blobbfishListenkandidat
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Wir haben also jetzt eine gewisse Idee, was wir in unserem Park als unverzichtbar erachten: Ein gekrümmter Weg in unbekannter Krümmung, eine noch nicht näher spezifizierte Residenz, eine damit in gewissem Zusammenhang stehende Eiche sowie Bäume in ausreichender Anzahl, um wenigstens eine Bank angeben zu können, von der aus man die Eiche nicht sehen kann.
Für eine grobe Vorstellung des Parks genügen diese Informationen wohl schon, allerdings in der derzeitigen Lückenhaftigkeit steht die Vermutung im Raum, die bisher erwähnten Objekte stehen in einem näheren handlungssingulären Zusammenhang mit der eingefügten Hauptfigur. Um dieser Vermutung entgegen zu treten und nicht auf eine unerwartete Weise den offenbar zum betreten reizenden Park verlassen zu müssen, wollen wir diesen nun in völliger Klarheit beschreiben, allein also um der Vermutung entgegen zu treten und uns selbst die Möglichkeiten zu entfachen. Nur zu oft geschehen die absurden Dinge, weil es an Möglichkeiten mangelt. Das Offensichtlichste wäre, Erwin nun in Bälde an eben jene Eiche laufen zu lassen. Wir möchten ihn aber noch als austauschbares Mittel auf der Bank behalten und uns selbst erst um jene Eiche kümmern.
Wir haben uns mit der Aufgabe betraut im folgenden, den Baum näher zu beschreiben, was seine optischen und topologischen Merkmale angeht, insbesondere aber auch seine Historie und dieser Aufgabe wollen wir auch gewissenhaft nachgehen.. Wir beginnen selbst also mit der Geschichte um den Baum, die Geschichte, die diesen Baum so herausragend macht. Es wäre nun zweckmäßig, den Erzählstil entsprechend anzupassen und dem Leser die Überlieferung als solche zu präsentieren, allerdings entspricht dies wieder nicht dem von uns gepflegten Stil, womöglich keimt der Verdacht, wir wären nicht in der Lage eine geeignete Geschichte zu erfinden, die sich nicht automatisch unserem Ziel entgegen stellt. Dem ist nicht so, und im folgenden geben wir, neben unserem eigentlichen Projekt, ein Paradebeispiel für eine völlig harmonische Geschichte. Wir begeben uns zunächst weit genug in die Vergangenheit um die beginnende Renaissance als Zukunft betrachten zu können (das Wort Renaissance hat lediglich einen angenehmen Wortklang, der wesentliche Punkt ist, dass wir fernab unserer Zeit sind, das Barock, als Beispiel, erfüllt die Aufgabe ebenfalls, aber wir binden uns nicht zu sehr an eine Epoche). Dort wo sich Erwin zu illustrativen Zwecken befinden kann, ist ein Baumbestand von völlig unbedeutenden Bäumen. Die hundertjährige Eiche selbst ist, sonst wäre unsere Reise ja umsonst, ebenfalls ein völlig unbedeutender Baum, falls sie schon ist, derart unbedeutend, dass sie, nicht zukunftsgewandt, auf keiner Anhöhe oder Lichtung steht, sondern irgendwo inmitten der Schar der Bäume. Der Leser wird erwarten, dass wir nun im Zuge der Grundlegung bemüht sein werden, schon jetzt damit beginnen, diesen Baum als einen speziellen Baum zu beschreiben, denn irgendwohin werden wir die Besonderheit ja setzen müssen. Wir möchten dem Leser gefallen, der Baum ist einige Meter groß, verfügt über Stamm, Äste, Zweige, Rinde, Blätter, Tiere und Wurzeln. Das trifft auf die anderen im übrigen auch zu.
Es wäre nun nur allzu naheliegend, einen Fürsten, Kurfürsten, Landgrafen oder sonstigen hohen Hampelmann einzuführen, der in völliger absurder Willkür oder wegen besonderen geographischen Merkmalen des Umlandes, ein Residenzgebäude mit Park errichten lässt. In der Kontraposition wären wir aber in der viel absurderen Lage eine unherrschaftliche Instanz mit jenem Vorhaben aus einem der obigen Gründe auszustatten. Auf der Höhe der Zeit erscheint dies völlig absurd, dass nichtmaleinmal der Gedanke daran Boden zum keimen hat, wir wenden uns also einer herrschaftlichen Instanz zu. Naheliegend ist, eine adlige Willkür als Kunstgriff auszunutzen, wir beschämen den Leser aber nicht, und verzichten deshalb auf die Begründung des Verzichts dieses Kunstgriffs.
Viel besser ist es, wenn wir einen jener herrschaftlichen Personen auswählen, die sich dadurch auszeichnen, geeignet zu sein, dass statt eine herrschaftlichen Person einzuführen und als geeignet bezeichnen. Wir müssten uns fragen, was diese Eignung hervorruft und wir müssten zugeben, dass es wir es nicht wüssten, wohl aber die Eignung benötigten und die Absurdität nicht vermeiden könnten. Ungeachtet des Ortes unseres Schauspiels betrachten wir jene herrschaftliche Personen, die eine Residenz benötigen, gelegentlich kommt so etwas vor, und ebenfalls ungeachtet ihrer Lebzeit. Aus diesen wählen wir einen beliebigen heraus, wir geben ihm keine Herkunft, keine Geschichte oder sonst irgendein Detail, das ist auch nicht nötig, denn seine wesentlichen Merkmale genügen. In der Notwendigkeit einer Residenz für diesen beliebigen Menschen veranlasst jener den Bau einer Residenz auf Höhe der Zeit, wie die anderen auch. Wir haben bereits angemerkt, dass wir keine allzu üppige Residenz wünschen, und man könnte jetzt meinen, wir wären bei unserer Auswahl eingeschränkt gewesen. Das ist allerdings falsch, denn wünschten wir eine Residenz im üppigen Stil, so müssten wir uns eine entsprechende Person wählen und diese müsste notgedrungen über Mittel verfügen, die völlig absurd sind zu fordern, denn einerseits bräuchten wir viel Geld und auf der anderen Seite viel Ruhm und wir wären dann auch in der misslichen Lage die Umstände hierfür zu beschreiben, und wir müssten vor allem unsere Wünsche rechtfertigen.
Wir könnten jetzt viele Gründe erfinden, die dazu führen, dass eine willkürliche Eiche einen besonderen Status erhält. Es ist aber zweckmäßig sich von der Eiche zu trennen, denn wir müssen uns fragen, ob die Eiche nicht auch eine Buche hätte sein können - und in der Tat müssen wir diese Frage bejahen, es hätte auch eine Buche sein können. Es unterliegt aber unserem Willen, dass es eine Eiche geworden ist. Damit nun kein Missverständnis auftritt, wir haben sie auch als knorrig bezeichnet, und wir wollen im folgenden vereinbaren, so zu tun, als unterstünde es nicht unserer Wahl, es sei ein Lauf der Natur, den wir nicht anpassen können. Wir beginnen also mit der innerweltlichen Erklärung unserer Setzung, das heißt, wir begeben uns in die Welt und nehmen den Leser bei der Hand und werden untersuchen, wie es zu einem Park mit dem uns gewünschten Baum kommen kann. Das heißt keineswegs, dass wir dabei völlig die Entscheidungsgewalt aus der Hand geben, viel mehr handelt es sich um eine Konstruktionsanleitung mit den Mittel der Geschichtsschreibung. Wie jetzt aber der Lauf der Natur war, so ergab sich der Park und es kristallisierte sich heraus, dass das Schicksal eine Eiche und eine Residenz hervorgebracht hat. Es scheint passend an dieser Stelle zu erwähnen, wie lachhaft es wirkte, hätten sich die Dinge einfach entwickelt und wir würden uns jetzt ihrer bedienen, wenn wir so täten als wäre der Lauf wirklich gewesen und hätte uns unsere Wünsche erfüllt. Es wäre beschämend, wenn wir in der Beschreibung des Parks auf einmal eine Eiche fänden, weil es sich so und so entwickelt hat. Es ist absurd, dass sich für einen fixen Ort Dinge entwickeln, dass sie brauchbar sind, man schaue nur auf eine Karte und stelle fest an wie wenigen Stellen sich ein Park befindet oder sonst irgendwas besonderes oder gar persönliches, nur unbedeutende Wälder, Wiesen, Felder, Berge, Seen und Meere.
Jetzt bleibt aber immerhin noch das Alter des Baumes zu erörtern. Wir haben das Glück in der Neuzeit ein reichhaltiges Angebot an Historikern zur Verfügung zu haben, die fleißig allerlei aus alten Schriften, Münzen, Gräbern, Erzählungen und so fort ausgraben und uns darbieten, so dass wir uns der tatsächlichen Tatsachen bedienen können. Auch solchen Menschen haben wir es zu verdanken, dass wir heute sehr genau über das Alter des Baumes informiert sind, vor allem aber auch um die Bezeichnung, der aufmerksame Leser wird gemerkt haben, dass wir seine unachtsamen Kollegen in eine beträchtliche Falle lockten, nämlich als wir behaupteten, die Eiche seie einhundert Jahre alt und knorrig. Freilich ist die ein Baum dieses zarten Alters für gewöhnlich nicht knorrig und zweitens auch sind einhundert Jahre eine viel zu Runde Zahl um nicht absurd zu sein, wir müssten dann nämlich auch irgendein nahegelegenes Jubiläum für das entsprechende Alter einfügen, was derart künstlich erscheinen muss, dass wir uns der Absurdheit hätten schuldig gemacht. In der Tat ist der Verweis auf eine hundert Jahre alte knorrige Eiche mehr eine Bezeichnung, keineswegs ein Seinszustand, d.h., wir sind genau, nur zum Teil. Wir überlassen dem Leser nun als einfache Übung, eben jene Bezeichnung der hundertjährigen Eiche in historischer Weise zu bestimmen. Wir beachten, dass wir ebenfalls zu Übungszwecken im ersten Satze dieses Absatzes darauf verzichtet haben, zu erwähnen, wie sich die Beschreibungsebene für das Alter gewandt hat.
Als wir uns also mit der Beschreibung des einen speziellen Baumes sehr intensiv auseinandergesetzt haben muss uns die Mühe aufgefallen sein, und wir möchten nicht ausmalen, wie absurd es anmuten würde, hätten wir mehrere dieser Bäume auch mit noch der größten Vorsicht gesetzt, oder auch minder vorsichtig wie wir es taten. Wahrscheinlich hätten wir einen ganzen Editionsband füllen können.
Als wir uns also mit der Beschreibung des einen speziellen Baumes dem Ende neigten, konnten wir uns freuen, in Kürze von der Historie abwenden zu können und wieder in das Milieu des Ungefährlichen einzutauchen, das heißt das, was nun vor uns liegt sind Dinge, die rein deskriptiver Natur sind. Das einzige, was dem entgegen stehen kann ist unser Residenzgebäude, ein paar Artefakte aus vergangener Zeit über die wir noch nicht sprachen,und der Park selbst an sich und wie sie sich hierin gleichen, gleichen sie sich auch darin, dass ihr einzig nicht deskriptives bereits ausführlich erörtert wurde und das war ihre Entstehung.
Was also das Residenzgebäude betrifft, so handelt es sich dabei um einen dreiteiligen Bau in zentraler Lage aber dennoch eher am Rand gelegen. Wir dürfen uns als gewissermaßen vorstellen, die Gebäude sind römisch insofern die Mehrheit der Wege schlussendlich an die Residenz führen. Wir vermuten, wir befragten hier keinen Historiker, dass dies ein Wunsch des oder der Bauherrn war um etwaige Gäste in feiner Manier zu führen und dann ohne Umwege zum wesentlichen, also der Residenz, zu geleiten, zu führen oder sonst dergleichen. Wir könnten aber auch vermuten, es handele sich um ein zentralistisches Anliegen zum Selbstzwecke in Vorbild an französische Gegebenheiten. Widmen wir uns also doch besser dem linken Nebengebäude, das offensichtlich später errichtet, genau wie das rechte und wir geben auch bekannt, dass dies stimmt und mehr noch, dass sie aus symmetrieharmonischen Gründen geschah. Wir wollen damit nicht unterstreichen, dass der spätere Bauherr der Mathematik sehr Nahe stand, sondern lediglich seinem Zeitgeist der korrekten Ästhetik entsprach. Wie wir noch festlegen, finden sich gewisse Asymmetrien, die einen immerhin zweiten Blick zu ihrer Entdeckung bedürfen - sowie tiefgehende Kenntnisse für andere. Das linke Haus ist speziell als Badehaus konzipiert, betreten wir es durch den Haupteingang, dann finden wir ein schmales längliches Foyer mit einer Treppe in die höheren Geschosse parallel zu unserer Blickrichtung am rechten Ende. Sie ist mit einem Seil abgesperrt und wir folgen dem Symbol betreten nicht die oberen Geschosse. Wir versichern aber, dass sich dort die Umkleiden und einige weitere eher nichtige Zimmer befinden. Direkt gegenüber finden wir eine bescheidene imposante Doppeltüre, sie ist verriegelt und ebenfalls zollen wir dem Respekt und öffnen sie nicht mit Gewalt, erlauben dem Leser aber die Kunde um den Badesaal in ebenfalls bescheidenen aber elegantem Stil. Das Deckengemälde ist freilich nicht von Michelangelo, Raffael oder einem anderen berühmten Italiener, zeigt aber eine typische antike Darstellung. Wir verweisen, dass einer der Schreiber hierin eine besondere Kenntnis besitzt und wenn er es für ausreichend würdig und notwendig erachtet, ist er bereit, sich in ausführlicherweise um die künstlerischen und inhaltlichen Aspekte zu kümmern. Mit ein wenig Glück können wir dann sogar auf marmorne Säulen hoffen.
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