Winterseelen

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
Ceyx
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Mi 22. Sep 2004, 09:20 - Beitrag #1

Winterseelen

Am Anfang stand da Dunkelheit.
Sie war Ursprung und Beginn allen Seins, endlose, finstere Dunkelheit. Auch sie entsprangen derselben Finsternis, die Fremden. Es war eine Rasse, alt, so alt, wie die Zeit selber. Sie hatten die allerhöchste Technologie gemeistert, die Fähigkeit, physikalische Realität allein durch ihren Willen zu verändern.
Doch ihre Rasse starb…
Sie starben, einer nach dem anderen. Ihre endlose Suche, danach, ewiges Leben zu gewinnen, brachte sie zu einer kleinen, blauen Welt, weit am Rande des Universums.
Zu unserer Welt…



Sei eingeladen, du, der diese Zeilen gelesen hat, fort zu führen.
Es gibt keine Regeln.
Es gibt keine Grenzen.
Nur die Fantasie an sich.
Nimm Teil, an der Zerstörung der Welt, oder stell dich ihr entgegen. Wie es dir beliebt.
Spiele eine Rolle, oder nimm dir tausend. Es ist deine Wahl.
Erschaffe.
Lass die Geschichte leben.




Ein Telefon.
„Du hast…Angst…bist verwirrt…es ist okay…“
„Wer sind sie?“
„Ich bin…ein Doktor…Hören sie zu…sie haben keine Erinnerung. Etwas ist schief gelaufen, ihre Erinnerung wurde ausgelöscht…verstehen sie?“
„Nein, ich verstehe nicht!“
„Hören sie zu, es kommen Leute, sie suchen nach ihnen. Sie dürfen sie nicht kriegen. Sie müssen rennen, hören sie?“
Die Leitung knackt und Stille dringt durch den Hörer.
„Hallo?....Hallo?“
Ein Frösteln läuft über seinen Rücken, und er zittert. Sein Kopf dröhnt. Er schaut den Hörer des Telefons an, versucht den Worten, die er gerade gehört hat, eine Bedeutung abzugewinnen. Er lässt ihn fallen, macht einen Schritt aus der Telefonzelle, die keine Scheiben mehr besitzt, heraus. Sein Blick geht umher, schweift über die heruntergekommenen Häuser, über die Trümmer. Ein kalter Wind bläst Staub vor sich her. Ein Rascheln.
Wo ist er?
Was tut er hier?
Ein Licht flammt auf, am Ende der Strasse, so hell, dass er schützend seine Hände vor seine Augen hebt. Eine Gestalt kommt aus dem Licht, nur einer Silhouette gleich, ein Schatten, der in die dritte Dimension gekommen ist. Er blinzelt. Gewaltige Schwingen fahren durch das Licht.
Die Augen des Schatten, er kann sie spüren, wie sie auf ihm liegen, wie sie ihn fixieren.

Ein Kreischen von Rädern, die mit aller Gewalt über kalten Asphalt rutschen. Das Rattern von Gewehrkugeln, die flammend den Lauf einer Waffe verlassen. Die Kugeln fliegen auf die Gestalt mit den Schwingen zu, schlagen Welle auf dem Licht, wie Steine, die die Oberfläche eines Sees durchbrechen, reissen Löcher in die Flügel, die sich sofort wieder schliessen.
Der Wagen, ein Jeep, ohne Dach und Türen, rast an ihm vorbei, der Fahrer steigt auf die Bremse, und das Fahrzeug kommt quer über die Strasse zum stehen. Sofort stehen zwei da, mit dem Gewehr am Anschlag, feuern. Die Abzüge trommeln gegen die Patronen. Der Schatten streckt beide Arme seitlich nach oben, als wolle er die Kugeln auffangen. Ein Klicken. Zwei Magazine fallen zu Boden. Der Schatten nimmt seine Hände nach unten, fixiert den Wagen, sieht seine Angreifer an. Seine Flügel schlagen, schwer klingt ihr Schweifen in der Luft. Mit einem Ruck reist er seine Hände nach vorne, gefolgt von seinen Flügeln. Seine Fingerspitzen berühren sich. Ein langer, gerader Riss entsteht zu seinen Füssen, pflanzt sich nach gerade vorne weiter, genau auf den Jeep zu. Der Asphalt reisst trocken. In dem Moment, in dem der Riss den Wagen erreicht, steigt eine Flammensäule zum Himmel.

Er stolpert einen Schritt zurück, reisst wieder die Arme vor das Gesicht. Hitze berührt ihn. Er stürzt herum, läuft los. Das Krachen und Bersten hinter ihm steigert sich zur Agonie, als das Autowrack, durch die Luft geschleudert, wieder auf den Boden prallt. Scharfkantige Splitter fliegen davon, Scherben und Flammen. Er rennt. Angst überkommt ihn. Weg von der Strasse, in eine Gasse. Dreck wirbelt unter seinen Füssen auf, kaputtes Glas knirscht unter seinen Füssen. Blinde Fensterscheiben ziehen an ihm vorbei.

Inspired by Diary of Dreams: One of 18 Angels

Amy
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Fr 24. Sep 2004, 22:02 - Beitrag #2

Der Raum überfüllt und stickig, kein Fenster, kein Licht. Mit Müh und Not erkennt man seinen Gegenüber, um sich zu vergewissern, dass man nicht alleine in dieser Dunkelheit ist. Joanne saß in einer Ecke und nickte ständig ein. Mit einem erschöpften Blick starrte sie nach vorne und hoffte, die Konturen eines Gesichts zu sehen – nichts. Sofort sank ihr Kopf wieder auf die Brust und mit einem Zucken riss sie ihn wieder hoch. Sie wollte nicht schlafen, denn sobald sie weg war, im Land der Träume, würde sie auch niemand mehr wecken.. „Schläft am helllichten Tag.“, bellte jemand neben ihr. Er musste wohl ihr Gezucke mitbekommen haben, dieses ständige Einschlafen und qualvolle Erwecken. Jo verkniff sich eine freche Antwort, sollte der doch sagen, was er wollte. Sie sah ihn ja nicht einmal. Diese Dunkelheit machte sie krank. Zwei Mal am Tag erbrach sie. Sie flehte, die Tür nur für einen Moment zu öffnen, aber niemand tat es. Sie wollte nur für einen Moment Luft schnappen und etwas sehen. Aber niemand verließ diesen kleinen dunklen Raum. Vor zwei Tagen waren einige rausgegangen, doch sie hatte es verschlafen, und noch nicht zurückgekehrt. Angespannte Stimmung im Raum. Im Raum, wo sich nur Fremde gegenübersaßen, Fremde, die nur eines gemeinsam hatten: Sie wollten nicht zusehen, wie die Welt untergehe in dem dunklen Meer. Alles besessene Kriegsleute? Vielleicht. Jo gehörte zu ihnen. Erst seit knapp einer Woche. Sie war nur bei dieser „Geheimgesellschaft“, wie sie sich hinter hervorgehaltener Hand selbst nannten, weil sie alleine Angst hatte. Aber jetzt würde sie lieber sterben, als hier zu sitzen. Sie wollte nach Hause, mit jemanden sprechen, der noch normal war. „Wie lange noch?“, stieß sie hinter den Zähnen hervor und strich mit den Fingerkuppen über den Lauf ihrer Waffe. Lasst mich raus!, schrie jemand in ihrem Kopf. Lasst mich raus, bevor ich hier verrecke, ihr Mistkerle! Feiglinge seid ihr, wieso versteckt ihr euch? Ihr müsst die Einzigen sein, die sich verstecken!! Der Mann neben ihr stöhnte auf und ihr inneres Auge sagte ihr, dass er sicherlich mit den Augen rollte. „Wie lange noch, fragt das Kind. Geh doch, wenn du willst. Hält keine paar Tage in Finsternis und Isolation aus, das Kind. Hartes Training und das Kind gibt schon auf.“, brummte er. Jo suchte an der Wand Halt und als sie stand, geriet sie in Versuchung, ihn zu treten, wer immer er auch war. Keiner nannte sie beim Namen, obwohl es doch ganz einfach sein müsste, weil sie die einzige Frau in dem Raum war. „Mein Name ist Jo.“, zischte sie und tastete mit den Fingern in Richtung Tür. Alle zwei Sekunden trat sie gegen jemanden und ließ es nach dem dritten Mal mit „Entschuldigung“. Am anderen Ende des Raums sah sie nur den Schlitz wenigen Lichtes unter der Tür hereinleuchten. Ihre Füße kamen ihr steif und neu vor, und das nach so wenigen Schritten. Zu lange war sie in einer Ecke gesessen, zu lange hatte sie geschwiegen, zu lange sich mit allem zufrieden gegeben. Lasst mich raus!
Sie war der Tür bereits ziemlich nahe, als ihr jemand den Gefallen tat und von außen öffnete. Die plötzliche Helligkeit, auch wenn es nicht viel war, was ihr jedoch so vorkam, ließ sie zusammenzucken. Krampfhaft presste sie die Augen zusammen und hielt sich die Hände vors Gesicht. Kalte Luft berührte ihre trockenen Lippen. Sie öffnete langsam den Mund und sog die Luft so stark ein, als wolle sie sich daran betrinken. Was war es für ein gutes Gefühl. Ihre Augen gewöhnten sich nach und nach, es dauerte keine Minute um ehrlich zu sein, da starrte sie in ein männliches Gesicht. Die Linke Seite mit Splittern durchbohrt. Kein schöner Anblick. „Oh mein Gott.“, stieß sie angewidert hervor und musterte ihn. Alle Augen waren auf den Mann gerichtet. Vielleicht war er einer der, die vor zwei Tagen den Raum verlassen hatten. „Der Wagen ist in die Luft gegangen. Alle draufgegangen.“, flüsterte er außer Atem und es schien, als wäre ein Signal gefallen. Ein Signal, auf das alle in diesem Raum so lange gewartet hatten, ohne es zu begreifen. Die Männer bewegten sich, erhoben sich zu ihrer vollen Größe und strömten aus dem Zimmer. Jo wurde unsanft in die Gasse geschubst, von denen es in der Stadt so viele gab. Sie krallte ihre Finger in die Mauer und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Sie blinzelte, sah sich um. Alle aus dem Raum gingen Richtung Westen und niemand beachtete sie. Sie, das junge Ding neben der Tür mit den tiefroten Haaren. Nur einer drehte sich um, bevor er um die Ecke bog und Jo vermutete, dass das derjenige gewesen war, der neben ihr gesessen war. Jo sank auf die Knie und küsste den Boden. „Endlich hab ich dich wieder.“, lächelte sie. „Ich dachte schon, die Irren lassen mich gar nicht mehr weg..“ Sie stand auf, steckte ihre mickrige Waffe in die Tasche des zu großen Trenchcoat, der in dem Raum gelegen war, und stolperte wie benommen nach Osten. Ein verräterischer scharfer Wind ging. Kein gutes Zeichen. Sie knöpfte den Trenchcoat zu und stellte den Kragen hoch. Die Gasse war verlassen, nur überfüllt mit Müll. Wo würden die anderen jetzt hingehen? Und welcher Wagen war in die Luft gegangen? Jo hustete, ein leichtes Würgen und nach vorne beugen. Nachdem nichts ging stellte sie sich wieder aufrecht hin und kämmte sich ihr Haar mit den Fingern nach hinten. Ihre Hand zitterte, war bleich wie die einer Toten. Ihr Mund war trocken und schmeckte widerlich nach Erbrochenen. Und der Hunger in ihrem Magen hatte sich nun bereits zu einem nicht endenden Schmerz hinausgedehnt. Irgendwo musste doch jemand sein, der etwas zu Trinken hatte und einen Bissen Essen. Jo schlang die Arme um den Leib und dachte daran, ob die anderen sie wirklich hätten sterben lassen, wenn der Verletzte nicht gekommen wäre. Wahrscheinlich hätten sie es nicht mal mehr mitbekommen.
„Hilfe?“, stieß sie aus sich heraus, mit so viel Schmerz. Hunger, Durst, Einsamkeit. In der Ferne fielen Schüsse und Jo begann irgendwann mit ihren steifen Beinen zu rennen. Weg von allem, immer wieder etwas vor sich hinmurmelnd. Sie konnte damit leben, erschossen zu werden, aber zu verhungern? Welche Schande würde über sie kommen, über ihre Familie.. Und wo war ihr Bruder? Der Rest der Familie?

Ceyx
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So 26. Sep 2004, 22:55 - Beitrag #3

Atemlos.
Er sinkt nieder, gegen eine Wand.
Wie lange ist er gerannt? Wohin ist er gerannt?
Sein Blick geht hoch, gleitet über die tauben Hauswände, über die blinden Fensterscheiben, die über und über mit Dreck bedeckt sind.
Sein Kopf versucht, dem, was er gerade erlebt hat, eine Erklärung abzugewinnen. Wieder und wieder hört er die Worte, die komisch verzerrt, aus der Hörmuschel des Telefons dringen. Seine Erinnerung...
Sie geht nicht weiter zurück. Er kann sich nur erinnern, wie er in dieser Telefonzelle steht und den Telefonhörer an sein Ohr hält. Nix zuvor. Und dann, rennen. Das Auto. Die Schüsse. Die Gestalt, im Schatten, mit den Flügeln.
Das ist alles.
Seine Gedanken schnellen in die Gegenwart. Hier müssen doch irgendwo Menschen sein. Die Bewohner dieser Häuserruinen. Jemand, der ihm helfen kann. Jemand, der ihm sagen kann, was er hier tut, und was die Leute hier tun, mit den Waffen und was die Gestalt hier tut, mit den Schwingen.
Keine Antworten.
Keine Massstäbe in seinem Kopf, an denen er die Wirklichkeit messen könnte.
Endlich steht er wieder auf. Endlich geht er weiter, stolpernd, ohne Eile und ohne Hoffnung. Weil es da nichts gibt, auf das er hoffen könnte, so sehr er auch seinen Kopf immer und immer wieder durchforscht. Keine Wärme, an den Enden seiner kalten Synapsen, die wie unter Strom blinde Signale immer und immer wieder hin und herschicken, versuchend, Verbindungen herzustellen, die da sein sollten, aber es nicht sind.
Er stolpert weiter...
Als sie um die Ecke kommt.
Er kennt sie nicht. Wie sollte er auch?
Sie sieht ihn und scheint ihn ebenso wenig kennen, greift in einer kalten, genau bedachten Geste in ihre Tasche und zieht eine Waffe hervor.
"Wer bist du?"
Er antwortet nicht, da er selber diese Antwort nicht weiss. Sie schreitet auf ihn zu, bleibt nur zwei Armeslängen von ihm entfernt stehen, die Waffe erhoben.
"Wer bist du?"
Die selbe Antwort steht am Ende dieser Frage, eine Antwort, die er immer noch nicht geben kann.
"Verdammt..." flucht sie. "Antworte!"
Ihre Stimme ist jenseits jeder Befehlsgewalt, nur schwach und müde, heiser.

Amy
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Mo 27. Sep 2004, 18:20 - Beitrag #4

Jo zitterte. Die Waffe gegen jemanden zu erheben, der stärker als sie wirkte - wie dumm war sie? Aber er stand einfach nur da, teilnahmslos, still. Er wirkte nicht wie jemand, der sie jeden Moment töten könnte, nein, er wirkte nicht wie jemand, der die Absicht hatte, seinegleichen zu töten. Sie verfiel in einen Hustenanfall und hatte bereits erneut das Gefühl, zu erbrechen, aber nichts. Dieses sinnlose Würgen bereitete ihr Schmerzen. Sie sank auf die Knie, strich sich den roten Pony zurück und holte tief Luft. Doch die Waffe hatte kein einziges Mal ihr Ziel gewechselt.
"Mensch, was soll das?", stöhnte sie und sah ihn genervt an. "Entweder du sagst mir, wer du bist, oder ich knall dich ab." Sie rappelte sich wieder auf die Beine, blickte sich kurz über die Schulter und vergewisserte sich, dass da niemand war. Das Gefühl, dass Augen auf ihren kraftlosen Körper ruhten, ließ sie nicht los. "Sag mir wenigstens, auf welcher Seite du stehst. Denn wenn du einer von denen bist, ist mir ziemlich egal, wie du heißt." Jo zwang sich zu einem flüchtigem Lächeln, auch wenn sie Angst hat. Dass dieser seltsame Kerl nicht antwortete, hieß, dass er nachdachte. Vielleicht dachte er gerade nach, wie er ihr die Waffe aus der Hand schlagen konnte und so dann schnell seine eigene ziehen konnte. Sie registrierte jede seine Bewegung, auch, als er den Mund öffnete und sagte, er habe sein Gedächtnis verloren.
"Das ist jetzt ein dummer Scherz, nicht wahr?", sagte sie ungläubig. Das musste doch eine Falle sein. Verdammt, sie hätte sich nicht von dieser irren Männergruppe trennen sollen..

Ceyx
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Di 28. Sep 2004, 21:57 - Beitrag #5

Vielleicht hatte sie auch die richtige Entscheidung getroffen...

Die Männer rannten. Ihre Waffen im Anschlag und ja, sie wussten auch, warum sie rannten.
Zu kämpfen.
Vielleicht zu sterben.
Allen voran ein Mann. Vielleicht würden ihn manche ein Anführer nennen, auch wenn er es selbst nie getan hätte. Aber er war einer dieser Männer, die auffielen, wenn er in einer Gruppe stand, dann waren seine Worte meist die wichtigsten und die schwersten, aber auf jeden Fall die richtigsten. Und nun rannte er voran viele folgten ihm, weil er da war, weil er da rannte, und weil er ja da rannte, so schien es, konnte ihr Kampf doch nicht sinnlos sein.
Obwohl jeder wusste, dass es sinnlos war.
Auch er.
Er würde nie um Gnade bitten.
Das brennende Autowrack tauchte vor ihren Blicken auf und dahinter stand der Schatten immer noch, still, schweigend, mit Schwingen, gewaltig und wunderschön, als hätte er auf sie gewartet.
Es war so wie sie es immer geübt hatten. Nun kannte jeder die Schritte, die er machen musste, als sie sich auffächerten, und ihre Waffen anlegten.
Und wieder er voran, in der ersten Reihe.
Und es war, als würde der Schatten ihn direkt anblicken.
Und als würde die Zeit stehen bleiben.
Und engelhafter Gesang drang aus der Welt.

Bin ich sterblich? Bin ich Gott?
Scheine ich heller, als ich je geglaubt hätte?


Dann löschte der Engel sie aus, mit einer knappen Bewegung, verbrannte er ihre Körper und ihre Haut und ihre Knochen und selbst den Staub, zu dem sie zerfallen war, löschte sie aus, vernichtete sie, in ihrer puren Existenz, als hätte es sie nie gegeben, die Männer, die blind in die Dunkelheit gefolgt waren, geführt von einem Mann, der selbst nicht sehen konnte, nur ein Flüstern in ein taubes Ohr, obwohl da keiner gewesen wäre, der reden konnte.

Amy
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Do 30. Sep 2004, 12:36 - Beitrag #6

Joanne drehte sich um, schob die Waffe ein und suchte alles ab. Sie suchte und suchte, ohn zu wissen, nach was. Alles war kahl und grau. Eine tote Stadt. Mit toten Menschen. Es kam ihr vor, als hätte man die Erde begraben.. Erneut war da Angst, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie war gerade mal achtzehn, sehr schreckhaft, aber eine gute Schützin. Wo war ihr Bruder?! Ohne ihn war sie vollkommen verloren. Er war wie ein Schatten für sie gewesen, der sie ständig vor anderen beschützte und ihr das Gefühl gab, nicht alleine zu sein. Und wo war er jetzt? Verschwunden! Er hatte sie alleine gelassen, um ihr damit zu zeigen, dass sie alle alleine sind. Vom ersten Schrei nach der Geburt bis zum Ende. Er hatte das Buch, ihr Buch - und sie brauchte es, dringender als Schutz. Und da war dann dieser Fremde, der sein Gedächtnis verloren hatte - wenn sie ihm glauben konnte. Vielleicht war er auch einfach nur ein Spion, ein Verräter seiner Rasse. Was wusste sie schon, was in ihm vorging. Es half auch nichts, ihm alles mögliche vorzuwerfen, er wusste ja nichts mehr. Was er wohl fühlte? So ohne Erinnerung, ohne Wissen über sich selbst. "Meinetwegen kannst du mich begleiten, bis dir vielleicht wieder was einfällt.. Zu wem du gehörst oder wo du wohnst, irgendwas brauchbares...", sagte sie nuschelnd und kaute auf ihrem Finger herum. Es wäre egoistisch, ihn alleine herumirren zu lassen, da konnte sie ihn ja gleich ihnen überlassen. Im Übrigen: Vielleicht würde er ihr das Gefühl von Schutz geben und ihr helfen, ihren Bruder zu finden. "Nur, wenn du willst, versteht sich. Ich bin Jo." Sie sah sich über die Schulter und lächelt ihn flüchtig an, doch ihre rechte Hand hielt in der Tasche des Mantels immer noch die Waffe..

Ceyx
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Do 21. Okt 2004, 19:51 - Beitrag #7

Wenn er will.
So hat sie gesagt und er folgt ihren Schritten, sich fragend, ob er wirklich ihr folgen will. Oder ob sie wirklich will, dass er ihr folgen will. Oder ob sie ihn einfach eingeladen hat, mitzukommen, weil sie niemanden anderen hatte, der ihr hätte folgen können. Immerhin war das ja, angewendet auf ihn, sein Grund ihr zu folgen. Er hat niemand anderen, dem er folgen könnte.
Während er schweigend ihr folgt, fängt es an zu regnen, und ihm ist es, als würde der Regen irgendwo anders das Blut von der Strasse waschen.

Oder es ist ihm, als würde der Regen gierig mit Fingern in seinen Wunden stochern, als dunkler Schmerz sich in seinem Kopf dreht und seine Augen in die Dunkelheit sehen, die Welt sich aus den Fugen fallen lässt, während er nach hinten kippt, dem Schmerz Bruder, die Stimme in seinem Kopf hört, die flüsternd schreit, in Agonie, herzerwärmend und abstossend zugleich...

Regen fiel, fiel immer noch. Und er wusch das Blut von der Strasse, das Blut, das Blut derer, die da gerannt waren, ihrem Feind zu, dem Engel.
Dem Engel, der nun wieder ganz ruhig dastand.
Ohne Bewegung, nur ein Schatten einer Statue, die vor Ewigkeiten zerfallen war. Er stand da und starrte dorthin, wo das Blut von der Strasse gewaschen wurde, lange, dunkelrote Rinnsaale, die einst Leben bedeuteten. Er hatte sie ausgelöscht, mit einem Blick, hatte sie nicht getötet. Er hatte sie von dieser Erde getilgt.
Und nun stand er da.
Ist Ignoranz euer Glaube, eure Liebe nur verzerrter Hass?
Ist Rettung euer Gefährte oder schlaft ihr noch, während ich wacht?
Ist dieser Platz, den ihr Heim nennt, geschmückt von eurer zerstörenden Vertrautheit?
...
Närrische Sterbliche.

Und der Engel verschwand.

Amy
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Fr 29. Okt 2004, 13:51 - Beitrag #8

Jo irrte in den Straßen umher, der Fremde folgte ihr, schweigend. Er sah sich jedes einzelne Eck an, jede Straße blickte er entlang, als würde er hoffen, dass er etwas kannte. Dass er das kaputte Fenster mit den angekokelten Vorhängen schon einmal gesehen hatte. Aber es war nicht so. Alles vollkommen fremd. Wie ein neugeborenes Kind, dass alles zum ersten Mal sieht.
"Irgendwann..", sagte Joanne leise und drehte sich um. Er sah auf. "Irgendwann wirst du dich an irgendetwas erinnern. Das ist immer so." Ihre Worte schienen nichts zu bewirken. In seinen Augen lag immer noch dieser Ausdruck von Verwirrung. Sie ahnte, was in ihm vorging, aber sie wusste es nicht. SIe konnte nicht wirklich mit ihm mitfühlen.
"Irgendwann..", wiederholte er leise. "Ja, irgendwann." Die junge Frau nickte und kehrte ihm wieder den Rücken. Der kalte Wind wehte wieder. Die Kälte schlich sich durch den fremden Mantel und berührte ihre schneeweiße Haut. Sie hustete, klopfte sich auf die Brust und blieb kurz stehen. Für einen Moment sank sie etwas in sich zusammen, dann wuchs sie wieder zu ihrer vollen Größe heran und ging weiter. "Aber ich muss dich irgendwie nennen können.. Sag mir irgendeinen Namen, der dir auf der Zunge liegt.", keuchte sie und räusperte sich.

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Mo 1. Nov 2004, 22:42 - Beitrag #9

Ich werde all eure Berge mit meiner dunkeln Seele bedecken,
werd euch bald schon die Wahrheit quälend vor Augen führen, hab ich doch nie viel von euch verlangt,
ich werde dann die Zerstörung schmecken, während die Gestirne sich blutrot verfärben,
und werde eure seufzenden Seelen in mich aufnehmen und dann endlich eure schlafende Lüge vom Antlitz dieser Welt fegen


Seine Stimme sprach, flüsternd wiederhallend, in den Gedanken aller, die ihn hören wollten, eine Stimme in den Seelen aller, die mit leeren Augen, leerem, glasigem Starren die wahren Gefühle noch in den Wunden und Narben wühlen spürten, müde von einem Leben, dass doch nie wirklich ihr eigen war, hörten sie diese Stimme immer und immer wieder und viele folgten ihr.

Wenn ihr wolltet, könnte ich mich weniger um euch kümmern...
Aber glaubt ihr wirklich, die Lüge wird am Ende bewölkte Himmel für euch auseinanderreissen?


"...ich..." er denkt lange nach, glaubt immer wieder, etwas in seinem Kopf greifen zu können, doch es kann ihm, von Mal zu Mal wieder entgleiten, entwischen und verschwinden, in den tiefen seines Kopfes.
"So kann ich dich schlecht nennen..." Sie hat sich wieder ganz aufgerichtet, und für den flüchtigen Bruchteil einer Sekunde, fragt er sich, ob sie wohl krank ist.
"Ich werde dich Adrian nennen..." meint sie schliesslich nachdenklich. "Mein..."
Sie bricht ab.
"...jemand, den ich kannte, hies so...du erinnerst mich irgendwie an ihn..." fügt sie schliesslich mit einem Lächeln, dass ihn mehr verwirrt, als dass es ihm freundlich vorkommt. Schliesslich nimmt er, stumm nickend seinen neuen Namen an.
"Weisst du...diese Welt ist irgendwie krank..." Splitter knirschen unter ihren Füssen, eine Fensterscheibe, die vor Ewigkeiten, so scheint es, aus ihrem Rahmen gefallen ist.

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Do 25. Nov 2004, 12:14 - Beitrag #10

Er hört ihre Worte, doch hört sie nicht. Es ist immer noch der Name, den sie genannt hat, der durch seinen Kopf schleicht.
Adrian...
Und wie sie ihn angeschaut hat.
Er erinnert sie an jemanden...
Sein Herz klopft schneller. Vielleicht erinnert sie ihn auch an jemanden?
"Kommst du?" Das Knirschen hält inne, als sie sich noch einmal umdreht. Nickend nimmt er ihren Weg auf, erst schweigend, in Stille.
"Was meinst du mit krank?" Schliesslich nimmt er doch wieder das Wort auf, ihres um genau zu sein, dieses, wovon er noch immer nicht sicher ist, ob er es gehört hat, oder nicht.
Ein Lachen, humorlos, verlässt ihre Lippen.
"Du hast wirklich keine Ahnung...von nichts, was?" Sie dreht sich zu ihm um, lächelnd. Warm lächelnd.
"Vielleicht solltest du darüber glücklich sein...Wie ist es, nichts zu wissen? Ist es wie...zu vergessen?"
...
Endlich..."Ich weiss nicht..."
Ihr Lachen wird heller, lauter. "Wie könntest du auch!"
Stirnrunzelnd blickt er sie an, flehend, dass sie ihm wenigstens ein wenig Klarheit schenke. Das Gegenteil ist der Fall, als sie auf ihn zugeht und die Hand auf seine Schulter legt.
"Wir sind Menschen. Und wir sind nicht alleine. Soviel musst du wissen, alles andere erkläre ich dir, wenn wir an einem sicheren Ort sind, ja?"
"Sicheren Ort?"
"Jaa...einem Kern...eine der inneren Städte...ist nicht weit..." meint sie vage. "Kein Vergleich zu Babylon, natürlich." Lachend, in die Hände klatschend.
"Gehen wir!"

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Di 7. Dez 2004, 14:37 - Beitrag #11

Sie marschierten lange dunkle Gassen entlang, krochen durch kleine Öffnungen von großen Toren, die als Barrikaden dienen sollten und stiegen über manche Leichen hinüber. "Ein Weg, gepflastert mit Toten wird Euch gegeben sein." Jo drehte sich um und starrte ins Nichts. "Hast du was gehört?", erkundigte sich Adrian und drehte sich auch um. "Nein, ich wünschte es wäre so.", flüsterte sie und sah ihm eindringlich in die Augen. Ein Satz schwebte wie ein Gespenst im Kopf. Ein Satz aus dem Buch, dass der wirkliche Adrian, wo immer er auch jetzt war, hatte. "Ein Weg, gepflastert mit Toten wird Euch gegeben sein. Gefolgt von Angst tretet Ihr Euren Ängsten entgegen."
"Ja, es ist furchtbar still.", sagte er nickend und riss sie aus ihren Gedanken.
"Zu still. Irgendwas stimmt nicht. Nein. Irgendetwas ist passiert. Sie müssen abgelenkt sein, an irgendeinen Ort, vereint."
"Sie?"
"Die himmlischen Wesen, geschickt auf die Erde um ihn von der Sünde und dem Leid zu reinigen." Sie lächelte. Das hatte ihre Großmutter damals mit zitternder Stimme und erhobener Hand verkündet, wie ein Prophet in der Bibel. Lächerlich..
Adrian sah zum Himmel, versank in ihren Worten. "Engel?"
"Wohl eher Teufel." Mit diesen Worten ging sie weiter, schickte einen Fluch mit geballter Faust gen Himmel und verbäugte sich scherzhaft.

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Mi 8. Dez 2004, 20:26 - Beitrag #12

Der Priester I
Er stand da, vor den ausgebrannten Resten einer kleinen Kirche, in die untergehende Abendsonne starrend, wie jeden Abend. Er kann die Wolken sehen, die sich zusammengezogen haben, im Norden, vor so langer Zeit. Er konnte das blinde Auge des Turmes spüren, dass mit seinen kalten Fingern über die Erde streichelte. Mit einem Seufzer setzte er sich schliesslich auf den Stuhl, den er da hingestellt hatte, schlug ein Buch auf und fing an, mit ruhiger Hand zu schreiben.
Wenn er die Augen schloss, abends und sich ins Bett legte, konnte er die Stimme hören, die mehr und mehr seiner Schafe mit sich zog...
Waren sie der Grund, warum er nicht in einen Kern gegangen war? Nein, er würde auch hier bleiben, wenn alle weg sein würden...
Er glaubte an Gott und an die Kraft Gottes, zu der er jede Nacht seine Gebete sendete, bittend, ihm Kraft zu schenken der Schlange, die sich in seinen Schlaf kroch, zu widerstehen...

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Mi 15. Dez 2004, 14:46 - Beitrag #13

Gegen Abend schlichen sie in ein verlassenes Haus, dass vollkommen zerstört war. Überall rannten Katzen umher, von denen man lediglich die Augen in der Finsternis erkannte. Sie suchten Nahrung, einige Mäuse, die sich hier her verirrt hatten und leicht zu überraschen waren. Hunger bereitete auch Adrian und Joanne größere Probleme. Im obersten Stockwerk betraten sie ein Zimmer, dass noch unberührt war. Das so aussah, als hätte sein Besitzer es gerade verlassen, um schnell noch eine zusätzliche Decke zu holen, weil es eine kalte Nacht werden würde. Joanne ging zu dem alten schweren Schrank und öffnete ihn. Fliederduft strömte ihr entgegen und sie sog ihn erschöpft ein. Ihre dürren bleichen Finger durchsuchten die Kleidung nach Nahrung. Manche hatten damals etwas in die Manteltaschen gesteckt, als Sicherheit. Und so war es auch. In einem langen Stoffmantel war eine trockene harte Semmel und ein kleines Fläschchen. Adrian saß auf dem Bett und sah sich die Bilder auf dem Schreibtisch an. Sie zeigten eine Familie, glücklich, ohne Sorge. Ein Bild, das entstanden war, vor dieser schrecklichen Zeit, ein Bild an das sich der Besitzer in all der schlimmen Zeit geklammert hatte, Hoffnung gesucht hat. Und nichts genützt hat. Die Fenster waren zersprungen, lagen als Glasscherben auf dem Boden verteilt und hier und dort sah man eingetrocknetes Blut. Joanne biss in die Semmel und riss gleichzeitig die Hälfte ab. Kauend reichte sie sie Adrian, der sich bedankte und auch aß.
Seufzend ließ sich Joanne neben ihn nieder und würgte die Semmel hinunter. Ihr Magen machte seltsame Geräusche, als würde er sie fragen, was das sei, was sie da aß, da er solange leer geblieben war. Und eigentlich wusste Joanne, dass sie im Laufe der Nacht wieder erbrechen müsste, weil sie einen zu empfindlichen Magen hatte, aber es war ihr egal. Dieser kurze Moment des Satt sein genügte. "Wir sollten etwas schlafen, um kurz nach Mitternacht weiter zu ziehen. Einverstanden?" Sie lächelte ihn an, stand auf und verriegelte die Tür mit einem Stuhl.

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Fr 17. Dez 2004, 18:26 - Beitrag #14

Die Welt dreht sich vor seinen Augen, wird, von den Schatten seines Traumes, der immer noch gierige, klebrige Finger um ihn legt, zu der Decke im Wiederschein einer Kerze, die flackernd Bewegung wirft, von Dingen, die es nicht gibt.
Er wirft sich auf die Seite, als die Schwärze sich zurückdrängt und seine Umgebung Form annimmt. Ein Bett, das ist ein Bett, auf dem er liegt. Die Matratze ist alt und riecht nicht mehr gut. Da steht ein Tisch, in diesem Raum, bedeckt mit alten Blättern, beschriftet in einer unleserlichen Handschrift, da stehen Bilder mit Gesichtern, die ihn für die Ewigkeit anstarren, gefangen. Da liegt ein Stuhl, der einst dagestanden hatte, vor der Türe, die nun offensteht.
Jo?
Der Name bildet ein schwaches Echo, ein stärkerwerdendes, dass ihn schlussendlich aufwachen lässt und ihn feststellen lässt, dass er allein ist.
Er ist auf den Füssen, viel zu schnell. Sein Blut fliesst aus seinem Kopf und die folgende Leere lässt ihn stolpern, lässt ihn Schmerz spüren.
Aus der Türe hinaus, nachdem er wieder klar sehen kann. Ein Husten, Keuchen. Kerzenschein von unweit, den Gang hinuter, durch eine andere Türe. Ein Badezimmer.
Jo...
Sie kniet vor der Toilette, sich übergebend, obwohl ihr Magen schon lange leer ist. Schmerzhaft verkrampft gibt er nur noch bittere Galle frei.
Er steht da, möchte ihr helfen, doch selber hilflos. Endlich verlassen die Krämpfe ihren Körper und sie gleitet zur Seite, wo sie schliesslich sitzen bleibt. Ihn anstarrt.
"Es ist komisch...nicht? Ich meine...kein Wasser...die Spülung ist funktioniert nicht und trotzdem...Scheissgewohnheit."
Schweigen breitet sich aus, als ihre Augen sich treffen und sie sich nun gegenseitig anstarren. Und er ein neues Gefühl trifft. Er kann es nicht einordnen, es fällt ihm schwer. Er möchte ihr aufhelfen und möchte sie zu einem Arzt bringen, der ihr hilft.
Sorge?
"Ich..." Jo spricht schliesslich weiter. "Ich wollte nicht, dass du das siehst...keine Ahnung wieso..."
Sorge.
Er macht einen Schritt auf sie zu und hält ihr die Hand hin. "Du solltest etwas Schlaf finden..."

Amy
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Sa 18. Dez 2004, 13:47 - Beitrag #15

Sie schluckte schwer, nahm seine Hand und ließ sich aufhelfen. Für einen kurzen Moment stolperte sie, hielt sich an seiner Schulter fest und schloß im verborgenen die Augen, kurz. "Es geht schon.", flüsterte sie, bewegte sich aber nicht. Blieb wie erstarrt, den Kopf auf seiner Schulter. Zufriedenheit. "Du hast das nicht verdient..", hauchte sie und schluckte die Schmerzen hinunter. "Was..?", fragte er leise nach und starrte die nackte leere Wand an, in den zerbrochenen Spiegel. Er starrte in sein Gesicht. Ihre rechte Hand hielt sich stärker an seiner Schulter fest, sie schaffte es nicht, die Augen zu öffnen. "Du hast das nicht verdient.. zu erst dein Gedächtnis zu verlieren und dann ausgerechnet zu so einem scheiß Moment wieder zu dir zu kommen.. Und dann auch noch auf mir zu treffen. Auch mich, dieses kranke feige Kind, vom Unglück verfolgt. Du hast das nicht verdient.." Tränen. Tränen liefen über ihre blassen verdreckten Wangen und sickerten in sein Hemd. "Einfach nicht verdient..", stöhnte sie und biss sich auf die Unterlippe.
Im nächsten Moment war sie eingeschlafen, so fertig von dem täglichen verkrampften Erbrechen.

Chennyboy
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So 19. Dez 2004, 13:21 - Beitrag #16

-Abschnittswechsel-

Im technischen Forschungszentrum AP-34:
Er (sie? es?) blickte sich in den Spiegel. Ein furchteinfloessender, von allerlei Technik umgarnter Mensch (Substanz? Maschine? Hybrid?) stand dort, den er nicht ansatzweise kannte.
Seine Augen waren wie Fernglaeser, Infra-Rot. Sein Atem war nicht der eines Menschen.
Vor seinem Mund einen langen Schlauch, der zu der Notsauerstoffversorgung geleitet ist.
Ueberhaupt sein Gesicht, mit den vielen Kabeln, Draehte...

Ein Professor in langen, weissen Laborkitteln tauchte im Spiegel auf, dieser klopfte ihm auf dem Schulter.
"Der Eingriff war gelungen, herzlichen Glueckwunsch, Ghost-03."
Und der Professor verschwand, dafuer erschien ein anderes Gesicht in der Spiegel.

"Ich bin Admiral Geese und dein Vorgesetzter. Du bist ein Teil unserer Forschungen."
Ghost-03 drehte sich um.
"Wie du es siehst, stehen die anderen 4 Ghosts neben mir."
03 blickte auf das lange Gewehr, welches er in der Hand hielt.
"Und der 25mm C-10 Kanister-Gewehr, ebenfalls neuster Forschung, ist deine Waffe."
"Weiterhin besitzt jeder von euch ein individuelles Tarngeraet auf euren Anzuegen, das euch helfen wird, unsichtbar zu werden."
Deine Augen wurde technisch auf den hoechsten Stand gebracht, sodass es dir moeglich ist, sie als einen Infrarotnachtsichtfernglas zu benutzen."
"Das sind eure wichtigsten Eigenschaften..." Der Admiral drehte sich zu den uebrigen Geistereinheiten. "Ihr wurdet dafuer gebaut, die Engeln zu bekaempfen."
Er wurde lauter.
"Ihr verkoerpert den Gipfel der menschlichen Evolution und der physischen Konditionierung, ihr kaempft fuer die Menschlichkeit und fuer eure Ehre!"

-Abschnittswechsel-

Die Geistereinheiten stellten sich in Position. Die Engeln werden bald nachkommen. Sie sollten sich verteilen. 03 schob eine Tuer auf, die von einem Stuhl blockiert war.
Dort sah er einen Mann, der, halb schlafend, gegen der Wand gelehnt sass, ein mageres Maedchen an seinen Beinen.
"Wer bist du? siehst du nicht dass wir schlafen?"
"Nennt mich 03, denn ich habe vergessen, wie ich heisse."

"Die Engeln werden in einigen Minuten hier sein, sucht euch einen Versteck, denn fuer Weglaufen ist es zu spaet."

Wer war dieser Mann? Er kam 03 bekannt vor, war es ein Zufall? Hat 03 ihn in seinem frueheren Leben schon einmal gesehen?

03 suchte sich einen geeigneten Abschussort und zielte mit dem Gewehr.

Ceyx
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Mo 20. Dez 2004, 21:21 - Beitrag #17

Es ist früher gewesen. Er kann nicht sagen, wieviel Zeit vergangen ist, denn er hat geschlafen. Es ist die Stimme, kalt und geisterhaft, die ihn aus dem Schlaf reisst und ihm bedeutet zu gehen.
Ein Geist?
Er rappelt sich hoch, als der Geist schweren Schrittes wieder aus dem Zimmer geht, in ein anderes, welches durchflutet ist, von hellem Sonnenlicht der aufgehenden Morgensonne.
Jo ist aufgewacht.
Ihre Finger sind kalt, suchen nach der warmen Hand Adrian's. Ihre Augen blicken sorgenvoll.
Engel?
Es ist einer jenen Momenten, in denen du aufwachst und merkst, wie die Welt um dich herum langsam wieder alle Farbe deiner Träume verliert und die Schwärze der Realität annimmt, ein Gefühl von tausend reflektierenden Spiegelscherben, die inmitten deiner Seele aufstechen.
Adrian steht auf, zieht sie sanft auf ihre Füsse. "Wer auch immer er ist...wir sollten besser gehen..."
Stumm blickt sie ihn an, einen Moment nur, der doch länger ist, als tausend Augenblicke in der Leere.

Keiner kann aus seiner Realität fliehen...
...gib mir mehr von deiner Erlösung...

Chennyboy
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Mo 20. Dez 2004, 23:24 - Beitrag #18

[I]Durchsage von der Zentrale: Aktion abgebrochen aufgrund von ploetzlichem Abzug der Engeln. Trotzdem auf eventuelle Meldungen abwarten...

03 schaltete den Signalempfang ab.
Und genau in diesem Augenblick erschienen ueberall vor seinen Augen die Warnmeldung eines Notfallsituations.
Hohe Konzentration von Psi-Kraefte sammelten sich an, direkt hinter ihm.
03 blendete die Meldungen aus und drehte sich um.
Von diesem Maedchen? Er konnte es nicht glauben.
Vielleicht war sie ja die Anlass dieser Aktion, vielleicht war hier in der Naehe ueberhaupt kein Engel gewesen.
Vielleicht war sie..., nein, sie war es eindeutig nicht.

Die uebrigen Ghosts zogen ab.

03 entschloss sich, ihnen nicht zu folgen, auch wenn es soeben vermutlich nur eine Fehlstoerung war.

"Ich habe eine Frage an Sie, Herr..."
-keine Antwort-
"Sie scheinen dieses Maedchen zu kennen. Wer ist sie?"
-keine Antwort-
"Kennen Sie sie?"
-keine Antwort-

03 drehte sich erneut um, er genoss das Sonnenlicht, das an seinem Koerper abprallte, das Gefuehl zu leben.
Er machte sich zu viel Gedanken. Die Stoerung von gerade beruhte wahrscheinlich auf die Inkompatibilitaet der Geraete, bedenke man, dass er noch nicht gewohnt mit ihnen war.

"Reden Sie etwas."

Amy
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Mi 22. Dez 2004, 18:32 - Beitrag #19

Joanne ließ Adrians Hand los. Sie ging in die Knie, ihre Augen waren fast noch blind von der Müdigkeit. Umhertastend fand sie, was sie verloren hatte: ihre Waffe, diese kleine alte Pistole mit nur vier Schuss. Doch vier waren manchmal die Rettung. Sie zielte auf den Fremden und zitterte, vor Kälte. "Was suchen Sie hier?" Ihre Worte wirkten scharf, zu scharf für ihre Persönlichkeit. Das tiefrote Haar hing ihr ins Gesicht. "Wollen Sie uns etwas tun?" Leere, verlorene Augen, schwach. Sie hasste ihr Leben, sie fragte sich jeden Tag, wieso sie ausgerechnet in solch einer Zeit geboren werden musste. Warum nicht hundert Jahre bevor? Sie hätte sich das Leben genommen, wenn ihr Bruder, wenn ihr Bruder nur nicht..
Der Fremde musterte sie streng.. ob Adrian ihn kannte? Jedenfalls war er bereits im Raum gewesen, als sie erwacht war.

Chennyboy
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Mi 22. Dez 2004, 21:09 - Beitrag #20

Die Erkenntnis liess ihn erzittern, dass die Zahlen auf seiner Anzeigetafel die Zehntausenderlinie ueberschritten, doch diese Zahlen fuhren schnell wieder auf den Normalwert herab.
"Ich hatte den Auftrag, einen Engel zu finden, der sich hier aufhalten sollte."
Er erkannte, dass es nicht angebracht war, sie mit zum Stuetzpunkt zu nehmen, denn er war sich nicht sicher, ob die Wissenschaftler diese Energie kontrollieren koennten. Andererseits war er sich auch nicht sicher, ob sie sie standhalten koennte.
"Ihr werdet euch in Schwierigkeiten befinden."

-Abschnittswechsel-

"Ghost-03 ist von der Bildflaeche verschwunden, und eine unbekannte Quelle ist fuer einen kurzen Augenblick erschienen. Vielleicht..."
Doch der Admiral lachte finster und zerdrueckte seine Zigarette.

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