Wie ein Schleier hatte die Dunkelheit sich über die Stadt gelegt. Die Ausgangsperre hielt weiterhin an und so war die Nacht in all ihrer Pracht vollkommen und ungestört. Entfaltete sich über die Straßen, die Häuser, die Parks. Und dennoch. Das Licht der Sterne schien wie auf den Boden gebannt. Jedes Fenster, welches erleuchtet war, ließ einen Stern verschwinden. Die Straßenlaternen bildeten kleine Inseln im Meer der Finsternis und auch sie verbannten die Tränen der Poeten in die Finsternis. Nur der Mond allein war stark genug seine Anwesenheit zu behaupten. Wie der König aller Lichter hing er groß und rund am Gestirn des Himmels und kündete von Unerreichbarem. Erhabenen, wenn man so wollte.
Die Stille war drückend und fast ohrenbetäubend. Nicht einmal die verwahrlosten, ausgesetzten Tiere oder die Ratten wagten sich hervor. Eine Stille vor dem Sturm. Ein letztes Atemholen, ehe die Hölle über die Stadt hereinbrechen würde. Sie alle spürten es, wussten es und doch hatte niemand gewagt ein Wort darüber zu verlieren. Wozu auch, wenn es doch nur das war, was allen bereits im Kopf war. Die Angst drückte auf die Lungen der Anwohner, erschwerte jeden weiteren Atemzug. Ach hätten sie nur… wenn doch bloß… doch es war nun einmal so, wie es war und die Vergangenheit ließ sich nicht ändern.
Einzig und alleine eine Hand voll Gestalten war ruhig. Saß auf den Dächern der Stadt und warteten. Ob sie etwas ausrichten konnten, gewiss. Ob sie es aufhalten können? Das stand nur in den Sternen, welche ihnen verborgen blieben. Ein Schrei durchschnitt die Stille. Es ging los.
[align=center] Drei Wochen zuvor [/align]
Ein Schatten formlos, nicht zu erfassen, bewegte sich lautlos, fast unwirklich durch das kleine Büro. Seine Existenz war Einbildung und doch war er vorhanden. Eine Bitte hatte ihn erreicht und so zeigte er sich im Schein des Mondes. Die wabernde Dunkelheit nahm Gestalt an, als die Person aus dem Schatten trat und sich vor den Schreibtisch stellte. Wie lange war es her? Wahrscheinlich schon viel zu lange. Doch dies war nun bedeutungslos. Etwas Großes hatte sich angekündigt und ganz zu recht fragte man die Schatten um Rat.
~Mein Freund, du hast mich um eine Antwort gebeten und ich werde sie dir geben. Ich werde dir sogar mehr geben, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob du es verstehen oder glauben kannst, doch sei dir gewiss, wir werden dir beistehen, wie wir es immer getan haben, wenn das Licht der Sonne dem Ansturm der Nacht weichen musste.~
Zu dieser kleinen Nachricht legte der Schatten drei federn. Eine weiße, eine schwarze und eine Silberne, ehe er wieder mit der Dunkelheit verschmolz und nichts mehr darauf hindeutete, dass er jemals da gewesen war… das überhaupt irgendetwas da gewesen war.