Tag syco23

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Ich bin durch Zufall auf Deinen Beitrag zu dem aussergewöhnlichen Film "2001 - A space odysse" gestossen. Ich finde Deine Ausführungen recht interessant, stimme jedoch überhaupt nicht mit ihnen überein, und suche schon lange Leute, die Lust hätte, über diesen Fílm zu diskutieren, auch wenn Dein Beitrag schon 2 Jahre alt ist. Ich schreibe Dir meine subjektive Meinung zum Buch, die genauso viel und genauso wenig Wert ist wie jede andere Meinung auch - nur dass wir uns verstehen, denn manchmal könnte man den Eindruck kriegen, ich würde die "absolute Wahrheit für mich beanspruchen" - das wirft man mir zumindest ab und an mal vor.
Zunächst möchte ich erwähnen, daß man Stanley Kubricks Film vom Buch von Arthur C. Clarke unterscheiden muß. Wenngleich Kubrick und Clarke das Drehbuch zum Film gemeinsam erarbeitet und von Clarkes Buch (das zu der Zeit noch nicht vollständig fertig geschrieben war) abgeleitet haben, so ist der Film durchaus als eingeständige Entität zu betrachten. Clarke gibt in seinem Buch eine mehr oder weniger eindeutige Frage auf den Verbleib von Bowman, und was mit ihm geschehen ist, aber der Film erhebt diesen Anspruch nicht, und das ist auch gut so. Gerade dadurch, daß der Film so offen und damit interpretationsfähig ist, ist er so gut. Vor allem aber möchte ich damit zum Ausdruck bringen, daß die Ereignisse, die in Clarkes Büchern 2061 und 3001 beschrieben sind, nicht unbedingt als Erklärung für die Ereignisse des FILMS 2001 herangezogen werden können.
Du schreibst in Deinem Beitrag, daß Du den Film mit deinen 19 Jahren (inzwischen solltest Du ja 21 sein) nicht ganz verstehst, und daß Du versuchst, mehr metaphysische Antworten und Deutungen zu finden - sehr gut!!!!!

Vielleicht solltest Du als eine weitere Interpretationshilfe die Erkenntnis annehmen, daß Kubrick und Clarke den Film durchaus religiös angehaucht haben (sich jedoch von jeder Art von Religion oder Kirche distanzieren; gleiches möchte ich auch tun, und auch mein Beitrag hat durchaus einen religiösen Touch). Ich selbst bin jetzt 27 Jahre alt, und habe erst vor ein paar Jahren begonnen, für mich einigermaßen befriedigende Antworten zu finden. Dabei entdeckte ich für mich, daß der Film viel, viel mehr ist, als nur ein interessant gemchter SciFi Film.
Weiterhin schreibst Du:
"Sie Story, bis kurz vor den Schluss, stellt ja kein Problem dar, selbst für einen ratinal denken Mensch - Abgesehen von Stein am Anfang"
Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. Gerade der etwas seltsam anmutende Anfang gibt ja überhaupt erst den Auftakt für das ganze Spektakel. Der Affe, der durch die Berührung des Monolithen scheinbar auf die Idee kommt, den Knochen als Waffe (oder als Werkzeug) zu benutzen, heisst "Moonwatcher". Daraus wird eine erstaunliche Dualität des Menschen ersichtlich, der einen Rohstoff entweder zu einem Werkzeug oder zu einer Waffe formen kann. Es ist nicht ganz klar, ob Moonwatcher erst durch die Berührung des Monolithen auf die Idee kommt, den Knochen zu benutzen oder nicht. Der Monolith an sich tut ja eigentlich gar nichts, er ist einfach nur da und - das ist der zentrale Punkt - er besitzt eine wesentliche Eigenschaft: er ist perfekt. Es wird ja dann v. a. im 2. Teil erwähnt, daß der Monolith nicht untersucht werden konnte, bzw. daß man nicht herausbekommen konnte, aus welchem Material der Monolith besteht, da er vollkommen undurchdringlich und von Menschenhand nicht zerstört oder angekratzt werden kann. Daß ist die eine der drei wesentlichen Eigenschaften des Monolithen, die nicht-Analysierbarkeit, das fehlen der letztendlichen Erkenntnis. Desweiteren ist der Monolith "... perfekt, bis auf 6 Dezimalstellen nach dem Komma genau!" Das soll nicht etwa heissen, daß der Monolith dann ab der siebenten Dezimalstelle nicht perfekt ist, sondern es bedeutet, daß kein menschliches Gerät die Perfektion des Monolithen auch nur andeutungsweise fassen kann. Der menschliche Geist hingegen kann es.
Wir - und die Protagonisten im Film - wissen ganz genau, daß der Monolith, bzw. seine Kanten wirklich absolut perfekt ist. Weiterhin wissen wir - und die Protagonisten im Film - damit auch, daß der Monolith damit nicht aus Materie bestehen kann (deswegen ist er auch nicht analysierbar oder ankratzbar), da jede Form der Materie unperfekt ist. Und ab diesem Augenblick kommt die Spekulation ins Spiel: was ist der Monolith dann eigentlich? Dazu aber später mehr. Kubrick und Clarke haben ja gesagt, das "wenn jemand den Film wirklich versteht, dann haben wir versagt". Diesen Aspekt sollte man immer im Hinterkopf behalten. Der Monolith ist daher auch nicht unbedingt als materielle Entität zu verstehen, v. a. da wir ja gerade geklärt haben, daß er ja nicht aus Materie bestehen kann (und aus "reiner Energie" wie es oft so schöne heisst, kann er gar nicht bestehen, da jeder Form der Energie - auch Strahlung - immer an Materie oder Quanten gebunden ist).
Eine weitere, wesentliche Facette des Films ist die Dualität zwischen Ratio und Emotion. Der Monolith steht für die Ratio, der Mensch für die Emotion, beides wesentliche Aspekte unserer Existenz. Diese Dualität zieht sich hindurch von Anfang an bis zum Ende. Ganz am Anfang stand Moonwatcher, der sich hauptsächlich auf seine Instinkte und Gefühle verlässt. Durch die Begegnung mit dem Monolithen wird seiner Existenz ein weiterer, wichtiger Wesenszug hinzugefügt: die Ratio. Ebenso wie HAL-9000 für die Ratio steht. Er wurde konzipiert, um Informationen so exakt wie möglich ohne Entstellung und Verheimlichung zu verarbeiten und weiter zu geben. Er wurde im Film als "perfekter Computer" eingeführt, also ein weiterer SChritt im Streben der Menschheit nach PErfektion. HAL-9000 ist aber noch viel viel mehr, denn da er ein eigenes Bewusstsein hat wird er als eigene Lebensform angesehen (was durchaus diskussions- und fragwürdig ist). Dadurch ist die Konstruktion von HAL ebenfalls einer weiterer Schritt der Menschheit, sich selbst zu erkennen. HAL hätte perfekt funktioniert, wenn ihn die Menschen nicht angwiesen hätten zu lügen, was gegen den grundlegedsten Gedanken seiner Existenz verstösst. HAL ist daher auch nicht böse. Er ermordet zwar die gesate Crew bis auf Bowman, aber nur, weil er verrückt geworden war. JEder, der den Film liebt, liebt auch HAL-9000 und ist von ihm fasziniert, weil man irgendwie das Gefühl hat, HAL könnte uns etwas erzählen, was wir alleine nicht warhnehmen könnten. Da HAL aber AUCH ein Werkzeug ist kann er auch missbraucht werden. Das wurde er in dem Moment, als er angewiesen wurde, die Informationen über die Mission vor der Crew geheim zu halten. Als Bowman ihn dann gegen Ende des Films abschaltet, sagt HAL, er habe Angst. Dieses Gefühl ist nicht emuliert, sondern es ist echt, da er durch die Beraubung seiner höheren Hirnfunktionen ebenfalls mehr und mehr "instinktgesteuert" wird, und seine Gefühle dadurch "echt" werden. Somit steht HAL eigentlich für ein Paradoxon: die perfekte Koexistenz zwischen Ratio und Emotion, die aber nur dann funktionieren kann, wenn beide Aspekte nicht im Widerspruch zueinander stehen.
Ebensowenig leicht zu verstehen sind die Vorkommnisse auf dem Mond im Krater Tycho, als Heywood Floyd den Monolithen berührt und dieser ein schrilles Signal aussendet. Überleg Dir mal, was seit der Zeit von Moonwatcher bis zum Jahr 2000, als der kleine Monolith im Film auf dem Mond gefunden wurde (das sind etwa 60000 Jahre) passiert ist. Dann wird die Bedeutung dieses Handlungsstrangs vielleicht etwas klarer, aber auch mir ist die Bedeutung dieses Handlungsstranges noch immer nicht vollständig klar (und wird sie wohl auch nie sein). Darauf möchte ich aber jetzt nicht weiter eingehen, da es sonst zu lange dauern würde.
Ich gebe Dir jedoch recht, daß der Film v. a. am Ende interessant wird, nur mit Deiner Interpretation bin ich nicht ganz einverstanden. Du schreibst:
"ich deute das Ende mal so: der Mensch wird älter. Schließlich ist man soweit, dass man in den Spiegel sieht und mit Schrecken erkennt, dass die Zeit an einem Spuren hinterlassen hat. Etwas später hat man sich damit abgefunden und wird ein ruhiger älterer Mann, der versuch sein restliches Leben zu genießen. Man wirft nochmal einen Blick zurück, verschwendet ein paar Gedanken an die früheren Zeiten und lässt es damit gut sein. Und plötzlch findet man sich im Sterbebett."
Tschuldige bitte, aber das ist zu billig. Interessanterweise habe ich, als ich in Deinem alter war eine ähnliche Interpretation erdacht, aber je öfter ich den Film sah, und je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, daß diese Art der Interpretation zu billig ist. Du verschwendest dabei gar keinen Gedanken an den Monolithen. Was passiert zunächst jedoch, als Bowman HAL abgeschalten hat, und dann die Discouvery in der Raumkapsel verlässt, um sich dem Monolithen zu nähern? Als ich den Film zum ersten mal sah, da war ich mehr auf einen richtigen Sci-Fi Film aus und weniger auf irgendwas nicht-eindeutiges. Demgemäß verstand ich auch nicht, was dann die komischen Lichter und der "Lichttunnel" bedeuteten, durch den Bowman dann reist, als er sich dem Monolithen näherte. Und was sollte der "SCheiss", daß Bowman sich in einem Hotel wiederfand, welches in einer Mischung aus Moderne und Barock-Stil eingerichtet war? Meine Deutung - und sie unterscheidet sich ein wenig von der "allgemein gängigen" ist folgende: Es ist die Reise ins Ich. Und woher weiß ich das? Weil der Monlith das verursacht -aber nicht aktiv, sondern passiv. Der Monlith wird oftmals als "Katalysator" bezeichnet, der wesentliche Entwicklungsschritte in der menschlichen Evolution eingeleitet hat. Das kann man so sehen, ist mir aber schon wieder viel zu speziell. Ich beharre ja immer noch darauf, daß der Monolith nicht aus Materie bestehen kann (da er eben abolut perfekt ist). Und Perfektion ist eine mächtige Botschaft - aber von wem? Von Gott? Von Ausserirdischen? Also von Ausserirdischen sicherlich nicht. Aber auch nicht so richtig von Gott. Gott hat ja andere Botschaften zur Erde gesandt (das steht aber alles in der Bibel und nicht in Kubricks Drehbuch zu diesem Film) Der Monolith wurde von keiner Lebensform geschaffen, da er ja abolut perfekt ist und nicht aus Materie besteht. Wenn er überhaupt geschaffen wurde, dann von etwas oder von jemandem, der mindestens genauso perfekt ist, wie der Monolith selbst, und das könnte nur Gott sein. Aber auch das wäre wieder zu billig, denn Gott hat ja andere Wege genommen, um den Menschen Botschaften zu senden. Was ist aber dann der Monolith? Die Frage bleibt natürlich letzlich unbeantwortet. Meine Deutung ist, er ist ein Symbol für die Intelligenz, für die Perfektion, für den Akt der Erkenntnis (die Natur selbst kann keine perfekten Dinge erschaffen, und wir auch nicht, aber wir können sie uns vorstellen ("...nur die Mathematik ist perfekt..." und die Mathematik hat uns die erstaunlichsten Einblicke in unser Universum eröffnet...). Vielleicht ist er dann auch ein Symbol für etwas göttliches, transzendentes im Universum, aber das ist auch nicht befriedigend, da Worte vollkommen inadequat sind, etwas so komplexes wie den Monolithen zu beschreiben. Daher wird in dem Film auch weniger als 20 min. gesprochen aber das nur als Anmerkung. HEywood Floyd drückt es in 2010 wie folgt aus "Vielleicht ist der Monolith eine irgendwie geartete Form für etwas, das gar keine Form hat...". Und diese Antwort gefällt mir am besten.
Als Bowman mit seiner Kapsel in dem seltsamen Hotelzimmer steht, blickt er aus einem Bullauge, und sieht sich selbst am anderen Ende des Raumes stehen, und sieht, wie er sich selbst anblickt (da haben wir es wieder: der Moment der Erkenntnis), als er in der Raumkapsel sitzt. Aber dann muß er erkennen, daß er gar nicht derjenige ist, der in der Raumkapsel sitzt, sondern daß er derjenige ist, der jetzt am anderen Ende des Raumes steht und sich anblickt, wie er in der Raumkapsel sitzt. Das geht noch ein paar mal so, und bei jedem Moment der Erkenntnis wird er älter, so alt, bis er schließlich im Sterbebett liegt, und dann kommt der alles entscheidende Moment:
Bisher sah er sich immer mit sich selbst konfrontiert aber er wusste immer nicht, wer er ist, ist er er selbst der sich am anderen Ende des Raumes beobachtet oder ist er er selbst, der am anderen Ende des Raumes steht und sich selbst beobachtet ... Du siehst, es wird schwierig, das in Worten auszudrücken. Irgendwie ist er gleichzeitig und an mehreren Orten. Die Zeit scheint keine Rolle mehr zu spielen, obwohl er dauernd altert. Als er nun jedoch im Sterbebett liegt, so sieht er sich nicht mit sich selbst konfrontiert (oder doch?) sondern mit dem Monolithen - und das ist jetzt der alles entscheidende Punkt. Denn da er sich immer mit sich selbst konfrontiert sah muß es jetzt auch so sein. Das würde dann bedeuten, daß er und der Monolith eins sind. Der Monolith ist aber in Wirklichkeit nicht real, er existiert nicht wirklich, da er nicht aus Materie besteht. Es ist vielmehr der Gedanke und das Streben nach Perfektion, die existiert, und die der Monolith symbolisiert, und durch die "Einswerdung" von Bowman und dem Monolithen, erreicht er diese Perfektion. Es ist der Moment der absoluten Erkenntnis. Er hat sich selbst perfekt erkannt (was kein Mensch kann), und daß ist nur möglich, wenn er das Wesen des gesamten Universums erkannt hat. Und das ist es, was der Monolith tut: er konfrontiert die Menschheit mit sich selbst, und zwar gnadenlos, bis zum Moment der absoluten, vollkommenen, perfekten Erkenntnis. Und in diesem Augenblick hat er sein menschliches Dasein hinter sich gelassen, er wird als etwas wiedergeboren, was weder an Raum noch an Zeit gebunden ist. Er ist eins mit dem Monolithen, er ist eins mit der Perfektion, er ist eins mit dem gesamten Universum, daß er im letzten Moment perfekt erkannt hat, und damit hat er den hypothetischen "Endzustand" der menschliechen Evolution, nämlich der absoluten Perfektion erreicht.
Wenngleich meine Deutung scheinbar nicht mehr viel Raum für Spekulationen lässt, ist dennoch nicht alles klar. Was bedeutet daß jetz für Bowman und für HAL und überhaupt. Der Punkt ist der, daß Kubrick und Clarke den Zuschauer zu jeder Zeit mit in den Film einbzogen haben. Der Film erlangt seine Bedeutung erst im Kopf des Zuschauers, da dieser den Film erst interpretieren muß, und diese Interpretation ist bei jedem MEnschen anders. Der Witz ist aber der, daß der Monolith durch seine Perfektion und durch seine immaterielle Beschaffenheit die Grenzen der Fiktion und des Films überspringt und im Kopf des Zuschauers real werden kann, da der Gedanke an die PErfektion real ist (siehe Mathematik). Somit wird das Streben der Menschheit nach Perfektion als Gradwanderung zwischen Ratio und Emotion real durch den Monolithen im Kopf eines jeden einzelnen von uns....
.... und das ist es, was diesen Film so irre macht!
Schreib mir Deine Meinung zu meiner Deutung, und an alle anderen: schreibt mir auch, was ihr zu meiner Deutung sagt und welche Deutung ihr gefunden habt.
Viele Grüße
ALEX-7000