der Preis machts, würde ich sagen - wenn nach kostenpflichtiger Abgaszertifizierung von Massenviehhaltung dieses Zuchtfleisch, im großindustriellen Maßstab betrieben, günstiger sein kann als Schlachtfleisch, werden die Discounter es schon an den Mann bringen.

Wenn nicht, würde ich ja auf eine zweite Welle des ökologischen Bewußtseins in der Ernährung hoffen, die nach allgemeiner Biobegeisterung auch die Segnungen der Technik, insbesondere der Gentechnik (kleinere Anbauflächen dank höherer Erträge; weniger Pestizide dank Resistenz; aktives Vorgehen gegen Mangelerkrankungen etc.) als solche erkennt und dann auch diesen zukunftsweisenden Ideen gegenüber aufgeschlossen ist.
Zitat von Ipsissimus:jene, die total begeistert von den Möglichkeiten eines solchen ... Essens sind
^^
Ich sehe, bevor das Produkt marktreif ist, noch nicht recht, was dagegen spricht, abgesehen von "haben wir noch nie so gemacht".

Traitor
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Di 21. Aug 2012, 12:31 - Beitrag #19

Begeistert bin ich nicht davon, Fleisch von "glücklichen Kühen (tm)" wäre mir lieber. Aber gegenüber den gröbsten Auswüchsen der Massentierhaltung erscheint mir Zuchtfleisch durchaus als gute Alternative. (Konsummäßigung wäre die andere.)

Einzelzellen in Tanks sind einfacher als Gewebe/Fleisch. Bei den Strukturproblemen habe ich aber gerade beim Wiederauffinden des Spektrum-Artikels (Ausgabe 03/2012, Jeffrey Bartholet, leider weniger ausführlich, als ich ihn in Erinnerung hatte) gemerkt, dass ich zwei Sachen vermischt hatte:
Das tatsächliche Absterben passiert nur, wenn die Sauer- und Nährstoffzufuhr im Gewebe eben nicht funktioniert, weil man einfach mehrschichtiges Gewebe ohne Blutgefäße gezüchtet hat.
Kann man das lösen, ist die Elektro- oder Chemosimulation "nur" nötig, um Struktur und Geschmack der echten Muskelfleischs entsprechend hinzukriegen. Anscheinend ist das simple Modell "Gewebe gleich Zellen mit Verbindung" mit Zellen als invariante Bausteinchen falsch, beim Muskeltraining werden nicht (nur?) die Zellen mehr und besser vernetzt, sondern auch "größer".

Lykurg
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Di 21. Aug 2012, 15:05 - Beitrag #20

Ich weiß nicht recht, wie glücklich die Kühe sind, wenn man ihnen das Fleisch wegnimmt. Bild Biohaltung ist sicher besser als Massentierhaltung, wenn sie nicht ebenfalls eine ist - ein grünes Etikett ist schnell mal aufgeklebt. Aber auch wenn man die Fragen der tierischen Ethik hier abschneidet, bleibt für den Menschen die Ökobilanz des Fleischkonsums ziemlich schlecht. Fleischproduktion setzt als Futtermittel ein Vielfaches der Nahrungsgewinnung aus Pflanzen voraus (der Faktor zehn wird oft genannt*), dazu kommt der immense Methanausstoß. Konsummäßigung oder -verzicht wäre sicher besser, aber möglicherweise läßt sich im allgemeinen Interesse ein solcher Ersatz besser vermitteln.

_______
*Maglor schrieb dazu einmal: "Die Getreidemenge, die in Deutschland jährlich zur Schweinemast aufgewendet wird, könnte genauso gut die ganze Sahel-Zone ernähren."

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