"Ethikpositivismus" - Alles im Grunde Utilitarismus?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Sa 14. Feb 2004, 11:17 - Beitrag #1

"Ethikpositivismus" - Alles im Grunde Utilitarismus?

Weil ich mit meinen philosophischen Geschreibsel in der letzten Woche bei mir in Personalabteilung (ich bin immer noch beim Bund aber nicht mehr lange ^^) für Aufsehen gesorgt habe und ich da schon fast (imo zu unrecht ^^*) für DEN Philosophen des 21. Jahrh. gehandelt werde, poste ich meinen kleinen Text der da so gut ankahm auch mal hier um ihn zur Diskussion zur stellen. Das sollte jetzt nicht irgendwie eingebildet oder so wirken, ich finde die Reaktion wie bekundet ja selbst weit übertrieben, aber wer sonst nichts mit dem Thema am Hut hat, für den scheint sowas schon was besonderes... naja. ^^*

Die Philosphie muss umdenken: Jedes ethische Konstrukt ist in seinem tiefsten Inneren Utilitarismus. Egal welchen Vorwand ein Konstrukt nimmt, sei es Gerechtigkeit, Moral, Macht, Wahrheit oder Gott, die Ausgangsfrage war und ist immer welches Denken und Handeln am meisten Nutzen bringen würde. Die einen sehen das Beste für den Menschen in dem einen, andere in etwas anderen, aber stets suchten sie nach dem besten, wie sie meinten richtigen, was nichts anderes ist als das nützlichste.
Die meisten ethischen Konstrukte vergasen nur mit der Zeit ihre Wurzeln. Aus der Ethik des Nutzen wurde eine Ethik ihrer selbst wegen. Sie erstarrte und falls sie sich doch bewegte, dann zumal nur um sich im Kreis zu drehen.



Pad ich warte auf deinen Widerspruch! :D ;)

Nightmare
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Sa 14. Feb 2004, 18:24 - Beitrag #2

Ok da er scheinbar (noch) nicht hier ist erstmal ein bisschen vernichtende Kritik von mir :P.

Der Utilitarismus ist sicher nichts neues, sondern gehört mit den teleologischen Ethiken (ja tele nicht theo!) in eine Kiste. Im übrigen muss ich dich ein wenig berichtigen - der Utilitarismus kommt zwar von "nützlich", beinhaltet aber die These, dass man so handeln muss, dass der Nutze für die Allgemeinheit am größten ist. Damit verwand ist natürlich auch Kants imperativ, der meiner Ansicht nach sehr viel praktischer ist.

Wenn die Philosophie umdenken muss, dann sicher aufgrund des Nihilismus. Eine einheitliche Überwindung wird wohl der nächste große Meilenstein in der Philosophie sein - wenn er überhaupt möglich ist.

Padreic
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Sa 14. Feb 2004, 20:28 - Beitrag #3

Hier bin ich! ;)

Du wirfst da IMHO so einiges in einen Topf. Gerechtigkeit, Moral, Macht, Wahrheit und Gott sind nicht alles ethische Konstrukte. Letztendlich zielt aber alles auf einen Nutzen, da geb ich dir recht, aber das ist erst der Anfang der Untersuchung und nicht ihr Ende, denn es kommt ja gerade darauf an, was der Nutzen denn ist.
Dass man alles nur für sein eigenes Glück tut, ist ja deine These im Nachbarthread, aber da hab ich dort schon gegen geredet, das muss ich hier nicht wiederholen. In der Ethik geht man im Utilitarismus ja üblicherweise vom Wohl bzw. Glück der Allgemeinheit aus. Kants Kategorischer Imperativ hat da z. B. IMHO eine andere Grundlage: die Wahrheit. Es mag durchaus sein, dass eine Tat anderen Menschen Glück bringt, die sich nicht mit dem Kat. Imperativ vereinbaren lässt, aber dann ist es mehr ein Trick als eine einem ethischen Grundsatz folgende Tat, denn wenn jeder in einer vergleichbaren Situation ähnlich handeln würde, würde der Sinn der Tat aufgehoben. Das christliche Gebot 'Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.' hat natürlich auch ein wenig mit dem Utilitarismus gemein, da man in der Liebe das Wohl des Gegenübers sucht. Aber wichtig ist, dass hier nicht von der Allgemeinheit die Rede ist, sondern nur vom Nächsten. Ein Gebot, dass sowohl vom Kant als auch von christlichen Denkern befürwortet wurde, "Lüge niemals.", kann man aber, denke ich, kaum mit dem Utilitarismus zusammenbringen, da es offenbar manchmal Leuten mehr Glück brächte, wenn sie nicht die Wahrheit über etwas erführen.
Damit komme ich zu dem Punkt, dass man auch Wahrheit als Nutzen betrachten kann, sowohl in der Ethik im engeren Sinne als auch in sämtlichem Streben. Der Nutzen dessen, Gott anzuerkennen, ist erstmal, dass er ist (zumindest vermeintlich) [Kierkegaard setzt beispielsweise auch den Glauben praktisch damit gleich, die Wahrheit über sich selbst anzuerkennen und damit auch natürlich, dass das Selbst in Gott gegründet ist.]. Der Sinn beim Forschen ist es, das Wahre herauszufinden. Wir als Menschen können uns diesen Sinn setzen.
Übrigens halte ich gerade den ethischen Utilitarismus für das Unpraktikabelste, was es so gibt. Wenn jemand umdenken sollte, dann sollte er es tun ;).

Padreic

P. S. Ich sollte auch mal zum Bund ;).

Maurice
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Sa 14. Feb 2004, 21:06 - Beitrag #4

Pad wenn DU zum Bund gehst bricht ein Eckfeiler meines Weltbildes zusammen. :P ;)
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Ja das Wort "Utilitarismus" war und ist mir auch nicht sooo lieb. Wie schon gesagt der Utilitarismus sucht nach dem Allgemeinwohl indem er nach dem größten Nutzen in Form von Wohl und Freude fragt. Ich sollte wenn ich die These aufrecht erhalten will eine andere Vokabel als "Utilitarismus" nehmen *Kinn kratz* .... Ich bezeichne es allgemein bis dahin als "Nutzendenken".... aber selbst das ist nicht das 100% was ich meine.. egal eben ein vorläufiges Provisorium.
Also zurück zum eigentlichen Thema:
Wie ich gesagt habe was verschiedene Personen als das jeweils richtige für den Menschen sehen (/gesehen haben) kann ganz verschiedenes sein. Dabei gings mir gar nicht mal prinzipell um die ganze Menschheit im Sinne des Allgemeinwohls, sondern eben um den Menschen in verschiedenen Mengenverhältnissen, weil manche Philosophen sich auf den Einzelnen, andere eine Gruppe und wieder andere um die gesamte Menscheit mit ihren Überlegungen konzentriert haben. Wer aber auf jeden Fall immer angesprochen wurde war das Individum, egal ob nun zum radikalsten Egoismus oder Altruismus aufgerufen wurde.
Augustinus sah in dem Lügen etwas prinzipell falsches, weil es für ihn verwerflich und schädlich war, selbst wenn eine Lüge scheinbar mehr nützen würde als die Wahrheit soll man Lügen. Er sah die Wahrheit als das prinzipell Richtige. Unter dem Gesichtspunkt des Nützlichen ist theoretisch beide Meinungen möglich. Man kann eben sagen, dass Lügen manche Situation einfacher machen kann oder man sich dadurch sogar einen offensichtlichen Vorteil verschaffen kann. Aber Lügen bietet immer auch ein Konfliktpotential und umso mehr man lügt umso mehr kann man auch in einen Sumpf geraten wo man sich im Nachhinein nur noch schwer von befreien kann. Aber um eben darüber diskutieren zu können müssen wir über den Nutzen gehen, wenn wir mit etwas anderen kommen haben die Argumente imo keine Allgemeingültigkeit.

MagicMagor
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Do 19. Feb 2004, 15:37 - Beitrag #5

Hier kommt der Widerspruch *g*
Wenn du sagst, alle ethischen Modelle wären Nutzenorientiert und daher im Grunde utilitaristisch, dann scheinst du den Kern eines ethischen Modelles nicht verstanden zu haben.

Im Utilitarismus hängt der moralische Wert einer Handlung von ihren Konsequenzen ab. Eine Handlung wird danach beurteilt inwieweit ihre Konsequenzen zur Glücksmaximierung beitragen. Im U. hängt damit der Wert einer Handlung davon ab, in welchem Zusammenhang man sie begeht. Eine Lüge mag einmal moralisch verwerflich sein, ein andermal mag sie zur Glücksmaximierung beitragen und ist somit gerechtfertigt.

Andere Ethische Modelle sind nicht konsequentalistisch. Nach Kant ist das Gebot zur Wahrheit eine unbedingte Pflicht. Nach Kant ist eine Lüge IMMER verwerflich, egal wie ihre Konsequenzen aussehen.

Nach Aristoteles Tugendethik ist das Ziel, das "gute Leben". Aristoteles ist somit indivudalistisch und gemeinschaftlich orientiert (der U. ist gemeinschaftlich orientiert).

Andere ethische Modelle, die zB die Gerechtigkeit als höchstes Gut haben, haben mit dem U. nur gemein, daß sie ein höchstes Gut haben. Ob eine Handlung "gerecht" ist oder nicht, hängt unter anderem mit ihren Konsequenzen zusammen, aber der Nutzen der Handlung spielt dabei keine Rolle.

Ein Philosoph sucht, das was WAHR ist, nicht was ihm am besten gefällt. Kant hat glaub ich, der kategorische Imperativ nicht wirklich gefallen, aber er war davon überzeugt, das er richtig, im Sinne von wahr, ist. Du unterstellst hier allen Philosophen etwas, das einfach nicht stimmt.

Maurice
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Fr 20. Feb 2004, 17:02 - Beitrag #6

Wie schon gesagt ist der Begriff "Utilitarismus" für das was ich aussagen will ungenügend, weil ich bei dem Begriff zu sehr das Nutzendenken ins Auge genommen und die anderen Aspekte vernachlässigt haeb. Ich muss mir also einen passenderen Begriff suchen.... oder gar letzten Endes selbst schaffen. ^^

Andere Ethische Modelle sind nicht konsequentalistisch. Nach Kant ist das Gebot zur Wahrheit eine unbedingte Pflicht. Nach Kant ist eine Lüge IMMER verwerflich, egal wie ihre Konsequenzen aussehen.

Statt verwerflich könnte man auch schädlich sagen, oder? Und schädlich bedeudet, wenn man den Begriff des Nutzens wörtlich benutzen will "anti-nützlich". Kant sagt demnach wie jeder andere deonthologische Philosoph, dass eine bestimmte Sache (in dem Fall die Lüge) prinzipell "anti-nützlich", umgangssprachlich eben schädlich sei.
Jeder Philosoph meint, dass seine Philosophie die beste und somit das Beste für den Menschen sei, ob ich es nun "am besten" oder "am nützlichsten" nenne ist doch eigentlich egal.

janw
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Fr 20. Feb 2004, 21:53 - Beitrag #7

Dem Utilitarismus in seinem Lauf sitzt immer nur der Maurice auf...

Nun, ich teile Deine These nur bedingt. Bei all dem vorherrschenden Suchen nach Oppositionen geht allzuleicht in Vergessenheit, daß es den Dritten Weg gibt, die Neutralität, Unschädlichkeit.
Auch sind die wenigsten ethischen Normsysteme von jemand bewußt an einem Punkt gesetzt worden, sondern meist über Zeit in einer Gemeinschaft entstanden.

Ethische Normsysteme sind hierbei sicher nicht oder nur selten zweckfrei entstanden, ihr tieferer "Sinn" ist sicher immer der gewesen, das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die dem Menschen innewohnenden emotionalen Potentiale zu kanalisieren.
Anstelle des Utilitarismus sensu Glücksmaximierung könnte man deshalb auch einen Malus-Präventionismus postulieren, die Setzung entfreiender Normen die das im Vergleich größere Übel des unnormierten sozialen Chaos verhindern helfen.

Nach Utilitarismus würde ich nur dort suchen, wo Normsysteme bewußt in die Welt gesetzt wurden, der Normsetzer also an die Mitglieder einer Gemeinschaft differenzierte normative Privilegien verteilen konnte. Hier konnte Kant dann auf der Grundlage des volonte general bestimmtes Handeln als Gemeinnutz maximierend postulieren, oder die Verfechter des Materialismus die Güterverteilung zur Norm erheben, wahlweise mit der Sozialisierung oder Privatisierung der Güter als Idealvorstellung.
Einen Sonderfall stellen sicherlich Normsysteme dar, die durch die Institutionalisierung vorangegangener Normsysteme enstanden sind und gewissermaßen eine Pervertierung des vorangegangenen darstellen. Solch ein Fall wäre die Entwicklung der kirchlichen Normsysteme aus den vorangegangenen jüdisch-christlichen Normsystemen. Zum Maß des Handelns wurde hier seine Gottgefälligkeit deklariert, "ad maiorem dei gloriam", de facto diente es aber der Einnahmen- und Machtmaximierung der Päpste. Die Lüge, zumindest in Form der Verleumdung in den 10 Geboten sanktioniert, wurde als Mittel zum Zweck gedudelt.

Der endgültige Lügenutilitarist wurde dann, ich glaube, Macchiavelli mit "Der Zweck heiligt die Mittel"

MagicMagor
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Mo 23. Feb 2004, 01:43 - Beitrag #8

Statt verwerflich könnte man auch schädlich sagen, oder?

Nein eben nicht. Schädlich ist wieder konsequentalistisch, weil die Handlung "schadet" und somit ihre Konsequenz betrachtet wird.
Wenn eine Handlung verwerflich ist, dann ist die Handlung als solche unmoralisch. Die Unmoralität ist quasi eine objektive Eigenschaft der Handlung.
Kant (sry das ich dauernd mit dem komme, aber den lese ich grad *g* ausserdem perfektes Beispiel) unterscheidet die Ethik einmal in die philosophische Metaphysik der Sitten, und andermal in ihre Anwendung auf den Menschen. Eine Lüge wäre selbst dann unmoralisch wenn es keine Menschen gäbe die lügen könnten, oder belügt werden könnten.
Wenn du Kant unterstellst Handlugen nach Nützlichkeit bzw Schädlichkeit zu bewerten, dann kannst du genausogut behaupten der Apfel würde vom Baum fallen, weil der Baum das will.
Es handelt sich in beiden Fällen um feste Naturgesetze.

Maurice
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Mo 23. Feb 2004, 01:45 - Beitrag #9

Wenn eine Handlung verwerflich ist, dann ist die Handlung als solche unmoralisch. Die Unmoralität ist quasi eine objektive Eigenschaft der Handlung.

Der Fehler hierbei ist , dass Moral nicht objektiv ist, sondern stets subjektiv....

MagicMagor
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Mo 23. Feb 2004, 01:49 - Beitrag #10

Der Fehler hierbei ist , dass Moral nicht objektiv ist, sondern stets subjektiv....


Begriffsfrage. Moral kann subjektiv sein, Ethik nicht. Dieser Grundsatz zieht bei Kant eben nicht, weil Kant von einer objektiven moralischen Pflicht ausgeht.

Maurice
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Mo 23. Feb 2004, 11:36 - Beitrag #11

...die es imo nicht gibt.
Demnach müsste mein Konzept in sich doch wieder logisch sein, oder?

MagicMagor
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Mo 23. Feb 2004, 15:32 - Beitrag #12

..die es imo nicht gibt.
Demnach müsste mein Konzept in sich doch wieder logisch sein, oder?


Nein... du kannst zwar damit Kant wiederlegen und behaupten der Utilitarismus sei die einzig wahre Moralvorstellung, du kannst aber nicht behaupten Kant wäre Utilitarist (was du aber getan hast).

janw
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Mo 23. Feb 2004, 15:42 - Beitrag #13

Es gibt mehrere Wegezur Begeründung ethischer Wretsysteme.
ASusgangspunkt ist wohl meist die Erkenntnis eines als ungünstig empfundenen Verhaöztesnzustandes in der Gesellschaft, dem dan mit einem neuen ethischen Wertesystem begegnet wird.
Ethik kann zum einen um ihrer selbst willen postuliert werden, wobei ich den Bezug auf übergeordnete Instanzen wie das große ganze Gute, Gott usw. darunter zahlen würde. Ein Vertreter einer solchen um-ihrer-selbst-willen (uisw)-Ethik (ein Fachbegriff fällt mir momentan nicht ein) wäre für mich Aristoteles, Kant zum Teil.
Eine Bewertungskategorie wäre hier die Verwerflichkeit einer Handlung.
Man könnte eine solche Ethik als objektivistisch bezeichnen, weil die Beurteilung der normierten Handlungen hier aus Sicht des Ethiksetzers oder der Ethik (also des Objekts) selbst erfolgt.

Ethik kann auch postuliert werden, um damit eine bestimmte Folgewirkung zu erzielen, z.b. das Gemeinwohl zu fördern, bestimmte gesellschaftliche Gruppen oder Strukturen zu fördern oder vor Schaden zu bewahren.
Vertreter einer solchen Ethik wären für mich Marx, Macchiavelli und viele andere, Kant zum Teil.
Eine Bewertungskategorie wäre hier die auf das ethische Schutzgut bezogene Schädlichkeit oder Nützlichkeit einer Handlung.
Eine solche Ethik könnte man als subjektivistisch (da auf ein externes Subjekt bezogen) oder konsequentualistisch (da die Folgen des normierten Verhaltens Maßstab der Bewertung sind) bezeichnen.

Kant steht für mich zwischen beiden Systemen, da er seinen KI ausdrücklich mit Gottgefälligkeit begründet (das Ziel der Erreichung des ewigen Lebens ist eines der Postulate), also im Sinne einer uisw-Ethik und die Lüge als grundsätzlich verwerflich bezeichnet, andererseits den KI ausdrücklich subjektivistisch und konsequentualistisch auf das Gemeinwohl einer Gesellschaft bezieht (handle so, daß die Maxime...einer Gesetzgebung (die zwangsläufig das Gemeinwohl zum Ziel haben muß) zur Grundlage dienen könnte).

Ob der konsequentualistische Kant außerdem utilitaristisch ist, wäre zu prüfen.

Maurice
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Mo 23. Feb 2004, 16:39 - Beitrag #14

Du verstehst mich nicht Magor. Ich sage alle ethischen Konzepte sind im teifsten Inneren Utilitarismus (wobei die Vokabel wie schon erwähnt verbesserungswürdig ist, und somit ein Provisorium darstellt), nicht aber dass sie mit der Vorstellung von Utilitarismus gleichzusetzen sind. Imo steckt hinter jedem Konstrukt Nutzendenken, nur offenbart sich dieses in den verschiedensten Art und Weisen.
Und ich sage keinen Falls wie du behauptest, der Utilitarismus sei die einzig wahre Moralvorstellung, denn mein Ziel ist es ja, von dem Begriff Moral Abstand zu nehmen. Ich sehe das Nutzendenken nicht als zwingend moralisch an, sondern Moral hat zwingend was mit Nutzen zu tun.

MagicMagor
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Mo 23. Feb 2004, 20:52 - Beitrag #15

Du verstehst mich nicht Magor. Ich sage alle ethischen Konzepte sind im teifsten Inneren Utilitarismus (wobei die Vokabel wie schon erwähnt verbesserungswürdig ist, und somit ein Provisorium darstellt), nicht aber dass sie mit der Vorstellung von Utilitarismus gleichzusetzen sind. Imo steckt hinter jedem Konstrukt Nutzendenken, nur offenbart sich dieses in den verschiedensten Art und Weisen.

Ich würde gerne eine Begründung dafür sehen. Wenn dir der Begriff Moral nicht zusagt nehmen wir Ethik bzw Metaethik, denn darum scheint es dir zu gehen.
Das aus Nutzen zwingend eine Moral folgt ist logisch, warum aber NUR aus Nutzen zwingend Moral folgt, das möchte ich gerne begründet haben.

Der Ansatz von janw klingt schon ganz vernünftig.
Das entwerfen einer Ethik ist ganz sicher eine Handlung, die mit Blick auf das Resultat geschieht (und somit aus Sicht des Philosophen auch sicher nützlich). Die entwickelte Ethik selber kann aber Handlungen anders begründen. Die Nützlichkeit einer Handlung mag unbestritten sein, aber sie muss nicht zwangsläufig der Grund für die Handlung selber sein.

...andererseits den KI ausdrücklich subjektivistisch und konsequentualistisch auf das Gemeinwohl einer Gesellschaft bezieht (handle so, daß die Maxime...einer Gesetzgebung (die zwangsläufig das Gemeinwohl zum Ziel haben muß) zur Grundlage dienen könnte).

Ich fürchte hier muss ich dich enttäuschen. Der KI ist nicht zwangsläufig auf das Gemeinwohl bezogen. Der Wunsch nach Glückseligkeit ist zwar jedem Menschen angeboren, der KI ist aber ein moralisches Gesetz, das man auch befolgen muss wenn es einem nicht gefällt.
Die Universalisierungsformulierung des KI, wie du sie geschrieben hast, besagt nichts anderes, das die Maxime im Falle einer allgemeinen Gesetzgebung nicht im Widerspruch zu sich selbst steht. Der KI prüft ob eine bestimmte Norm ein moralisches Gebot sein kann. Der Inhalt dieser Norm (zB das Fördern des Gemeinwohls) spielt dabei keine Rolle.
Dazu mal ein Zitat:
Die Vorschriften für den Arzt, um seinen Mann auf gründliche Art gesund zu machen und für einen Giftmischer ihn sicher zu töten, sind insofern vom gleichen Wert, als eine jede dazu dient, ihre Absicht vollkommen zu bewirken.

Das Verbot der Lüge ist übrigens auch ein solches Gebot.
Neben dem KI gibt es in Kants Ethik aber auch den hypotetischen Imperativ, der eine Handlung für eine bestimmte Absicht gut heist.

Maurice
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Mo 23. Feb 2004, 23:42 - Beitrag #16

Hmm scheint auch an den Begriffsdefinitonen zu hängen (das Problem kommt mir bekannt vor ^^*).
Ich versuch mal zu erklären, was ich unter Ethik und Moral verstehe:

Moral:
Mit dem Ausdruck Moral wird häufig die Sammlung aller moralischen Regeln, Normen und Werte bezeichnet, die Menschen einer bestimmten Gruppe, Gesellschaft, Kultur verwenden. Moral ist also die gelebte Moral von Menschen. Sie bedarf nicht notwendigerweise der rationalen Reflektion, sondern kann gleichsam unbewusst gelebt werden.

Ethik:
Unter dem Ausdruck Ethik wird häufig jede Bemühung zusammengefasst, systematisch und rational über Moral nachzudenken. Ethik ist also die im weitesten Sinne die wissenschaftliche Beschäftigung mit Moral; Ethik ist Nachdenken über Moral.
Allerdings findet sich in der einschlägigen Literatur nicht selten auch die Gleichsetzung von Ethik und Moral. Das heißt, auch unter Moral wird das verstanden, was gerade als Ethik definiert wurde und umgekehrt. Trotzdem ist es sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen den beschriebenen Begriffem zu machen, auch wenn die Bezeichnungen nicht völlig klar sind.


Ich behaupte nicht, dass aus Nutzen Moral folgt, sondern dass Moral (nenns von mir aus auch Ethik) im Kern immer nach dem Nutzen geht. Du kannst mir nicht sagen, dass nicht jede Moral meint das beste für den Menschen zu sein. Und das beste ist für mich das gleich wie das nützlichste.
Das ist doch die Erklärung, was soll man dazu noch sagen?
Verschiedene ethische Ansichten sind verschiedene Interpretaionen des Nutzendenkens, was ich ja erreichen will ist, dass man sich dem Nutzen als Ziel von Überlegungn wieder bewusst wird, statt auf starren Moralgebilden zu beharren.


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