Fünfzig Schritt in Hamburg

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
blobbfish
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So 7. Sep 2014, 20:13 - Beitrag #21

Einigermaßen unbeirrt nimmst du die Treppe zu deiner Linken, eine kleine Freiheit, die du dir von deinem großen Plan, die Türe zum rechten Flügel näher zu untersuchen, nimmst. Du rechtfertigst den Ausflug mit dem Fahrrad und sinnierst darüber, ob es mit einem Lastenaufzug hier hoch geschafft und wurde und was wohl der Bauherr dazu sagen würde, ein solches Gefährt auf den an sich erhabenen Fluren vorzufinden. Da die Treppe sehr kurz ist und die Stufen, trotz der Anstrengung die vielen Stufen zuvor empor geklommen zu haben, recht zügig unter dir hindurch passieren, lässt du dir keine Zeit, die Gedanken zu beantworten. Dein Kennerblick verrät dir sofort, dass ein möglicherweise von den Geländerstäben verstecktes Speichenschloss gar nicht vorhanden und entsprechend in absolut höchstgradigem Maße nicht verschlossen ist. In dreister Überlegenheit über die Besitzerin hebst du das Rad am Sattel ein wenig an und setzt das Hinterrad an einer der zahlreichen Speichen, deren Anzahl wahrscheinlich 32 oder 36 ist, in Bewegung. Das Rad rotiert, die Bremskörper schleifen nicht; sie sind nicht vorhanden; Nabenbremse. Du setzt das Rad ab und das Gummi des Reifens hinterlässt eine gewisse Herausforderung an die nächste Putzfrau - und da du davon ausgehst, dass ein solcher Gummistreifen auf dem Boden eher unbemerkt, oder falls nicht, hinreichend unbeseitigt bleibt, an die Gebäudeverwaltung, die letztlich für den reinlichen Zustand der von ihnen genutzten Immobilie von den Mietern als verantwortlich erachtet wird. Du selbst verspürst, als du die Hand vom Sattel nimmst, ebenfalls ein Reinlichkeitsbedürfnis: An deiner anderen Hand, jener, mit der du die Speiche berührtest, ist Dreck, wie er an Speichen oft zu finden ist. Mit Erfolg verteilst du das Reinlichkeitsbedürfnis an deine Armanijeans; verteilen heißt hier, dass du und deine Armanijeans nun gerne sauberer wäret. Als endgültigen Racheakt an der Besitzerin, die dir und deiner teuren Armani ein Reinlichkeitsbedürfnis zuteil werden ließ, nimmst das Fahrrad mit dir. Der Freilauf klackert ein bisschen, für die wenigen Meter bis zum rechten Flügel lohnt es nicht, aufzusitzen und so verzichtest du darauf, so dass das Damenrad auch nach dem klackernden Wendemanöver noch für einige weniger Meter klackert. Anstatt deine Museklkraft direkt, vermittels Rücktritt oder Vorderradfelgenbremse vermittels Bremsgriff, wirken zu lassen, setzt du das Rad mit knapper Schrittgeschwindigkeit vor die hochwertige Holztür. Es springt ein bisschen zurück, nichtelastischer Stoß eben. Elementare Physik, nichts womit du dich aufhalten willst. Du wartest einen Moment. Außer der Aufforderung seitens des Gewaltmonopols, das Chilehaus zu verlassen, passiert nichts. Es öffnen sich auch sonst, der sonstigen Stille nach zu urteilen, keine Türen. Offenbar ist das Kapital wichtiger als der Staat. Du drückst auf die Türklinke, willig lässt sich nach unten drücken bis an jenen Punkt, wo die Mechanik der Klinke die weitere Willigkeit verbietet. Eine gewisse Analogie zur Sittlichkeit vergangener Zeiten; wann wird es wohl Türklinken geben, die sich keiner mechanischen Grenzen mehr ausgesetzt sehen? An der Türklinkensittlichkeitsgrenze also versuchst du dich im nächsten Schritt, um die Sittsamkeit der Türe selbst auszuloten. Tatsächlich ist das Maximum möglich, die Tür lässt sich bis zum Anschlag an die rechte Wand öffnen. Du trittst mit Rad in den Korridor und schließt die Türe.

Du könntest
* wieder in das Treppenhaus und gehen das Chilehaus verlassen,
* die erste offene Türe auf der rechten Seite benutzten,
* die erste offene Türe auf der linken Seite benutzen,
* die erste verschlossene Türe auf der rechten Seite versuchen aufzubrechen,
* die erste verschlossene Türe auf der linken Seite versuchen aufzubrechen,
* den Gang bis zum Ende durchlaufen und ihn dabei einigermaßen genau untersuchen.

blobbfish
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Do 11. Sep 2014, 20:25 - Beitrag #22

Ein wenig bedächtig trappelst du mit dem Rad links neben dir den Gang entlang. Da du gerne eine Hand freihaben möchtest, wechselt du die Radseite und schiebst das Rad mit der rechten Hand, d.h. du fasst es am Sattel und sorgst über diesem auch für die Balance. Mit der linken Hand kannst du das generell noch nicht so gut und jedes Fahrrad hat ja seinen eigenes Fahrgefühl, da gehst du besser auf Nummer sicher, nicht dass du dich mit Schlangenlinien blamierst, sollten dir diese unterlaufen und gleichzeitig jemand aus den geschäftigen Zimmer zu den Seiten des Ganges auf den Gang treten. Und schlimmer als der peinliche Moment wäre gar eine Kollision -- wegen der ungleich größeren Peinlichkeit -- die in einem Gespräch, Handgemenge oder sonstigem Ende könnte. So was passt dir nicht in den Kram, schließlich bist du auf der Flucht vor der Polizei. Raus, raus, ihr Dämonen des Stumpfsinns! ist ein Spruch, der dir dazu einfällt, es gibt ja den gleichnamigen Comicband von Scott Adams. Von den staatlichen Sicherheitsbeamten hast du jetzt schon seit einiger Zeit nichts mehr gehört, seit fünf Türen um genau zu sein, fünf Türen zu jeder Seite, um wirklich genau zu sein. Du hast damit schon über die Hälfte des Ganges beschritten. Du betrachtest auch weiterhin alle weiteren Türen, es sind noch drei auf der linken und vier auf der rechten, wovon die letzte angelehnt ist und offenbar eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter bei selbstgemachten Kaffee flirten. Sie lassen sich durch das Klackern des Freilaufs des grünen Damenrades auch nicht davon abbringen, offenbar ist ihr Flirtvorgang erfolgreich oder die beiden sind einfach so reizend, dass sie nichts als an den jeweils anderen denken können. Du weißt es nicht. Du öffnest die Tür zum Treppenhaus D und trittst ein. Ein schönes Treppenhaus, wie auch Treppenhaus C, aber enger und mit nur einer Treppe.

Du könntest
* Auf den Umlauf vom Osthof gehen und dir einen Überblick über die Lage verschaffen,
* auf den Umlauf vom Osthof gehen und damit drohen, dass du aus selbigem springen wirst, sollten die Ordnungshüter nicht verschwinden,
* geradeaus und früher links zum Treppenhaus B gehen,
* geradeaus und später links zum Treppenhaus C gehen,
* einige Stockwerke nach oben gehen (Anzahl angeben),
* einige Stockwerke nach unten gehen (Anzahl angeben).

blobbfish
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Sa 20. Sep 2014, 10:03 - Beitrag #23

Du verlässt das Treppenhaus D wieder, leider musst du dafür wieder die gleiche Türe benutzen. Hättest du dich also überhaupt oder kleinschrittiger Entschieden, hättest du dir diesen Umweg jedenfalls sparen können. Du nimmst den Gang gen Westen, dem baldigen Sonnenuntergang entgegen - eine gute Analogie, so wenig draußen ein Sonnenuntergang ist, so wenig ist auch im Chilehaus einer. Du erreichst eine Biegung nach Süden mit einem Abzweig nach Weste. Die Biegung nach Süden dürfte grob in die Richtung der Sonne führen und da du ein Stahlrad statt Wachsflügeln mit dir führst, sollte eine gewisse Näherung an den großen Feuerball keine ernsthaften Folgen haben - jedenfalls keinen Absturz, der, da du keinen Helm beim Rad gefunden hast, auch zu schwerwiegenden Kopfverletzungen führen könnte. Du biegst also nach Süden ab und folgst dem Gang. Du gelangst neuerlich durch eine Tür in Treppenhaus, das sich das als das Treppenhaus B herausstellt. Ein schönes Treppenhaus, weit und geräumig, es scheint das Treppenhaus C zu imitieren, zumindest was die Treppenkonstruktion angeht, so gibt es rechts und links eine Treppe, die auf einem Flachstück enden, um von dort vereinigt endgültig als Treppe das nieder gelegene Stockwerk zu erreichen. Der wesentliche Unterschied ist nur eben, dass die Treppen parallel und ohne Abstand sind, so dass sich keine Möglichkeit bietet, von ganz unten nach ganz oben oder umgekehrt zu gucken. Am Geländer steht kein Fahrrad.

Du könntest
* ein Stockwerk hochgehen,
* einige Stockwerke nach unten gehen,
* das Fahrrad am Geländer stehen lassen,
* zurück gehen und dann links abbiegen,
* zurück gehen und dann rechts abbiegen,
* weiter gehen und dann rechts abbiegen,
* weiter gehen und dann links abbiegen.

blobbfish
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Fr 3. Okt 2014, 21:45 - Beitrag #24

Du gehst auf die Treppe zu und führst das Fahrrad mit dir. An der Treppe angekommen, nimmst du das Rad am Lenker. Du setzt einen deiner Füße vor einen anderen, dieser ist nun niedriger. Mit der außerdem stattfindenden Vorwärtsbewegung, bewegst du auch das eine der Räder deines Rades die erste Stufe hinunter. Die rechte Pedale setzt laut auf und es folgt keine geschmeidige Bewegung vom Rad. Ein Fahrrad ohne Pedalen wäre mal eine Erfindung! Du bringst die Pedalarme in eine waagerechte Position, das ist nicht so einfach, weil das Fahrrad einen Rücktritt hat. Dir aber gelingt es. Du schiebst das Fahrrad die Treppe hinunter. Während das Vorderrad recht artig hinsichtlich der Geräuschverursachung ist, gleicht die Garstigkeit des Hinterrades eben jene Artigkeit mehr als aus. Mit jeder Stufe klappert das gesamte Rad, weil das Hinterrad immer sehr unsanft um eine Stufe nach unten fällt. Dir ist das zu laut. Du nimmst das Fahrrad an der Sattelstange und am Lenker und hebst es hoch. Du hast dabei einige Probleme, weil das Rad einen tiefen Einstieg hat und sich daher nicht gut heben lässt. Innerlich laut fluchend, äußerlich aber leise, trägst du das Rad nun hinunter. Nach zwei Stockwerken hörst du auf zu fluchen, da die Flüche bisher nichts geändert haben. Stattdessen denkst du an etwas Schönes: Das leere Treppenhaus. Dir fällt auf, dass das Treppenhaus eigentlich nicht leer sein sollte, denn du hast ja gehört, wie einige Polizeibeamten die im Gebäude befindlichen Personen aufforderten, das Gebäude zu verlassen. Offenbar ist das Kapital stärker als das staatliche Gewaltmonopols, folgerst du. Auf deine abgeschlossene Folgerung folgt der Feueralarm. Er ist sehr laut, aber du hast leider keine Hand frei, um dir die Ohren zuzuhalten. Kurze Zeit später strömen etliche Menschen die Treppe hinunter. Offenbar ist die, willst du folgern, aber da beschwert sich ein Herr im Karriere- und Geldgieranzug bei dir über dein Fahrradtragen. Du stimmst ihm zu, das sei nicht gut, bei der Flucht vor einem Feuer, sein Rad mitzunehmen. Du nimmst aber das Fahrrad weiter mit nach unten ins Erdgeschoss.

Du könntest
* in den Osthof gehen,
* in die Fischertwiete gehen,
* warten, bis dich Feuerwehrleute oder Ordnungshüter wegen des Brandes aus dem Haus bitten.

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