Padreic schrieb:
Glaube hat etwas mit Vertrauen zu tun. Und Vetrauen hat etwas damit zu tun, das du dein Wesen auf Gott wagst, dich in ihn fallen lässt, glaubst, dass bei Gott alles möglich ist.
Wirklich sehr schön, wie Du das ausgedrückt hast!
Die Frage vom Wissen über die Welt ist ja eine Kernfrage der Philosophie. Genau genommen muß man jedes Wissen hinterfragen, beruht es doch auf interpretierter Sinneswahrnehmung oder auf sekundären Quellen.
Letztlich bietet sich die Unterscheidung an in nachprüfbares bzw. mit Erfahrungswerten abgleichbares Wissen und in ein Wissen um Gegebenheiten, die sich ihrer Natur nach der rationalen Verifizierung entziehen.
Ersteres Wissen, die rationale Erkenntnissphäre, ist nach der individuellen Glaubwürdigkeitszumessung kalibrierbar, von scire - sicher wissen bis opinio habere - meinen.
Letzteres Wissen, die transzendendentale Erkenntnissphäre, ist seiner Natur nach nicht kalibrierbar, denn nicht rational verifizierbare Inhalte entziehen sich einer internen Glaubwürdigkeitsskalierung und ist IMHO am besten mit credere - glauben zu bezeichnen.
Glauben erfordert in besonderer Weise ein Vertrauen in seine Quellen, man nennt dies im religiösen Konnex auch Glaubensgewißheit.
Dabei ist die Bedeutung des Vertrauens aber nicht auf die Glaubenssphäre beschränkt, denn auch die Glaubwürdigkeitsskalierung der rationalen Erkenntnissphäre beruht immer wieder auf einem Akt der Extrapolation der bisherigen erwiesenen Glaubwürdigkeit einer Quelle auf die neuen von ihr gelieferten Inhalte.
Zum Verhältnis der beiden Erkenntnissphären:
Kann man wie Padreic schreibt, von Gott wissen ohne an ihn zu glauben?
Wenn Gott als metaphysische Entität angenommen wird, so entzieht er sich der bewußten jederzeitigen Wahnehmung mit rationalen Methoden. Indes, es gibt Momente, in denen er sich Menschen offenbart, und zumindest der Überlieferung nach hatte dies immer das verstärkte Glauben derjenigen an ihn zur Folge.
IMHO ist theoretisch denkbar, was Padreic schreibt, praktisch aber offenbar außerhalb unserer Freiheit.
Von Cusanus gibt es ein Modell der corollaren Unendlichkeiten, wo die irdische Unendlichkeit ihre Grenzen findet in der Unendlichkeit Gottes.
Eine solche corollare Struktur könnte man auch hier vermuten, nicht zuletzt auch aufgrund der Bedeutung des Vertrauens in der transzendentalen Erkenntnissphäre, welches eben hier existentiell ist, gleichwohl in der, inneren, rationalen Erkenntnissphäre durchaus auch erforderlich ist.