Emotionen: Nützlich oder Schädlich?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
e-noon
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Mi 10. Nov 2004, 21:36 - Beitrag #61

Den thread habe ich mir durchgelesen, aber mit dem Ergebnis, zu dem MagicMagor kommt, bin ich natürlich nicht einverstanden, wie du dir sicher denken kannst ;) Insgesamt habe ich seinen Ausführungen allerdings nichts entgegenzusetzen.

Wie er schon richtig gesagt hat, ist eine Persönlichkeit, ein "Ich" ohne die ständigen, zum Teil unbewussten Entscheidungsvorgänge im Gehirn nicht denkbar. Wenn der Übermensch jedoch nur die Triebe als Leitfaden hat, ist zwar geklärt, WAS er tun soll (Essen, Schlafen, Fortplanzen etc.), aber es wäre dann die Sache des Verstandes, zu entscheiden WIE er es tun soll. Wenn man es nicht schafft, ihm einen Trieb in der Richtung, "Übe deinen Selbst- und Arterhaltungstrieb auf die bestmögliche Weise und im richtigen Maß aus" zu verschaffen, und diese bestmögliche Weise dann noch genau definiert, wie soll dann der Verstand allein bewerten, wie er den Trieb ausführt?

Wenn der Trieb allein auf die Grundbedürfnisse abzielt, also die notwendigsten Lebensfunktionen steuert, und der Verstand allein keine eigenen Werte finden kann, wer soll dem Ich dann vermitteln, dass es seinen Beitrag zur Forschung oder zum Allgemeinwohl beitragen soll? Die Triebe sind ja vorerst erfüllt, wenn die eigenen Kinder um einen herumhüpfen, man gerade aufgestanden ist und auch schon gegessen hat... In den Zeiträumen, in denen die Triebe erfüllt sind, und der Verstand das auch realisiert hat - Was soll man dann machen?

Maurice
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Mi 10. Nov 2004, 21:47 - Beitrag #62

Der Verstand weiß ja, dass es der Erhaltung förderlich ist, sich nicht nur auf die Grundbedürfnisse zu beschränken, sondern zu optimieren.
Der Trieb gibt die Richtung vor, die die Erhaltung ist, und dessen ist sich der Verstand bewusst. Das Subjekt hat den allgemeinen Wunsch, den ihn der Trieb vorgibt und er macht sich Gedanken, wie er dem am besten gerecht werden kann und handelt je nachdem, wie er sein Urteil fällt.

Ich verstehe nicht wo das Problem sein soll.

janw
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Mi 10. Nov 2004, 23:22 - Beitrag #63

Ach, Ihr Geisteswissenschaftler fordert von uns Naturwissenschaftlern, daß wir uns neben unserem mühsamen Streben nach Erkenntnis auch noch in die nebligen Niederungen der Geisteswissenschaften begeben, doch ungestraft darf jeder über die Natur sich äußern, der sich Geisteswissenschaftler nennt... ;)

Nun denn, Maurice, so seist Du aufgeklärt!
Wie soll den ein Bakterium Emotionen besitzen können? Emotionen bedürfen eines Gehirns, weil Emotionen mindestens z.t. neuronale Zustände sind und ein solches hat ein Bakterium nicht, also folgt daraus notwendigerweise, dass ein Bakterium keine Emotionen haben kann. Da es aber nicht Nichts tut, wird es aber sehr wohl Triebe haben. Der Überlebenstrieb ist wie er schon heißt, ein Trieb und keine Emotion.


Was ist denn ein Gehirn anderes als ein System von Zellen, die über Strom und Botenstoffe kommunizieren?

Und auch Bakterien besitzen Botenstoffe, über die sie kommunizieren und sich z.B. signalisieren, daß sie bereit sind für ein bißchen Genaustausch.
Und prompt lagern zwei Zellen sich zusammen und tauschen Gene aus.
Warum soll dies nicht den Zellen ein Gefühl des Wohlbefinden bereiten, wo Zellen eindeutig schädliche Einflüsse wahrnehmen können und diesen wenn möglich ausweichen?

Maurice
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Do 11. Nov 2004, 10:14 - Beitrag #64

Mit deiner Aussage stellst du ein sehr primitives Modell von Emotionen dar, dass wohl kaum den menschlichen entspricht.
Ein Bakterium bekommt es wohl mit Botenstoffen auf die Reihe gut und schlecht zu signalisieren und selbst das halte ich so für fraglich, aber Emotionen wie Angst, Freude, Wut usw.? Wie sollten sie für sowas in der Lage sein? Wie sieht ein wütendes oder trauriges Bakterium aus? Müssen wir am Ende gar ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir eine Krankheit auskurieren, weil wir damit die Gefühle von Bakterien verletzen? :D
Ich habe es schon für albern gehalten, wenn mir jemand gesagt hat, ein Baum könnte auch Emotioenn haben, aber ein Bakterium?
Klingt dir das nicht etwas absurd?

aleanjre
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Do 11. Nov 2004, 10:20 - Beitrag #65

Weder Jan noch ich haben behauptet, dass ein Bakterie zu der gesamten Bandbreite aller Emotionen fähig ist. Es war lediglich von EINER Emotion die Rede: Der Wunsch zu überleben. Und einem Trieb: Vermehrung. Das ist die primitivste Entwicklungsstufe der Emotionen, aber mehr braucht eine Bakterie auch nicht. Nimm ihr diese Emotion und diesen Trieb, und es wird keine Bakterien mehr geben. (Was keinesfalls immer wünscheswert wäre, denn ohne Bakterien können WIR auch nicht mehr leben). ;)

Padreic
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Do 11. Nov 2004, 15:21 - Beitrag #66

@Maurice
Bis darauf, dass mir deine Glorifizierung des Triebes immernoch schwer begreiflich ist, kann ich dir sogar weitesgehend zustimmen ;).
Was in uns am allertierischsten ist, sind nicht unsere Emotionen, sondern unsere Triebe. Sowohl Emotionen als auch Verstand sind selbst gegenüber unseren nähesten tierischen Verwandten fundamental weiterentwickelt, unsere Triebe jedoch nicht. Das Allerprimitivste im Menschen lässt du, ein wenig abstrahiert und systematisiert, zum ultimativen Wertmaßstab werden.
Dass ein funktionierendes Wesen mit diesem Wertmaßstab prinzipiell denkbar ist, sei unbestritten. Wie man es allerdings als wünschenswert betrachten kann, bleibt mir rätselhaft. Und angemerkt sei, dass sich der Wunsch nach einem solchen Wesen auch nicht rational begründen lässt, also irrational ist.

Nunja, im Grunde wiederholen wir uns hier wohl hauptsächlich ;).

Padreic

Maurice
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Fr 12. Nov 2004, 00:47 - Beitrag #67

@Pad: Ja die Triebe sind primitiv, aber nicht nur das sondern quasi auch primät. Sie sind das Fundament auf dem das Handeln steht und wenn dieses wegfallen würde...

@Alea: Den Wunsch zu Überleben sehe ich, wie schon gesagt, nicht als Emotion, sondern als Trieb.

Da wir bisher keine Definiton von Emotionen haben, außer meinen Ansatz auf der einen Seite, habe ich versucht diese in einer kurzen Defintion zusammen zu fassen:
Eine Kategorie neuronaler Zustände, die in Verbindung mit anderen Körperlichen Reaktionen auftritt. Emotionen sind unneutral und meistens objektbezogen.
Wie immer eine sehr wissenschaftliche Beschreibung des Sachverhalts, wie es eben meine Art ist. ^^

Padreic
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Fr 12. Nov 2004, 20:07 - Beitrag #68

@Maurice
Sehr wissenschaftlich finde ich sie nicht, dann wäre sie klarer...was heißt in diesem Zusammenhang 'unneutral'? Was soll ein 'meistens' in einer solchen Definition? Werden Emotionen dadurch charakterisiert, dass in Zusammenhang mit anderen körperlichen Reaktionen auftreten? Darüberhinaus ist nicht offenbar, was diese Definition mit dem zu tun hat, was wir als Emotionen erleben.
Es tut mir leid, wenn ich etwas zu kritisch war, denn ich habe auf Anhieb auch keine wirklich treffende. Aber ich finde deine eben nicht weiterführend. Man muss das Problem dort aufgreifen, wo es sich uns stellt, sprich, wenn wir Emotionen erleben. Sie gleich als Teilmenge der neuronalen Zustände zu kennzeichnen, ist für mich erstmal zu weit hergeholt und zweitens nicht mal erwiesen. Mir ist natürlich klar, dass man Definitionen nicht erweisen kann, bekanntlich kann man sie ja definieren, wie man sie will, ohne dass es falsch ist, aber ich denke, Ziel der Definition sollte nicht eine echte Definition, sondern vielmehr eine Charakterisierung und Klärung unserer intuitiven Vorstellung von dem Begriff sein.
Ich glaube, an dem Beispiel werden mal wieder unsere fundamental unterschiedlichen Auffassungen von Philosophie deutlich ;).

Ja die Triebe sind primitiv, aber nicht nur das sondern quasi auch primät. Sie sind das Fundament auf dem das Handeln steht und wenn dieses wegfallen würde..

Du sprichst immer von wegfallen...wenn du natürlich davon ausgehst, dass du etwas streichen musst, Emotionen oder Triebe, dann ist natürlich wesentlich weniger rätselhaft, warum du die Emotionen streichen willst...aber das Daß des Streichens, das ist für mich das Rätselhafte ;).

Padreic

Maurice
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Fr 12. Nov 2004, 21:13 - Beitrag #69

Meckern aber keine bessere Definiton liefern. Muss ich da noch viel zu sagen? Machs erstmal besser :shy: ...

Aber ich will ja nicht so sein und meine Defintion etwas erklären, weil du ja Verständnisprobleme hast.
Unneutral meint, dass eine Emotion entweder positiv oder negativ ist, aber nie neutral.
Emotionen sind meisten objektbezogen, weil wir uns z.B. über etwas freuen oder uns wegen jemanden ärgern. Dies ist aber nicht immer der Fall, weil wir z.B. auch in einer niedergeschlagenen Stimmung sein können, obwohl wir nicht wissen an was dies liegt.
Ich habe die körperlichen Reaktionen genannt, weil diese eine Begleiterscheinung von Emotionen sind. Wenn jemand wütend ist steigt sein Blutdruck, wenn jemand Angst hat kann er dewegen zittern usw. Emotionen sind nicht gleich diesen Erscheinungen, aber jede Emotion wird von einem körperlichen Zustand begleitet, der je Fall durchaus in einem bestimmten Rahmen variieren kann, z.B. nicht immer wenn wir Angst haben müssen wir zittern.

Ich habe mit meiner Definition versucht die imo wichtigsten Aspekte aus dem Text "Vernunft und Leidenschaft" (Mentis-Verlag 2003) von Monika Betzler rauszufiltern und in eine möglichst kurze Form zu bringen.

janw
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So 14. Nov 2004, 01:11 - Beitrag #70

Wird eine Emotion immer von körperlichen Reaktionen begleitet? Sehr oft wohl, aber nicht immer.

Eine Emotion ist immer auf ein Objekt oder einen Sachverhalt gerichtet, der durch sie mit einer Bewertung belegt wird. "Neutrale Emotion" wäre damit soetwas wie eine grün angestrichene rote Bank ;)
Jetzt klarer?

Eine wirklich schlüssige Definition kann ich im Moment auch nicht liefern, aber hinsichtlich dessen was eine Definition "soll", kann ich Pad nur zustimmen.

geringfügig editiert 14.11. 18.30

Maurice
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So 14. Nov 2004, 12:24 - Beitrag #71

Sag mir mal eine Emotion die völlig ohne körperliche Begleiterscheinung auskommt. Behauptung, aber kein Argument (in diesem Falll ein Beispiel), entspricht hier wohl kaum dem Diskussionsstandart.

Die Emotion einer grün angestrichenen Bank? Das ist keine Emotion, dass ist eine Vorstellung bzw. Sinneswahrnehmung. Emotionen sind Dinge wie Angst, Trauer, Wut, Freude usw. Wo soll da eine grüne Bank hineinpassen?
Dass eine Emotion eben nicht immer auf ein Objekt oder Sachverhalt bezogen ist, habe ich schon damit erleutert, dass man z.B. manchmal in einer tiefmütigen Stimmung ist ohne ersichtlichen Grund. Man ist einfach down.

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