Ein neuer Anfang

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
Lykurg
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Di 19. Sep 2006, 06:16 - Beitrag #221

Wayü hatte schon eine ganze Weile vor sich hingestarrt und geschwiegen. Er lehnte mit dem Rücken an einem Palisadenpfahl und machte ab und zu eine Handbewegung, um die Fliegen von seinem Gesicht zu verscheuchen. Die sollten lieber das Aas fressen, das da neben ihm hing - er blickte nicht einmal hin. Seine Aufgabe bei der Wache befreite ihn vom Zwang, Beute zu machen - und er war froh darüber. Daß weniger glückliche Stammesbrüder neben ihm verfaulten, nahm er gern in Kauf - und roch sie kaum noch. Außerdem machten sie seine Aufgabe einfacher - Fremde kamen selten nach Dsiadou. Und wenn, handelte es sich meist um Verzweifelte, denen er ihre letzten Habseligkeiten abnehmen konnte, bevor er sie einließ. Davon ließ es sich leben - seine Hütte lag nahe am Markt und war mit Pferdeköpfen verziert, wie die Alten sie gebaut hatten. Aber an den meisten Tagen verlangten nur die Qidankrieger von ihm Einlaß. Das Tor stand daher tagsüber stets offen, denn zusammen mit seinem Pferdeknecht konnte er es bei Annäherung größerer Gruppen rechtzeitig schließen.

Als er eine Bewegung am Rande seines Blickfelds bemerkte, blickte er auf. Drei Fußgänger kamen auf sie zu - ein erbärmlicher Anblick. Obwohl es ihnen nicht so schlecht zu gehen schien, daß sie ihre Pferde gegessen hätten - vielleicht waren sie ihnen gestohlen worden. Das konnte passieren - er unterdrückte ein Grinsen. Es galt nun, streng dreinzublicken, um den Preis nicht zu verderben. Bei den Fremden handelte es sich um einen Mann und zwei Frauen. Auf den ersten Blick fiel ihm der schäbige Umhang der etwas abseits gehenden Frau unbestimmbaren Alters auf - ihr Gesicht wirkte streng auf ihn, beinahe herrschaftlich. Ob bei ihr etwas zu holen sein mochte? Sie trug eine hölzerne Figur in den Händen - vielleicht ein paar Kupferstücke wert, ansonsten hatte sie wohl nichts zu verschenken. Eher
vielleicht der kleinwüchsige Mann - denn dessen lederne Hosen waren in deutlich besserem Zustand, außerdem trug er einen großen, gepflegten Bogen auf dem Rücken. Wayü überprüfte mit einem nervösen Seitenblick und einem Griff, daß sein Schild neben ihm stand und er seine Messer griffbereit hatte. Wie er sah, hatte sich sein Knecht Litu inzwischen erhoben und auf stand nun abwartend auf der anderen Seite des Tors.

Die rothaarige Frau schien zu dem Mann zu gehören, obwohl sie eher bäuerlich-plump wirkte und ein Stück größer war als ihr Begleiter. Und selbst wenn die anderen nichts haben mochten - sie hatte eine lederne Tragetasche bei sich, die sicherlich etwas enthielt, das sie ihm würde geben müssen, frische Feldfrüchte vielleicht. Er merkte, daß er Hunger hatte - auf irgendetwas Saftiges. Als sie nur noch wenige Schritte entfernt waren, rief er in der Hochsprache, um besser verstanden zu werden: "Zhanzhou! Ni gei wo shenme?" Die Fremden sahen ihn verwundert an - wobei er das unbestimmte Gefühl hatte, daß die Frau mit dem langen schwarzen Haar ihn zwar verstanden hatte, aber nicht antworten wollte.

Aber er mußte den Blick von ihr abwenden und dem Mann in die Augen sehen, er merkte, wie gut es ihm tat, ihn anzublicken, er fühlte sich wie auf Wolken, es war so leicht, zu sehen, wie die Dinge lagen. Die Reisenden mußten hinein, natürlich, sie hatten eine wichtige Aufgabe, da gab es keinen Zweifel. "Willkommen!" sagte er zu der Frau im Leinenkleid, ohne zu wissen, was das Wort bedeuten mochte. Dabei zog er die Mundwinkel in die Höhe, und wußte, daß es richtig und gut war. Ja, Litu würde seiner Meinung sein, diese Reisenden durften nicht behelligt werden.

Das eingefrorene Lächeln blieb auch auf seinem Gesicht zurück, als die Fremden längst weitergegangen waren.

December
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Di 19. Sep 2006, 18:55 - Beitrag #222

Zu beginn verwirrte Sanuye das Verhalten des Wächters, doch dann verstand sie, das Naim dahinter steckte. Die Hypnose war gelungen, Sanuye war froh darüber, dass das so gut ging. Mit einem kurzen Blick auf die Kadaver, durchschritt sie mit den Anderen das Tor. Sie blickte sich neugierig um. Das Dorf war recht schmutzig, und hier und da stiegen auch diverse unangenehme Grüche in Sanuyes Nase, was wohl zum einem Pferdemist sein mochte. Doch das war unwichtig, schließlich mussten sie dahin, wo Khaldun Sharie zu letzt gesehen hatte. Als sie in eine leere Gasse einbogen, drehte sie sich kurz zu Naim und fragte flüsternd: "Was nun, wohin?"

Lykurg
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Mi 20. Sep 2006, 15:17 - Beitrag #223

"Khaldun sprach von einer Halle mit einem Portal, sicher im Palast des Tyrannen. Den habe ich gestern vom Baum aus gesehen, wir müssen nur den Markt finden, die Residenz ist dann unübersehbar."

Im Getriebe des Marktplatzes konnten sie problemlos untertauchen, bis sie das goldene Tor des Palastes erreichten. An den äußeren Wachen konnte Naim sie wieder ohne Schwierigkeiten vorbeilenken, aber hinter der einst prunkvollen Eingangshalle mit massigen Steinsäulen und staubverkrusteten Fahnen standen drei weitere Wächter, daneben ein unbewaffneter Mann, dessen trübweiße Pupillen ihn sofort als Blinden kennzeichneten. Er trug kein gehärtetes Roßleder wie die Wachen, sondern war als Höfling in Stoff gekleidet. Naim war ratlos: Wie mochte ein blinder Diener dem Herrscher so nützen, daß er eine hervorgehobene Stellung erhielt? Jedenfalls würde es ihm nicht gelingen, diesen Mann durch die Kraft seiner Augen willenlos zu machen. Hilfesuchend richtete er seinen Blick auf Sanuye. Daß sie die erste Wache zumindest teilweise verstanden haben mußte, war ihm nicht entgangen. Außerdem hielt sie die Statue noch immer in den Händen.

December
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Mi 20. Sep 2006, 19:06 - Beitrag #224

Das musste er sich von diesen dummen, einfälltigen Kunstbanausen nicht bieten lassen. "Was soll das heißen, der Herr fühlt sich außerstande meiner Forderung nachzukommen. Es wird hier doch wohl noch welche geben, die imstande sind meinen Wünschen und die des Herrn nachzukommen." Der eine stieß verächtlich die Luft aus, er hatte es nicht gerade für nötig gehalten sich heute die Mundhöle zu spülen. "Also mal ganz langsam Väterchen, vielleicht wäre es besser, wenn du dir nicht immer so große Stücken in den Mund schieben würdest, dann wärst du auch nicht so fett. Und einem deiner Sänfteträger hätte es nicht einen Bruch geholt als der dich in die Luft heben sollte. Dann wärst du auch nicht auf deine Dienerinen gefallen, die sich daraufhin ebenfalls etwas brachen und wie oft haben wir dir gesagt, dass wir aufgrund der gestrigen Vorfälle keinen unserer Leute entbehren können für deinen Schnickschnack." Tolsteran wollte auffahren, als ihm der Wind neue Kunde brachte, interessante Kunde. Drei unterschiedliche Gerüche. Er drehte sich zu den Fremden, vielleicht ergab sich hier eine Möglichkeit den Wunsch des Herren doch noch nach zu kommen. Ihn missmutig zu stimmen, würde ihm schließlich nicht gut bekommen. Die Gerüche wurden stärker und er konnte nun eindeutig sagen, dass es sich einmal um eine Karei, einen Jegolan und nun...er wusste nicht genau um was es sich handelte, dass Wesen besaß ein seltsamen Geruch. Nebenbei überlagerten etliche verschiedene Kräuter die anderen Gerüche, sodass er es dabei beließ. Er musste diese Chance nutzen. Die Soldaten schwiegen und bevor sie auch nur etwas sagen konnten, ergriff Tolsteran das Wort: "Willkommen, darf ich mich vorstellen, ich bin unseres Herren hochwürdiger Vorkoster und Leiter wichtiger gesellschaftlicher Feste, Tolsteran, wer seid ihr und was ist euer Begehr? Ihr müsst wissen unsere Durchlaucht empfängt heute niemand." Er vergass das sie vielleicht seiner Sprache nicht mächtig waren. Doch im Moment wo er schon einen Soldaten schicken wollte, der ihm seinen kleinen Diener schicken sollte, der sich rühmte allerlei Sprachen zu sprechen, erhalte eine Stimme.

Raiden/Yuji
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Mi 20. Sep 2006, 19:18 - Beitrag #225

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Khaldun sah ja nicht viel in seinem Beutel, wurde nur durch die bewegungen leicht hin und hergeschaukelt und döste leicht ein. Man konnte direkt faul werdedn, wenn man so bequem durch die Gegend transportiert wurde. Er spürte Naims Magie, dann hörte er viele Menschen, vielleicht der markt, wo sie vorhin ebenfalls gewesen waren. Als er gleich darauf spürte, wie seine Sinne ganz leicht nachließen, wusste er, dass sie sich dem zentrum dieser unerfindlichen Macht stark näherten. Dem Palast. Doch es schien ein Prolem zu geben. Deutlich war die in der Luft liegende Spannung zu fühlen. Alarmiert sprang er aus seiner bequemen Haltung auf, allerdings ohne dabei viel im Beutel zu wackeln.

December
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Do 21. Sep 2006, 18:14 - Beitrag #226

Der blinde, beleibte,denoch sehr geschmackvoll gekleidete Mann kam ihnen recht schnell entgegen. Schon an einer Begrüßung war anzunehmen, dass er ihnen einige Steine in den Weg legen würde. Sanuye schaute etwas erwartungsvoll zu Naim, doch er und Esme hatten die Stirn in Falten gelegt.Naim war wahrscheinlich nicht möglich den Blinden zu hypnotisieren, und seine Antwort lies auf sich warten. Sanuye wusste nicht warum er ihn nicht ansprach und ihm irgendwas erzählte,denn sie bezweifelte, dass es noch mehr Blinde hier geben würde. Der hilfesuchende Blick in ihre Richtung ließ sie jedoch erkennen, dass Naim diesen Mann nicht verstand. Schnell kramte sie in ihrem Gedächnis nach den richtigen Worten. Als Eliondor hatte sie schon von Kindesbeinen an verschiedene Sprachen lernen müssen, später während den Fluchten musste sie auch einige andere Spachen gezwungenermaßen lernen. Manchmal brachte sie einiges durcheinander aber in dieser Situation wollte sie sich diesen Fehler nicht erlauben. "Seid gegrüßt edler Herr." Sanuye machte einen kleinen Knicks, was der Mann gewiss nicht sehen konnte, doch er hatte die kleine Gruppe eher bemerkt als die Soldaten, daweile hatten sie keinen Lärm gemacht, und das war ihr etwas seltsam. "Wir kommen aus weiter Ferne, darf ich vorstellen," sie machte dabei eine kleine Pause, da ihr schnell ein Titel und Namen einfallen mussten, " der ehrwürdige Gesandte Labranas des Volkes der Jegolan und seine bescheidenen Dienerinnen Teje und Chatti, wir wollten den Kämmerer des Herrn bitten uns zu empfangen, um unser Anliegen zu besprechen." Sanuye hielt das für eine gute Ausrede, jeder Herrscher hatte in gewisser Weise einen Kämmerer, der sich um kleinere Anliegen seines Volkes annahm. Sie machte wieder einen Knicks und wollte sich verabschieden, als der blinde Mann ihr es doch etwas schwer zu machen schien.

December
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So 24. Sep 2006, 14:11 - Beitrag #227

Die Frauenstimme hatte einen Dialekt den Tolsteran selbst wo er ihn hörte nicht einzuordnen vermochte. Und die Antwort stellte ihn auch nicht zufrieden, denn er war von Natur aus neugierig. Er vermutete jedoch keine Gefahr von diesen Besuchern, da diese Frau recht höflich und in den guten Sitten und Manieren bewandert zu sein schien. "Welches Anliegen belieben die Herrschaften mit dem Kämmerer, denn zu erörtern? Ich will nicht der Überbringer schlechter Nachrichten sei, doch ist der Zeitpunkt ihres Besuches durchaus schlecht gewählt, denn gestern kam es zu feindlichen Übergriffen. Wie mir mitgeteilt worden ist, hat der Kämmerer unseres großen Herrn leider eine Inspizierung des gesamten Städtchen vorzunehmen, und wird deshalb heute auch nicht weitere Gäste empfangen.Und das ist auch für mich nichts gutes, denn die Ereignisse haben sich den schlechtesten Zeitpunkt überhaupt gesucht. Den heute Abend soll ein Fest veranstalltet werden, was das Gemüts unseres Herrschers wieder beruhigen soll." Es folgte ein tiefer Seufzer nach seiner Rede, und gleich darauf erhellte sich sein Gesicht: "Ihr braucht natürlich nicht zu verzagen auch ich könnte mich eurer Anliegen annehmen, wenn ihr mir sagt was es ist?"

Raiden/Yuji
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Mo 25. Sep 2006, 16:21 - Beitrag #228

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Khaldun lauschte in seinem kleinen Versteck und biss die Zähne zusammen. Sollten sie doch...
Tretet auf, Show oder irgendwas, lenkt sie ab - das Fest ist eine gute Gelegenheit. Dann sind sie abgelenkt, sagte er leise zu allen. Es wäre wirklich eine gute Sache. Auch er könnte einen Teil beisteuern. Und musste den anderen nicht alles überlassen, wie gesagt, er mochte es nicht, keine Kontrolle zu haben. Und das war der Fall hier. Dazu reichte sein Vertrauen manchmal nicht aus.

Lykurg
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Mo 25. Sep 2006, 19:31 - Beitrag #229

Was für ein Fest? Hier?, fragte Naim zurück. Bestens! Wir könnten ihnen eine Show liefern - und uns dabei drinnen umsehen, wenn... Er fokussierte seine Gedanken auf die Maus Khaldun. Kannst du die Statuette vergolden? Sonst muß ich versuchen, den Hof zu überzeugen, daß sie wertvoll ist.

Er bemühte sich, die Ruhe zu bewahren, obwohl ihn leichte Panik überkam. Sanuye hatte auf ihn gewiesen, als sie den Namen Labranas erwähnte. Ahnte sie vielleicht, daß er ein Urenkel dieses großen Anführers war, oder hatte sie behauptet, er sei es selbst? Das konnte Schwierigkeiten geben - Labranas war bereits viele Sommer vor Naims Geburt zu den Ahnen gegangen, woraufhin der Clan bald in inneren Streitigkeiten zerfiel. Vielleicht hatte man auch hier davon gehört, und was dann?

Außerdem machte ihn das Schnuppern des Blinden nervös. Ob der wohl seinen Angstschweiß riechen konnte? Hilfesuchend blickte er auf seine Frau, die in ihrer Tasche kramte. Was in Jelgirs Namen tat sie da? Sie wollte doch nicht etwa Khaldun herausholen und hier einen offenen Kampf provozieren? Erstaunt sah er, daß sie in ein feingewebtes graues Säckchen griff und mit spitzen Fingern eine kräftige Prise roten Pulvers herausholte. Ein Wächter ging eine Waffe vermutend schnell auf sie zu, sie warf es mit einer knappen Handbewegung - und sofort mußte er furchtbar niesen. Ein beißender Geruch nach Paprika breitete sich im Raum aus, und der feiste Höfling trat mit tränenden Augen bis ans hintere Tor zurück. Einer der Wachen ging zu ihm hin und sagte in drängendem Tonfall ein paar Worte, die Naim nicht verstand. Das konnte brenzlich werden - es sei denn, Sanuye handelte schnell. "Sag ihm, es sei sehr wichtig, daß wir vorgelassen werden, ohne weiter aufgehalten zu werden. Daß wir zu weit gereist sind, um uns hier abfertigen zu lassen. Und vielleicht auch, daß er es bereuen würde, wenn sein Herr später erführe, was für eine Gelegenheit er sich hier entgehen läßt."

December
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Mo 25. Sep 2006, 20:01 - Beitrag #230

Im ersten Augenblick war Sanuye erleichtert, dass dieser Mann ihr die Namen abgenommen hatte. Dieser Labranas hatte soweit sie sich erinnern konnte wirklich mal exestiert. Ihr Vater hatte ihn einmal erwähnt, aber in welchen Zusammenhang wusste sie nicht mehr. Der dickliche Herr schien ein besonderes Mittteilungsbedürfnis zu haben, und war recht erfreut darüber jemanden seine Sorgen erzählen zu können. Wobei sie jedoch innerlich schmunzeln musste, war sein Bericht zu den ´schrecklichen feindlichen Übergriffen` betraf. Als sie diesem Mann jedoch ihr Anliegen äußern sollte und sie Khalduns Stimme in ihrem Kopf vernahm, was ein äußerst seltsames Gefühl war, wusste sie nicht wirklich was sie tun sollte. Hilfesuchend sah sie die Anderen an. Aber sie wusste nicht mal ob Khaldun ihnen den Inhalt des Gespräches mitgeteilt hatte. Eine Ablenkung war schön und gut, aber eine künstlerische Darbietung musste schon äußerst Spektakulär sein, um die Blicke der Zuschauer von anderen Dingen abzulenken. Bei diesen Gedanken fielen ihr die berühmten Lichtringtänze ein. Ihre Mutter war darin immer so wunderbar gewessen. Sie konnte alles immer mit einer unglaublichen Anmut. Auch Sanuye hatte diese Lichtringtänze erlernt, obwohl ihre Mutte ihr immer wieder versicherte sie sei besser als sie, was Sanuye eher als ein mütterlichen Zuspruch hielt, war es ihr nie vorgekommen besonders anmutig zu erscheinen. Diese Erinnerung an ihre Mutter begann jedoch gleich zu schmerzen, sodass Sanuye sie weit von sich weg stieß. Es musste ihr etwas Einfallen.
Doch bevor sie auch nur etwas sagen konnte, hatte Esme ein Pulver in die Richtung der Wachleute und des Höflings gestreut, das sie zum Niesen reizte. Toltseran taumelte nach hinten, und seine Augen tränten. Sie griff schnell die Anweißungen von Naim auf, nickte und sagte noch hastig aber auch auf eine demütige Weise zu ihm: "Schau ein wenig verärgert und etwas überheblich, Bitte." Dann ging sie auf Tolsteran und den Wächter zu. "Mein Herr ist ungehalten, denn er ist es nicht gewohnt zu warten. Sein Anliegen wünscht keinen weitern Aufschub, ich gab ihm kurz euren Bericht wieder, was ihn jedoch etwas beruhigte aber keinesfalls glücklich macht. Unser Gesandte Labranas ist es unverständlich wie er hier empfangen wird, als sei er ein gewöhnlicher Untertane. Das Pulver soll die bösen Dinge fernhalten und die Lügner strafen, sollte ein falsches Wort an diesem Tag eure Zunge sprechen, werdet ihr sie verlieren. Also sprecht, doch überlegt gut was ihr sagt, euer Herr würde bestimmt auch keine Lügner dulden." Sanuye hatte soviel Festigkeit in ihre Stimme gebracht, dass sie selbst über die letzten harten Laute erschrack. Ihr war zur Pulverattacke von esme nichts besseres eingefallen, aber sollten sie es ihr glauben und das konnte sie an den Gesichtern erkennen, hatte sie sie gewiss in einen innerlichen Konflikt gebracht. Wie sehr sie damit recht behielt, war ihr gewiss nicht bewusst.

December
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Di 26. Sep 2006, 12:08 - Beitrag #231

Seine Nase rümpfte sich etwas, als Tolsteran ihnen von den letzten Vorkommnissen berichtete. Gerade als er begann, dass Verhalten der Fremden seltsam zu finden und meinte sie hätten ihn durchschaut, stach und juckte es in seiner Nasse und die Tränen schossen ihn in die Augen. Was hatten diese Fremden mit ihm gemacht? Er hörte er wie der Mann in einem für ihn unverständlichen Kauderwelsch redete, doch es klang hektisch und fordernt. Die Frau die ihm antwortete, war die selbe mit der er sich unterhalten hatte. Sie antwortete diesem Labranas hastig aber auch demütig. Und gleich darauf vernahm, er ihre Stimme scharf in seinen Ohren. Was er da hörte, machte ihm Angst, diese fremden schienen seine gewissen Lügen durchschaut zu haben, dieser Mann musste wahrlich ein großer Herrscher sein. Tolsteran hatte zwar von einer Abwesenheit des Sekretärs gesprochen, doch hatte diese Aussage nicht ganz der Wahrheit entsprochen. Desto schlimmer war für ihn dieses Wahrheitspulver. Er wusste genau was passierte, wenn sein Herr erfahren würde, dass er manchmal die Unwahreit sprach und was er mit Lügnern tat, konnte man vor den Stadttoren sehen. So wollte er natürlich nicht enden. Er stand auf, taumelt auf diesen Labranas zu und kniete nieder. "Ich war ein Tor und bitte euch demütig um Verzeihung, ich werde werde persönlich davür Sorgen das hier alles zu eurer Zufriedenheit sein wird. Ihr seid gewiss erschöpft von eurer Reise." Die Frau die ihn über das Pulver in Kenntnis gesetzt hatte übersetzte was er sagte. Tolsteran hoffte nur noch das der Herr davon nichts erfahren möge, wie auch die Diener.

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Mi 27. Sep 2006, 23:51 - Beitrag #232

Wayü wurde allmählich klar, daß etwas furchtbar falsch gelaufen war. Soeben hatte eine berittene Patrouille die Leichen des Stoßtrupps vom Vorabend gefunden. Die Männer beschrieben, wie die Krieger dagelegen hatten: Einige von Pfeilen durchbohrt, andere hatten sich gegenseitig oder sich selbst getötet, wieder andere waren grausig zugerichtet, als ob sie von wilden Tieren zerrissen worden seien. Der Anführer der Patrouille war totenblaß und knirschte mit den Zähnen. Man sah förmlich, wie Furcht und Wut in ihm miteinander rangen. Wayü dagegen fühlte in sich eine dumpfe, bleierne Leere, als erwache er aus tiefem Schlummer, und seine Erinnerungen waren verschwommen. Er hatte drei bewaffnete Fremde nach Dsiadou hineingelassen, ohne sie nach ihrem Namen und ihrem Begehr zu fragen. Er war ein toter Mann, so oder so.

Da fiel ihm, wie schon manchmal, sein Vetter Wen ein, ein Offizier der Palastwache. Der wußte manchmal noch eine Lösung, wenn alles verloren schien. Er würde ihn fragen müssen, und zwar schnellstens. Ohne sich auch nur noch einmal umzudrehen, lief er in die Stadt hinein auf die Residenz zu, die Wache am Tor in der Obhut seines Knechts lassend.

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Do 28. Sep 2006, 07:48 - Beitrag #233

Naim nickte Sanuye anerkennend zu. "Das dürfte ihm zu denken gegeben haben. Ob der Fettwanst heute überhaupt noch den Mund öffnet?"
Tatsächlich machte Tolsteran nur eine Handbewegung, die die Soldaten aufforderte, das Tor zu öffnen, und lief voraus. Er führte sie durch eine muffig riechende Galerie, von der mehrere Türen seitlich abgingen, und durch zwei weitere Durchgangsräume mit spärlichem Mobiliar auf einen offenen, baumbestandenen Hof - ein kleines Idyll in dieser trostlosen Landschaft. Sehnsuchtsvoll den Duft der Bäume einsaugend folgte Naim dem Vorkoster in durch ein eindrucksvolles Portal, an dem wieder Wachen standen, die sie aber nicht behelligten, sondern sogleich beflissentlich die schweren Torflügel öffneten. Sie kamen durch einen kleinen Vorraum in ein großartiges Treppenhaus aus Stein - wie Naim verblüfft feststellte, waren die Treppen viel breiter als nötig, und es gab jeweils zwei Treppen nebeneinander, ohne daß auf Anhieb ein besonderer Sinn erkennbar war. Tolsteran führte sie auf die rechte Treppe, die mit einem gewirkten Teppich belegt war. Oben erreichten sie einen Korridor, der von Licht erfüllt war. An den Wänden sah Naim die Gesichter seiner Gefährten in gleißenden gläsernen Spiegeln. Solche Verschwendung hatte er auch bei den selbstbewußten und repräsentationssüchtigen Bürgern von Shurn nirgends gesehen. Zwar stellte auch er fest, daß sie nicht zusammenpaßten, vielmehr wie nach und nach hier aufgehängt wirkten, aber der Eindruck war dennoch ein ungeheurer.

Nun winkte ihr blinder Führer sie in einen geräumigen Saal mit Kissen auf dem polierten Steinfußboden, und machte eine Geste, sie sollten Platz nehmen. Tolsteran entschwand durch eine Seitentür, durch die wenig später ein zierlicher Mann mit kurzgeschorenem Schädel hereingetrippelt kam, eine eifrige Verbeugung vor dem noch kleineren Naim machte und ihn ansprach: "Hochedel Herr Labranas, ich Rognar, Diener von Herr Tolsteran. Euch begleiten zu Herr Yilal, Kämmerer von Seine Durchlaucht." Naim runzelte die Stirn. Eine weitere Verzögerung... Immerhin eine Möglichkeit, seine Rolle zu trainieren. In betont gelangweiltem Tonfall gab er zurück: "Ich bin entzückt. Führe mich zu ihm."

December
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Fr 29. Sep 2006, 16:28 - Beitrag #234

Als Tosteran sie zum Sekretären geleiten wollte, hielt Sanuye Esme unbemerkt zurück, die auf gleicher Höhe neben Naim herlaufen wollte. Es war allgemein bekannt das Dienerinnen etwas hinter ihren Herren her gingen, und Sanuye wollte kein Misstrauen erwecken bei eventuellen Schloßpersonal, den sie begegnen konnten. Nur ein kurzer warnender Blick in Esmes Richtung und dann folgten sie Naim und den Vorkoster.
Sie war einwenig verblüft über den Prunk, der sich in dieser scheinbar heruntergekommenen Stadt befand. Aber sie tat, als hätte sie so etwas erwartet, vielleicht auch etwas mehr. Als sie in das Wartezimmer geführt wurden, nahm ihre Anspannung zu. Hoffentlich kannte Naim die ungeschriebenen Gesetzte der "guten" Sitten eines Adligen. Während sie kurzzeitig in dem Raum alleine waren, wollte sie schon etwas sagen, doch unterließ es, manchmal galt so etwas schon als ein Test, denn auch Wände haben Ohren. Nachdem dieser Yilal hereingetretten war und sie zum Sekretär gleitete, versuchte Sanuye darüber nachzudenken, was sie alles zu beachten hatte. Eine tiefe Verbeugung kam immer dann, wenn ein Befehl an sie gerichtet wurde und wenn sie ihn ausgeführt hat oder? Sanuye musste sich zur Ruhe zwingen, als sie an der Tür angekommen waren, die sie in die Sekretären-Stube führte.

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Sa 21. Okt 2006, 02:27 - Beitrag #235

Rognars Sprachkenntnisse machten den etwas wieselhaft wirkenden Kerl Esme fast sympathisch. Das Treffen mit Yilal wurde dadurch für Naim etwas einfacher. Sie selbst folgte einfach Sanuyes Beispiel, indem sie sich im Hintergrund hielt und in den passenden Momenten Verbeugungen machte, dabei krampfhaft bemüht, den Riemen ihrer Tasche nicht von der Schulter gleiten zu lassen. Außerdem mußte sie ein Lachen unterdrücken, als sie den Kämmerer zu Gesicht bekam. Seine hagere Gestalt und die fleckige, faltige Haut sorgten dafür, daß er hinter den Pergamentbergen auf seinem Schreibtisch kaum auffiel - bis er sich erhob, um den Tisch herum Naim entgegentrat und seinen knochigen Ringfinger zur Begrüßung seitlich an die dürre Nase legte. Seiner Rolle als Labranas entsprechend tat der Jelogan es ihm nach.

Rognar dolmetschte nun einen längeren Wortwechsel, dem Esme nicht vollständig folgte. Offenbar wollte Yilal möglichst genau erfahren, was "Labranas" für ein Angebot machen wollte, um möglichst gut vorbereitet damit vor den Herrscher treten zu können. Naim, der seinen einzigen Trumpf nicht aus der Hand geben wollte, machte Ausflüchte und drängte auf eine Audienz beim Herrscher.

December
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Sa 21. Okt 2006, 14:04 - Beitrag #236

Alles sollte so schnell wie möglich vorbei sein. Sanuye war kaum in den Raum getreten, als Rognar Labranas ankündigte und zugleich den Sekretär Yilal vorstellte. Sanuye hatte nur kurz aufgeblickt, um die Gestalt die sich hinter einem Tisch befand, zu betrachten. Zwischen Tolsteran und Kesari hätte kein größer Unterschied sein könnten. Der Mann, der der Sekretär war sehr alt, hatte ein schmalen und sehr schmächtigen Körperbau, spindel-dürre Finger, die sich um eine Schreibfeder gelegt hatten, die kurz über ein Papier kratzte. Sie hatte leider nur ein kurzen Moment auf seinen Gesicht verweilen können, da es einer Dienerin nicht geziemte einen höhern Heeren offen ins Gesicht zu schauen. Mit gesengten Kopf schritt sie weiter in den Raum, der ebenfalls äußerst verziert war. Naim wurde ein Sitzplatz angeboten hinter dem Sanuye und Esme sich aufstellten. Um den weiteren Gesprächsverlauf zu verfolgen.

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