Licht / Wellenausbreitung vs Expansionsgeschwindigkeit des Alls

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janw
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Do 4. Jul 2013, 11:21 - Beitrag #1

Licht / Wellenausbreitung vs Expansionsgeschwindigkeit des Alls

Mir ist gestern die Frage gekommen, wie es sich mit der Lichtausbreitung im All in der Expansionsrichtung des Universums verhält.
Also: Ein Stern sendet in alle Richtungen Licht aus.
Da der Stern annähernd kugelförmig ist und sich in einem auch kugelförmigen Universum befindet, wird dabei ein Pol des Sterns in Richtung des Zentrums des Universums zeigen, der gegenüberliegende in Richtung der aktuellen Ausdehnungsfront des Universums.

Wie verhält es sich nun mit den Photonen - fliegen die ersteren in der Geschichte rückwärts, durchdringen die letzteren die Ausbreitungsfront des Universums, das sich meines Wissens langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt?

Traitor
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Do 4. Jul 2013, 13:19 - Beitrag #2

Es gibt kein "kugelförmiges Universum" mit einem "Zentrum des Universums" an sich. Es gibt nur für jeden Raumzeitpunkt ein kugelförmiges beobachtbares Universum mit ihm selbst als Zentrum. Das Universum insgesamt (oder zumindest ein hinreichend großer Teil um unser beobachtbares Universum herum) ist (räumlich in sehr guter Näherung) flach, homogen und isotrop. Damit entfällt die ganze Anisotropie deiner Überlegung. Auch gibt es keine "Ausbreitungsfront des Universums", da es sich nicht "ballonhaft" in etwas hinein ausdehnt, sondern sich der Raum im Universum ausdehnt.

Dann wäre noch zu beachten, dass sich (fast?) alle Sterne in Galaxien und damit tief in von der Expansion entkoppelten Potentialtöpfen befinden, in ihrer näheren Umgebung merken die entsandten Photonen also erstmal nichts von der Expansion.

Auf weite Entfernungen dann ist die Expansion tatsächlich heutzutage schnelle als die Lichtgeschwindigkeit, das habe ich iirc hier schon auszuführen versucht.

Deiner Überlegung am nächsten kommt vielleicht der Sachs-Wolfe-Effekt: wenn Photonen auf dem (langen) Weg zu uns durch die sich (dank der Expansion) zeitlich ändernden Gravitationspotentiale lokaler Über- oder Unterdichten reisen, erreichen sie uns mit gegenüber homogener Expansions veränderter Rotverschiebung.


PS: "Es gibt kein" im Sinne von "wir leben nicht in einem", nicht im Sinne von "die ART würde grundsätzlich keines erlauben".

janw
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Do 4. Jul 2013, 14:34 - Beitrag #3

Ich habe mir das Universum bisher immer als eine Art Luftballon vorgestellt, der permanent aufgeblasen wird.
So klingt es eher wie ein Öltropfen in der Bratpfanne, der gleichmäßig auseinanderfließt und dabei einen flachen Ölfilm produziert.
Wo ist da aber der Platz für all die räumlichen Materiekonfigurationen?

Und was heißt "beobachtbares Universum mit ihm selbst als Zentrum"?
*Kann Zirkelschlüsse nicht auflösen*
Es muss doch ein Modell geben, das über das Beobachtbare hinaus geht, oder nicht?

Ipsissimus
Dämmerung
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Do 4. Jul 2013, 15:04 - Beitrag #4

der Luftballon (streng als das Material der Hülle aufgefasst, also ohne die Luft, die von der Hülle umfasst wird) war immer nur als Vorstellungshilfe gedacht, um sich zum einen klar zu machen, dass der Mittelpunkt eines Objektes nicht im Objekt selbst liegen muss, und um zum anderen eine Vorstellung davon zu bekommen, wie der Abstand der Galaxien voneinander schneller wachsen kann, als es ihre Eigengeschwindigkeiten über die zur vergangene Zeit eigentlich ermöglichen, eben durch die von den Objektgeschwindigkeiten unabhängige Raumausdehnung. Stell dir die Galaxien wie kleine Käfer vor, die auf der Oberfläche des Luftballons herumkrabbeln, während der Luftballon aufgeblasen wird. Je nach dem, wie schnell und wie groß der Luftballon aufgeblasen wird, legen die relativ zur Oberfläche eine viel größere Distanz zurück, als es ihrer Geschwindigkeit relativ zur Oberfläche entspricht.

Die visuelle Erscheinung des Luftballons "Universum" würde, von außen betrachtet, dann wiederum eher der vierdimensionalen Analogie deines Öltropfens entprechen. Das betrifft aber streng die Raumzeit, nicht den Raum."Raum" ist eigentlich nur eine dreidimensional aufgezogene Illusion aufgrund der Begrenzung unserer Sinneswahrnehmung, die nicht in der Lage ist, Raumzeit sinnlich zu erfassen. Oder von mir aus auch der dreidimensionale Anteil der Raumzeit^^

"beobachtbares Universum mit ihm selbst als Zentrum"?
heißt soviel wie: jeder Punkt des Universums - aka der vierdimensionalen Raumzeit - kann als Mittelpunkt eines dreidimensionalen Koordinatensystems dienen, von dem aus das von diesem Punkt aus beobachtete Universum im Mittel genau so aussieht, wie von jedem anderen Punkt aus


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