Singularitäten oder Elementarobjekte?

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
Ipsissimus
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Sa 8. Jun 2013, 17:18 - Beitrag #1

Singularitäten oder Elementarobjekte?

Aus "Die einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts":
Zitat von Ipsissimus:
Zitat von Traitor:dass das Universum aus einem endlich großen Anfangszustand heraus expandierte
nun könnte man ja damit argumentieren, dass eine "echte", mathematische Singularität der physikalischen Realität ermangelt, und reale Singularitäten von endlicher Größe sind^^

Zitat von Traitor:Was verstehst du unter einer "Singularität", sodass sie endlich sein kann...

Zitat von Ipsissimus:nu ja, deswegen mache ich ja den Unterschied zwischen einer "echten" mathematischen und einer real existenten Singularität. Eine echte mathematische Singularität kann m.E. in der physikalischen Wirklichkeit nicht existieren - Ausdehnung null heißt soviel wie "als physikalische Wirklichkeit nicht existent". Ich gehe daher davon aus, dass z.B. die Singularität in einem Schwarzem Loch oder im Urknall immer noch eine reale Ausdehnung hat, und dass es somit einen Materiestatus gibt, der der Gravitationswirkung eine absolute Grenze setzt

Zitat von Traitor:Zu Singularitäten: Die sind nunmal per Definition ausdehnungslos, also können auch keine "real existierenden Singularitäten" nonsingulär sein. Was du wohl sagen willst, ist "es darf keine real existierenden Singularitäten geben".
Dass die Lösung zur Singularitätsvermeidung in ultrakompakten Materiezuständen besteht, ist noch möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Deutlich erfolgsversprechender wirkt derzeit, die Singularitäten durch endliche Raumauflösung zu vermeiden, durch direkte Raumquantisierung und/oder Unschärfe.


na, weiß nicht, ob das dasselbe ist, aber was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist ungefähr "zu jeder gegebenen Masse gibt es ein absolutes Volumenminimum größer null und damit ein absolutes Dichteminimum größer null, auf das sich diese Masse komprimieren lässt". Ob die Grenze dabei durch einen Materiezustand, die Raummetrik oder Frankensteins Monster erzwungen wird, ist eigentlich sekundär. Die Vorstellung einer "realen Singularität" impliziert dann Vorstellungen der Art, dass die Eigenschaften dieser Masse am Grenzvolumen nicht mehr von Unterstrukturen herrühren, oder etwas lockerer formuliert, die komprimierte Masse verhält sich dann wie ein echtes Elementarteilchen (Elektron, Neutrino oder Quark, die meines Wissens nach keine Substrukturen mehr haben), selbst wenn sie noch 10 km Durchmesser haben sollte.

Traitor
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So 16. Jun 2013, 14:35 - Beitrag #2

"Elementarobjekt" wäre vielleicht ein guter Begriff für das, woran du denkst. "Singularität" zu etwas ausgedehntem zu sagen, ist auf jeden Fall völlig widersinnig.
Und ein makroskopisches "Elementarobjekt" wäre auch eine sehr, sehr exotische Annahme, die extrem neue Physik erfordern würde. Wie gesagt, die populären Alternativen zu Singularitäten sind entweder exotische, aber nonelementare Materiezustände (Quarksterne, Bosonsterne, ...); oder Raumquantisierung, wobei die Energie im "Grenzvolumen" dann sicher nicht mehr in einer Form vorliegen würde, die man "Materie" nennen kann, egal in welchem Zustand.

Ach ja, wir werden gewaltig offtopic. Bei genauerem Interesse bitte einen Extra-Thread eröffnen.

Ipsissimus
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So 16. Jun 2013, 15:19 - Beitrag #3

Interesse^^ Moderator, walte deines Amtes^^

neue Physik, nöö, es gibt ja nur eine, und die schon seit immer^^ wir müssen bloß unsere Erkenntnisse oder Theorien der Wirklichkeit anpassen, und auch das schon seit wir Physik betreiben, also ist es eigentlich nichts Neues^^

ja, "Elementarobjekt" wäre vielleicht eine gute Bezeichnung^^ oder vielleicht mit den Namen seiner Entdecker, ein "Traitor-Ipsissimus-Objekt"^^

jedenfalls wäre so ein Objekt bei weitem als Kern eines Schwarzen Lochs geeignet, damit die Substrukturen verschwinden, muss die Dichte gigantisch sein (in der ursprünglichen Beschreigung muss es natürlich heißen "Dichtemaximum kleiner unendlich")

Traitor
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So 16. Jun 2013, 16:25 - Beitrag #4

Immer diese faulen Nichtmods. ;)

"Neue Physik" erfordern das frühe Universum und das Innere von Schwarzen Löchern auf jeden Fall, das ist Konsens. Die Frage ist nur, wie neu. Lassen wir die Frühphase erstmal außen vor und beschränken uns auf (am besten noch stellarmassige) SL. Nach Konservatitivät gereiht gibt es dann:
$this->bbcode_list('1')
  • Exotische, aber einigermaßen konventionelle, hyperdichte Materiezustände, also "einfach" die nächste Stufe kompakter Objekte jenseits von Neutronensternen, zusammengesetzt aus bekannten oder unbekannten Elementarteilchen. Wobei sich die Komponenten weiterhin im Rahmen des Teilchenphysik-Standardmodells oder einer seiner natürlichen Erweiterungen beschreiben lassen und für das Gesamtobjekt die ART noch unangepasst gilt.
  • Quantengravitation, sodass im Zentrum des SL zwar keine irgendwie konventionell beschreibbare Materieform mehr vorliegt, aber auch keine Singularität, sondern ein räumlich ausgedehnter Energiezustand.
  • Ipsissimus-Traitor-Elementarobjekte (du hast damit angefangen, also gehört dein Name nach vorne ;)) - wirkt vielleicht auf den ersten Blick nur wie ein Weiterdenken von 1) und weniger exotisch als 2), ist aber in Wahrheit viel absonderlicher, daher "extrem neue Physik": ein strukturloses, insofern "elementares", Objekt von makroskopischen Abmessungen würde nicht nur eine Erweiterung des Standardmodells erfordern, sondern diesem explizit widersprechen, da es auf diesen Skalen ein Verschwinden der bekannten Grundkräfte erfordert. Zwar nicht in einem Parameterbereich (Energie, Dichte, Druck), der in Laborexperimenten oder direkten astronomischen Beobachtungen bereits direkt ausgeschlossen wäre, aber in einem, in dem Ungültigkeit des Standardmodells dessen Konsistenz enorm untergraben würde, und man vermutlich ziemlich feingetunte Zusatzkräfte basteln müsste, um das wieder auszugleichen.
  • Trolle, Feen, Elfen ;)


  • Wenn mir mal langweilig ist, mache ich eine Literaturrecherche, ob so ein Modell schonmal (tot)diskutiert wurde. Wenn nicht, wäre es vermutlich gar kein so uninteressantes Forschungsthema für einen Theoretiker, wenn auch von vornherein mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt. ;)

    wir müssen bloß unsere Erkenntnisse oder Theorien der Wirklichkeit anpassen, und auch das schon seit wir Physik betreiben, also ist es eigentlich nichts Neues^^
    Ja - mit der Einschränkung, dass du immer gerne die Theorien an etwas anpassen willst, was höchstens eine Spekulation über die Wirklichkeit (*) ist, lange bevor die tatsächlichen Messungen tatsächlich eine Anpassung erfordern. Vielleicht gäbest du ja einen guten Stringtheoretiker ab - eine Unterstellung, die dich hoffentlich nicht allzu sehr beleidigt. ;)

    ___
    (*) "Wirklichkeit" hier natürlich auch nur im Sinne von "objektivierbarer Messkonsens".

    Ipsissimus
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    So 16. Jun 2013, 18:33 - Beitrag #5

    ich frage mich, ob der Punkt 3 seine gesamte Schärfe beibehält, wenn man die Entstehung so eines IT-Objekts nicht aus den Augen verliert. Die Physiker liebäugeln ja mit dem Entstehen einer Singularität in einem Schwarzen Loch, sehenden Auges, dass es echte Singularitäten nicht geben kann. Ein IT-Objekt würde auf die selbe Weise entstehen, wie die unmögliche Singularität, nur würde die Implosion stoppen, wenn das Verschwinden jeglicher noch so homogener Binnenstruktur erreicht ist. Das einzige, was man dafür benötigte, wäre ein Mechanismus, der jeder noch so hohen Gravitation standhält, warum also nicht ein ein echt krass hyperkompakter Materiestatus? Ein IT-Objekt wäre ohnehin nichts, was ohne den Schutz eines Ereignishorizontes gedeihen könnte, vermeidet aber die Unphysikalität einer Singularität, ohne sonstige abstruse Konstruktionen zu bemühen. Was die Kräftekonstellationen betrifft - ist es nicht das, wonach die Physiker suchen? Die vereinheitlichte Kraft? Im Ursprung und im IT-Objekt läge sie vor^^

    ich wäre lieber was anderes abgehobenes^^

    Ipsissimus
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    Di 18. Jun 2013, 15:33 - Beitrag #6

    außerdem wäre noch dringend Jans Frage aus dem Smalltalk zu klären^^

    Mich fragen, wann IT-Objekte anfangen, wie amputierte Briefarme zu wirken.

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    Di 2. Jul 2013, 23:05 - Beitrag #7

    Pardon, Tab vergessen.

    Der kritische Unterschied zwischen ITO und Singularität ist, dass die Singularität per Definition jenseits jeglicher bisher überprüfter oder auch nur konsistenzrelevanter Parameterbereiche liegt - jede Beobachtung und jede realistischere Theorie kann sich einer Singularität nur asymptotisch annähern, sie nie erreichen oder direkt ausschließen - während das ITO (genauso wie "konventionelle exotische Materie", schönes Oxymoron btw) bei einer postulierten Ausdehnung größer der Quantengravitationsskala (welche vermutlich, aber nicht unbedingt, der Planckskala entspricht) direkt in Konflikt mit dem Standardmodell kommt.

    @Indirekter Jan: Schon passiert.

    Ipsissimus
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    Mi 3. Jul 2013, 10:13 - Beitrag #8

    dass die Singularität per Definition jenseits jeglicher bisher überprüfter oder auch nur konsistenzrelevanter Parameterbereiche liegt - jede Beobachtung und jede realistischere Theorie kann sich einer Singularität nur asymptotisch annähern, sie nie erreichen oder direkt ausschließen
    Das ist ja gerade das Vertrackte bei den Singularitäten. Und wenn ich das Konzept einer Singularität ganz und gar ernst nehme, ist es auch irreführend, von bisher zu sprechen; Singularitäten liegen nicht bisher außerhalb überprüfter Parameterbereiche, sondern liegen grundsätzlich außerhalb jeglicher Wechselwirkungsmöglichkeit und damit überhaupt außerhalb jemals überprüfbarer Parameterbereiche, zumindest solange wir nicht über eine Physik verfügen, die es uns erlaubt, mit Schwarzem Löchern wie mit Kohleöfen umzugehen.

    Andererseits ist m.E. der direkte Ausschluss per Beobachtung gar nicht notwendig. Wir wissen, dass die Singularität ein rein mathematisches Konzept ist - selbst Hardcore-Theoretiker sprechen nicht davon, dass eine Singularität etwas physikalisch Existentes sei. Das heißt, die Rede von der Singularität im Zentrum eines Schwarzen Loches ist eine Art Metapher, nicht mehr. Was immer da drinnen im Kern steckt, es ist keine Singularität in der strickten mathematischen Bedeutung des Begriffs. Und wenn wir im Unterschied zur mathematischen Bedeutung eine Art "physikalischer Singularität" postulieren wollen, sehe ich immer noch nicht, warum ein ITO für so was kein Kandidat sein sollte.

    Gut, einen Grund könnte man eventuell dagegen anführen, die Planckmasse, also die Grenzmasse, ab der ein Elementarteilchen unter seinem eigenen Gravitationsfeld zu einem Schwarzen Loch kollabiert, etwa 10^19 Protonenmassen oder 10^-5 Gramm. Da ein ITO jedoch schon kollabiert ist, halte ich das für keinen prinzipiell unüberwindbaren Sachverhalt.

    Natürlich müsste dafür das Standardmodell überarbeitet werden und auch ein bisschen neue Physik dazu kommen. Mir bricht es das Herz^^ das ist ja nicht schon einige Dutzend Male passiert^^ und steht beides im Rahmen der Erforschung von Geistermaterie (aka Dunkle Materie) ohnehin an^^

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    Mi 3. Jul 2013, 15:46 - Beitrag #9

    Gut aufgepasst, ich hätte besser "jeglicher bisher überprüfter, überhaupt überprüfbarer oder auch nur konsistenzrelevanter Parameterbereiche" schreiben sollen.

    Beim Rest sind wir uns dann einig. Nur in der Konsequenz dann wieder nicht: auch für "Metaphern" gibt es Kriterien, bei gleicher absoluter Erklärungsmacht dann üblicherweise das Rasiermesser - solange Singularität und ITO beide jenseits der real überprüfbaren (experimentell wie theoretieintern) Grenzen liegen, ist die Singularität zu bevorzugen, da sie das Arbeiten viel leichter macht.

    Und wie gesagt wäre die Änderung des Modells für ein ITO deutlich radikaler als für Dunkle Materie oder andere beliebte Modellerweiterungen.

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    Mi 3. Jul 2013, 16:53 - Beitrag #10

    Das Rasiermesser kann ich als Arbeitsmittel akzeptieren, als Kriterium für eine Wahrheitsaussage nicht^^ Aber davon abgesehen, warum nehmen die Physiker da lieber was Unphysikalisches an? Warum nicht irgendeine der Varianten, die du vorgeschlagen hast, z.B. Quantengravitation? So viel schwieriger dürfte das die Berechnungen doch eigentlich nicht machen?

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    Mi 3. Jul 2013, 17:26 - Beitrag #11

    Klar, mehr als ein Arbeitsmittel ist es nicht. Aber außerhalb der Beobachtungsdaten hat die Physik eben kein Wahrheitskriterium, nichtmal im weiteren Sinne von "Wahrheit".

    Wenn sich die Modelle nur innerhalb von min(Ereignishorizont, Planckskala) unterscheiden, sind sie aus physikalischer Sicht äquivalent. An sich kann also jeder Physiker gerne sagen "innerhalb liegen ITOs / Quantengravitationsphänomene von Typ XC37A / Quantengravitationsphänomene von Typ XC37B / ...", aber außer an Sprachverwirrung ist damit halt nichts gewonnen.

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    Mi 3. Jul 2013, 18:13 - Beitrag #12

    Aber außerhalb der Beobachtungsdaten hat die Physik eben kein Wahrheitskriterium
    da würde dir u.U. der ein oder andere Stringtheoretiker widersprechen^^

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    Mi 3. Jul 2013, 19:21 - Beitrag #13

    Und sich damit, wenn er es wirklich, wirklich ernst meint und nicht nur als Marketingsprech oder Metapher, außerhalb der wissenschaftlichen Methode und damit der Physik stellen.

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    Mi 3. Jul 2013, 19:38 - Beitrag #14

    die Ästhetik einer mathematischen Gleichung scheint in diesen Kreisen durchaus ein Argument zu sein^^

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    Do 5. Dez 2013, 15:45 - Beitrag #15

    ein strukturloses, insofern "elementares", Objekt von makroskopischen Abmessungen würde nicht nur eine Erweiterung des Standardmodells erfordern, sondern diesem explizit widersprechen, da es auf diesen Skalen ein Verschwinden der bekannten Grundkräfte erfordert
    wenn man nur so ganz und gar genau wüsste, ob das Verschwinden der Grundkräfte tatsächlich skalenabhängig oder nicht doch dichteabhängig ist. Bisher hatte ich den Urknall so verstanden, dass die Abspaltung der Gravitation bereits zu Beginn der Planckzeit und die Abspaltung der andern Kräfte während der restlichen Planckzeit und also insgesamt lange vor dem Inflationszeitalter erfolgte. Das lässt zumindest die Möglichkeit offen, dass es nicht skalenabhängig ist, sondern dichteabhängig.

    solange Singularität und ITO beide jenseits der real überprüfbaren (experimentell wie theoretieintern) Grenzen liegen, ist die Singularität zu bevorzugen, da sie das Arbeiten viel leichter macht
    aber die Singularität ist langweilig und unphysikalisch und darf damit in ihrer scharfen mathematischen Form als grundsätzlich falsifiziert gelten^^ mag sein, dass die Annahme in mathematischen Modellen mit genügend großer Genauigkeit gehandhabt werden kann, aber hier geht es nicht wirklich darum, mit Modellen möglichst genau zu rechnen, sondern darum, eine Vorstellung davon zu gewinnen, was in den Ereignishorizonten wirklich los ist. Und egal, was da los ist, eine echte Singularität ist da nicht los^^ faule Physiker^^

    was den Materiestatus eines ITO betrifft, wie wäre es mit pressliegenden Quarks, die immer mehr "verschmieren", bis sie endlich zu einem einzelnen makroskopischen Quark verschmelzen? Also wie Würfel aus Eisen, die solange erhitzt werden, bis sie flüssig werden und zuletzt, nach der Abkühlung, nur noch ein großer Klotz aus Eisen übrig bleibt? So fürchterlich exotisch klingt das für mich nicht.

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    So 19. Jan 2014, 15:46 - Beitrag #16

    Übliche Wissenschaftsforums-Einleitung: bitte entschuldigen Sie die lange Wartezeit. ;)

    Längenskala und Dichte hängen doch (invers) eng zusammen. Bisher hatte ich dein ITO-Postulat aber explizit so verstanden, dass das Objekt größer als die Plancklänge (oder sonstige Quantengravitationsskala) sein soll, in diesem Sinne also "makroskopisch". Und dann ist man eben in einem Bereich, in dem die anderen Grundkräfte keinen guten Grund habem, nicht mehr wie erwartet zu funktionieren.

    aber die Singularität ist langweilig und unphysikalisch und darf damit in ihrer scharfen mathematischen Form als grundsätzlich falsifiziert gelten^^
    Du hast eine äußerst exotische Vorstellung von Falsifizierbarkeit. ;)
    mag sein, dass die Annahme in mathematischen Modellen mit genügend großer Genauigkeit gehandhabt werden kann, aber hier geht es nicht wirklich darum, mit Modellen möglichst genau zu rechnen, sondern darum, eine Vorstellung davon zu gewinnen, was in den Ereignishorizonten wirklich los ist. Und egal, was da los ist, eine echte Singularität ist da nicht los^^ faule Physiker^^
    Gedankenexperimente können durchaus spannend sein und man muss nicht so faul sein, sie zu vermeiden. Man sollte die "Ergebnisse" halt nur nicht überinterpretieren, wie das so oft gemacht wurde.

    was den Materiestatus eines ITO betrifft, wie wäre es mit pressliegenden Quarks, die immer mehr "verschmieren", bis sie endlich zu einem einzelnen makroskopischen Quark verschmelzen? Also wie Würfel aus Eisen, die solange erhitzt werden, bis sie flüssig werden und zuletzt, nach der Abkühlung, nur noch ein großer Klotz aus Eisen übrig bleibt? So fürchterlich exotisch klingt das für mich nicht.
    Das QCD-Phasendiagramm, also die Ansammlung aller möglichen Quark(-und-Gluon-)zustände bei verschiedenen Dichten und Temperaturen, ist ziemlich vielfältig und auch noch nicht vollständig erforscht. Die einzigen bekannten oder erwarteten makroskopischen Zustände sind dabei "Plasmen" bei höchsten Temperaturen (hier nicht relevant) oder exotische "Riesennukleonen"/"Riesennuklei" bei hohen Dichten (Inneres von Neutronensternen). Letzteres kommt deiner Vorstellung recht nahe (nur kein "Riesenquark", sondern ein aus normalen Quarks zusammengesetztes größeres System). Aber es würde, wie jedes aus normaler Kernmaterie zusammengesetztes Objekt, immer noch ab einer gewissen kritischen Dichte kollabieren, da die "starke" Wechselwirkung eben doch nicht stark genug ist, um beliebig viel Gravitation auszugleichen.
    Wenn makroskopisches Objekt, dann mit neuer Physik. Und wie gesagt sehr neuer, die sogar eine anti-alte Komponente enthält.

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    Fr 5. Okt 2018, 14:15 - Beitrag #17

    Zitat von Traitor:"Singularität" zu etwas ausgedehntem zu sagen, ist auf jeden Fall völlig widersinnig.


    Auch wenn du wahrscheinlich nie mehr hier schreiben wirst, Traitor, das wollte ich doch noch hinterherschicken, weil es mich seit damals wurmt: Wenn es völlig widersinnig ist, etwas ausgedehntes "Singularität" zu nennen, warum machen es die Physiker dann? ICH habe an der Stelle eigentlich nur den Physiker-Slang übernommen^^ udn eigentlich glaube ich ja, dass hinter der Begrifflichkeit durchaus Vorstellungen einer von Physikern als physikalisch gedachten "Singularität" lauern, mithin Vorstellungen einer Art ITO, und damit Vorstellungen einer absoluten Grenzdichte kleiner unendlich.

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    Di 6. Nov 2018, 01:11 - Beitrag #18

    Auch wenn du wahrscheinlich nie mehr hier schreiben wirst, Traitor
    Da sind wir uns ja dann hoffentlich mal einig, froh zu sein, wenn ich dir widerspreche. ;)

    Mit dem zugegebenermaßen harsch formulierten Zitat bezog ich mich rein auf die sprachliche Ebene. "Singulär" heißt halt im Wesentlichen "an einem Punkt ohne Ausdehnung wird eine abhängige Größe unendlich". Na gut, ein Punkt muss es nicht sein, eine Singularität könnte auch z.B. kreisförmig sein, aber dann als eindimensionaler idealer Kreis ohne Querausdehnung. "Ausgedehnte Singularität" ist ein klares Oxymoron.

    "Ein ausgedehnter Bereich der Raumzeit, in dem die Dichte so hoch ist, dass alle hergebrachten Gesetze zusammenbrechen" ist dagegen ein rundum solides Thema. Können wir uns darauf einigen, dass es vermutlich das ist, was du als Physiker-Slang zitierst?

    Und dass zu viele Physiker zu oft "Singularität" sagen, wenn sie eigentlich "das große Unbekannte im Inneren eines Schwarzen Loches" meinen, ohne für die gerade diskutierten Aspekte eigentlich das mathematische Konzept der "Singularität" an sich zu brauchen, unterschreibe ich gerne.

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    Di 6. Nov 2018, 02:59 - Beitrag #19

    gut, dann sind wir uns einig :-)

    hmmm, oder doch nicht :angel: Weil, eine Definition kann man ändern, das sind keine Naturkonstanten^^ schon klar, Physiker und Sprachgebrauch ändern und so ... ^^ aber wenn sie doch nun mal faul sein wollen und unbedingt Singularität sagen wollen, dann kann man den Begriff doch von seiner mathematischen Schärfe ablösen und zu einem ITO auch Singularität sagen^^ oder wahlweise von mathematischer Singularität und physikalischer Singularität sprechen, die eben nicht exakt dasselbe meinen^^ und sie könnten dann alle ein gutes Gewissen haben, weil sie nicht mehr mit einer physikalischen Entität eine unphysikalische Vorstellung verknüpfen^^

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    Mi 7. Nov 2018, 01:30 - Beitrag #20

    Nein, besser nicht: es gibt Singularitätentheoreme, eine gesamte Singularitätentheorie, die sich alle ganz explizit auf den scharfen Begriff beziehen.

    Es gibt auch eine gern zitierte traditionelle Unterscheidung zwischen "astrophysikalischem Schwarzem Loch" und "echtem Schwarzem Loch" - und als ich dazu gerade ein schönes Zitat suchen wollte, stieß ich natürlich gleich auf eines mit drei statt zwei Kategorien: "What is a black hole? Answer: There are three types of black holes, namely mathematical black holes, physical black holes and astrophysical black holes." [arXiv:1003.0291]. Im Wesentlichen die Frage "wenn es von außen schwarz aussieht, folgt daraus schon, dass es im Inneren der ART-Vorstellung entspricht?". (Der verlinkte Artikel ist wirklich gerade nur ein Zufallsfund für das Zitat, gelesen habe ich ihn selbst nicht, und auch schon Teile des Abstracts klingen nicht 100% kanonisch.)
    Ob das testbar ist (mit aktuellen Messdaten oder auch nur prinzipiell), ist ein spannendes Thema. Im ersten Schritt (und absehbaren weiteren) geht es dabei aber "nur" um Tests nahe am Ereignishorizont (z.b. mit Gravitationswellen - Stichwort "Echos" - oder direkten Beobachtungen des supermassiven Lochs in der Mitte der Milchstraße - Stichwort Event Horizon Telescope). Die "innere Struktur" (bzw. deren Fehlen) ist dann nochmal eine qualitativ andere Frage.

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