Gott ist tot - er hat sich beim Rasieren geschnitten und ist daran verblutet.
Dieser selbstformulierte Aphorismus eines allgemein bekannten Ansatzes mal als Einleitung.
In den meisten Aspekten, die man betrachten kann, um Hinweise auf die Beantwortung der Frage nach Gottes Existenz oder Inexistenz zu finden, kommt man zu ambivalenten Ergebnissen - der Aspekt lässt sich mit Gottesvorstellung erklären, aber er lässt sich auch ohne sie erklären.
So endet man meistens damit, dass es Hinweise für und gegen Gott gibt, aber beide Annahmen als gleichwertig bestehen bleiben.
Zum Handwerkszeug der wissenschaftlichen Methode gehört nun der Grundsatz, den man "Ockhams Rasiermesser" nennt: Von zwei Theorien, die in Hinsicht auf ihre Erklärungsfähigkeit gleichwertig sind, ist stets die vorzuziehen, die mit weniger und grundlegenderen Annahmen auskommt.
Ockhams Rasiermesser wird gerne als Argument gegen den Theismus verwendet, auch mir ist diese Vorgehensweise sympathisch.
Was ich hier diskutieren möchte, ist aber die grundlegende Frage, ob dies überhaupt zulässig ist. Nicht unbedingt, ob die These der erklärerischen Gleichwertigkeit zutrifft, und auf keinen Fall irgendwelche anderen Gottesbeweise und -widerlegungen, dafür gibt es bereits genug entsprechende Threads.
Sondern die Frage, inwieweit man das Rasiermesser als logischen Schluss verwenden darf. Ich will nicht postulieren, dass es ein eindeutiger Gegenbeweis ist - es ist schließlich keine Beweismethode, sondern ein Werkzeug des praktischen Umgangs mit Theorien. Doch inwiefern kann man bei einer so grundlegenden Frage wie der nach Gott auf ihm aufbauen?