Ataraxie, Unerschütterlichkeit - Endziel aller Skepsis?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
janw
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Mi 10. Jan 2007, 00:04 - Beitrag #21

Dann liegt also das Problem der Seinsauffassung in der Doppeldeutigkeit des mu - zu sagen, das Sein sei nichts, gar "nichtig", impliziert etwas anderes als zu sagen, es sei "offene Weite". Beides kann ich mir aber so "visualisieren", daß jede Art von "Etwassigkeit" bzw. Unoffenheit, Strukturiertheit der Weite eine Begrenzung der Möglichkeiten bedeuten würde. Wahrscheinlich ein ziemliches Hirngespinst von mir, oder?
Aber genau daran hängen sich "Kirchens" auf, wenn sie behaupten, eben dieser "Sinnlosigkeit" einen "Sinn" entgegen setzen zu können, daß Leben ohne so einen "Sinn" auch nicht möglich sei oder ihm zumindest etwas fehle.
Naja, Du hast mir gezeigt, daß und wo sie eben nicht verstehen^^

Ipsissimus
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Mi 10. Jan 2007, 10:08 - Beitrag #22

es kommt mir nicht wie ein Hirngespinst vor, janw^^ man könnte sagen, daß sich die östliche Seite der Doppelbödigkeit des "Nichts"-Begriffes eher bewußt ist als die westliche. Auf einem leeren Blatt Papier ist nichts drauf - deswegen kann es noch alles enthalten. Diese Dimension geht in der Annäherung an den Nichts-Begriff gemäß den Formalismen westlicher Logik weitgehend verloren, während sie in den großen indischen und fernöstlichen Philosophiesystemen überaus präsent ist.

Die Sinnkonstruktion wäre noch mal einen eigenen Thread wert, also diese - imo nur anscheinend unumstößliche - Notwendigkeit mal zu hinterfragen, mensch könne nur leben, wenn sein Leben einen Sinn habe^^ Ich weiß zwar, daß ich nicht leben kann, wenn ich nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung habe, aber obwohl ich lebe und mich dabei ganz wohl fühle, vermag ich doch nicht zu sagen, daß mein Leben einen Sinn hätte^^ ich weiß noch nicht mal, was mit "Sinn" wirklich gemeint ist^^

janw
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Fr 12. Jan 2007, 19:49 - Beitrag #23

Dann...ist also die Logikfixiertheit der westlichen Philosophien das Trennende, das wenn man so will zu Überwindende..?
"Im Anfang war das logos [Wort, Sinngebungseinheit]" - und damit wird Nicht-Sinn mit Nicht-Sein identifiziert, oder wäre das allzu sprachpanscherisch?
Frag ich mich nur, wo dies kulturell genau seinen Ausgang nahm...

Im Grunde kapituliert hier die Philosophie, die Suche nach den Grenzen des Denk-baren, vor der ratio und der physis, für die die Welt an den Grenzen des Messbaren endet und die aus der scheinbar offenbaren Sinnhaftigkeit ihrer Dinge schließt, Sinnhaftigkeit sei mit Seinshaftigkeit existentiell verbunden - Gott als transzendentale und der Sinnfrage enthobene Entität als die Regel bestätigende Ausnahme hinstellend.
Ketzerische Gedanken, ich weis^^
EDIT: Gab es vielleicht im Osten keine der ratio analoge Kategorie, vor der die dortigen Philosophen den Ko-tau hätten machen können?

Aber gibt es nicht im östlichen "Kosmos" mit dem Begriff des Dharma auch einen Wertzuweisungsbegriff, im Sinne eines universell gegebenen Rechts im Sinne der Naturrechtsphilosophie oder eines nach Derrida (auf der Grundlage von Montaigne und Pascal) letztlich auf eine irreduzible Ebene dekonstruierbaren Rechtsbegriffs ?

EDIT: Faszinierend, daß mensch zur Erlangung eines Bewusstseins seiner Freiheit, darauf basierend der Potenz zur Realisation dieser Freiheit, einer möglichst diversen Strukturierung seiner hardware bedarf aka divers angelegte Bildung und deren Materialisation in intensiver neuronaler Verknüpfung.

Ipsissimus
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Fr 19. Jan 2007, 17:03 - Beitrag #24

"dharma" ist kein einheitlich konnotierter Begriff, die hinduistische unterscheidet sich fundamental von der buddhistischen Auffassung und in beiden Hauptvarianten gibt es Unterkategorisierungen, die von Belang sind. Was du schreibst, trifft weitgehend auf den hinduisitschen dharma-Begriff zu, wo er menschliches und kosmisches Gesetz meint, die ineinander übergehen. Das Leben im Einklang mit dem dharma, den kosmischen und sozialen Gesetzen, gilt als eines der legitimen menschlichen Ziele.

Im Buddhismus kann dharma die Lehre Buddhas bedeuten, aber auch das von Buddha formulierte Daseinsgesetz der vier edlen Wahrheiten, desweiteren die Lehre der großen Bodhisattvas und Meister, und last not least die "Daseinsfaktoren", d.s. immateriell gedachte "grundlegende, nicht weiter reduzierbare Elemente, aus denen sich die menschliche Erfahrungswelt mit ihren mentalen und materiell-physischen Gegebenheiten zusammensetzt".

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