@Erdwolf
Ich finde, deratige Formulierungen lassen klar erkennen, von welchen Standpunkt und welchem Selbstbild die kath. Kirche ausgeht, wenn sie von Toleranz spricht. Wie tolerant kann man sein, wenn man alle anderen nur als solche sieht, die einen kleinen Bruchteil dessen zu erkennen vermögen, was man selbst als wahrhaftig zu erkennen glaubt?
Von der Ausgangsbasis, dass man selbst den wahren Glauben vertritt, ist es schon sehr tolerant. Wer nicht sagt, dass das Christentum Wahrheit ist, ist kein Christ. Es sind nicht alle Positionen gleich wahr. Wie tolerant bist du einem gegenüber dem, der leugnet, dass sich die Erde um die Sonne dreht? Wenn das Christentum Wahrheit ist, dann sind es die anderen Religionen in vollem Umfange eben nicht. Zu sagen, dass die anderen Religion nicht nur in dem Maße gut sind, als deren Lehre mit der des Christentums übereinstimmt, sondern zu sagen, dass man auch auf anderen Wegen als christlicher Lehre zu solcher Art von Wahrheit gelangen kann, wenn auch nicht im vollen Umfange, halte ich von der Grundthese, dass Christentum Wahrheit ist, ausgehend für durchaus tolerant.
@Traitor
Wieso können höhere Ebenen der Kirche, die trotzdem nur Menschen sind, bestimmen, dass ein normaler Gläubiger falsch glaubt und dies nicht mehr in der Kirche ausüben darf, was für diesen bedeutet, dass er nicht mehr so glauben kann, wie er will?
Das ist gerade der Punkt. Der katholischen Lehre nach kann kein Mensch dem anderen den Glauben vorschreiben. Es können aber Menschen vom heiligen Geist inspiriert sein und so Wahrheit niederschreiben oder predigen. Dies sind vor allem die kirchlichen Würdenträger, da nur bei ihnen die ununterbrochene Sukzession von Petrus und damit mittelbar von Jesus Christus gegeben ist. [Genauso vergibt auch nicht der Priester als Mensch dem Beichtenden die Sünden, sondern er tut das als Jesus Christus, sozusagen.]
Und wie schon gesagt, räumt auch die katholische Kirche jedem Glaubensfreiheit ein. Wer jedoch nicht den Glauben der Kirche hat, kann nicht Mitglied der Kirche sein, muss halt austreten oder wird notfalls exkommuniziert.
Auch wenn du die Form der katholischen Kirche nicht für nachvollziehbar hältst (was ich durchaus nachvollziehen kann), musst du trotzdem erstmal ihr Selbstverständnis ergründen, denn ohne das Verstehen, kann es kein berechtigtes Ablehnen geben.
Der verlinkte Text ist interessant, ja. Aber mit ihm macht die Kirche es sich sehr leicht: man nehme ein paar willkürlich ausgewählte Elemente anderer Religionen und zeige so eine Verbundenheit. Daraufhin sage man, man akzeptiere all dies, und alle Menschen wären doch Brüder, aber über irgendwelche praktischen Umgangsformen schweigt man sich aus...
Die praktischen Umgangsformen dürften von der konkreten Situation abhängen. Ich denke, es ist bei Konzilstexten üblich, nicht allzu konkret zu werden, damit nicht irgendwelche Einzelfälle auftreten, wo es dann nicht mehr gilt.
Padreic