"Die Definition von Werten als Motivation für jegliches menschliche Handeln, als Ziel ..."
Wert, Wertschöpfung, Wertschöpfungskette, Handel, Kaufleute - Sprache kann so verräterisch sein :-)
es gibt solche Begriffe ... wir gehen mit ihnen um, benutzen sie in einer bestimmten Weise, und nur manche stellen sich eines Tages die verblüffte Frage, was es denn damit eigentlich auf sich habe. "Wert" ist so ein Begriff, "Sinn" ein anderer, "Heiligkeit" ein weiterer. Was "Wert" ist, inhärent, genuin - niemand weiß es, da es ein Begriff ist, der in allen möglichen Situationen alle möglichen Bedeutungen annehmen kann. Von mir aus also auch die von Padreic und dir dargebotene Bedeutung. Auch ihr ist aber mit meiner Verwendungsweise des Begriffes gemein, daß sie überpersonale Notwendigkeit suggeriert, daß sie sich nicht darauf beschränken kann oder will, DEINE Notwendigkeiten zu beschreiben, sondern ins Allgemein-Menschliche ziehlt. Niemand - zumindest ich nicht - spricht dir oder jemand anderem ab, nach seinen Werten zu leben - sei es in der Bedeutung von gesellschaftlichen Vorgaben oder in der Bedeutung vom Motivationshilfen - aber ich weise es entschieden zurück, mich darauf beziehen zu lassen.
Ob deine Wert/Instinkt-Analogie stimmig ist, sei dahingestellt; auch hier weise ich als mindestes die Verallgemeinerung auf alle Menschen zurück.
"So wie ich dich verstehe, siehst du, nach meinem Begriff des Wertes, den Nihilismus darin, sich nicht den Werten, die einem die Gesellschaft zu oktroyieren versucht, zu unterwerfen, sondern sich selbst seine Werte zu wählen oder zu schaffen (nicht zu erkennen). Ich schätze, dass du den Hedonismus der Lustmaximierung nicht als den einzig möglichen Weg für einen Nihilisten betrachtest."
genauer gesagt weiß ich nicht so recht, was ein Nihilist ist :-) die Konzepte sind mir natürlich bekannt, aber ein Konzept ist imer ein Modell, etwas Statisches - ein Mensch ist ein dynamisches, "unreines" Wesen (unrein vom Standpunkt einer einheitlichen Ausrichtung, Struktur Orientierung u.dgl.) . Menschen bergen in sich mühelos logisch unvereinbare Gegensätze und empfinden sie nicht oder nur selten als solche.
Insofern ist NICHTS jemals der einzige Weg, die einzige Ausdrucksweise für irgendjemanden - sehr zum Ärger aller Vertreter reiner Lehren.
"Inwieweit er und du Nihilismus als das gleiche erachten, wäre aber eine interessante Frage."
Ach, er ist doch viel interessanter als ich :-) ich würde lediglich nicht vergessen wollen, daß er in einer Zeit lebte, von der die Fama will, daß Menschen noch an metaphysischem Entsetzen gestorben seien, weil sie plötzlich Sachverhalte für unabweisbar fanden, die sie nicht mir ihren erlernten Wertevorstellungen zumeist religiöser Natur in Einklang bringen konnten. Etwas Ähnliches, in abgemilderter Form, vermute ich auch bei ihm. Er sah Notwendigkeit für ein verbindliches Wertesystem, der einzige Punkt, den ich nie wirklich bei ihm verstanden habe. Es hätte doch einem Zarathustra völlig ausreichen können, sich mit seiner Macht alles zu nehmen, wonach ihm gelüstete :-) aber nein, er mußte Begründungen erfinden. Als ob die etwas an der Faktizität geändert haben.
"Wenn du nicht davon ausgehst, dass sich alles Tun des Menschen auf Macht hin ausrichtest, ist die These, dass Werte allein ob der Macht verbreitet werden, meiner Meinung nach unhaltbar."
nein, ich gehe davon aus, daß alles Tun von Menschen in irgendeiner Weise damit zu tun hat, das Bewußtsein von Todesangst zu bannen (dies ist sehr privat), und daß den Einzelnen die Mittel, die dafür eingesetzt werden, mehr oder weniger gleichgültig sind, wenn sie damit durchkommen. Auch "Werte" sind in dieser Hinsicht funktional
"... denn sowohl als auch wurden ob ihres Glaubens verfolgt, wenn die historischen Zeugnisse auch nur halb wahr sind, und in solch eine Situation begibt man sich nicht aus Machtwillen."
och, Christen "lieben" es, sich zu "märtyrisieren" :-)
wenn der heilige Cyprianus (legt mich bitte nicht auff den Namen fest), heilig gesprochen um seines still duldenden Martyrertodes willen, vorher einen Tempel mit ein paar hundert "Heiden" drin abgefackelt hat, ist das nicht weiter erwähnenswert, es geschah ja "nicht aus Machtwillen"; daß ein paar unverständlicherweise erboste Angehörige dieser Heiden ihn daraufhin töteten, brachte ihm die katholische Unsterblichkeit ein. Tja, so sind´s halt, die Christen :-) viele schöne Proklamationen. All die ausgerotteten Indianervölker, im Namen Jesu - um ihnen die "Werte" der Christenheit zu vermitteln, oder doch nur, weil auf ihrem Land Gold und anderes Begehrliches vermutet wurde? Und natürlich ein paar tote Missionare, die das Pech hatten, daß die Indianer sich anfingen zu wehren, ehe die Soldaten da waren - gibt es idealere Märtyrer?