Zitat von Fanum:Wenn nun jedes Individuum in den Himmel gelangen möchte und die Hölle meiden möchte und der Mensch in seiner freien Willensentscheidung, die von den drei größten monotheisten Religionen vorausgesetzt wird, die Macht hat sich entweder für das eine oder andere zu entscheiden, und gleichzeitig in den Religionen behauptet wird, dass einige Individuen in die Hölle kommen werden, bricht die Logik an dieser Stelle.
Zitat von janw:IMHO nicht unbedingt, denn der Wille, in den Himmel zu kommen, hat nach den gängigen Vorstellungen nur dann Aussicht auf Umsetzung, wenn er mit der Führung eines den dafür gesetzten Anforderungen gemäßen Lebenswandels einher geht.
Fanum, gut, da gibt es einen kleinen Bruch, den ich jetzt auch sehe - es wird in den monotheistischen Religionen behauptet, daß die Hölle nicht nur ein Ort ist, der für jene bestimmt ist, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen, bei deren Erfüllung sie in den Himmel kommen würden, sondern es wird darüber hinaus davon ausgegangen, daß eine ganze Reihe Leute ganz sicher dort landen werden bzw. nicht in den Himmel kommen werden.
Nämlich für die Juden alle Nichtjuden, für die Moslems alle die, welche nicht das Glaubensbekenntnis sprechen, einigermaßen regelmäßig zu Gott beten, die Almosensteuer entrichtet haben und nach Mekka gefahren sind und für die Vertreter einiger christoider Strömungen ein bestimmter Anteil der Gläubigen.
D.h. für diese Menschen wird der Himmel unabhängig von ihrem Lebenswandel als außer Reichweite gesehen.
Die Gründe dafür dürften wohl im soziokonstitutiven Charakter der Religion liegen, was auf deutsch bedeutet, daß die Religionen und ihre Glaubensaussagen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gemeinschaft und Gesellschaft der Glaubenden entstanden sind und ein Faktor, wenn nicht teilweise Mittel zur Stabilisierung nach innen und Abgrenzung gegenüber den "Anderen", Nichtgläubigen waren.
Abraham als Stammvater der Juden dürfte vor etwa 3900 Jahren gelebt haben, bzw. das Judentum etwa in diese Zeit zurück reichen. Das war im Nahen Osten die Zeit der sog. Neolithischen Revolution, die Phase der Sesshaftwerdung der Menschen und der Bildung erster staatenähnlicher Gebilde.
Diese standen zueinander in harter Konkurrenz um Rohstoffe und Einfluss, und ich könnte mir vorstellen, daß eine Religion, welche der eigenen Gemeinschaft eine herausgehobene Position gegenüber den anderen zuspricht, diese Gemeinschaft nach innen stärkt und stabilisiert. Vielleicht geht also das "wir kommen in den Himmel, die andern praktisch nicht" einfach auf einen Klnig oder seinen Hohepriester zurück, der seine Schäfchen zusammen halten wollte.
Im Islam war die Lage eine andere, Mohammed wollte die um ihn gescharte Gruppe vergrößern, und da war es vielleicht kein schlechter Gedanke, den Zugang zum Heil an relativ leicht zu praktizierende Handlungen zu knüpfen. Zumal das fünfmalige Beten den Tag der Gläubigen strukturierte -> regelmäßige Pausen fördern den Zusammenhalt und die
performance, und die Gläubigen dadurch regelmäßig für Ansagen durch Mohammed und seine Nachfolger zugänglich war.
Insgesamt auch hier vielleicht ein soziokonstitutives Element, indem Mohammeds Gefolgsleute vielleicht besser organisiert waren als die anderen Stämme, die um sie in der Wüste lebten.
Was nun die Zeugen Jehovas zu ihrer Aussage mit den tausendnochwas Himmelsanwärtern treibt, müsste man sie mal fragen, aber da gäbe es dann auch noch anderes...
Für einige christlich sich nennende Gruppen, die davon ausgehen, daß sicher eine Reihe von ihnen in der Hölle landen werden, könnte man sich zweierlei denken:
1. Durch ihre sichere Be-Völkerung wird die Hölle zu einem konkreten Ort -> Dramatisierung, Anreiz, dort nicht zu landen (genau so, wie auch die Existenz von Gefängnissen den Bürgern dann und wann in Erinnerung gerufen wird...Macht wedelt mit dem Zaunpfahl
2. A priorische Feststellung dessen, daß sicher nicht alle Menschen den Lebenswandel gegen alle Versuchungen der Welt durchhalten werden, die sich das anfangs vorgenommen haben. Eben das, was ich und andere schon ausgeführt haben.
Religion steht also im Dienste des gesellschaftlichen Zusammenhalts und konkreter Machtinteressen, und diesen ist es dienlich, wenn die Gläubigen ganz konkret damit konfrontiert sind, daß nicht im Himmel zu landen nicht nur ein Risiko ist, sondern einigen von ihnen konkret passieren wird.