Eine der kulturell prägenden philosophischen Strömungen in Europa war bzw. ist der humanistische Idealismus.
Ausgehend von der Aufklärung, manifestiert z.B. im cartesianischen Weltbild, fußt diese Philosophie auf der Erkenntnis der Freiheit des Menschen von unmittelbarer göttlicher Führung und rein instinktgebundenem Handeln und weist dabei dem Menschen die Eigenschaft zu, mit dieser Freiheit prinzipiell im Sinne des Guten umgehen zu wollen.
An die Stelle der christlichen Setzung von der Manifrestation des Guten im göttlichen Willen tritt hier die Setzung, das als existent angenommene "Gute" sei prinzipiell eine Domäne des Menschen.
Dieses Welt- bzw. Menschenbild war ausschlaggebend für die Entwicklung der politischen und gesellschaftlichen Ethik in den nachabsolutistischen Systemen und lieferte Begründungen u.a. für die Einführung von Bildungseinrichtungen - die Kinder "zu guten Menschen zu machen", war die Devise. Ebenso wären die Lehren von Marx und Engels nicht ohne den Idealismus denkbar, sehen sie doch in gesellschaftlichen Zwängen den wesentlichen Grund dafür, daß der Mensch von seiner eigentlichen Bestimmung, "gut" zu sein, ferngehalten werde. Auch auf die Entwicklung der Psychologie hat der humanistische Idealismus maßgeblichen Einfluss ausgeübt.
So weit erstmal eine durchaus subjektiv gefärbte Beschreibung des Gegenstandes.
Nun mag die Auffassung vom prinzipiell "guten" Menschen angesichts des, oft genug bewusst, von Menschen angerichteten Leids und Schadens als Hybris, Selbstüberheblichkeit, erscheinen.
Allerdings gibt es Befunde aus der vergleichenden Hirnanatomie, die Idealisten als Bestätigung ihrer Anschauung betrachten könnten:
Für emotionales Verhalten ist insbesondere eine Region im sog. limbischen System verantwortlich, in der sich u.a. Bereiche für Aggressionsverhalten identifizieren lassen.
Bemerkenswert ist nun, daß diese Bereiche bei Homo sapiens im Verhältnis offenbar deutlich kleiner sind als bei den dem Menschen nahestehenden Menschenaffenarten.
Bemerkenswert ist auch, daß die Entwicklung des Menschen offenbar begleitet wurde von der Entwicklung eines Verhaltens, bei dem Artgenossen auch bei Verletzungen mitgenommen und gepflegt wurden und von einer bewussten "Behandlung" von Artgenossen auch über den Tod hinaus.
Ist dies alles nur ein Komplex im Zuge der Artbildung evolutiv entwickelter Eigenschaften, oder ist wirklich etwas dran an der Aussage, "mit dem Menschen sei die Liebe in die Welt gekommen"?