ShockkInventar


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Vergangenheit ...
Shockk dachte nach. Die spontane, brutale Äusserung von Gewalt seitens Riku hatte ihm nicht nur gezeigt, welche Macht er mittlerweile hatte, sondern ihn auch mit einem anderen Riku konfrontiert, mit dem, der er vorher war.
Der Teil von ihm, der den kleinen, teils schüchternen, teils seltsam aufgeweckten Jungen noch als Freund kannte, wollte und konnte nicht mit ertragen, wie er von dem gewaltigen Schatten, vom Feuer der Dunkelheit, unterdrückt und seiner Kräfte beraubt wurde. Zwar war er nun mehr, er sah die Dinge als ganzes, aber Shockk konnte nicht verleugnen, dass auch er einst anders gewesen war ... schäwcher vielleicht, ja, aber weniger bestimmt durch das ihm aufgebürdete Schicksal.
Er beschloss, dem Jungen einen Besuch abzustatten ... im Geiste.
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Fallen ...
Riku fiel noch immer. Wie Äonen kam es ihm vor, doch das beängstigende Gefühl, keine Orientierung, keinen Halt zu haben und die Ungewissheit seines Zustandes hatten im Verlaufe der Zeit nachgelassen, seine Empfindungen waren stumpf geworden. Die Wesenheit, die sich seiner bediente, gewährte ihm nur flüchtige Einblicke in die Aussenwelt (jedoch war Riku sich nicht sicher, ob dies mit aus einer durch pervertierten Humor ausgelösten Absicht heraus oder durch puren Zufall geschah). Der letzte Eindruck war der eines bestimmten Willens, dann von Flammen ... und für kurze Zeit hatte er einen Anflug von einem Gefühl von Freundschaft ... als wäre er einem alten Freund nahe gewesen, einem Vertrautem ... fast einem Teil von sich selbst.
Während sein Verstand weiterhin gegen den lähmenden Sog des Dunkels ankämpfte, bemerkte er plötzlich eine neue Präsenz, jedoch in unmittelbarer Nähe - hier, in dieser Sphäre, in diesem Gefägniss für seine Seele. Sukzessive verstärkte sich der Eindruck, und ein Schemen nahm in seinem Geist Gestalt an, ungewöhnlich scharf, fast so, als unterläge er nicht den abnormen Gesetzen, den das Dunkel hier allgegenwärtig aufrecht erhielt.
"Hallo, Riku ... es ist eine Weile her ..."
Der Junge konzentrierte sich auf die Gestalt, versuchte, aus dem Schemen einen Körper zu machen, aus den Worten eine Stimme. Eine Farbe kam ihm in den Kopf ... Grau ... und wieder dieses vertraute Gefühl, als wäre ein Freund direkt hier, neben ihm, um ihm in dieser schweren Stunde Gesellschaft zu leisten.
Ha! Er war so nah dran ... Riku konnte fast spüren, wie sich seine Wahrnehmungen zu einem konkreten Gedanken vereinten, wie sich ein eigenständiger Eindruck bildete und sein geist anfing, sich zu erinnern, der Trägheit dieses Raumes zu entrinnen ...
Doch plötzlich war die Gestalt fort. Verzweifelt streckte Riku die begrenzten Sinne, die ihm geblieben waren, aus, doch vergebens, wer auch immer es gewesen war ... er war weg.
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~ PAHH! Du Narr! Niemand pfuscht *MIR* im Geiste herum, das solltest sogar DU mittlerweile gelernt haben! ~
Eine kurze, aber heftige Aufwallung von Wut brach aus ihm heraus, zerriss auf mentaler Ebene die Verbindung, die sich am Rande seines Bewusstseins aufgebaut hatte, zu dem einen Gefangenen, den der Kerker seines Geistes beherbergte, und brachte sowohl den Eindringling als auch ihn selbst aus dem Konzept.
Er konnte sich kaum beherrschen ... musste es jedoch, um seine Kräfte zu sparen. Ungezügelter Zorn war ein ungemeiner Ansporn für die Truppen des Dunkeln gewesen, seit jeher, denn nichts motivierte so wie es die Angst tat. Doch hier waren weder Truppen noch die Möglichkeit, wiesonst zu handeln, und so war die selten genutze Eigenschafft der Beherrschung gefragt ...
~ Wofür hält er sich! Er bildet sich wohl ein, nur weil ihm das Schicksal diese Rolle zugespielt hat, dürfe er machen was er wolle ... dürfe er versuchen, meinen Geist zu manipulieren ... ~
Heftig atmend versuchte er, seinen Zorn zu lenken und sich wieder auf sein Ziel zu konzentrieren. Er musste wachsamer sein, das wusste er nun. Wenn auch diese Inkarnation seines Feindes anders war als die vorhergehenden, so hatte sie doch nichts von der ihr zustehenden Macht eingebüßt ...
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Shockk wurde unsanft auf den Waldboden geschleudert, von einer Kraft, die aus seinem Geist und aus noch viel entlegeneren gefilden gekommen war. Er hatte es bemerkt ... seinen Versuch, Kontakt zu Riku aufzunehmen, zu *dem* Riku, der noch immer der kleine Junge war und nun ein Gefangener in dem wohl grausamsten Verlies dieser Ebene.
Langsam aufstehend rekapitulierte er den Hergang. Er hoffte, dass er Riku hatte erreichen können, wusste nun aber auch, dass dies der erste und letzte Versuch gewesen war.
Noch einmal würde er so eine Gelegenheit nicht bekommen.
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Er erinnerte sich ... es war eine Erinnerung, die bei der Trennung von Melianawe bei ihm verblieben war ... ein Fragment, ein Bruchstück, klein und fragil, aber für ihn an diesem Orte und in diesem Moment von unschätzbarem Wert.
Es war ein Mensch ... männlich, groß, nicht zu stark gebaut ... in unauffälliger Montur bekleidet. Um ihn herum tobte ein Kampf, ein Krieg, und die unterschiedlichsten Krieger und Kämpfer fochten ... für irgendein Ziel, womöglich für jeden ein anderes.
Der Mensch unterschied sich kaum von den anderen ... doch in seinen Augen sag Riku Unmenschlichkeit, Extreme ... Licht und Dunkel, Feuer und Kälte fochten in seinen Augen um die Vorherrschaft, und ohne das er es wusste tobte dieser Krieg auch in seinem Geiste ... er würde bald erfahren, was er war ...
Und um seinen Arm, an seinem Handgelenk, befand sich ein Band, auf den ersten Blick ein schlichtes, kleines Schmuckstück, für das Tragen im Kampfe doch gänzlich ungeeignet ...
Ein Armband ... aus ineinander verfliessenden, grauen Schemen, aus Schatten und Streifen von Licht, die wie Bänder von flüssigem Metall ineinander übergingen, neu hervorkamen und wieder vergingen, in einem nicht enden wollenden Spiel ...
Riku lächelte.
Sein Kerkermeister hatte sein Ziel nicht erreicht. Der Junge wusste nun, wer ihn zu erreichen versucht hatte, und das gab ihm neue Kraft ... Kraft, sich zu widersetzen. Seine Freunde waren noch irgendwo da draussen ... und sie hatten ihn nicht vergessen ...
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Mittlerweile hatte Shockk sich wieder aufgerappelt ... und beschlossen, noch einen weiteren Besuch zu wagen, diesen auf einer Ebene, die er selten besucht hatte, in all den Jahrtausenden, die er nun bereits durch die Sphären gewandelt war. Es war eine Welt, in der es keine Materie gab, keine Luft, nichts konkretes, und die doch vor Leben, vor Energie und Kraft nur so strotze.
Er konzentrierte sich kurz, und fand sich wieder in diesem ... Raum. Der Teil von ihm, der mehr Schemen war als alles andere, "flog" über das Land, suchend, und wurde schneller, als er sein Ziel gefunden hatte ...
Im Geiste flog er knapp an der Dämonin vorbei, und, hätte es hier Luft gegeben, so wären ihre Haare im Sog seines Fluges aufgewirbelt worden und wären dann langsam wieder nach unten geglitten. Ohne zu wissen, wer oder was sie berührt hatte, drehte sie sich ruckartig um, doch es war nichts zu sehen. "Seltsam", dachte die Dämonin, die, obwohl dies doch ihre Welt war, sich hier fremder fühlte als so manch andere Kreatur. Sie beschloss, sich keine weiteren Gedanken zu machen, doch unwillkürlich, aus einem spontanen Impuls heraus, aus einer Empfindung, deren Ursprung sie sich nicht erklären konnte, musste sie lächeln.
Was immer es gewesen war, dass sie berührt hatte ... es schien ein freundlicher Geist gewesen zu sein ...
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