Zitat von Ipsissimus:aber ich halte es durchaus für denkbar, das die ART insgesamt weichen muss, sobald das Umschlagen stochastischer Zusammenhänge auf Quantenebene zu quasideterministischen Zusammenhängen auf Makroebene verstanden ist. Die ART wäre dann nur noch eine außerhalb bestimmter Extremsituationen hochgenaue Annäherung an eine grundlegend anders geartete Wirklichkeit. Ist natürlich reine Spekulation.
Dass sie nur eine Annäherung sein kann, ist ja die nahezu unumstrittene Mehrheitsmeinung. (Von "komplett weichen" kann da aber keine Rede sein, ebensowenig wie Newton, Maxwell oder QM weichen mussten, nachdem es vollständigere Theorien gab.) Meine Antwort bezog sich auf die deutlich exotischere Idee, dass sie (oder eine rein klassische Erweiterung)
doch alles sein könnte, was es gibt, oder zumindest alles, was uns zugänglich ist. Halte ich aber wie gesagt nicht viel von.
Zitat von Ipsissimus:hmm, es war mir nicht klar, dass wir unbegrenzt weit beobachten können^^
Können wir natürlich nicht - eine so langsam einsetzende Modifikation des 1/r²-Verhaltens, dass man sie erst auf größeren Skalen als dem beobachtbaren Universum merken würde, kann man wohl nicht ausschließen. Wenn überhaupt, deuten Indizien aber eher auf das Gegenteil hin (stärkere Wirkung auf großen Entfernungen / bei schwachen Feldstärken --> MOND als DM-Alternative), am konsistentesten auf Skaleninvarianz.
Zitat von Ipsissimus: Wir haben doch die Planck-Grenze. Und wir wissen, dass die Stärke von Gravitation mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Sobald die verbliebene Stärke unter der Planckgrenze liegt, ist es doch somit im Grunde falsch oder zumindest irreführend oder wenigstens überflüssig, noch von gravitativer Wirkung einer bestimmten Quelle zu sprechen, oder übersehe ich da was? Diese unendliche Reichweite scheint mir irgendwie nicht gequantelt gedacht zu sein.
Die Planck-Skala ist mehr ein grober Orientungspunkt als ein wirkliches Wissen, dass genau bei diesen Werten irgendetwas spezifisches passieren sollte. Und sie funktioniert genau andersherum: neue (vermutlich QG-)Effekte vermutet man bei hohen Energien (im Falle der Gravitation: ~Feldstärken), also bei kleinen Abständen. Im Grenzfall schwacher Felder gilt ziemlich sicher die normale ART oder eine klassische Erweiterung (MOND etc.).
Zitat von Ipsissimus:Andererseits ist das Spin-2-Argument eigentlich recht zwingend
nur dann, wenn die ART in der gegenwärtigen Form sich im Konflikt mit der Quantentheorie durchsetzt. Wenn sich die ART nur als Annäherung entpuppen sollte, während die tatsächlichen Verhältnisse ganz anders geartet sind, entfällt das Argument möglicherweise. Und dass beide Theorien nicht gleichzeitig in unveränderter Form richtig sein können, ist ja eine der großen Herausforderungen der heutigen Physik.
Das Argument ist gerade, dass eine Quantengravitation Gravitonen mit Spin2 enthalten muss, um im klassischen Grenzfall die Gleichungen der ART zu reproduzieren. Die ART selbst, als allgültig und nicht als Grenzfall (Annäherung) betrachtet, sagt ja gar nichts über irgendwelche -onen oder gar deren Spin aus.
Zitat von Ipsissimus:Was wäre übrigens mit dem Impuls als Unterscheidungskriterium?
Untauglich, da eine raumzeitliche Zustandsbeschreibung, keine inhärente Eigenschaft, eines Teilchens. Ein schnelles Elektron ist ja auch keine andere Teilchenspezies als ein langsames Elektron. Man beachte auch die Bezugssystemabhängigkeit.
Zitat von Ipsissimus:Inwiefern problematisch? (Abgesehen von "insofern, als dass es bisher nicht klappt". )Nur ein Bauchgefühl^^ Gravitonen haben für mich etwas "Geisterhaftes", das ich bei Bosonen bei weitem nicht in dem Maße empfinde, vielleicht mit Ausnahme des Higgs^^ vielleicht kann man ja aus Higgs und Gravitonen eine neue eigene Klasse schmieden^^ außerdem klappt es bisher eben nicht^^
Sollte tatsächlich eine halbwegs naive Quantengravitation gefunden werden, wären Gravitonen auch keinen Deut "geisterhafter" als Photonen. Beides masselose Überträgerteilchen von Wechselwirkungen, die uns im Alltag als "Kräfte" erscheinen.
Was genau sind denn für dich die charakterisierenden Eigenschaften von "Bosonen"? Die Definition fragt an sich nur nach der Ganzzahligkeit des Spins. (In diesem Sinne sind auch manche zusammengesetzte Teilchen bis hin zu Atomkernen Bosonen.) Wichtigste abgeleitete Eigenschaft ist, dass sie keinem Ausschlussprinzip unterliegen, sich also mehrere (elementare) Bosonen am gleichen Ort im gleichen Zustand befinden können. (Einschränkung "elementare", weil man beim Versuch, zwei bosonische Atomkerne ineinanderzuschieben, natürlich in den Bereich kommt, in dem man ihre Konstituenten betrachten muss, die sich dann fermionisch ausschließen bzw. vorher schon elektrisch abstoßen oder per Kernkraft umwandeln.)
Die Einteilung "Bosonen=Kraftteilchen, Fermionen=Materieteilchen" ist auch nur abgeleitet, laut Supersymmetrie kann es ja auch die jeweiligen Umkehrungen geben. Da diese Einteilung im Niedrigenergiebereich aber nunmal gilt, sind die uns vertrauten Bosonen in gewissem Sinne selbst schon "geisterhafter" als die Fermionen - man begegnet ihnen sehr viel öfter als virtuelle Austauschteilchen.
Kurve zurück wie Gravitonen: genau wie es aber auch reelle Photonen (frei propagierenes Licht) gibt, könnte es auch reelle Gravitonen (Quantenbeschreibung frei propagierender Gravitationswellen) geben. Und auch Photonen haben ja ein gutes Maß an "Geisterhaftigkeit", siehe "Selbstinterferenz" und solche Späße...
Zitat von Ipsissimus:aber auch deine Grundregel der Teilchenphysik erklärt mir noch nicht wirklich, warum Teilchen und Antiteilchen sich in dieser spezifischen Weise zerlegen ... huch, das war ja wieder falsch gefragt^^
Gleiche Frage wie zum "andere genauso": was ist für dich die besondere Eigenschaft der Annihilation? Dass
2 Photonen (genauer: >=2) herauskommen? Impulserhaltung. Dass 2
Photonen herauskommen? Reine Wahrscheinlichkeits- und Energiefrage, könnten auch 2 Neutrinos sein, oder bei Annihilation schwerer oder energiereicher Teilchen schwerere Produkte, bis hin zu den komplizierten Jets in Teilchenbeschleunigern.
Zitat von Ipsissimus:andererseits, wenn es so ist, scheint zumindest die ART dafür zu sprechen, dass es in irgendeiner Weise doch mit Gravitation zu tun hat, oder sind dir andere Kräfte/Möglichkeiten bekannt, wie natürliche Phänomene großräumig auf die Raumzeit einwirken können? Dunkle Energie als weitere Grundkraft?
Habe ich je behauptet, dass sie nichts mit Gravitation zu tun hat...? Nichts mit
Antigravitation. Aber DE ist entweder eine Modifikation der Gravitation selbst oder eine "ganz normale", in der Raumzeit vorhandene Quelle für sie, die nur eben nicht "ganz normal" ist, sondern expandierend statt kontrahierend wirkt. Aber eben als verteilte Substanz expandierend auf die ganze Raumzeit, nicht als zwei Objekte abstoßend zwischeneinander.