Über Evolution und Richtung

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Ipsissimus
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Mi 12. Aug 2009, 13:41 - Beitrag #21

ja? mir kommt es so vor, als sei das Einfache völlig ungebrochen^^ Die Komplexität nimmt es nur nicht wahr^^ aber für jedes komplexe Lebewesen gibt es Milliarden einfache^^

janw
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Mi 12. Aug 2009, 13:54 - Beitrag #22

Gut, man könnte es natürlich auch als Degeneration betrachten, zu was früher eine Zelle reichte, braucht es heute mehrere Milliarden.
Aber andererseits hat der Vielzeller einige Freiheitsgrade mehr und einen Kopf, den er sich über solche Fragen zerbrechen kann^^

Ipsissimus
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Mi 12. Aug 2009, 13:56 - Beitrag #23

ich sage nur "Der Schwarm"^^ aber okay, solange das Science Fantasy ist, einigen wir uns auf die Mitte: was geht, geht^^

Maglor
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Do 13. Aug 2009, 22:50 - Beitrag #24

Zitat von janw:Ob nun Genotyp oder Phänotyp, ist IMHO in weiten Teilen ein Streit um des Kaisers Bart, weil der Phänotyp nun mal vom Genotyp abhängt.

Ich glaube das ist das Grundproblem der Evolution. Der Genotyp bestimmt den Phänotyp, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass der Phänotyp über die Vererbung des Genotypen bestimmt. ]Kampf ums Dasein[/I] vielleicht schon verloren.
Hühner bevorzugen seit Äonen langschwänzige Hähne. Angenommen ein stattlicher Hahn verliert durch Feindberührung seine Schwanzfedern und schon ist es mit seinen sexuellen Reizen aus und vorbei. Aber was wollen die Hühner eigentlich? Durch auffälliges Schmuckgefieder werden ihre Nachkommen sicher leichter zu erspähen sein. Die Flugfähigkeit ist eingeschränkt und zu viele Proteine gehen für das Wachstum von Schmuckfedern drauf. Noch extremer ist es beim Pfauenhahn; wäre dieser ein Ergebnis künstlicher Linienzucht, würde dieses sicher als Qualzucht gelten. Lange Rede kurzer: Die sexuelle Selektion wählt Merkmale, die attraktiv sind. Was als attraktiv gilt, ist genetisch bedingt.
Und was ist das Endziel? Während der Eiszeit perfektionierten europäische Hirschkühe die Geweihe ihre Lieblinge bis zur Perversion: Ein gewaltiges Geweih von 3,60m Breite, das jedes Jahr erneuert wird. Eine gewaltige Ressourcenverschwendung, die letztlich zum Aussterben des Riesenhirsches führte. Über die Jahrtausende entwickelten sich diese Hirsche zu immer überlebensunfähigeren Kreaturen!
Tja, und wo ist jetzt die Richtung? Der Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht. Keine Dialektik, kein Fortschritt, nur ein großer Tod!
Und was den Menschen betrifft, so wird er bei seinen Manipulationen nur subtiler Vorgehen als die Hirschkühe der Eiszeit. :crazy:

Ipsissimus
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Fr 14. Aug 2009, 14:49 - Beitrag #25

ich glaube, die Evolution hat überhaupt kein Grundproblem. Und ein anderes Problem auch nicht^^ Ein Problem hat nur der Mensch, der im allgemeinen Leben und Sterben zu sehr mit seiner eigenen Belanglosigkeit konfrontiert ist, als dass er es ertrüge, diesem Eindruck ohne Konzept gegenüber zu treten^^

Leben und Sterben, in voller Kontingenz. Mehr brauchte es neben Zeit nicht^^

blobbfish
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So 23. Aug 2009, 22:47 - Beitrag #26

Danke für das Beispiel Jan, ja mir ist jetzt klar, was du meintest. Dem Stimme ich auch zu, eine Zielgerichtetheit ist zunächst eine menschliche Modellierung, mehr lässt sich erstmal nichts aussagen.

Die Vertreter der Vorstellung der Zielgerichtetheit von Evolution sehen jetzt einen Gärtner am Werk, wie im Barockgarten am Buchsbaum.


Ähnliches ist ja auch bei dem Züchtungsmodell Darwins geschehen, natürliche Selektion hat man das genannt.

Ein Hang vom einfachen zum komplexen ist vielleicht wirklich zuviel, ich denke da an Schwämme, sehr viel einfachere nichttriviale Viecher dürfte es wohl kaum geben. Allerdings kann man, das ist ganz witzig, nach Lösungen unterscheiden. Heuschrecken und Hummer sind dann erstaunlich nah beeinander und Schwämme werden auch auf einmal sehr interessant. Methodisch ist es aber naheliegend, dass zuerst das einfache erscheint, wenn das komplexe das einfache benötigt. Einen Zweck oder Hang möchte ich da a priori nicht sehen.

Nichtsdestrotrotz muss ein Evolutionsbegriff etwas leisten können und belastbar sein, von dem her erscheint es mir, dass ein banales: Viecher fangen an zu existieren und sterben bei Zeiten wieder; leidglich ein Ausganspunkt für den Entwurf des Begriffs sein kann. Setzen wir Evolution sogar als dieses, so können wir ihn auch weglassen und eigentlich auch gleich den ganzen Artbegriff mit hinterher. Entwicklungen finden an einzelnen Viechern statt, allerdings in einer Art, die eine Klassifizierung unmöglich macht, daher werden sie zusammengetan, klassifiziert (und allein die Klassifikation ist schon streitbar, schon welche Kriterien verwand werden sollen ist schwierig). Wenn wir also von einer Evolution sprechen, wollen wir natürlich über Arten reden.

Ipsissimus
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Mo 24. Aug 2009, 09:42 - Beitrag #27

Arten sind biologische Tatsachen, geregelt Daumen mal pi über die Fähigkeit, miteinander ihrerseits fruchtbare Nachkommen zu erzeugen. Evolution ist ein Konzept, und als das leistet es, was es leisten soll, Befriedigung für das menschliche Ordnungs- und Strukturierungsbedürfnis.

Die Frage, wie sich Konzepte, also menschliche Gedankenkonstruktionen, zur realen Wirklichkeit verhalten, ist eine, bei der sich Ontologen ihr Ontologien um die Ohren schlagen. Meines Erachtens ist dieses spezielle Konzept der Evolution außerhalb des menschlichen Ordnungsbedürfnisses genauso gegenstandslos wie seine konzeptuellen Entsprechungen und Gegenparts aus den Religionen.

Man könnte auch fragen, gibt es in der Natur das Periodensystem der Elemente? Nein^^ Es gibt nichtzusammengesetzte und zusammengesetzte Stoffe, und das war es schon^^

blobbfish
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Mo 24. Aug 2009, 09:55 - Beitrag #28

Man redet auch bei Bakterien im weiteren Sinne von Arten, besser sind zwar Stämme, aber das ist wieder eher lokaler Natur, Bakterien vermehren sich aber monogam, alles ein Bakterium oder jedes sein eigenes? Es spielt schon etwas mehr hinein.

Die Frage ist, wann man von einer Evolution sprechen will, was es sinnvoll ist. Es ist schon zu klären, ob man sich entwickelnde Arten oder entwickelte Arten (aktiv als auch pasiv) Teil einer Evolution sind und oder nicht und welche Teile von einer Entwicklung natürlich ist, welche weniger natürlich (natürlich naiv gebraucht). Das hat garnichts mit Struktur- oder Ordnungsbedürfnissen zu tun, vielmehr liegt darin eine wissenschaftliche Notwendigkeit zum Arbeiten.

Ipsissimus
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Mo 24. Aug 2009, 10:22 - Beitrag #29

und die wissenschaftliche Notwendigkeit zum Arbeiten hat nichts mit Struktur- und Ordnungsbedürfnissen zu tun?

Ich gebe zu, dass ich nicht an die Monogamie der Bakterien gedacht hatte, und bei Viren sind die Probleme noch größer; der Artbegriff muss hierfür natürlich modifiziert werden. Ich sehe allerdings nicht, dass diese Notwendigkeit meine Konzeptkritik aufheben würde.

blobbfish
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Mo 24. Aug 2009, 11:52 - Beitrag #30

Hat sich für mich bei dir angehört nach einem dem Menschen eigentümlichen Drang ohne Sinn. Wissenschaftl. Arbeiten hat wohl schon etwas damit zu tun. Die Begrifflichkeit zur Strukturierung ist aber tiefer liegend - auch ohne Strukturwillen möglich.

Den Artbegriff (einfach) zu modifizieren ist unzulänglich. Du kannst sagen, wie in der Mathematik: Art ist dies und das. Punkt. Du kannst auch einen vorhergehenden Diskurs mit einbeziehen, aber nützt er dir wenig, der Begriff der Art ist lebensweltlich und dehnbar. Selbst eine Lösung über versch. Artbegriffe ist unbefriedigend, welcher ist der Richtige? Nun, man könnte nun noch einen weiteren Kunstgriff tätigen und auf einen schlichten Konventionalismus zurückgreifen, aber geht einem dann der Anspruch der Richtigkeit und Wahrheit flöten, es macht keinen Sinn mehr darüber zu reden, ob etwas zutreffend ist. Man würde sich im Prinzip in eine Situation wie die formal-logisch aufgebaute Mathematik begeben.

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Mo 24. Aug 2009, 12:12 - Beitrag #31

Ich denke auch, dass Maglor zumindest dann ein Grundproblem der Evolutionstheorie anspricht, wenn sie so bestimmt, dass sie das "survival of the fittest" (im Sinne von "überlebensfähigst") aussagt. Das wird durch seine Beispiele durchaus widerlegt. Eine vollständige Evolutionstheorie muss sicherlich auch eine Erklärung darüber abgeben, warum die Lebewesen gerade diese Sexualpartner wählen, d.h. Gesetzmäßigkeiten angeben. Ein "Materie gibt es und die macht halt irgendwas." ist ja auch keine fertige physikalische Theorie.

Ipsissimus
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Mo 24. Aug 2009, 13:43 - Beitrag #32

wenn wir "Evolution" alles nennen, was in der Natur zu Bevorzugungen und Benachteiligungen führt, dann hat die Evolution offenbar nach wie vor kein Problem, da alle diese Vorgänge ja abliefen/ablaufen und ihren Weg zu heutigen Formen gefunden haben; das Problem hat nur die Theorie, die alle diese Phänomene in ein konsistentes Erklärungsschema bringen möchte und dabei offenbar inkonsistente Annahmen bisher nicht vermeiden kann, was wohl in ihrer Lückenhaftigkeit begründet ist.

Maglor
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Fr 28. Aug 2009, 16:00 - Beitrag #33

Das Problem, dass viele Menschen mit der Evolutionstheorie/dem Darwinismus haben, ist die fehelnde Teleologie. Die meisten gleichen dies dadurch aus, dass sie die Evolutionstheorie ohnehin nicht im Ganzen verstanden haben. Zumindest in Deutschland lehnt sie nur ein kleiner Teil der Bevölkerung grundsätzlich ab.

Der Artbegriff ist letztlich nur eine Konvention der Biologie. Subjektiv und Werk des Menschen. Im Grunde eher durch Semiotik erklärbar.
Der Artbegriff wird einfach gelegt. Schwarz-, Braun- und Eisbären können sich miteinander paaren, woraus fruchtbarer Nachwuchs entsteht. Trotzdem werden sie als unterschiedliche Arten verstanden, weil das eben so festgelgt ist! Ähnlich klar und eindeutig ist die Unterscheidung von Löwenzahn und Pusteblume im deutschen Sprachraum. :crazy:
Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass der für Tiere übliche, systematisch wirkende Artbegriff auf Pflanzen nicht übertragbar ist. Kreuzt man zweiunterschiedliche Pflazenarten entstehen immer fruchtbare Nachkommen. Und was Pflanzen alles mit ihren Chromosomen anstellen, ist der Wahnsinn.

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Sa 29. Aug 2009, 14:59 - Beitrag #34

aus meiner Sicht der Dinge gibt es keine Evolution. Es gibt allgemeine Kontingenz, und das, was wir als Evolution bezeichnen, ist eine Ablaufform allgemeiner Kontingenz. Von mir aus können wir das als Evolution bezeichnen, müssen uns dann aber davor hüten, Evolution als Naturphänomen zu verstehen; genau das ist sie nämlich nicht.

im Begriff der Evolution ist die Teleologie schon mit integriert, wofern wir sie so lesen, als sei sie eine zielgerichtete oder überhaupt eine "Maßnahme" der Natur. Da draußen gibt es niemanden namens "Natur", der oder die an einem guten Tag entscheidet, mal "evolutionäre Sackgasse" zu spielen oder an einem anderen Tag "der Hahn mit dem längsten Schwanz ist aber tot". Aus Sicht der Kontingenz läuft alles auf der Ebene von Individuen, höchstens noch von Schwärmen ab, die ihre jeweiligen Lebensgeschichten leben, und ob sie das "erfolgreich" oder weniger "erfolgreich" tun, interessiert in der Natur niemanden. Damit sind wir heutigen zufällige Durchgangsprodukte, wir konnten es mit hoher Unwahrscheinlichkeit sein, oder jede x-beliebige andere Version intelligenten Lebens mit ebensolcher Unwahrscheinlichkeit (ich hatte irgendwo mal über wissenschaftliche Spekulationen über Sauro sapiens gelesen, der mit den übrigen Sauriern untergegangen sein könnte, das war wirklich spannend).

Also, wir sind es, oder irgendetwas anderes, das macht aus der Sicht des Lebens keinerlei Unterschied hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit. Wenn die Evolutionstheorie Probleme hat, dann sind sie imo der Art, dass dieser latente Wunsch nach Teleologie, nach Notwendigkeit unseres Daseins als Antriebsmoment der Natur von Anfang an, sich in der Theorie niederschlägt. Wir wollen, dass die Theorie teleologisch sei, oder besser, dass sie einen Beweis für die Begründetheit unseres Wunsches nach Teleologie liefert. Wir wollen nicht wissen, WARUM wir es wurden, sondern DASS WIR es werden MUSSTEN^^ anders bekommen wir unser Grauen vor der Nicht-Notwendigkeit unseres Daseins wahrscheinlich nicht in den Griff

Die drei Sorten Bären wären älterer Redeweise folgend als verschiedene Rassen zu spezifizieren, neuerer Redeweise also als Subspezies oder Varietäten^^ alter Wein in neuen Schläuchen^^ und ob aus der Kreuzung eines Kaktus mit einer Edelrose ein Edelkaktus oder einer Eiche mit einem Gänseblümchen eine Eichengans entsteht, das halte ich erst mal für fraglich, jedenfalls nicht "einfach so" für gegeben^^ die genetische Kompatibilität bei Pflanzen ist sicher weiter gefasst als bei Tieren, aber beliebig ist sie noch lange nicht

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Mi 16. Sep 2009, 15:04 - Beitrag #35

vielleicht sollte ich mich noch mal deutlicher erklären^^

es gibt keine physikalische Größe namens Kausalität. Es gibt Schwingung, Masse, Zähflüssigkeit usw. aber keine Kausalität als physikalische Größe. Der Begriff gehört einem anderen ontologischen Bezugsrahmen an, er entstammt unserem tiefen Bedürfnis, uns die Welt kausal zu erklären.

In gleicher Weise stammt das Konzept namens Evolution aus einem anderen ontologischen Bezugsrahmen als die Tiere, Viren und Pflanzen, die heranwachsen, sich fortpflanzen und wieder sterben. Dies alles hat Folgen, und die führen zu einer hochkontingenten Strukturierung der biologischen Natur, die wir beobachten können. Aber zu meinen, die Natur folge einem evolutionären Szenario, verwechselt Ursache und Wirkung. Wir würden jeden x-beliebigen Zustand als evolutionär beschreiben können; und wieviel am jetzigen Zustand zufallsbedingt ist, haben wir ja schon herausgearbeitet. Von daher gehört Evolution der Metaebene unseres Denkens an und ist nicht selbst Natur.

e-noon
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Mi 16. Sep 2009, 16:01 - Beitrag #36

Ich denke, darüber, dass "Evolution" kein Ziel und keine Richtung hat - hat sie einen Endpunkt? Wäre "Erde fliegt in Sonne" ein Endpunkt der terrestrischen Evolution? - sind wir uns hier einig. Der Pfau ist nicht Ziel einer zielgerichteten Evolution gewesen, auch wenn er noch so hübsch ist, da Evolution ja gerade die willkürliche - natürliche - Auslese beschreibt. Es handelt sich ja hierbei um langjährige Prozesse (zumindest bei Säugetieren) und nicht um eine einzige Generation. Auch wenn also ein Individuum voll unwahrscheinlich stirbt, während es biologisch eigentlich super Chancen hatte, sich in seiner natürlichen Umwelt zu behaupten und fortzuspflanzen, ist das Pech fürs Individuum, aber im großen Maßstab irrelevant. In einem Maßstab von hunderttausenden von Jahren wird sich nämlich dennoch allein aufgrund von Wahrscheinlichkeit das Merkmal durchsetzen, das dem Individuum beim Überleben hilft, z.B. Zähne. Hätte ein Tiger durch Gendefekt keine Zähne und sein Bruder hätte Zähne, könnte es trotzdem sein, dass der zahnlose Tiger irgendwie überlebt und der normale Tiger eine Felsspalte runterfällt. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass zahnlose Tiger überleben, geringer als die, dass normale Tiger überleben, und daher haben unsere heutigen Tiger in der Regel Zähne. Sehe ich das richtig?

Ich bin immer noch nicht sicher, ob wir somit die Evolution ausschalten können oder ob wir nicht von natürlicher auf künstliche Evolution (dh. Züchtung) umsteigen, wenn wir uns klonen und genetisch verändern. Auch bei der Züchtung des Wolfes zum Pudel haben wir ja gezielt eingegriffen... mir eigentlich egal, ob man das künstliche Evolution nennt oder Ende der Evolution und Anfang der Zucht.


Kausalität ist sicher keine physikalische Größe. Eher die Beschreibung des Verhältnisses, in dem physikalische Größen oder Objekte stehen. Wenn ich mein Glas feste anstoße und es runterfällt, während gleichzeitig draußen ein Auto hupt, so sind Glas anstoßen und Glas runterfallen kausal verbunden, in dem Sinne, dass Krafteinwirkung A zu Bewegung B führt, und zwar immer ^^. Glas anstoßen und Autohupen sind dagegen nicht kausal, sondern lediglich zeitlich (und durch meine Beobachtung) verknüpft, sie korrellieren ohne kausalen Zusammenhang. Das heißt nicht, dass Kausalität eine schlechte Art ist, die Welt zu beschreiben, im Gegenteil. Wüsste nicht, was ich zum Beispiel bei Hunger machen sollte, wenn ich nicht davon ausgehen könnte, dass Essen meinen Hunger stillt, Essen also die Ursache für Sättigungsgefühl ist und Sättigungsgefühl die natürliche Folge von Schokolade.

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Mo 21. Sep 2009, 19:17 - Beitrag #37

Nun, dass ich Evolution schlechthin nicht als etwas natürliches oder einen natürlichen Prozess darstellen wollte, das kam wohl nicht rüber, ebenso wenig möchte ich den Darwinismus (in welcher Form auch immer) als die Evolutionstheorie erklären. Vielmehr ging es um die Trennung von zunächst natürlich ablaufenden Prozessen, Ipsi würde sie die zufälligen nennen und auf der anderen Seite durch explizit menschliche Eingriffe in Mutationen oder gar Gattungsrichtungen. Für erstere lässt sich als Zweck wirklich nur der Zweck an sich anführen und dieser ist fraglich. Für zweiteres gibt es aber Zwecke, unbestreitbar für mich (und sei aus Arroganz), dass wir als Menschen die Möglichkeit haben Zwecke zu Formulieren und abzuarbeiten. Wie verhalten sich aber diese Zwecke und Handlungen gegenüber denen der ersten Kategorie?

e-noon, Evolution beschreibt mitnichten notwendig eine Auslese. Evolution verstanden als Züchtung mit dem abstrakten Züchter Natur erzeugt den Begriff einer natürlichen Auslese. Vertrackt wird es übrigens wenn Menschen willentlich, die sich nicht als Natur verstehen, Arten ausrotten. Wo sich tendenziell klassischer Darwinismus an Arten orientiert gibt es Derivate die sich auf "konzeptionelle Strategien" richten, es wird nicht nach Arten oder Gattungen kategorisiert sondern Spielarten eingeführt, die grundsätzliche Existenz- und/oder Überlebensstrategien beschreiben. Prominentes Beispiel sind hier Konzepte der äußeren, inneren Skelette und "Skelettlosigkeit" (In Gänsefüßchen da ein Regenwurm kein Skelett im klassischen Sinne hat sondern ein Hydroskelett). Es ist weniger die Frage der Wahrhaftigkeit einer Theorie im Vordergrund als die Frage der Sinnhaftigkeit.

Nachtrag: z.B. Frankfurter Evolutionstheorie

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Mo 21. Sep 2009, 19:30 - Beitrag #38

Bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe... also einen "Zweck" würde ich der ersten Variante, der natürlichen Evolution, nicht zuschreiben, da ohne Ziel und Absicht für mich kein Zweck gegeben ist. Dass die Tiere oder Menschen sich dann selbst genügen oder die Wölfin für ihre Jungen den "Zweck" bzw. Nutzen des Nahrungsbeschaffers erfüllt, ist für mich eine andere Sache. Die Evolution ist ohne Zweck geschehen (oder man müsste einen absichtsvollen Schöpfer an den Beginn setzen, was man im allgemeinen in der Wissenschaft unterlässt), menschliche Mutationen und Züchtungen wären wohl mit Zweck.

Was meinst du mit "Evolution beschreibt mitnichten notwendig eine Auslese"?
NOTWENDIG war es sicher nicht, dass die von Maglor (?) erwähnten Hirsche mit den Riesengeweihen ausstarben; es hätte sich unter anderen Bedingungen anders entwickeln können, andererseits waren die Bedingungen nun einmal so, wie sie waren, und insofern kann man im Nachhinein schon sagen, dass es notwendig war. Es war nicht beabsichtigt, falls du das meintest, aber es war sicher auch nicht freiwillig von Seiten der Hirsche.

"Natürliche" Auslese der Natur ist für mich nur eine blumige Umschreibung für "Willkürliches Sterben einiger Individuen mit bestimmten Merkmalen und willkürliches Überleben anderer Individuen mit bestimmten Merkmalen". Es ist dabei insofern willkürlich, als keine Absicht oder Zielsetzung dahinter stehen, gleichzeitig insofern ein Gesetz, als in einer großen Zahl von Individuen und ausreichend Zeit (deutlich mehr als ein paar Zehntausend Jahre) mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmte Merkmale erfolgreicher das Überleben der Merkmalsträger garantieren werden als andere. Die richtige Überlebensstrategie in der Eiszeit kann die falsche Überlebensstrategie bei der Erderwärmung sein, und ist insofern ebenfalls willkürlich (dh. es gibt nicht DIE Überlebensstrategie, sondern immer nur die beste von vielen in einer sich ständig verändernden Umwelt).

Nachtrag zu dem Artikel: Da ich mich nie so eingehend mit Evolutionstheorie beschäftigt habe, dass ich an einer bestimmten Theorie besonders hängen würde, kann ich mit den Einzelheiten leider nicht viel anfangen. Was mir aber aufgefallen ist, ist das "schrittweise" Vorgehen, dass ja auch im klassischen Erklärungsansatz enthalten ist. Inwiefern passt es zur Evolution als schrittweise Anpassung, wenn in einem kurzen Zeitraum alle Mitglieder einer Art ausgelöscht werden? Wenn z.B. alle Dinosaurier aufgrund eines Kometen sterben (kA. ob das wirklich so war) oder wenn aufgrund von Kometenaufprall auf einmal alle Menschen sterben würden. Wäre das ein äußerer Eingriff in die Evolution, außerhalb der Theorie, oder gehört das zu "natürliche Auslese" (Kategorie persönliches Pech)?

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Di 22. Sep 2009, 13:49 - Beitrag #39

Die richtige Überlebensstrategie in der Eiszeit kann die falsche Überlebensstrategie bei der Erderwärmung sein, und ist insofern ebenfalls willkürlich (dh. es gibt nicht DIE Überlebensstrategie, sondern immer nur die beste von vielen in einer sich ständig verändernden Umwelt).


es gibt also im Prinzip auf der Ebene einer Spazies überhaupt keine ÜberlebensSTRATEGIE, es gibt nur Überleben bis zur erfolgreichen Fortpflanzung oder Sterben vor der erfolgreichen Fortpflanzung. Den Rest regelt unser Kategorisierungsbedürfnis

e-noon
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Di 22. Sep 2009, 14:16 - Beitrag #40

Das meinte ich; mit "Strategie" meinte ich jedes Merkmal oder Verhalten, dass das Überleben fördert. So wie eben Zähne das Überleben des Tigers fördern. Dass der Tiger oder sonstwer sich das nicht ausgedacht hat, ist wohl mittlerweile klar ^^

Natürlich gibt es auch Leben für den Schwarm ohne erfolgreiche Fortpflanzung (Bienen, Ameisen), wobei trotzdem ein Großteil der eigenen Gene kopiert und weitergegeben werden.

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