Ersten sah ich auf 3sat eine Buchrezension zu einem Werk des Soziologen Günter Dux. "Die Moral in der prozessualen Logik der Moderne"
Er behandelt die Frage, ob staatliche Gerechtigkeit existieren kann.
Die grundlegenden Argumentationslinien wurden in einem Interview erörtert, und ich stelle sie hier einmal zur Diskussion.
Allgemein wird gefordert, daß der Staat für vergleichbare Lebensverhältnisse unter den Bürgern sorgen muß, und für eine gerechte Verteilung grundlegender Chancen und Güter.
Rechtsgrundlage hierfür ist in der BRD u.a. das Grundgesetz. "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich".
Dux argumentiert nun, daß dieses prinzipiell im Sinne einer prozessualen Logik der Gesellschaft nicht möglich ist, da der Begriff der Gerechtigkeit eine moralische Kategorie ist, der Staat aber amoralisch.
Nach Dux ist Moral nichts mit dem Menschsein genetisch oder sonstwie intrinsisch verbundenenes, sondern ein Produkt aus der Erfordernis eines förderlichen Miteinanders der Menschen. Moralische Konventionen seien also zeitlich nach der biologischen Evolution des Menschen entwickelt worden, würden aber eben nur für die mitinander intensiv verkehrenden Mitglieder einer Gemeinschaft gelten.
Für die nur lose miteinader verkehrenden Mneschen einer Gesellschaft würden diese Normen jedoch nicht gelten, hier gelten nur die Normen auf der Basis der minima moralia, also das Recht auf Leben, Eigentum, Gesundheit usw.
Gerechtigkeit sei hier also gewissermaßen nicht definiert.
Als weitere Begründung führt Dux an, daß die Gesellschaft und der Staat ihre Existenz aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bürger ziehen würden, und Wirtschaft und Märkte seien eben per se amoralisch, sehe man von kleinen Ausnahmen wie Sozialplänen usw. ab.
Ich finde diese Thesen sehr interessant, sie bieten allerhand sozialen Sprengstoff, was die Begründung der sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt betrifft.
Können wir wider eigentliche Logik Mittel im Staat umverteilen, um einer Entmischung der Gesellschaft und einem Chancenverlust weiter Kreise entgegen zu wirken?