Was ist das Wesen der Moral?

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Ipsissimus
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Mi 16. Nov 2005, 10:43 - Beitrag #21

Maurice, das Problem einer objektiven Moral stellt sich aus meiner Sicht der Dinge gar nicht, jedenfalls nicht, ohne daß du mir mehr Hinweise darauf gibst, was unter der Objektivität einer Moral aufzufassen sei.

So wie ich den Begriff der Objektivität auffasse, gibt es ganz selbstverständlich objektive Moralien, nämlich eine jede, die überhaupt existiert. Vermute ich richtig, daß du das damit nicht meinst, sondern eher auf "objektiv gültig" abzielst? Dem würde ich dann ziemlich widersprechen^^

Es gibt keine Moral, die es schafft, aus sich selbst heraus nur durch die Qualität und Überzeugungskraft ihrer Darlegungen alle Menschen gleichermaßen für sich einzunehmen und dazu zu bewegen, nach ihren Maximen zu leben. Mensch kann natürlich proklamieren oder fordern, daß sie es "sollte", aber da scheitert sie schlicht wieder an der Faktizität von Menschen. Und eine Moral, die auch nur einen einzigen Menschen nicht überzeugt, scheint mir irgendwie keine "objektive" zu sein (was nicht bedeutet, daß mensch einen Menschen nicht so an die Wand fahren kann, daß der keine Argumente für sein Verweigern mehr hat, sich aber trotzdem nicht drauf beziehen läßt)^^

Darüber hinaus gibt es natürlich auch im Übermaß die Objektivität von Moralien, bei denen es durch Machtintervention bewerkstelligt wird, sie dem Leben von Menschen überzustülpen. Aber das ist eher die Objektivität der Macht, die darin zum Ausdruck kommt denn die Objektivität des Inhaltes der Moral


Padreic, daß auf der subjektiven Ebene absolute Werte existieren, will ich wohl glauben. Wobei, genauer gesprochen, will ich gerne glauben, daß in einem Individuum die Überzeugung herrscht, daß ein von ihm vertretener Wert ein absoluter Wert sei. Diese kleine Modifikation deswegen, weil mein eigenes Beispiel mich gelehrt hat, daß selbst die absolutesten aller absoluten Werte ein paar Jahre der Klärung anhand der gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht unbeschadet überstehen.

Es ist kein "Glaube an die Werthaftigkeit von Gerechtigkeit", der dahinter steckt, sondern die schlichte Beobachtung, daß "Gerechtigkeit" ein Begriff ist, mit dem des öfteren argumentiert wird^^

Unter "beurteilen" verstehe ich den selbstverständlichen Akt der eigenen Positionierung gegenüber einem Phänomen. Die Verurteilung ist demgegenüber nur der Extremfall der Positionierung, welcher dem Phänomen als solchem das Existenzrecht abspricht.

Maurice
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Mi 16. Nov 2005, 15:41 - Beitrag #22

Vermute ich richtig, daß du das damit nicht meinst, sondern eher auf "objektiv gültig" abzielst? Dem würde ich dann ziemlich widersprechen

Ja das "objektiv" war so gemeint. Jaja die tücken der unexakten Sprache ^^* ...
Wir sind uns ja einig, dass soetwas nicht gibt, aber gibt es ja durchaus Menschen, die mit so einer These liebäugeln. *zu Pad schiel*
Aber ich muss auch sagen, dass man die Existenz einer "objektiven Moral" nicht widerlegen kann. Solange man aber keine ausreichenden Gründe hat, gibt es aber keinen Grund zum Anlass eine solche zu glauben.
Um nochmal "objektiv" hier näher zu bestimmten: Ich verstehe unter objektiver Moral eine Moral, die selbst dann immer richtig ist, selbst wenn kein Mensch sie vertritt.

Ipsissimus
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Mi 16. Nov 2005, 16:24 - Beitrag #23

Um nochmal "objektiv" hier näher zu bestimmten: Ich verstehe unter objektiver Moral eine Moral, die selbst dann immer richtig ist, selbst wenn kein Mensch sie vertritt.
hmm ... meinst du damit, daß Gedanken auch unabhängig davon existieren, ob ein Mensch denkt?

Maurice
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Mi 16. Nov 2005, 16:35 - Beitrag #24

Natürlich glaube ich nicht an sowas. Ich glaube, dass das für jeden nominalistischen Materialisten so ist. ;)

Ich glaube ja auch nicht an eine objektive Moral, sondern wollte nur versuchen darzustellen, was ich mir darunter vorstelle. Es gab und gibt ja aber genug Leute, die sowas annehmen, z.B. Platon.

Ipsissimus
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Mi 16. Nov 2005, 16:42 - Beitrag #25

aber es muss doch eine Vorstellung davon vermittelbar sein, was damit gemeint sein könnte, daß eine Moral objektiv gültig sei, selbst wenn kein Mensch sie in irgendeiner Weise berücksichtigt? Woher kommt denn das Gültigkeitskriterium?

Maurice
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Mi 16. Nov 2005, 18:30 - Beitrag #26

Schau doch z.B. mal bei Kant nach. ;)
Seine Morallehre würde ich als die Behauptung einer objektiven Moral bezeichnen.

Padreic
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Mi 16. Nov 2005, 18:52 - Beitrag #27

Eine Moral kann im gleichen Sinne gültig sein, auch wenn keiner sie ausspricht, wie die Aussage "Der Stern X existiert." dann wahr sein kann. Die Aussage wird dann (zumindest ohne Rekurs auf Gott) nicht existieren, aber der Verhalt wird bestehen. Man kann natürlich im Bezug darauf, ob der Stern X noch weiter existiert, wenn wir zu denken aufhören, streiten.

@Ipsissimus:
Padreic, daß auf der subjektiven Ebene absolute Werte existieren, will ich wohl glauben. Wobei, genauer gesprochen, will ich gerne glauben, daß in einem Individuum die Überzeugung herrscht, daß ein von ihm vertretener Wert ein absoluter Wert sei. Diese kleine Modifikation deswegen, weil mein eigenes Beispiel mich gelehrt hat, daß selbst die absolutesten aller absoluten Werte ein paar Jahre der Klärung anhand der gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht unbeschadet überstehen.

Wie gesagt, es besteht ein ganz realer Unterschied dazwischen, ob ich die Existenz absoluter Werte annehme und ob ich meine, sie zu kennen. Das ist ungefähr analog dazu, dass ich der Meinung bin, dass Ohio einen Gouverneur hat, ohne dass ich ihn kenne.

Es ist kein "Glaube an die Werthaftigkeit von Gerechtigkeit", der dahinter steckt, sondern die schlichte Beobachtung, daß "Gerechtigkeit" ein Begriff ist, mit dem des öfteren argumentiert wird^^

Spricht es denn in irgendeiner Weise gegen eine Wertvorstellung, wenn sie widersprüchlich ist?

Es gibt keine Moral, die es schafft, aus sich selbst heraus nur durch die Qualität und Überzeugungskraft ihrer Darlegungen alle Menschen gleichermaßen für sich einzunehmen und dazu zu bewegen, nach ihren Maximen zu leben. Mensch kann natürlich proklamieren oder fordern, daß sie es "sollte", aber da scheitert sie schlicht wieder an der Faktizität von Menschen. Und eine Moral, die auch nur einen einzigen Menschen nicht überzeugt, scheint mir irgendwie keine "objektive" zu sein (was nicht bedeutet, daß mensch einen Menschen nicht so an die Wand fahren kann, daß der keine Argumente für sein Verweigern mehr hat, sich aber trotzdem nicht drauf beziehen läßt)^^

Warum muss das gerade bei der Moral so sein, wo man das von Aussagen, die sich auf das Faktische beziehen, das nicht verlangt? Es gibt genug Leute, die nicht an die Relativitätstheorie glauben. Ist sie allein dadurch schon falsch bzw. nicht objektiv gültig?

@Maurice
Man kann also zusammenfassen, dass man das als gut bewerten kann, was glücksfördernd ist und als schlecht, was dem Glück schadet.

Man kann doch deiner These nach alles als gut bewertet, was einem gerade so einfällt bzw. was man gerad so gewürfelt hat, alles mit der gleichen Berechtigung, oder?
Oder heißt man deiner Meinung nach genau das gut, was persönlich [oder auch allgemein] glücksfördernd ist? Die These halte ich für absurd. Wenn du sie vertreten willst, dann formuliere sie bitte nochmal exakt aus und gibt Begründungen an, damit ich weiß, wogegen genau ich reden muss.

Wenn die Demokratie für uns ein große Vergrößerung von Leid bedeutet hätte, dann würden wir sie nicht als Fortschritt bezeichnen.

Es gibt auch genug Steuerbetrüger, die es gut fänden, wenn es strengere Steuergesetze gäbe, die die Gesetzeslücken stopften...

@e-noon
Zum ontologischen Status, den ich letztes Mal vergessen hatte: ich weiß nicht genau, was ich ihnen für einen ontologischen Status zuschreiben würde. Aber warum sollte es damit größere Schwierigkeiten geben als mit dem ontologischen Status von Materie?

Maurice
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Mi 16. Nov 2005, 19:30 - Beitrag #28

@ontologischer Status: Das Problem ist, dass wenn du Werte nicht als etwas materielles und somit vom Subjekt abhängiges betrachtest, mir spontan nur die beiden Möglichkeiten einfallen, sie als platonische Ideen oder Universalien zu charakteriesieren. Das diese beiden Konzepte aber problematisch sind, brauche ich dir wohl nicht mehr zu erklären.

Es gibt auch genug Steuerbetrüger, die es gut fänden, wenn es strengere Steuergesetze gäbe, die die Gesetzeslücken stopften...

Ja das ist natürlich nicht ausgeschlossen. Bei sojemanden wurzelt dann der Wunsch nach strengen Steuergesetze in einem Interesse an sozialer Gerechtigkeit, geregelten Steuereinnahmen des Staates oder ähnliches.
Bei dem Steuerbetrüger der sowohl ein Interesse haben finanziell gut da zu stehen, als auch ein Interesse an strengen Gesetzen hat und das zweite dem ersten vorzieht, ist einfach das zweite Interesse stärker als das erste.
Wir haben häufig wenn nicht gar ständig rivalisierende Interessen, von denen wir denen den Vorzug geben, die stärker sind.

Man kann doch deiner These nach alles als gut bewertet, was einem gerade so einfällt bzw. was man gerad so gewürfelt hat, alles mit der gleichen Berechtigung, oder? Oder heißt man deiner Meinung nach genau das gut, was persönlich [oder auch allgemein] glücksfördernd ist?

Ich für meinen Teil kann für mich sagen, dass ich "gut" und "schlecht" an Hand von Nutzenkalkühlen bewerte. Natürlich denken so nicht alle Menschen, aber ich behaupte, dass im Grunde alle so funktionieren. Wichtig ist dabei die persönliche Glücksmaximierung. Allgemeine Nutzenmaximierung ist immer der persönlichen Maximierung untergeordnet. Ich strebe nur eine allgemeine Nutzenmaximierung an, wenn ich das Interesse dessen haben und die Erfüllung eines Interesses maximiert meinen Nutzen. Voraussetzung ist natürlich, dass das Interesse mit meinen Bedürfnissen übereinstimmt.


Die These halte ich für absurd. Wenn du sie vertreten willst, dann formuliere sie bitte nochmal exakt aus und gibt Begründungen an, damit ich weiß, wogegen genau ich reden muss.

Nanana ich vertrete eine humesche Position und die wurde und wird von genug Personen vertreten. So absurd kann sie demnach wahrscheinlich nicht sein. Willst du jetzt meine Handlungstheorie hören? Vielleicht schlägst du einfach unter Hume nach, dann wird dir das ein oder andere klarer. Wenn nicht, dann versuche ich es nochmal in eigenen Worten zu erklären. Vielleicht setze ich mich aber später nochmal dran und versuche meine Handlungstheorie soweit sie steht zusammen zu fassen.
Bis dahin gebe ich dir als Aufgabe die Frage zu beantworten, ob Handlungen erklärt werden können, ohne auf Wünsche zu verweisen.


Edit @Pad: Weil dein Postfach voll ist, aber ich trotzdem will, dass dich die Nachricht rechtzeitig erreicht poste ich es einfach hier rein:
Ich will dich sicherheitshalber darauf hinweisen, dass der letzte Post von mir nicht böse gemeint ist. Ich erwähne es sicherheitshalber, weil ich im nachhinein den Eindruck habe, dass er doch etwas unfreundlich rüberkommen könnte. Falls das der Fall ist, sorry. Die Ursache der merkwürdigen Form ist meiner Verwunderung über deinen Post zuzuschreiben. ;)

Padreic
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Mi 16. Nov 2005, 19:55 - Beitrag #29

@Maurice:
Ja das ist natürlich nicht ausgeschlossen. Bei sojemanden wurzelt dann der Wunsch nach strengen Steuergesetze in einem Interesse an sozialer Gerechtigkeit, geregelten Steuereinnahmen des Staates oder ähnliches.
Bei dem Steuerbetrüger der sowohl ein Interesse haben finanziell gut da zu stehen, als auch ein Interesse an strengen Gesetzen hat und das zweite dem ersten vorzieht, ist einfach das zweite Interesse stärker als das erste.
Wir haben häufig wenn nicht gar ständig rivalisierende Interessen, von denen wir denen den Vorzug geben, die stärker sind.

Du sagst also, dass wir das gut finden, wovon wir Nutzen haben und wir davon Nutzen haben, woran wir ein Interesse haben. Ist das tautologisch oder hört es sich nur so an?

Bis dahin gebe ich dir als Aufgabe die Frage zu beantworten, ob Handlungen erklärt werden können, ohne auf Wünsche zu verweisen.

Das habe ich nie behauptet. Es ist der Sprung aufs Glück der mir fragwürdig vorkommt.

Ich für meinen Teil kann für mich sagen, dass ich "gut" und "schlecht" an Hand von Nutzenkalkü[h]len bewerte.

Zumindest von mir weiß ich, dass ich nicht immer das tue, was ich eigentlich für gut erachte. Ist das bei dir auch der Fall?

Was bedeutet für dich "echte" Werte? Sind subjektive Werte denn nicht echt?

Bloß subjektive nach meiner Begrifflichkeit nicht, ja.

Das Problem ist, dass wenn du Werte nicht als etwas materielles und somit vom Subjekt abhängiges betrachtest, mir spontan nur die beiden Möglichkeiten einfallen, sie als platonische Ideen oder Universalien zu charakteriesieren. Das diese beiden Konzepte aber problematisch sind, brauche ich dir wohl nicht mehr zu erklären.

Im weiteren Sinne materiell vielleicht schon.

Zu deinem PS: Habe es nicht wirklich als böse aufgefasst. Was hat dich denn so verwundert?
[das volle Postfach kommt übrigens daher, dass durch Auflösung meiner Modprivilegien mir nur noch 50 statt 100 PNs zustehen, weshalb ich noch einige PNs speichern und löschen muss, bevor ich irgendwie wieder was mit PNs machen kann ;)]

Maurice
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Mi 16. Nov 2005, 20:14 - Beitrag #30

Puh da bin ich erleichtert, dass du meinen Post nicht in den falschen Hals bekommen hast. Was mich so gewundert hat, ist, dass du mit dem humeschen Ansatz scheinbar überhaupt nichts anfangen kannst. Da ich dir ein relativ hohes Wissen an philosophischen Theorien unterstelle, ging ich jetzt einfach davon aus, dass du weißt, inwiewiefern sich Hume und Kant in ihrer Handlungstheorie unterscheiden. Wenn nein, dann kann ich diesbezüglich noch was posten.

Zumindest von mir weiß ich, dass ich nicht immer das tue, was ich eigentlich für gut erachte. Ist das bei dir auch der Fall?

Wenn ich einer der alten Griechen wäre (weiß nicht mehr obs Platon, Aristoteles oder beide waren), würde ich möglicherweise nein sagen. Aber ich bin ja keiner. ^^
Also zur Frage: Natürlich mache ich auch manchmal Dinge, die ich nicht für gut halte (mache ich sogar relativ oft). Das äußert sich mal als unreflektierter Affekt (z.B. Nägelkauen) oder indem ein Interesse, was ich reflektiert als schlecht ansehe stärker ist, als das Interesse, was ich reflektiert befürworte (z.B. Süßigkeiten statt Obst essen). Sowohl das Nägelkauen als auch das Süßigkeiten essen bedeutet eine gewisse Befriedigung, auch wenn dafür andere Interessen unbefriedigt bleiben. Das Glück spielt hier jetzt dahingehend eine Rolle, als dass ich das Gefühl der Befriedigung als eine Form des Glücks sehe. Das Essen der Süßigkeiten war aber unvernünftig, weil es dem Verhalten widerspricht, das ich als strukturell nutzenmaximierender einschätze.
Kant würde sagen, dass sich die Vernunft nicht gegen die Neigung hat durchsetzen können, wenn ich die Schokolade statt des Apfels esse. Hume würde sagen, dass das Interesse Schokolade zu essen in dem Moment stärker war, als das Interesse einen Apfel zu essen und ich deshalb die Schokolade gegessen habe. Und wie schon gesagt, neige ich zur humeschen Position.

Das war natürlich noch nicht ausführlich und du wirst bestimmt noch weitere Fragen stellen, was ich glaube durchaus nachvollziehen zu können, wenn ich dich richtig einschätze. Soviel nur auf die Schnelle. :)

Ipsissimus
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Mi 16. Nov 2005, 23:41 - Beitrag #31

Eine Moral kann im gleichen Sinne gültig sein, auch wenn keiner sie ausspricht, wie die Aussage "Der Stern X existiert." dann wahr sein kann. Die Aussage wird dann (zumindest ohne Rekurs auf Gott) nicht existieren, aber der Verhalt wird bestehen.


hmm ... du glaubst, daß eine Moral in die Struktur des Seins hineinverwoben ist? Eine Moral schien mir bisher immer ein Konstrukt des menschlichen Geistes zu sein, basierend auf der anscheinend als solche empfundenen Notwendigkeit - welch Empfindung ich allerdings nicht teile^^ - daß normative regelungen menschlichen Verhaltens notwendig seien. Von der Idee, daß Moral existiert in einem analogen Sinne wie ein Apfel, habe ich bisher immer Abstand genommen^^

aber letztlich läuft es wahrscheinlich doch darauf hinaus, daß du eine Instanz annimmst, die die absolute Macht hat und dafür eingesetzt hat, eine Moral als absolut verbindlich zu setzen, ein Gott mithin.

Spricht es denn in irgendeiner Weise gegen eine Wertvorstellung, wenn sie widersprüchlich ist?


nein^^ war es das, was ich behauptet hatte?^^


Warum muss das gerade bei der Moral so sein, wo man das von Aussagen, die sich auf das Faktische beziehen, das nicht verlangt? Es gibt genug Leute, die nicht an die Relativitätstheorie glauben. Ist sie allein dadurch schon falsch bzw. nicht objektiv gültig?


eine faszinierende Vorstellung, daß jemand an die Relativitätstheorie glauben könnte^^ und welch Ausbund von Missverständnis, wenn er es tatsächlich täte^^

es muss bei der Moral deswegen so sein, weil sie üblicherweise Tür und Tor für die Willkür menschlicher Machtsetzung ist.


Schau doch z.B. mal bei Kant nach. ;)
Seine Morallehre würde ich als die Behauptung einer objektiven Moral bezeichnen.


in der Tat^^ ähnliches wird mit unterschiedlichen Begründungen auch von anderen moralischen Vorstellungen behauptet. Nur macht die Behauptung der Objektivität einer Moral noch keine objektive Moral aus dieser - und auch Kant arbeitet mit hochkontingenten Prämissen und denkt in einer Weise, der mensch ihre Verpflichtung gegenüber einer Absicht überdeutlich ansieht. Aus meiner Sicht der Dinge vertragen sich Absichtshaftigkeit und Objektivität überhaupt nicht

Bowu
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Do 17. Nov 2005, 10:53 - Beitrag #32

Zitat von Padreic:@Aydee
Das hat fast was von Nietzsche . Er sah auch in der Moral etwas, was den Menschen krank macht.


War (normative) Moral für Nietzsche nicht eher etwas für Kranke (für Leute die sie brauchen um nicht abzudrehen)? Hat es laut ihm nicht die Menschen nur dann krank gemacht wenn es ihnen "eingetrichtert" wurde (Weil sie diese Moral dann später wirklich brauchten)?
Ich meine, Nietzsches Wertekritik bezog sich auf die Art der Erziehung - weniger auf den Inhalt.

Zur Objektivität von Moral:

Wie Objektiv hätten sie es denn gern? Wir hätten hier eine Moral im Angebot die auch für Steine, Neutronen und hölzerne Eisen gilt.
Für mich meint "objektiv gültig" im Zusammenhang mit Moral, dass ein Wert im Menschen wirklich "implementiert" ist. Es meint nicht, dass ein Wert in einer losgelösten Metaphysik also "an sich" existieren muss (auch wenn die durchaus auf die materielle Implementierung hinweisen kann).
Die für mich verständlichen Moralsysteme verweisen alle auf solche Gegebenheiten des Menschen - Hume/Schopi auf das Mitleid - Kant auf die Vernunft. Objektivität von Moral meint ausserdem nicht, dass jedes Objekt sie hat. Objektive Moral bedeutet für mich daher eher, dass sie omnihuman (allmenschlich) gilt.

Diese Geltung wird zuerst nach der Existenz, dann nach der Stärke beurteilt werden müssen. Geltungsschwäche (wie im Falle eines Mordes) kann dann durch fehlende Stärke erklärt werden, ohne die Existenz in Frage zu stellen.

Zitat von Maurice:Bis dahin gebe ich dir als Aufgabe die Frage zu beantworten, ob Handlungen erklärt werden können, ohne auf Wünsche zu verweisen.


Die Frage war nicht an mich gerichtet,daher hoffe ich, es stört nicht, wenn ich sie mal beantworte.

Bei dieser Fragestellung würde ich auf die Neurophysiologie verweisen, die darlegt (siehe Libet-Experimente und spätere mit besserem Versuchsaufbau), dass zumindest das was wir klassisch als Wunsch bezeichnen - also das bewusste - erst nach der Handlungsentscheidung ja sogar nach dem Handlungsvorbereitungsprozess eintritt.

Was hat das mit der Diskussion zu tun?
Wenn Handlungen unbewusst gesteuert sind, diese aber auch moralisch bewertbar sein sollen, so muss auch unsere Moral sich auf unbewusstes begründen. Hier würden sich jetzt die Fragestellungen nach einem unbewußen Mitleid (ich denke: existiert) und einer unbewußten Vernunft (ich denke: existiert möglicherweise) anschließen.

Aydee
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Do 17. Nov 2005, 11:18 - Beitrag #33

OT?
@Objektivität:
"Objektivität ist die Illusion, daß Beobachtungen ohne einen Beobachter gemacht werden können"


Ich finde diese Formulierung ziemlich treffend, und halte speziell auf Moral, moralische Grundsätze etc bezogen Objektivität für unmöglich. Imo dient Moral Zwecken und die werden von Menschen (od Gemeinschaften) festgelegt/bestimmt.

Ipsissimus
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Do 17. Nov 2005, 12:31 - Beitrag #34

Für mich meint "objektiv gültig" im Zusammenhang mit Moral, dass ein Wert im Menschen wirklich "implementiert" ist. Es meint nicht, dass ein Wert in einer losgelösten Metaphysik also "an sich" existieren muss (auch wenn die durchaus auf die materielle Implementierung hinweisen kann).
Die für mich verständlichen Moralsysteme verweisen alle auf solche Gegebenheiten des Menschen - Hume/Schopi auf das Mitleid - Kant auf die Vernunft. Objektivität von Moral meint ausserdem nicht, dass jedes Objekt sie hat. Objektive Moral bedeutet für mich daher eher, dass sie omnihuman (allmenschlich) gilt.

Diese Geltung wird zuerst nach der Existenz, dann nach der Stärke beurteilt werden müssen. Geltungsschwäche (wie im Falle eines Mordes) kann dann durch fehlende Stärke erklärt werden, ohne die Existenz in Frage zu stellen.

interpretiere ich das "implementiert" richtig, wenn ich annehme, daß du damit auf eine "feste Verdrahtung in der Hardware" verweist?

Selbst wenn ich das für die Diskussion für den Moment akzeptieren wollte, blieben hinsichtlich der Objektivität mehrere Fragen offen:

"Moral" bezeichnet ein System von Regeln und Normen. "Mitleid", selbst in der fest verdrahteten Form, wäre aber weder eine Regel noch eine Norm, sondern nur eine Möglichkeit des Menschen unter unzähligen anderen auch.

"Bestialität" wäre eine andere dieser Möglichkeiten.

Müssen wir also, die feste Verdrahtung der Bestialität wie im Falle des Mitleids vorausgesetzt, annehmen, daß auch bestialisches Verhalten objektiver Moral entspricht? Oder anhand welcher festverdrahteter übergeordneten Kategoriebildungskriterien würde hardwareseitig gesteuert, daß Mitleid einer objektiven Moral, Bestialität aber einer objektiven Verwerflichkeit zuzuordnen wäre?



Weiter sagst du, für die Objektivität einer Moral sei nicht entscheidend, daß jeder Mensch darüber verfügt, sondern daß sie "omnihuman" gelte. Abgesehen von der Schwierigkeit, plausibel zu machen, wie ein Etwas, über das nicht jeder Mensch verfügt, omnihuman gelten kann, erscheint mir nach wie vor fraglich, woher das "gültig!" stammt.

Ich meine, für einen Katholiken mag die Sache einfach sein^^ wenn er wissen will, ob ein Buch für ihn zuträglich ist, sucht er den "Imprimatur"-Vermerk, und wenn ein Buch diesen Vermerk aufweist, weiß er, daß nach Meinung seiner Kirchenoberen die Lektüre des Werkes keine Gefahr für seine sittliche Unversehrtheit bedeutet^^

DAS aber funktioniert nur auf der Basis der Abhängigmachung eigener Persönlichkeitsmöglichkeiten von den Direktiven anderer Personen. Woher stammt das "gültig", wenn diese Abhängigmachung nicht erfolgt? Was, wenn der Katholik darauf besteht, für sich selbst herauszufinden, was es mit dem Werk auf sich hat, das das "Imprimatur" nicht trägt?


aus meiner Sicht der Dinge ist es für die Frage der Moral recht belanglos, ob eine als "moralisch" eingestufte Verhaltensweise - welche hübhsche und entlarvende Rekursion^^ - fest verdrahtet oder sozial mediiert wurde. Wenn ich von einer biologischen Sicht her argumentieren wollte, bleibt eigentlich nur die Feststellung, daß im Menschen das Total aller Möglichkeiten verdrahtet ist, das eben ALLE Möglichkeiten individuellen Verhaltens enthält - in jedem Menschen. Moral/Ethik sind demgegenüber eindeutig sekundär, da sie eine Auswahl aus dem Total bedeuten, eine Auswahl, die in ihrer Konkretheit nicht festverdrahtet sondern sozial mediiert ist.

Maurice
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Zitat von Padreic:
Bis dahin gebe ich dir als Aufgabe die Frage zu beantworten, ob Handlungen erklärt werden können, ohne auf Wünsche zu verweisen.

Das habe ich nie behauptet.

Also würdest du nein sagen? Das würde mich jetzt etwas verwundern, weil ich dich zu Kant und nicht zu Hume eingeordnet hätte. Das würde nämlich bedeuten, dass du nicht daran glaubst, dass die Vernunft allein handlungswirksam sein kann.

@"echte Werte":
Bloß subjektive nach meiner Begrifflichkeit nicht, ja.

Ich benutze "echt" für gewöhnlich im Sinne von "real" also "existent". Dass für dich subjektive Werte auch existieren, wirst du wohl kaum bestreiten. Gehe ich richtig in der Annahme, dass "echt" bei dir soetwas wie "authentisch" bedeutet?
Was würde es denn für dich bedeuten, wenn es (in deinem Sinne) keine "echten" Werte geben würde? Wäre das schlimm?

@ont. Status von Werten:
Im weiteren Sinne materiell vielleicht schon.

Das musst du mir (und wohl auch manch anderen hier) nochmal genauer erklären. :confused:
Müsste damit nicht wieder der Mensch als Ausgangspunkt von Moral stehen und somit Moral fast unrettbar wieder subjektiv werden?


@Bowu:
Sorry ich muss gestehen, dass ich die Worte "Wunsch" und "Interesse" noch etwas unpräzise verwende. Zur Erläuterung: Für mich gibt es bewusste und unbewusste Wünsche und Interessen. Ich denke mal, dass dieser Gedanke doch für die meisten nachvollziehbar sein sollte.

@omnihuman: Kants Ansatz kann man so bezeichnen. Das Problem bei ihm ist aber imo, dass er wieder Gott annimmt, weil er meint, dass Moral sonst nicht durchsetzbar wäre (iirc). Die Frage ist, ob die kantische Morallehre auch ohne Gott plausibel sein kann. Wobei sie selbst mit Gott für mich nur bedingt plausibel ist.

Padreic
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Do 17. Nov 2005, 15:17 - Beitrag #36

Zuerst noch einmal zu dem Punkt, ob alle oder zumindest die meisten Menschen implizit eine absolute Moral vertreten: ich gestehe zu, dass es Menschen gibt, die das nicht tun (was nicht heißt, dass alle, die von sich behaupten, Wertrelativisten zu sein, dies auch praktisch wirklich sind). Ihnen würde ich einen ähnlichen Status wie Solipsisten oder ähnlichem zusprechen.

@Maurice:
Ich benutze "echt" für gewöhnlich im Sinne von "real" also "existent". Dass für dich subjektive Werte auch existieren, wirst du wohl kaum bestreiten. Gehe ich richtig in der Annahme, dass "echt" bei dir soetwas wie "authentisch" bedeutet?

Ich benutze in diesem Fall 'echt' so wie 'eigentlich'. D.h. dass ich bloß subjektive Werte eigentlich nicht mit diesem Wort belegen würde, höchstens "metaphorisch".
Ist übrigens jedes Gemälde, das existent ist, für dich auch echt? ;)

Was würde es denn für dich bedeuten, wenn es (in deinem Sinne) keine "echten" Werte geben würde? Wäre das schlimm?

Ja. Wenn es keine echten Werte gibt, wird jede Bewertung rein willkürlich, d.h. ich könnte bei allem genauso gut sagen, dass es gut ist, wie das es schlecht ist, dass es tuenswert ist, wie, dass ich es lassen sollte. Da ich mir durchaus die Macht zuschreiben würde, meine Wertvorstellungen in gewissem Maße zu ändern, würde es mich auch nicht trösten, dass ich naturgemäß eine Neigung dazu habe, mich dem zuzuwenden, was mich glücklicher macht.
Ich wüsste nicht mehr, was ich tun sollte (ein Problem, das ich lokal schon leidvoll genug erfahren hab), außer vielleicht mich meiner naturgemäßen Neigung gemäß so zu betäuben, dass mir dieses Bewusstsein des "Alles ist gleich." nie wieder in den Sinn kommt und ich irgendwie meines Weges gehen kann.

Das musst du mir (und wohl auch manch anderen hier) nochmal genauer erklären.
Müsste damit nicht wieder der Mensch als Ausgangspunkt von Moral stehen und somit Moral fast unrettbar wieder subjektiv werden?

Hm, so meinte ich das nicht. Werte als eine externe Sphäre. Das meinte ich. Die vom Menschen in gewissem Maße wahrgenommen werden kann. Das ist aber mehr ein Gedankenspiel als eine festgefügte Meinung.
Denkbar wäre auch eine Art von aristotelischen Telos, ein jedem Menschen innewohnender Zweck, den er auszufüllen hat. Wobei es mir etwas unsympathisch ist, wenn es so festgefügt wird. Eher frei gedacht. Dass, wenn man ihm zuhört, ob ein bestimmter Weg gut ist.

Zu den Handlungstheorien: damit hab ich mich bisher noch kaum auseinandergesetzt. Ich meine aber nicht, dass da ein Widerspruch in deinem Beispiel ist, dass sich die Neigung gegen die Vernunft durchgesetzt hat oder dass der eine Wunsch einfach stärker war als der andere. Wünsche haben ja auch Herkunftsquellen und Kant betrachtet die Herkunftsquellen, während Hume anscheinend bei den Wünschen stehenbleibt. [da es nur auf sehr mangelhafter Kenntnis beruht, soll das keine Kritik an Hume sein]
Vernunftergründungen können eben auch "Wünsche" (in einem weiteren Sinne) produzieren. Aus dem Ziel, gesund zu sein, leitet der Verstand den "Wunsch" ab, einen Apfel statt Schokolade zu essen. Obwohl ich das Wort 'Wunsch' dann hier für deplatziert halte, da man es wohl kaum als Wunsch ansieht. Das Wort Interesse finde ich aber auch nicht gut gewählt, da ich eine instinkthafte Neigung nicht guten Gewissens als 'Interesse' bezeichnen könnte. Nunja, sich in Sprache auszudrücken, ist immer schwer ;).


Noch drei kurze Gedanken.
1) Um den Wertrelativismus abzulehnen, reicht es, es für objektiv zu halten, dass in irgendeiner speziellen Situation eine Tat nicht in jeder Hinsicht gut war/wäre. Z. B. wenn man sagt, dass es objektiv nicht in jeder Hinsicht gut gewesen wäre, wenn ich (Padreic) mich heute nach Kräften bemüht hätte, ein Kind zu schänden. Ich denke, man wird zumindest Fälle finden, wo intersubjektive Einigkeit besteht. Ich kann mir zumindest keinen Menschen vorstellen, der sagte, dass es in jeder Hinsicht gut gewesen wäre, wenn ich mich heut nach Kräften bemüht hätte, ein Kind zu Schänden.
2) Ein konsequenter Wertrelativismus muss auch auf's Ästhetische übergehen. Es gibt keinen guten und keinen schlechten Geschmack. Es gibt keinen Grund, jemanden eines Unrechts zu bezichten, wenn er irgendeinen x-beliebigen Schlager über Beethovens Neunte stellt. [ich unterscheide dieses 'über stellen' schon von persönlichen Vorlieben. Man mag mit einer Musik persönlich mehr anfangen können und trotzdem eine andere höher stellen.]
3) Wer ist der Zweifler, der, der zweifelt, ob es richtig ist, was er tut, oder der, der sagt, dass es gut ist, was er tut, weil er es so sagt?

@Bowu

War (normative) Moral für Nietzsche nicht eher etwas für Kranke (für Leute die sie brauchen um nicht abzudrehen)? Hat es laut ihm nicht die Menschen nur dann krank gemacht wenn es ihnen "eingetrichtert" wurde (Weil sie diese Moral dann später wirklich brauchten)?
Ich meine, Nietzsches Wertekritik bezog sich auf die Art der Erziehung - weniger auf den Inhalt.

Ich bin kein Nietzsche-Spezialist, kann dir also auch nur im Ungefähren antworten. Das Wort 'Moral' hat er wohl vor allem mit Sklavenmoral in Verbindung gemacht, die die Kräfte von denen, die vielleicht Möglichkeit zu Höherem hätte, schwächt, ihnen die Säfte trübt. Das meinte ich etwa.

@Ipsissimus
du glaubst, daß eine Moral in die Struktur des Seins hineinverwoben ist?

Ich halte es zumindest für denkbar.

aber letztlich läuft es wahrscheinlich doch darauf hinaus, daß du eine Instanz annimmst, die die absolute Macht hat und dafür eingesetzt hat, eine Moral als absolut verbindlich zu setzen, ein Gott mithin.

Nicht unbedingt. Auch wenn man sich natürlich fragen müsste, wo die Struktur des Seienden herkommt...

Spricht es denn in irgendeiner Weise gegen eine Wertvorstellung, wenn sie widersprüchlich ist?

nein^^ war es das, was ich behauptet hatte?^^

Angedeutet ;). Geschrieben hast du: "Werterelativisten haben also öfter die Neigung, bei Werten nicht zu sehen, daß sie nützen, sondern zu fragen, wem sie nützen - und wenn der faktische oder proklamierte Nutzen zu einseitig verteilt ist, den Wert als solchen in Frage zu stellen."
Irgendwo muss diese Neigung ja herkommen. Auf die Frage, ob sie aus dem Glauben an die Werthaftigkeit von Gerechtigkeit kommt, sagtest du, dass es daran liege, dass Gerechtigkeit ein Begriff sei, mit den öfters argumentiert würde. Ich hatte dich dann erst so verstanden, dass die Wertrelativisten es als Problem sähen, wenn jemand mit Gerechtigkeit argumentiert und dessen Wertvorstellungen dann zu Ungerechtigkeit führen. Verstehe ich dich nun richtiger, wenn sie einfach aus Spaß mal hypothetisch die gesellschaftliche Konvention annehmen, dass Gerechtigkeit etwas wertvolles ist und dann damit diskutieren?

Ich habe teilweise immer noch Probleme, die Sprechweisen von Wertrelativisten zu verstehen. Was meinst du z. B. genau, wenn du im "Unruhen in Frankreich"-Thread von den "wirklichen Verbrechern" redest? Meinst du in dem Thread, dass es in irgendeiner Weise falsch ist, "gefügig,leise, zahm und still" als Wert anzunehmen?

eine faszinierende Vorstellung, daß jemand an die Relativitätstheorie glauben könnte^^ und welch Ausbund von Missverständnis, wenn er es tatsächlich täte^^

Ersetzte 'Relativitätstheorie', wenn es dir mehr beliebt, durch 'Die Erde hat in etwa kugelförmige Gestalt.'.

es muss bei der Moral deswegen so sein, weil sie üblicherweise Tür und Tor für die Willkür menschlicher Machtsetzung ist.

Wenn sie als Argument angewendet wird, vielleicht. Mir geht es primär um persönliche Moral.
Und das "Faktische' kann dafür auch gut angewendet werden...s. Propaganda. Man muss einem Menschen gar nicht mal einreden, dass es moralisch toll ist, einem zu gehorchen, es reicht wohl, ihm einzureden, dass er dadurch Wohlstand und Glück bekommt.

Padreic

P. S. Ist man eigentlich seltsam, wenn Postings länger werden als Hausarbeiten? ;)

Ipsissimus
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Do 17. Nov 2005, 16:25 - Beitrag #37

1) Um den Wertrelativismus abzulehnen, reicht es, es für objektiv zu halten, dass in irgendeiner speziellen Situation eine Tat nicht in jeder Hinsicht gut war/wäre. Z. B. wenn man sagt, dass es objektiv nicht in jeder Hinsicht gut gewesen wäre, wenn ich (Padreic) mich heute nach Kräften bemüht hätte, ein Kind zu schänden. Ich denke, man wird zumindest Fälle finden, wo intersubjektive Einigkeit besteht. Ich kann mir zumindest keinen Menschen vorstellen, der sagte, dass es in jeder Hinsicht gut gewesen wäre, wenn ich mich heut nach Kräften bemüht hätte, ein Kind zu Schänden.


ich würde es eher andersherum für logisch halten^^ wenn ich für einen Wert eine Situation ersinnen kann, in der er seinen Wertecharakter verliert, ist es kein absoluter oder objektiver Wert^^ Die in deiner Variante geforderte Vollständigkeit ("in jeder Hinsicht") ist ohnehin grundsätzlich nicht gegeben, und würde auch dazu führen, daß der Ausdruck seinen Inhalt verliert, da dann jeder Wert ein absoluter Wert wäre. Hinsichtlich deines Pädophilie-Beispiels: frag mal einen Pädophilen, wenn er nicht zu befürchten hat, für die falsche Antwort zur Rechenschaft gezogen zu werden


2) Ein konsequenter Wertrelativismus muss auch auf's Ästhetische übergehen. Es gibt keinen guten und keinen schlechten Geschmack. Es gibt keinen Grund, jemanden eines Unrechts zu bezichten, wenn er irgendeinen x-beliebigen Schlager über Beethovens Neunte stellt. [ich unterscheide dieses 'über stellen' schon von persönlichen Vorlieben. Man mag mit einer Musik persönlich mehr anfangen können und trotzdem eine andere höher stellen.]


hmm ... gehen da jetzt nicht ein paar Sachen durcheinander?

Was hat die Bevorzugung eines Schlagers gegenüber einer Symphonie mit "Unrecht" zu tun? Was besagt "stellen über"? Ich kann die Musiken untersuchen hinsichtlich Komplexität, Einfallsreichtum, Originalität usw. und werde zu Ergebnissen kommen. Wie diese Ergebnisse bewertet werden hat wiederum nichts mit einem moralischen Urteil zu tun, sondern mit einem technischen.

ein konsequenter Werterelativismus relativiert im übrigen auch den Wert von Konsequenz^^

wer sagt, daß ein Werterelativismus konsequent sein muss?

wo hat Ästhetik etwas mit Werten zu tun?

gut, ich kann deiner Aussage dann zustimmen, wenn ich vom Fall eines Hörers ausgehe, dem es nicht um die Musik, sondern um die darin gemutmaßten und transportierten Inhalte geht - aber weswegen sollte ich die Probleme eines Zensors zur Aushebelung des Werterelativsmus benutzen?


3) Wer ist der Zweifler, der, der zweifelt, ob es richtig ist, was er tut, oder der, der sagt, dass es gut ist, was er tut, weil er es so sagt?


keiner von beiden^^ beide bezweifeln nicht, daß es "Gutheit" als solche statt bloß relational gibt^^


gut, du hältst also mysthische Größen (wie eine in die Struktur des Seins verwobene inhärente Moral) für denkbar. Nun, da es gedacht wurde, ist es offensichtlich denkbar^^ Aus meiner Sicht der Dinge ist das zwar eine Glaubensaussage, aber das ändert nichts an der Denkbarkeit. Aber du kennst dieses logische Problem, daß man die Nichtexistenz von Nichtexistentem nicht beweisen kann. Wir können in gleicher Weise die Existenz wasseratmenter Menschen, Drachen, Weinachtsmännern und aller möglichen sonstigen Denkbarkeiten annehmen, wir werden ihre Nichtexistenz niemals beweisen können.

Da du aber diese objektive Moral ja nicht nur einfach so mal in den Raum geworfen hast, gehe ich davon aus, daß ihre Existenz für dich plausibler ist als die Existenz anderer Denkbarkeiten für die Menschen bisher keinen Existenzbeleg finden konnten. Es wäre interessant zu erfahren, weswegen.


Zu der Werthaftigkeit von Gerechtigkeit: ich bin davon überzeugt, daß die Feststellung der (Un-)Gerechtigkeit eines Sachverhaltes belanglos ist angesichts der Faktizität des Sachverhalts. Ob wir Foltern als gerecht oder ungerecht bewerten, ändert nichts daran, daß das CIA foltert. Wir können den Begriff ersatzlos aus unserem Vokabular streichen - außer ein paar Begründungen, die nicht mehr ganz so gut klingen, wird sich nichts ändern. Nichtsdestotrotz nehme ich zur Kenntnis, was mit dem Begriff gemeint ist und daß er in Begründungssituationen benutzt wird. Also werde ich ihn in einer geeeigneten Situation auch als Argument benutzen, wenn ich sehe, daß mein Gesprächspartner sich davon erreichen läßt, selbst wenn er mir persönlich als Prinzip gründlich und endgültig als Farce entlarvt ist. Und ja, das ist zynisch, aber das sagte ich ja schon^^

"Die wahren Verbrecher" - verzeih mir bitte die Hitze des Gefechts^^

das wahre Problem liegt darin, daß Leben in diesem Universum nicht existieren kann, ohne sich von anderem Leben zu ernähren, daß es nicht existieren kann, ohne ein Killer zu sein. Dieses Grundproblem ist verfeinert, bleibt sich aber gleich.

Nur, soweit verfolgen wir die Kausalkette normalerweise nicht zurück. Aber es ist vielleicht möglich, die Kette weiter als nur die paar Millimeter bis zur persönlichen Situation der Randalierer zu verfolgen. ALs nächstes käme die Situation der Politiker und Wirtschaftsfunktionäre, der Profiteure. Dann gäbe es die Stufe von deren Erziehern usw. Wo machen wir den Schnitt? Ich habe dafür keine Lösung, sehe nur das Problem. Als ich von "den wahren Verbrechern" sprach, habe ich in der Hitze des Gefechts so getan, als sei die Kette bei denen zu Ende, aber das stimmt natürlich nicht.


In deinen letzten Gedankengängen vermischst du imo Moral mit Annehmlichkeit oder mit Geschäft. Was hat "Gehorsam um Geld zu verdienen" mit einer moralischen Wertung zu tun?

Maurice
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Do 17. Nov 2005, 18:46 - Beitrag #38

Da ich noch in der Uni bin und nur wenig Zeit habe, nur ganz kurz:

Zitat von Padreic:Ist übrigens jedes Gemälde, das existent ist, für dich auch echt?

Ja. :D
Voraussetzung natürlich, dass ich dem Wort "echt" die Bedeutung gebe, die das Wort für mich idR hat. Wenn "echt" in Bezug auf das Gemälde bedeuten soll, dass es "gut" im Sinne von "gelungen" ist, dann ist nicht jedes Gemälde ein echtes Gemälde.

Ja. Wenn es keine echten Werte gibt, wird jede Bewertung rein willkürlich, d.h. ich könnte bei allem genauso gut sagen, dass es gut ist, wie das es schlecht ist, dass es tuenswert ist, wie, dass ich es lassen sollte. Da ich mir durchaus die Macht zuschreiben würde, meine Wertvorstellungen in gewissem Maße zu ändern, würde es mich auch nicht trösten, dass ich naturgemäß eine Neigung dazu habe, mich dem zuzuwenden, was mich glücklicher macht.

Das Problem stellt sich natürlich nur, wenn du Glück nicht als das höchste und einzig instrinsiche Gut betrachtest. Wenn du es schaffst dein Denken dahingehend zu verändern, dann ist dir auch ziehmlich egal, dass es ansonsten nur "willkürliche" Werte gibt. Wobei ich meine, dass auch meine subjektiven Werte nicht rtein willkürlich sind, weil sie in einer gesetzmäßigen Abhängigkeit zu meinem natürlichen Streben nach Glück stehen. So betrachtet sind subjektive Werte nicht zufällig.

Ich wüsste nicht mehr, was ich tun sollte (ein Problem, das ich lokal schon leidvoll genug erfahren hab), außer vielleicht mich meiner naturgemäßen Neigung gemäß so zu betäuben, dass mir dieses Bewusstsein des "Alles ist gleich." nie wieder in den Sinn kommt und ich irgendwie meines Weges gehen kann.

Das Gefühl der Sinnlosigkeit, Orientierungslosigkeit und Gleichgültigkeit kenne ich gut. Ich hatte eine solche Phase, nachdem ich zu dem Schluss gekommen bin, dass an sich alles sinnlos ist. Der Zustand hat auch eine ganze Zeit lang angehalten, bis ich ein Argument für mich entdeckt habe, was mich die Meinung der Sinnlosigkeit ausreichend abgeschwächt hat. Natürlich war der "Schock" nur am Anfang lähmend und hat sich danach nur noch in wiederkehrenden depressiven Schüben geäußert. Die Sache hat sich damals so für mich relativiert, weil ich zu dem Schluss gekommen bin, dass wenn alles an sich sinnlos und somit egal ist, dann auch egal ist, dass alles egal ist. Die SInnlosigkeit führte sich soimit selbst ad adsurdum und hat für mich persönlich wieder Raum für persönlichen Sinn gegeben, der nicht sofort wieder von der Sinnlosigkeit verschluckt wurde. Vielleicht kann sich sogar noch der ein oder andere an den Thread damals erinnern, wo ich darüber geschrieben hatte.
Aber nun zu deinem eigentlichen Problem: Du hastr meiner EInschätzung nach noch nicht begriffen, dass die objektive Sinnlosigkeit und Wertlosigkeit der Dinge subjektiven Sinn und Werte nicht ausschließen. Akzeptierst du die begrenzte Gültigkeit der subjektiven Werte und Sinngebungen, kannst du dein Programm zur Glücksmaximierung, das deinem Verhalten zu Grunde liegt, weiterführen, ohne an diesen Umständen zu verzweifeln. Ich wüsste nicht, warum die Ansicht dass an sich alles sinnlos ist zu Aphatie führen sollte (ich hoffe das ist hier der richtige Begriff). Wenn du wie gesagt die entsprechenden Prämissen akzeptierst, kannst du auch weiterhin glücklich sein und darauf allein kommt es ja an.

Vernunftergründungen können eben auch "Wünsche" (in einem weiteren Sinne) produzieren.

Eine solche Position nennt man iirc neo-humeisch.

Da ich jetzt weg muss, kann ich jetzt leider nicht mehr auf alles eingehen. Sorry.

Bowu
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Do 17. Nov 2005, 18:47 - Beitrag #39

@ Ipsi:

Feste Verdrahtung? -> Diese Implementierung denke ich mir nicht als feste Verdrahtung, sondern vielmehr als strukturelle Organisation der Verdrahtung. Wie die Nevern bei jedem einzelnen auch aufgebaut sind, im Normalfall sind die beiden Beispiele Mitleid und Vernunft realisiert.

Was ist Mitleid? Für mich ist Mitleid eine Motivation, dazu noch eine die nur in seltensten Fällen gar nicht vorhanden ist. Warum sprichst du dem Mitleid die Regelhaftigkeit ab? Scheint es nicht zumindest durchaus regelmäßig der Fall zu sein, dass wir in bestimmten Situationen Mitleid fühlen? Wenn irgendetwas in uns darauf wartet, dass wir bestimmte Situationen wahrnehmen, um dann das Gefühl Mitleid auszuschütten, so wäre dies zumindest scheinbar ein Implikation - und Implikationen sind für mich schon seehr regelnah.

Meinst du mit "Bestialität" ein Gefühl, oder eine Deutung eines Gefühls? Im ersten Falle würde ich bestreiten, dass dieses Gefühl ebenso stark verbreitet ist wie das Mitleid, im zweiten würde ich darauf verweisen, dass Gefühle auch gedeutet werden können - was ihre instinktive/ursprüngliche Wirkung aber nur zu einem gewissen Grad einschränken kann. Wenn jemand Mitleid empfindet will etwas in ihm helfen, dass nehme ich an, ob sich dieser Wille durchsetzt, dass ist dann eine andere Frage.

Das omnihuman/allmenschlich hast du irgendwie falsch verstanden. Ich meine tatsächlich, dass es für alle Menschen gilt, und "gilt" bedeutet hierbei, dass es auf alle Menschen wirkt, wobei höchstens die Stärke abgeschwächt sein kann, das komplette Aussetzen derselben aber nur bei extremer "Krankheit" auftritt.

Deinem letzten Abschnitt würde ich widersprechen. Für mich ist die Verdrahtung (nimm wegen mir irgendeine Kombination aus DNA und Erziehung) das Primäre, die Entscheidung selber erst das Sekundäre. Ich denke unserem Handlungen liegen immer Werte zugrunde - ob sie biologisch oder normativ geprägt sind - und diese zu analysieren, dass ist die Aufgabe der Moralphilosophie.

Selbst wenn du die Verdrahtung als TOTAL ansiehst, so wirst du doch zugeben, dass gewisse Verdrahtungen seltener sind als andere, dass also beispielsweise die Mehrheit einen Schmerz nicht als etwas positives ansieht.

Maurice
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Fr 18. Nov 2005, 09:46 - Beitrag #40

Zitat von Padreic:1) Um den Wertrelativismus abzulehnen, reicht es, es für objektiv zu halten, dass in irgendeiner speziellen Situation eine Tat nicht in jeder Hinsicht gut war/wäre. Z. B. wenn man sagt, dass es objektiv nicht in jeder Hinsicht gut gewesen wäre, wenn ich (Padreic) mich heute nach Kräften bemüht hätte, ein Kind zu schänden. Ich denke, man wird zumindest Fälle finden, wo intersubjektive Einigkeit besteht.

Du machst wie Ipsi den Fehler die Frage, ob es objektive oder nur subjektive Moral gibt, an intersubjektiven Einigungen festzumachen. Nur weil intersubjektiv Einigung über eine Sache herrscht ist ein Verhalten nicht objektiv gut. Nur weil (angenommen) eine intersubjektive Einigung darüber herrschen würde, dass Menschenopfer gut sind, würdest du deshalb sagen, dass es dann auch objektiv gut wären? Seid wann sind Mehrheitsmeinungen ein sicheres Wahrheitskriterium?
Und Ipsi macht einen ähnlichen Fehler der nur genau andersherum funktioniert wie deiner. Er schließt von der nicht intersubjektiven Übereinstimmung von Werten darauf, dass es keine objektiven Werte gibt.
Das besondere an den objektiven Werten ist doch nun mal, dass sie unabhängig von der Meinung der Menschen gilt. Kant (jetzt mal als klasssiches Beispiel) würde ja auch sagen, dass das Sittengesetz gilt, selbst wenn alle Menschen nur nach ihren Neigungen handeln würden. Der Mensch hätte nach ihm trotzdem eine Würde, die nicht verletzt werden darf, selbst wenn jeder Mensch den anderen nur als Mittel zum Zweck und nicht auch als Zweck an sich betrachten würde. Da spielt wie gesagt keine Rolle, ob über eine Sache allgemeiner Konsens herrscht.

2) Ein konsequenter Wertrelativismus muss auch auf's Ästhetische übergehen. Es gibt keinen guten und keinen schlechten Geschmack. Es gibt keinen Grund, jemanden eines Unrechts zu bezichten, wenn er irgendeinen x-beliebigen Schlager über Beethovens Neunte stellt. [ich unterscheide dieses 'über stellen' schon von persönlichen Vorlieben. Man mag mit einer Musik persönlich mehr anfangen können und trotzdem eine andere höher stellen.]

Sorry aber ich weiß jetzt nicht, wo da das Problem ist. In dieser Hinsicht, behaupte ich, entspricht die allgemeine Alltagsmeinung doch einem Werterelativismus. Ich meine nicht umsonst ist das Sprichwort "über Geschmack lässt sich nicht streiten" so populär. Warum lässt sich über Geschmack nicht streiten? Weil ästhetische Werturteile eben nunmal subjektiv sind.
Ich mag Mozart mehr als Hip-Hop und deshalb ist Mozart für mich wertvoller als Hip-Hop. Wenn nun jemand überhaupt kein Mozart mag aber dafür Hip-Hop, dann hat für ihn Hip-Hop mehr Wert. Ich weiß jetzt nicht, wo hier das Problem ist.
Ein Werterealist, der Kunst einen objektiven Wert zuschreibt, muss auch dem Picasso Wert zuschreiben, der mit einer Rakete auf den Mond geschossen wurde und da immer noch steht, selbst wenn die Menschheit schon längst nicht mehr existiert. Wie kann denn das Bild einen Wert haben, wenn es keinen Menschen mehr gäbe, denen das Bild von Nutzen ist? Und komm mir jetzt bitte nicht mit möglichen Außerirdischen. ;)


@Ipsi: was den Schlager angeht, so geht es hier ja mittlerweile nicht mehr nur um Moral, sondern um Werterelativismus und -realismus im Allgemeinen. Die Frage ist ja ob es objektive Werte gibt, worunter auch Moral fällt, aber eben nicht jeder objektive Wert auch ein moralischer Wert sein muss.


Anmerkung: Da ich das Wochenende bei Sarah bin und sie im Moment kein Internet hat, werde ich bis Montag wohl nicht an dieser interessen Diskussion teilnehmen können. Schreibt also bitte nicht zu viel in der Zeit. ;)

PS: Und Pad fang bitte nicht mit Drogen an, falls sich dein Denken doch noch zu einem Nihilismus verändern sollte. ^__-

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