ThomasMActive Member

Beiträge: 171Registriert: 01.10.2003
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Hallo zusammen
Inzwischen ist die Diskussion etwas von den Fragen, die ich gestellt habe, abgekommen, daher möchte ich lediglich etwas hinzusetzen, was mir wichtig ist.
Meine Fragen hatten nicht den Zweck, doch noch einen Gottesbeweis zu konstruieren – ich habe ja betont, dass das logisch unmöglich ist – sondern darauf hinzuweisen, dass die Naturwissenschaften beschränkt sind und dass jeder, egal ob er sagt, er glaube an einen Gott oder nicht, dass jeder zwangsläufig einen Glauben hat, besser formuliert, eine Metaphysik hat.
Ich verstehe Metaphysik hier als etwas, was nicht-naturwissenschaftlich begründbar, nicht beweisbar ist und dem man sich daher nur glaubend nähern kann. Jeder hat zwangsäufig eine solche Metaphysik, weil die Naturwissenschaft mit ihrer objektiven Methodik prinzipiell nicht alle Aspekte unseres Lebens erfassen kann, Aspekte, die man nicht einfach vernachlässigen kann.
Dazu gehört zum Beispiel meine Ablehnung des Begriffes Naturgesetz. Man stelle sich einmal vor: Der Mensch formuliert ein Gesetz und die Natur ist gezwungen, sich daran zu halten. Dieser Begriff vermittelt falsches Wissen (wir wissen, dass sich die Natur jederzeit und immer so verhält) und er vermittelt falsche Macht (wir wissen, dass die Natur sich so und so verhalten wird, also können wir uns mit Sicherheit darauf einstellen). Jeder, der sich näher mit Naturwissenschaft beschäftigt, weiss, dass das Blödsinn ist. Die Natur verhält sich wie sie will und alles, was wir machen können, ist ein Modell, das versucht, dieses Verhalten beschreibbar zu machen. Damit kann man dann eine Extrapolation versuchen, die dann auch – je genauer sie wird – desto unsicherer wird und letztlich nur ein Spektrum von Möglichkeiten aufzeigen kann. Dass die Natur sich immer so verhält, wie das Modell formuliert ist eine – im allgemeinen falsche – Annahme und dass man mit dem Modell alle Möglichkeiten erfasst ist ebenfalls eine – im allgemeinen falsche – Annahme.
Letztlich benötigt ein Mensch eine Entscheidungshilfe für individuelle Situationen und genau hier versagt die Naturwissenschaft. Sie kann einen Rahmen bieten, Grenzen setzen, aber in den individuellen Situationen sind wir nach wie vor auf uns allein gestellt. Wir behelfen uns damit, dass wir uns etwas schaffen, was ich „persönliches Modell“ nennen möchte, Vorstellungen und Erklärungsmuster, die nicht naturwissenschaftlich beweisbar sind, die aus unserer Phantasie und unserer Erfahrung geboren werden. Das macht jeder Mensch und daher hat auch jeder Mensch seinen „Glauben“. Die Naturwissenschaft ist dabei ein Beiwerk, das hilft, zu planen und Lebensumstände zu beeinflussen, aber was der Mensch in der Regel sucht, sind Erklärungen und die Naturwissenschaft kann nur Beschreibungen liefern.
Damit wird ein Kriterium wichtig – die Erfahrung. Ich glaube an einen Gott, weil ich ihn erfahren habe. Diese Erfahrung war mein persönliches Erlebnis, ich kann sie erzählen, ich kann sie mit anderen Erfahrungen anderer Menschen vergleichn, aber ich kann sie nicht als Beweis verwenden. Andere Menschen haben noch keine Erfahrungen gemacht oder ihre Erfahrungen anders gedeutet und kommen damit zu einem anderen oder abweichenden Ergebnis. Das ist genau der Preis dafür, dass wir uns hier auf nicht-naturwissenschaftlcihen Boden befinden.
Die Frage ist, wie wir mit diesen Unsicherheiten umgehen. Die einen hier sagen „weil es so viele verschiedene Modelle von Gott gibt, glaube ich an keines davon“ und machen damit nichts anderes, als sich eben ein persönliches Modell zu schaffen, eben das Modell des Nicht-Gottes, für das es aber keinerlei weitere Begründungen gibt als die, sich scheinbar nicht entscheiden zu müssen. Andere wählen aus dem verfügbaren Spektrum einen Aspekt heraus, der sie zu einer vorhandenen Gottesvorstellung führt. Für mich war dies beispielsweise der Aspekt der Liebe, der mich zu einem christlichen Gottesbild geführt hat. Auch hier gibt es keine Beweise, lediglich Argumente.
Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass der Begriff Gott und der Begriff Naturwissenschaft aufs Engste miteinander verwoben sind. Ich brauche Gott nicht, um Lücken in meiner Erklärungswelt zu füllen, sondern ich brauche Gott, damit es überhaupt eine Erklärungswelt gibt. Ich brauche Gott nicht, um Naturwissenschaft zu ergänzen, sondern ich brauche Gott, damit Naturwissenschaft überhaupt einen Sinn macht. Natürlich geht Gott auch noch über Naturwissenschaft hinaus, natürlich wirkt Gott auch noch in das ganz Individuelle, wo die Naturwissenschaft nicht hineinreicht, aber leztlich geht es mir darum zu zeigen, dass man Gott überall sehen kann, auch und gerade in den Dingen, die man meint verstanden zu haben.
Gruß
Thomas
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